Archiv für den Monat: Dezember 2013

LOGBUCH 31.Dez.2013 – TRANSNATIONALE DEMOKRATIE und KOSMISCHER HUMANISMUS

1) Im vorausgehenden Blogbeitrag Demokratie im Abhörtest hatte ich versucht, ein paar ‚Fakten‘ im Umfeld der weltweiten Abhöraktion der NSA zusammen zu tragen. Ein zentraler Gedanke war dabei, dass es nicht eine rein ‚technische‘ Angelegenheit ist, sondern das Verhalten einer nationalen Behörde, deren Verhalten mittlerweile — so müssen wir aktuell annehmen — wirklich ALLE betrifft, alle Bürger und Institutionen und Staaten weltweit. Insofern kann niemand mehr sagen, es ginge ihn nichts an. Es gibt viele Spielarten der Globalisierung; dies ist die umfassendste und zugleich einseitigste.
2) Über diese Behörde und deren Verhalten kann man lamentieren (was immer mehr tun), aber, wie eben diese auch feststellen dürfen, es scheint ‚die Politik‘ nicht zu interessieren! Man hat den Eindruck (als Bürger), dass das politische System mehr mit seiner eigenen Machterhaltung beschäftigt ist als mit den Interessen der eigenen Bevölkerung (was auch im Syrienkrieg blutige Realität ist).
3) Ein anderer zentrale Gedanke im vorausgehenden Blogeintrag war, dass diese Behörde, die NSA, Teil des politischen Systems der USA ist. Die USA sind offiziell eine ‚Demokratie‘ mit einer Verfassung (siehe auch Verfassung 2, Verfassung 3). Das Verhalten dieser Behörde repräsentiert damit indirekt auch, wie sich das demokratische System der USA versteht. Und die USA sind historisch (trotz Vorlauf in Europa) die wichtigste Demokratie auf dieser Erde, noch immer. Wenn die Demokratie der USA sich in wesentlichen Punkten ändert, dann hat dies direkte weltweite Auswirkungen, z.B. im Verhalten einer Behörde wie der NSA.
4) Dies alles war mir persönlich irgendwie 64 Jahre lang nicht wirklich bewusst; irgendwie hatte ich es ‚ausgeblendet‘. Der NSA, und dann, nicht zu vergessen Snowden und die unterstützenden Zeitungen (!), kommt das Verdienst zu, mich ‚aufgeweckt‘ zu haben. Noch im Frühjahr 2013 wäre es undenkbar gewesen, dass ich Mitglied der ACLU := American Civil Rights Union werden würde, oder dass ich anfange, in der Washington Post zu lesen.
5) Was sich an diesem winzigen Beispiel andeutet (natürlich gibt es auf unserer Erde auch noch andere transnationale Probleme als das des Abhörens, natürlich gibt es erheblich mehr globale wichtige Bewegungen, denen man sich anschließen könnte…), ist, dass die nationale Betrachtung dieser Probleme (so sehr sie wichtig ist und keinesfalls national gelöst erscheint), deutlich über sich hinausweist. Wer die Grundlagen einer Demokratie ernst nimmt (und das ist eine grundsätzliche Vision, wie Menschen miteinander umgehen sollten (und wollen)), der kann letztlich diese Vision nicht innerhalb bestimmter Landesgrenzen ‚einsperren‘. Die Vision einer Gesellschaft von freien Menschen, die sich gegenseitig respektieren, die gemeinsam die Zukunft gestalten wollen, diese Vision betrifft Menschen überall. Die Vereinigte Staaten von Amerika sind ‚in sich‘ ein Beispiel dafür; es ist eine Gemeinschaft von Staaten. Sehr weit fortgeschritten auf dem Weg dahin sind die vereinigten Staaten von Europa. Indien und Südafrika wären zu nennen, die stark an inneren Problemen leiden und in vielen wichtigen Punkten vom demokratischen Ideal abweichen. Russland und China könnten wunderbare Demokratien sein. letztlich gibt es ja sogar die Vision der Vereinigten Nationen dieser Erde.
