1) Ein Bild vom zunehmenden Mond. Vom Balkon unserer Wohnung aus aufgenommen. Für mich ein heller Fleck mit einer bestimmten Form im nachtdunklen Himmel. Ich sage, dass dies der Mond sei, weil ich gelernt habe, dass andere Leute, von denen wir sagen, dass man ihnen glauben kann, gesagt haben, dass man helle Flecken am Nachthimmel mit dieser Form als ‚Mond‘ bezeichnet. Bisher mache ich dies so. Bislang gab es auch noch keinen Grund, dies anzuzweifeln. Ich konnte selbst noch nie überprüfen, ob dieser Fleck mehr ist als nur ein heller Fleck am Nachthimmel. Er könnte außerdem ‚eingebildet‘ sein, ‚fantasiert‘, ‚geträumt’… Mit meiner Kamera habe ich mehrere Bilder gemacht und tatsächlich zeigt meine Kamera auch diesen hellen Flecken auf dunklem Grund. Bislang kann meine Kamera noch keine Bilder von meinen Gedanken machen. Also spricht einiges dafür, dass dieser helle Fleck ‚da‘ ‚außerhalb von mir‘ ist… Ich habe das Kamerabild dann als Datei in den Computer geladen, eine ‚Posterisierungsoperation‘ darüber laufen lassen und eine Version vom Bild erhalten, in der man den Mond der ‚realen‘ Wahrnehmung noch erkennen kann, aber er ist ‚anders‘. In diesem ‚Anderssein‘ können wir aber immer noch das ‚Ausgangsbild‘ ‚wiedererkennen‘ (bzw. für alle die, die das Ausgangsbild noch gar nicht gesehen haben, besteht jetzt die Herausforderung, zu ‚glauben‘, dass dieses posterisierte Bild tatsächlich von einem ‚realistischen Foto‘ stammt und nicht einfach nur ein im Computer gemaltes Bild darstellt). Andererseits, was heisst schon ‚realistisches‘ Bild?
2) Ich habe den Mond mit meinen ‚Augen‘ gesehen und mit dem Bild, was die Kamera erzeugt hat. Wir wissen ja, dass die Kamera ‚in ihrem Innern‘ eine hochkomplexe Elektronik mit Software hat, die die einfallenden Lichtreize nach bestimmten Verfahren verarbeiten und dann als eine Bilddatei abspeichern. Je nachdem, welche Einstellungen ich gewählt habe, sah das Bild, das die Kamera produziert hat, ganz verschieden aus. Das, was ich dann ausgewählt habe war also auch nicht das ‚Original‘ ‚O‘ (was immer das ist), sondern eine bestimmte kameraproduzierte Version des Originals O‘ = kamera(O). Ich selbst kann mit meinen Augen das Original O anschauen wie auch jede der Kameraversionen O’_i = kamera(O). Mein ‚eigenes‘ Bild vom Original O kann ich nicht vorzeigen, ich ‚habe‘ es als meine ‚eigene‘ Wahrnehmung O* = augen(O) bzw. O* = augen(O‘). Aus den Physiklehrbüchern können wir entnehmen, dass das ‚Original‘ des Mondes, das wir am Nachthimmel sehen, auch nicht der ‚Mond selbst‘ ist, sondern jene Lichtquanten, die vom Mond herkommend durch das Weltall unsere Atmosphäre durchdringen und dann in unseren Aufgen (bzw. Fotoobjektiven) landen. Diese Lichtquanten repräsentieren eine bestimmte Struktur, bringen bestimmte physikalische Qualitäten mit sich, stehen unter bestimmten Einwirkungen, und werden dann von unseren Augen und den nachfolgenden Nervenzellen auf bestimmte Weise verarbeitet. Also etwa O = lichtmodell(Mond,X), d.h. irgendetwas, was die Physiker ‚Mond‘ nennen, dazu alle möglichen zusätzlichen Faktoren, die wir hier mal global ‚X‘ nennen, diese alle zusammen werden mit Hilfe von Lichtquanten in einer komplexen Prozedur, die wir hier global ‚lichtmodell()‘ nennen, zu dem Wahrnehmungsereignis-Auslöser ‚O‘ verarbeitet, den wir das ‚Original‘ nennen.