6) Wie die Geschichte uns lehrt, kann das größere Ganze nur entstehen, wenn es ‚im Kleinen‘ jene Menschen gibt, die ‚vor Ort‘ das Richtige tun. Damit aber die vielen vor Ort etwas tun, was sich zu einer großen Bewegung vereinigt, braucht es eine ‚Vision‘, eine ‚gemeinsame‘ Vision; das kann die Vision von etwas ‚Besserem‘ sein; meistens ist es aber ein konkretes Unheil, das viele so leiden lässt, dass sie sich deswegen aufraffen, um etwas zu tun um dadurch (meist nur für eine kurze Zeitspanne) ein Stück Solidarität mit vielen anderen zu erfahren. Jenseits der konkreten Nöte, im ‚Alltag‘, vergessen wir schnell wieder, worum es vielleicht dennoch gehen könnte oder sollte. Viele wirtschaftliche und politische Interessen tun das ihrige, um uns in unseren alltäglichen Bahnen fest zu halten. Nur keine Änderungen; es könnte ja die Machtspiele der aktuell Mächtigen beeinträchtigen.
7) Andererseits wissen wir anhand der Entstehungsgeschichte der US-amerikanischen Demokratie wie auch der der einzelnen europäischen Ländern und dann vom neuen Europa, dass der Weg zu einer menschlicheren Gesellschaft kein Automatismus ist. Massive herrschende wirtschaftliche und politische Interessen wollen natürlich nicht ‚freiwillig‘ ihre Privilegien ändern und wir selbst sind ‚gefangen‘ von den ‚Bildern in unserem Kopf‘. Was immer wir individuell wollen, wir werden geleitet von den Bildern, die wir aktuell in unseren Köpfen haben, und diese werden gespeist von der Welt, wie sie gerade ist, von den Medien, die uns täglich ihre Sichtweise eintröpfeln, von unseren alltäglichen Gewohnheiten. Ohne neue Visionen, ohne Anstrengungen, ohne Konflikte gab es noch nie eine Änderung. Das ‚Neue‘ muss ‚werden‘, individuell und global.
8) Die Preisfrage lautet also, wie können wir GEMEINSAM WAHRES denken und dann auch tun?
9) Ich lese gerade in einem Buch von Jansen (2013), das handwerklich schlecht gemacht ist, aber mich dennoch sehr anregt. Er reflektiert in diesem Buch über einige philosophisch-ethische Aspekte der Star-Trek Produktionen, wie ich es mal nennen möchte. In einem Zeitraum von nunmehr fast 50 Jahren gab und gibt es Fernsehserien, Kinofilme, Publikationen, Fan-Vereinigungen (und vieles mehr) im Umfeld dieser weltweiten Vision einer ‚Förderation der Planeten‘. Viele Jahre fand ich Teile dieser Serie faszinierend, da sie nicht nur platte Unterhaltung boten sondern immer wieder komplexe Fragestellungen durchspielten. Aber erst jetzt habe ich den Eindruck, dass wir mit der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft auf der Erde uns letztlich jenen Themen nähern, die in Star-Trek zum Allgemeingut gehören.
10) Als Menschheit haben wir in den letzten Jahrhunderten eine Menge lernen können. Aber der immer noch — trotz stattfindender Globalisierung — herrschende ‚Nationalismus‘ wirkt sich immer noch hemmend aus. Die US-amerikanische Demokratie ist dafür das zur Zeit beste Beispiel: geboren aus einem Aufschrei der Menschen gegen englisches monarchisches Unrecht und später dann gegen die Unterdrückung von dunkelhäutigen Menschen durch hellhäutige entstand eine Verfassung, die erstmalig den Wert des/ der Menschen in neuer, radikaler Weise beim Namen nannte und unter Schutz stellte. Trotz dieser Verfassung brauchte es einen Martin Luther King, um den Geist dieser Verfassung im Alltag weiter zu klären. Ist heute Snowden ein weiterer ‚Martin Luther King‘ für den Bereich des Umgangs mit der Privatsphäre? Und wo ist der ‚Martin Luther King‘, der den USA klar macht, dass die Menschen jenseits der US-Grenzen auch Menschen sind?
11) Natürlich könnte man all die Kritik, die ich hier am Beispiel der USA äußere, auch gegenüber anderen Staaten äußern. Man müsste es auch. Aber den USA kommt bislang eine Vorreiterrolle zu, die kein anderes Land so einnehmen kann. Wenn China und/ oder Russland demokratischer wären, oder sogar ‚richtige‘ Demokratien, dann würde dies das Machtgefüge in der Welt stärker und nachhaltiger verändern als noch so große Militäretats oder noch so umfassende Abhöraktionen.
12) In Star Trek können die Menschen unterschiedlichster Herkünfte miteinander reden, weil es einen ‚universellen Übersetzer‘ gibt (Bei Jansen das Kapitel ‚Sternenzeit 67190‘). Dieser macht es möglich, dass unterschiedliche Menschen im Reden zueinander finden können. Die Verschiedenartigkeit muss dann kein Hindernis mehr sein, sie kann ‚bereichern‘. Für Staaten mit vielen unterschiedlichen Sprachen (Europa, Russland, Südafrika, Indien, ….) ist die Lösung des Sprachenproblems zentral. In der Welt ‚vor‘ Star-Trek haben wir noch keine wirklich gute Lösung. Und für das zentrale Problem jeder Sprache, ihre ‚Semantik‘ (die Wechselbeziehung zwischen Zeichen und realer Welt), hat die Wissenschaft bis heute keine wirkliche Lösung, auch nicht ein Gigant wie Google oder die NSA. Das Google und die NSA trotzdem, mit den begrenzten Methoden von heute, so viel Wirkung erzielen können, kann uns erzittern lassen vor einer Zukunft, in der die Sprachtechnologie weiter vorangeschritten sein wird, nämlich dann, wenn der Gedanke einer demokratischen Weltordnung sich nicht weiter entwickeln konnte. Wir brauchen transnationale Demokratien von hoher Qualität, wollen wir das wahre Potential des Lebens ausschöpfen.
13) Dies führt zurück zur Grundsatzfrage, was denn überhaupt das ‚Humanum‘ als Teil des gesamten biologischen Lebens in dem bekannten Universum ist. Ich glaube nicht, dass irgendjemand auf dieser Erde diese Frage momentan wirklich beantworten kann trotz vielzähliger ‚humanistisch‘ sich nennender Traditionen. Der Begriff des ‚kosmischen Humanismus‘ und einer ‚transnationalen Demokratie‘ hängen engstens zusammen.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