3) Damit erhalten wir Verarbeitungsketten wie z.B. O = lichtmodell(Mond,X) → O’_i = kamera(O) → O*_i= augen(O’_i). Und dann in unserem Körper können wir das Spielchen weiter treiben. In den Büchern der Neurowissenschaftler kann man nachlesen, dass die Lichtquanten O, die auf unser Augen treffen, erst einmal hier einem weiteren Transformationsprozess ‚augen()‘ unterworfen werden, der dazu führt, dass beim Ausgang von jedem Auge ca. 1 Million Ketten von Nervenzellen die vom Augenprozess erzeugten Impulse O* in das komplexe Netzwerk des nachgeordneten Nervensystems weiterreichen. Dort finden allerlei unterschiedliche Transformationsprozesse statt, bis ‚wir‘ irgendwann einen ‚Eindruck‘ haben, ein ‚Wahrnehmungserlebnis‘, ein ‚Phänomen‘ bewusst erleben, das wir abkürzen als Ph_emp = perc(O*).
4) Die Überlegungen bis zu diesem Punkt sind ein bisschen so, als ob ich über mich wie über eine dritte Person (‚3rd person‘) reden würde. Ich tue so, als ob ich ‚auf mich‘ draufschauen könnte, von außen, wie ein Input-Output-System, in das irgendwelche Ereignisse ‚hineinlaufen‘ und entsprechend irgendwelche Reaktionen wieder ‚herauskommen‘, und da drin gibt es irgendeine ‚Maschinerie‘ – eine Verhaltensfunktion phi –, die dafür verantwortlich ist, was herauskommt (siehe Bild ‚Blick von Außen‘).
5) Aber das ist natürlich eine Fiktion. Ich kann nicht ‚wirklich‘ auf mich drauf schauen wie auf ein Objekt; bei anderen Menschen kann ich das. Ich kann sie anschauen, ich kann sie fotografieren, ich kann sie berühren. Mich selbst kann ich zwar berühren, aber nicht anschauen, höchstens im Spiegel, in Selbstaufnahmen mit einer Kamera.
6) Aber, wie wir wissen können, gibt es Prozessketten (z.B. O = lichtmodell(Mond,X) → O’_i = kamera(O) → O*_i= augen(O’_i) → Ph_emp = perc(O*)) aus denen hervorgeht, dass selbst das, was wir als ‚Beobachter‘ ‚direkt‘ wahrnehmen, nicht einfach die ‚Sache selbst‘ ist, sondern ein komplexes Verarbeitungsprodukt, das ‚uns‘ erst an der Stelle zugänglich wird, wo es schon ‚in unserem Körper‘ angelandet ist, wo es dort, in unserem Körper, speziell im Gehirn, hochkomplexe Verarbeitungsprozesse durchlaufen hat, bis es dann ‚uns‘ als ein ‚Objekt der Außenwelt‘ ‚erscheint‘. Anders gesagt, in dem Moment, wo ich etwas als ‚Objekt der Außenwelt‘ zur Kenntnis nehme, in dem Moment ist es schon kein Objekt der Außenwelt mehr, sondern ein hochkomplexes Verarbeitungsprodukt ‚in mir‘, das ‚Ph_emp‘! Dort, im ‚Kern‘ unseres Erlebens von Welt, sind wir nicht ‚in der Welt‘, sondern ‚in uns‘ bei ‚unseren Bildern‘ von der Welt.
7) Dies klingt auf den ersten Blick paradox: dort, wo wir glauben ‚Objekte außerhalb von uns‘ zu sehen, dort existieren wir ‚im Innern des Gehirns‘ ( wo ist ‚innen‘ im Gehirn, das aus ca. 100 Mrd einzelnen Zellen besteht, die normalerweise nicht direkt miteinander verbunden sind!!!). Die ‚Objekte außen‘ sind Konstrukte unseres Gehirns. Das ‚Außen‘ kann zwar offensichtlich unter bestimmten Bedingungen ‚Einfluss nehmen‘ (z.B. kann sich die Form des weißen Flecks, den wir Mond nennen, ändern, oder die Dunkelheit kann ‚heller‘ werden oder der Mond kann seine ‚Position‘ am Himmel ändern usw.), aber seine ‚Erscheinungsweise für uns‘ wird weitgehend vom Gehirn festgelegt (2-dimensionale Bilder werden vom Gehirn fast immer 3-dimensional interpretiert, da es ‚intern‘ so ‚ausgelegt‘ ist, dass es alle Dinge ‚im Raum‘ anordnet, auch dann, wenn gar kein Raum da ist).