QUELLEN

Jansen, H. (2013), „Die Philosophie bei STAR TREK“,Weinheim: Wiley-VCH Verlag GmbH & Co., KGaA

DEMOKRATIE IM ABHÖRTEST – Nationale Sicherheit, Tarnkappenpolitik, Transhumanismus, und so…

1) Seit Sommer 2013 haben die fortschreitenden Enthüllungen der Aktivitäten der US-amerikanischen Geheimdienste — allen voran die NSA 1, NSA 2 — die Öffentlichkeit in vielen Ländern dieser Erde erregt, kaum bis gar nicht die jeweiligen Regierungen dieser Länder. Einen kompakten Überblick über die verschiedenen Phasen der Enthüllungen aus US-amerikanischer Sicht bietet die Washington Post (WP) im Artikel von Elliot/ Rupar (dort auch weiteres Material!). Eine deutsche Version von Wiegel/ Rüb/ Buchsteiner bis Oktober fand sich in der FAZ (s.u.)). Auch in diesem Blog gab es dazu schon mehrere Einträge (siehe die Übersicht Blog Übersicht).
2) Dazu ist anzumerken, dass mein Blickpunkt natürlich sehr limitiert ist durch die wenigen Quellen, die ich auswerten konnte (siehe Quellen im Anhang; die aufgelisteten Quellen bilden nur einen Ausschnitt) sowie dadurch, dass ich von Haus aus ja kein Journalist bin, sondern Wissenschaftler, Philosoph. Meine Perspektive richtet sich daher auch weniger auf die vielen Details, sondern auf mögliche Strukturen, die sich in den Details artikulieren. Im Falle eines solch komplexen Prozesses wie der Politik, und dazu nicht nur der Politik eines Landes alleine, bleiben solche Überlegungen notgedrungen sehr spekulativ. Ihr Wert liegt eher in der Anregung der öffentlichen Diskussion über jene ‚Werte‘, die unser Handeln faktisch leiten bzw. möglicherweise ‚leiten sollten‘, wenn wir an nachhaltigen demokratischen Gesellschaften interessiert sind.
3) Aus meiner Wahrnehmung war die Diskussion lange Zeit (und irgendwie scheint dies immer noch dominant zu sein) nurmehr auf die technischen Aspekte der Abhörung fixiert, z.B.: Was kann man überhaupt abhören? Wie viel wurde abgehört? Wie kann man sich dagegen schützen? Während technisch versierte Menschen von vornherein wussten, dass man im Prinzip alles abhören kann (einschließlich des Mobiltelefons mit allen seinen Möglichkeiten), war es dann selbst für diese ‚Experten‘ dann doch ein wenig überraschend, in welchem Ausmaß US-amerikanische Dienste (die NSA) diese technischen Möglichkeiten tatsächlich genutzt haben, ohne Rücksicht auf Kosten, ohne Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten, ohne Rücksicht auf geltendes Recht, weltweit und national.
4) Die Qualität der öffentlichen Meinungen änderte sich ein wenig, als bekannt wurde, dass auch Regierungsinstitutionen ‚befreundeter‘ Länder abgehört wurden (z.B. Brasilien, Deutschland, EU…) einschließlich deren oberste politische Repräsentanten. Waren bis zu diesem Zeitpunkt die Stellungnahmen der offiziellen Nicht-US Politik an Verharmlosungen, Wegreden, Wegsehen, Weghören kaum noch zu überbieten (speziell in Deutschland!), kam es nach diesen Enthüllungen kurzfristig zu einem politischen Aufschrei (zuerst Merkel (DE) und Rousseff (BR), dann auch Hollande (FR), und die EU).
5) Wer nun gedacht hatte, das würde das ganze Problem grundlegend auf die Tagesordnung bringen, wurde sehr schnell eines Besseren belehrt. Zwar gab es erstmalig eine erhöhte diplomatische Aktivität der US-Amerikanischen Regierung, aber weder führte dies bislang zu ernsthaften Beeinträchtigungen des geplanten Handelsabkommens USA – EU noch kamen die Überlegungen zu einem No-Spy-Abkommen USA-Deutschland wesentlich voran. Ferner wurde jeder Versuch einer ernsthafteren Aufklärung durch Befragung des Whistleblowers Snowden überall im Keime erstickt. Sowohl Rousseff wie auch Merkel gaben klar zu erkennen, dass sie keine direkte Einbeziehung von Snowden wünschten (was auch der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range bestätigte, indem er keinerlei hinreichende Verdachtsmomente für eine Maßnahme erkennen konnte. Dass während der Pressekonferenz anstatt von der NSA von der NASA gesprochen wurde, fördert das Vertrauen in diese Institution sehr…).