8) Halten wir fest, die Ergebnisse von Wahrnehmungsprozessen Ph_emp = perc(O*) sind irgendwelche Zustände ‚im Innern des Gehirns‘, selbst dann, wenn diese inneren Zustände Ereignisse und Eigenschaften aus dem Bereich ‚außerhalb des Körpers‘ präsentieren. Wenn wir vereinfachend sagen, dass alle Zustände im Gehirn, von denen wir uns ‚bewusst‘ sein können (eine Aussage, die nur solche Systeme verstehen können, die ’sich‘ gewisser ‚interner Zustände‘ ‚bewusst‘ sein können), ‚Phänomene (Ph)‘ heißen sollen, dann wären die ‚empirischen Phänomene (Ph_emp.ext)‘ jene, die mit irgendetwas in der ‚Außenwelt korrelieren, und die ’nicht-empirischen Phänomene (Ph_nemp)‘ solche, die zwar Zustände sind, die wir ‚wahrnehmen‘ können (z.B. Zahnschmerzen), die aber nicht zur Außenwelt gehören.
9) Da wir ja bestimmte Eigenschaften des Körpers empirische untersuchen können, könnte es auch noch hilfreich sein, die Menge jener Phänomene zu identifizieren, die mit empirischen Körperereignissen korrelieren, also etwa ‚empirische Körperphänomene (Ph_emp.body)‘ ohne die Gehirnzellen. Wir hätten dann den Sachverhalt, dass die empirischen Phänomene des Körpers (ohne Gehirn) zu den empirischen Phänomenen gehören Ph_emp.body subset Ph, die empirischen Phänomene der Außenwelt zu den empirischen Phänomenen gehören Ph_emp.ext subset Ph, und dass diese beiden Mengen voneinander verschieden sind Ph_emp.body != Ph_emp.ext. Andererseits, das Gehirn selbst mit seinen einzelnen Zellen steht der empirischen Untersuchung heute auch offen und es gibt einige der empirischen Gehirnzustände, die auch bewusst sein können Ph_emp.nn subset Ph_emp. Nichtempirische Phänomene Ph_nemp wären dann alle jene Phänomene, die nicht einer der zuvor identifizierten Mengen zugehören, also Ph_nemp = Ph – Ph_emp.body u Ph_emp.ext u Ph_emp.nn. Es ist eine interessante Frage, ob die Menge der nicht-empirischen Phänomene Ph_nemp überhaupt existiert bzw. ob sie nicht grundsätzlich ‚leer‘ ist,also Ph_nemp = 0? Denn wie soll es möglich sein, dass uns irgendetwas ‚bewusst‘ ist, das nicht in irgendeiner Form mit einer physikalisch-chemischen Eigenschaft des Gehirns korreliert?
10) Mancher mag dies auf den ersten Blick als eine gewaltige Einschränkungen empfinden, dahingehend, dass unser Bewusstsein gleichsam ‚eingesperrt‘ erscheint in einem ‚Käfig von Zellen‘, gebunden an deren physikalisch-chemischen Eigenschaften. Doch kann dieser Eindruck trügen. Denn diese Zellen, letztlich komplexe Ensembles von Molekülen, diese wiederum komplexe Ensembles von Atomen, diese wiederum komplexe Ensembles von Quanten, diese wiederum komplexe Energieverteilungen im Format quantenphysikalischer Phänomene – diese ‚materiellen‘ Strukturen sind nur scheinbar eine Beschränkung. Tatsächlich und faktisch sind diese materiellen Strukturen aus quantenphysikalischer Sicht wahrscheinlichkeitsverteilte Energiefelder, deren Wechselwirkungen vielfach weder an Raum noch Zeit gebunden sind, wie wir dies aus der Makrowelt des Alltags kennen. Tatsächlich sind wir mit unseren körperlichen Strukturen floatende Gebilde, die in jedem Punkt des Körpers über Lichtjahre hinweg mit jedem Punkt im Universum korrelieren können und tatsächlich korrelieren. Die Phasenübergänge zwischen den quantenphysikalischen Vorgängen und den scheinbaren makroskopischen Konkretheiten sind alles andere als klar
und sind mit Sicherheit nicht ‚unabwendbar‘. Vor diesem Hintergrund anzunehmen, dass die bewussten Phänomene mit diversen empirisch anschaubaren materiellen Strukturen außerhalb oder im Körper korrelieren, muss also in keiner Weise eine Einschränkung darstellen, da es jenseits der Materie = Energie nach heutigem Wissensstand nichts Fassbares gibt.