6) ‚Was geht hier vor‘ fragt sich der ’normale‘ Bürger? Bedenkt man (siehe den Beitrag von Badenhop, FAZ 16.Dez.), dass die US-Amerikanische Regierung in Deutschland die aufwendigste Infrastrukturen für Konsulat, Geheimdienste und Militärstrategie außerhalb der USA betreibt, dann ist klar, dass es mehr Beziehungen zwischen der jeweiligen US-Regierung und der Bundesregierung gibt als in der Öffentlichkeit gerne verhandelt werden (Und dies ist ja nur die Spitze des Eisbergs).
7) Diese Fakten sind möglicherweise ein Grund, warum die offizielle Politik für Außenstehende so auffällig nichtssagend reagiert. Man könnte dies dann eine ‚Tarnkappenpolitik‘ nennen: durch umfassende Geheimhaltung versucht man die Öffentlichkeit von gewissen Sachverhalten fernzuhalten, weil man den Bürgern nicht zutraut, dass sie verantwortlich für ihr eigenes Land denken können. Dies erinnert an vergangene monarchistische Zeiten, wo einige wenige Auserwählte regierten und das ‚Volk‘ die ‚Regierungsmasse‘ war, mit der man beliebig umging. In der modernen demokratischen Bewegung sollten diese Verhältnisse umgekehrt werden: das Volk sollte die primäre gestalterische politische Macht haben und die ‚gewählten Vertreter‘ sollten den ‚mehrheitlichen Willen‘ umsetzen. Die Ansätze der modernen Tarnkappenpolitik sind vor diesem historischen Hintergrund nicht unverfänglich: momentan kann man den Eindruck gewinnen, dass die deutsche (und französische, und brasilianische, und …) Regierung die Demokratie mit dem Mittel der Tarnkappenpolitik immer mehr in eine ‚Scheindemokratie‘ verwandelt, in der die Öffentlichkeit mittels Geheimhaltung und Informationsverweigerung soweit ’neutralisiert‘ wird, dass sie keinerlei realen Einfluss mehr hat (das bisschen Wahlen bekommt man dann auch noch hinreichend ‚in den Griff’…).
8) Als am 10.Dezember 2013 5 Nobelpreisträger, 560 Schriftsteller ihren Aufruf gegen die Massenüberwachung veröffentlichten (wohlgemerkt, nicht als öffentliche Bewegung sondern als quasi ‚elitäre‘ Veranstaltung der 565 ‚Aufrechten‘) war dies ein deutlicher Aufschrei eines winzigen Teils der Öffentlichkeit. Am 15.Dez.2013 fragte Harald Staun in der FAS, warum die Politik diesen Aufruf vollständig ignoriert (CDU und SPD befanden sich in intensiven Koalitionsverhandlungen). Zuvor hatte Constanze Kurz in der FAZ vom 13.Dezember dies auch schon in aller Klarheit gefragt und ihre Frage in scharfe Analytik eingebettet, die das Tarnkappengehabe der aktuellen Regierung schonungslos offenlegt. Sie konstatiert noch, dass sich überhaupt nichts bewege, weder in der Politik, noch sonst.
9) In der Deutschen Politik kann man in der Tat zu dem ganzen Komplex ‚Abhören – Datenschutz‘ bislang nahezu nichts feststellen, was auch nur die leisesten Ansätze in Richtung einer irgendwie gearteten konstruktiven Haltung erkennen lässt, obgleich der grundgesetzliche Schaden schon jetzt unübersehbar ist und der Schaden für die Deutsche (und eruopäische) Industrie immens zu sein scheint. Durch den Totalausfall der Deutschen Politik verharrt die Industrie und die diversen Verbände in einer Art ‚Blubberzustand‘, der keine klare Richtung erkennen lässt.
10) Anders in den USA! Die europäische Öffentlichkeit (oder doch nur die deutsche?) schimpft zwar über die US-Regierung und über die US-Internetkonzerne, doch finden sich in den USA auch genau jene Kräfte, die sich ernsthaft gegen das überbordende Verhalten der US-Regierung zur Wehr setzen. Es sind die US-Medien (allen voran die Washington Post), die sehr offen, sehr detailliert über die Aktivitäten und Auswüchse der Geheimdienste berichten, die aktiv Kontakt mit Snowden halten und ihn direkt zu Wort kommen lassen; es sind die Leser, die in ihren Leserbiefen unmissverständlich sagen, was sie über das Ganze denken (bei der WP darf ein Leser mit einem Pseudonym schreiben, ohne Zensur durch die Zeitung!); es gibt Richter, die sich in Prozessen gegen die Politik der Regierung stellen; es gibt Internetfirmen, die öffentlich massiv Position gegen die Regierung beziehen, und vieles mehr. Natürlich ist die Interessens- und Motivationslage nicht einheitlich; nicht alle denken in erster Linie an die Werte der Verfassung; aber immerhin zeigt sich, dass selbst globale Internetfirmen sich bewegen, wenn die Umsätze einbrechen oder weiter wegzubrechen drohen. Europa ist nicht machtlos, aber ihre — speziell die deutschen — politischen Vertreter erscheinen mit ihrem Tarnkappenverhalten nicht so, als ob sie die Interessen ihrer Bürger angemessen vertreten wollen. Deswegen darf man sich nicht wundern, wenn die US-Politik und Wirtschaft ein solches Duckmäusertum auf weite Strecken nicht wirklich ernst nehmen; warum auch?
11) Im Aufruf der 565 Aufrechten steht das Abhören im Zentrum, das Menschenrecht auf Würde und Privatheit. Das klingt gut. Das Problem kommt aber möglicherweise aus einer ganz anderen Ecke. Quelle der Aufregung sind die USA, noch immer Technologiesupermacht mit einem militärischen Apparat, der alles in den Schatten stellt, was andere Länder aufzubieten haben. Und das demokratische System der USA besteht aus einem ‚Netzwerk von Faktoren‘, in dem das Recht auf Privatheit nur ein (!) Faktor unter mehreren ist. Ein weiterer Faktor ist die Exekutive, die im Falle der ‚Gefährdung der nationalen Sicherheit‘ ein nahezu unumschränktes Handlungsrecht bekommt. Wenn dieser Fall eintritt, wird der Faktor ‚Recht auf Privatheit‘ faktisch neutralisiert. In diesem Fall kann die Regierung praktisch machen, was sie will. Dies macht solange Sinn, als die Regierung im Sinne der Verfassung handelt und in der Notsituation auch schnell und umfassend handeln muss.
12) Normalerweise herrscht kein Krieg und daher ist das Prinzip der Privatheit im Prinzip intakt. Doch, diese konstitutionelle Bewahrung der Privatheit wurde in den USA durch nachfolgende Gerichtsentscheidungen immer weiter ausgehöhlt (siehe den Blogeintrag zum vierten Zusatz der US-Verfassung). Eine Anpassung an die Gegebenheiten der modernen Internetbasierten Informationsgesellschaft blieb aus. Aber nicht nur das. Getrieben durch die Eigendynamik der Geheimdienste, des Militärs und der kooperierenden Industrie fanden diverse US-Regierungen immer mehr Gefallen daran, das Mittel der ‚Nationalen Sicherheit‘ dazu zu benutzen, immer mehr Dinge als ‚geheim‘ (= Tarnkappenpolitik) zu klassifizieren und damit den Augen der Öffentlichkeit zu entziehen. Spätestens seit September 11 2001 entdeckte man, dass der notgedrungen vage Begriff des ‚Terrorismus‘ eine ideale Möglichkeit bietet, den ‚Feind‘ nach Bedarf überall verorten zu können, sogar im eigenen Land, und dass die Regierung dadurch jederzeit überall in jedem eine ‚Gefahr‘ Lokalisieren kann, die die ‚Nationale Sicherheit‘ gefährdet. Zusammen damit wurden nach und nach die Gesetze so abgeändert, dass letztlich auch die demokratische Kontrolle nur noch der Form nach, aber nicht mehr dem Inhalt nach, besteht. So wurde aus der führenden Demokratie der Welt ein demokratischer Zombie: nach außen Demokratie, von innen her eine vollständig unkontrollierte Regierung, die — im durch Geheimhaltung geschützten Bereich — keinerlei Normen mehr anerkennen muss, mit eigener ‚Justiz‘, jenseits der Menschenrechte, jenseits aller internationalen Rechte, durch die beliebig umfassende Geheimhaltung wie durch eine Tarnkappe geschützt. Eine wunderbare Neue Welt…..
13) Was also sollte — vor diesem Hintergrund — der Aufruf von elitären 565 Aufrechten bewirken?
14) Was wir brauchen ist eine weit intensivere Diskussion um die Zukunft der Demokratie in den bisherigen Demokratien als sie bislang stattgefunden hat. Das Totalversagen der bisherigen Deutschen Regierung in diesen sensiblen Fragen lässt — ich lasse mich gerne eines Besseren belehren — nur einen Schluss zu: die gewählten Volksvertreter einschließlich der Chefs der führenden Verfassungsorgane sind seltsam taub und blind geworden für die Grundlagen moderner Demokratien. ‚Muttis Lächeln‘ allein wird es mit Sicherheit nicht richten. Ohne mündige Bürger haben wir Stillstand, tödliche politische Korrektheit und politische Agonie; dies schadet allen.