11) Ein Schöpfergott, so es denn einen gibt, würde sich – im Bereich des uns bekannten Universums – irgendwo in diesem Kontinuum zwischen reiner Energie und diversen ‚Materialisierungen‘ zum Erleben geben, wenn er es täte, und ein solches ’sich zeigen‘ im Sinne von ‚kommunizieren‘ = ‚offenbaren‘ wäre auf jeden Fall ‚erlebbar‘ (es erscheint eher unwahrscheinlich, das die vielen Millionen Menschen, die bis heute ihr Leben aufgrund sogenannter ‚Gotteserfahrungen‘ geändert haben, dies alles nur aufgrund interner ‚Verwirrungen‘ getan haben (Damit meine ich nicht solche ‚Fanatiker‘, die ‚Hass‘, ‚Krieg‘ und ‚Tod‘ predigen; die haben ‚Gott‘ offensichtlich noch nicht erlebt)).
12) Es bleibt eine sehr interessante Frage. Warum tut ein Mensch ein A lieber als ein B? Solange man über diese frage nicht nachdenkt, erscheint es als normal und einfach, dass es Dinge A gibt, die man lieber tut als Dinge B.
13) Nach den bisherigen Überlegungen kann ich ja ‚bewusst‘ nur etwas tun, was in irgendeiner Form ‚in mir‘ erfahrbar ist und damit ‚gegeben‘. Wenn etwas – ein A – in mir nicht erfahrbar ist, kann ich es auch nicht ‚wollen‘.
14) Im Falle von solchen Grundbedürfnissen wie ‚Hunger‘, ‚Durst‘, ‚Müdigkeit‘, ‚Sexualität‘ wissen wir, dass es in unserem Körper ‚vorprogrammierte‘ Abläufe gibt, die spezifische ‚Bedürfniszustände‘ in uns erzeugen können, ohne dass wir dies eigens ‚wollen‘ müssen. Der Energieverbrauch des Körpers führt einfach dazu, dass der Körper ab einem bestimmten Punkte im Gehirn gewisse ‚chemische Schalter‘ umlegt, die dann einen ‚Energiemangelzustand‘ anzeigen, den wir in Form von Hunger ‚erleben‘. Wir ‚müssen‘ darauf ’nicht‘ reagieren; wir können im Nichtstun verharren und dann irgendwann aufgrund von Energiemangel sterben. Entsprechend mit den anderen Bedürfnissen (wobei ein Nichtreagieren im Falle des Sexualbedürfnisses nicht zum Tode führt; kann allerdings unter unglücklichen Umständen zu psychischen Störungen führen). Bedürfnisse können also ein ‚Grund‘ sein, dass wir ein A wollen.
15) Bei Bedürfnissen wie z.B. ‚Ehre‘, ‚Ruhm‘, ‚Macht‘, ‚Besitz‘ wird es schon schwieriger. Was sind hier die real-treibenden Faktoren, die ein ‚Verlangen nach‘ und ‚Gefallen an‘ ‚Rum‘, ‚Macht‘ usw. hervorrufen? Ganz offensichtlich sind viele Menschen dafür empfänglich. Warum? Einen einfachen Grund gibt es nicht dafür. Es gib keine Gehirnzellen, deren ‚Aktivierung‘ das Bedürfnis nach ‚Macht‘ oder ‚Ruhm‘ aktivieren.
16) Die Liste möglicher Motive, die Menschen bewegen, lieber ein A als ein B zu tun, ist sehr lange: beliebig lange?
17) Wenn die Liste der Motive so extrem viele Ausprägungen haben kann, fragt man sich natürlich, gibt es vielleicht ein paar zugrunde liegenden Prinzipien oder Eigenschaften, die für all diese unterschiedlichen Ausprägungen verantwortlich sein können? Haben wir eine Art ‚Grunddynamik‘, die uns vorantreibt?
18) Mit Blick auf den Körper mit seinen Zellen ist klar, dass dieser kontinuierlich eine Zufuhr von ‚Energie‘ benötigt, ohne die er relativ schnell in sich zusammen sacken würde. Ohne Energie geht gar nichts. Insofern stellt die Notwendigkeit des kontinuierlichen Energiegewinns mindestens ein Grundprinzip dar, das vielfach wirkt.
19) Die Frage ist, ob man damit die gesamte Motivationslage erklären kann. Der ganze Komplex Nachkommen, Fortpflanzung, stellt sicher auch noch einen wichtigen Komplex dar, der vielfältige Auswirkungen hat.
20) Aber es scheint, dass die Themen ‚Energiegewinnung‘ sowie ‚Nachkommen‘ nicht alles abdecken. Was aber kann dies X sein, das über Energiegewinnung und Nachkommen hinausgeht, und zwar als etwas ‚Reales‘, etwas, das in der gesamten Struktur des Biologischen, in der Dynamik des Lebens im Universum grundsätzlich ‚mit angelegt‘ ist, etwas, an dem kein Prozess letztlich vorbeikommt, ohne sich selber auf Dauer zu zerstören?
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