PS: Den Punkt ‚Transhumanismus‘ lasse ich an dieser Stelle aus. Der Text wird ansonsten zu lang. Ich komme darauf aber nochmals in einem anderen Beitrag zurück.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

AUSWAHL AN QUELLEN

(Die Gruppierungen sind sehr subjektiv und nicht sehr scharf)

FAZ := Frankfurter Allgemeine Zeitung
FAS := Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
FR := Frankfurter Rundschau
WP := Washington Post
Namenskürzel := Buchstabenkürzel statt Autorennamen finden sich gelegentlich bei FAZ/ FAS-Artikeln. Wirken leserunfreundlich

ABHÖREN

Barton Gellman, Edward Snowden, after months of NSA revelations, says his mission’s accomplished. WP 24.Dez.2013, online

Kennedy Elliot/ Terri Rupar, Six months of revelations on NSA. WP 23.Dez.2013, online

Ellen Nakashima/ Ann E.Marimow, Judge: NSA’s collecting of phone records is probably unconstituional, WP 16.Dez.2013, online1, online 2

Peter Badenhop, Washingtons Drehscheibe.In Frankfurt betreibt Amerika sein weltweit größtes Konsulat, in Wiesbaden bezieht es gerade das Europa-Hauptquartier der Army. Für alle Militär- und Geheimdienstoperationen der Supermacht ist das Rhein-Main Gebiet von zentraler Bedeutung. FAZ 16.Dez.2013, S.35

Constanze Kurz, Die neue Dimension des Duckmäusertums, FAZ 13.12.13, S.33

Andreas Ross, Willkommen im Netz der NSA. Die neueste Enthüllung über Bewegungsprofile betrifft auch die Amerikaner selbst. FAZ 6.Dez.2013, S.6

miha., Prinzip NSA. … wie die totale Überwachung Schule macht. FAZ 30.Nov.13, S.42

isk, „An Spielregeln halten, die im jeweiligen Land gelten“. (Verfassungsschutz, Wirtschaftsspionage) FAZ 29.11.13, S.59

Mark Siemons, Amerika und China im Cyberkrieg. (Kongress, USA, China) FAZ 26.11.13, S.27

Franz Schirrmacher (Interview mit Michael Hang, Präsident BSI), „Der immense Einsatz von Geld hat uns überrascht“. FAZ, 22.11.13, S.33

pwe., Amerika sammelt Daten über Geldtransfers. FAZ 16.11.13, S.16

pca., Ziercke: Cyberkriminalität ist unvergleichbare Bedrohung. FAZ 13.11.13, S.2

Matthias Hannemann, Wer weiß schjon wen und was sie alles ausspionieren? (Cyber security Summit, Bonn) FAZ 13.11.13, S.35

Peter Carstens, Spione und andere Marktradikale. (Wirtschaftsspionage) FAZ 5.11.13, S.3

Andreas Ross, Alles unter Kontrolle. Wer wusste von der Überwachung? FAS 3.11.13, S.8

Constanze Kurz, Die Angriffsindustrie. Geheimdienste … sind längst zur Offensive übergegangen.. FAZ 1.11.13, S.31

Michaela Wiegel, Matthias Rüb, Jochen Buchsteiner, NSA-Affäre. Das Vertrauen in die amerikanische Regierung schwindet mit jeder neuen Enthüllung. (Hier auch Chronik zur Affäre vom 6.Juni bis 25.Oktober 2013) FAZ 25.10.13, S.1

Jochen Buchsteiner., Unterhaus prüft Ausspähaffäre. (England, 4 Monate danach) FAZ 18.10.13, S.5

Andreas Ross, NSA speichert Kontaktlisten. Auch Daten von Millionen Amerikanern abgefischt. FAZ 16.10.13, S.6

lid., NSA sammelt Online-Kontaktlisten im großen Stil. FAZ 16.10.13., S.9

Constanze Kurz, Die Menschenrechte sollen es richten, FAZ 4.10.2013, S.28

PRESSEFREIHEIT

Carsten Germis, Abe verteidigt Sicherheitsgesetz. „Manches muss geheim bleiben“. FAZ 10.12.13, S.6

Ingo Petz, Unabhängige sind gefährdet. Weißrussland entzieht Verlag Logvinau die Lizenz, FAZ, 8.10.13, S.29

Carsten Germis, Mit Losglück zur Pressekonferenz (Japan), FAZ 2.10.2013, S.13

Carsten Germis, Schutz vor Bürgerrechtlern und anderen Terroristen. Japan…, FAZ 2.12.13, S.2

Mark Siemons, Farbe bekennen! China geht gegen ausländische Medien vor. FAZ 19.11.13, S.31

Patrick Bahners, Wenn Obama ruft, spurt sie schon. Die Chefredakteurin der ‚New York Times‘ … FAZ 16.10.13., S.11

vL., Umbau des Verfassungsschutzes. Niedersachsen reagiert auf Überwachung von Journalisten. FAZ 4.10.13, S.4

Patrick Bahners, Niemand will reden. Ein Film über Hilary Clinton wird verhindert. FAZ 2.10.13, S.39

JUSTIZ

Petra Kolonko, Die Systemfrage. Die Pläne zur Reform der Justiz in China. FAZ 2.12.13, S.10

Bernd Rüthers, Wer herrscht über das Grundgesetz? Deutschland wandelt sich von einem Gesetzesstaat zu einem Richterstaat…) FAZ 18.11.13, S.7

Stefan Schulz, Selbst Sicherheitsexperten bleibt nur das Staunen. Das Bundeskriminalamt erforscht das digitale Verbrechen. FAZ 14.11.13, S.27

Udo di Fabio, Ist das Grundrecht ein Ladenhüter? (Wirtschaft, Netz, Privatheit) FAZ 13.11.13, S.34

INTERNET/DATENSCHUTZ

Ellen Nakashima, If not the NSA, who should store the phone data?, WP 26.Dez.2013, online

Steffen Hebestreit im Interview mit Peter Schaar (Bundesbeauftragter für Datenschutz bis Dez.2013), „Regierung muss unsere Daten schützen“, FR14./15.Dez.2013, Politik S.4

Stefan Schulz, Der Geheimdienst arbeitet großartig! (Welche Firmen sich dem Protest gegen die Geheimdienste in den USA nicht angeschlossen haben) FAZ 11.12.13, S.31

Peter Welchering, Die Daten im Land halten bringt nicht viel. (Grenzen des Telekom Konzeptes gegen Ausspähen) FAZ 3.12.13, S.T2

Frank Schirrmacher (Gespräch mit René Obermann, Frank Rieger), Snowdens Enthüllungen sind ein Erdbeben. (CCC-Sprecher, Telekom Chef) FAZ 29.11.13, S.31

Felix von Leitner, Der Bauplan für ein sicheres Internet. (Was EU tun sollte) FAZ 26.11.13, S.25

Uwe Ebbinghaus, Bquem in die Totalüberwachung. (Branchenverband Bitkom) FAZ 25.11.13, S.29

Morten Freidel, Stefan Schulz, Harald Staun, Wie wehre ich mich gegen Überwachung? FAS 24.11.13, S.47

lid., Technikkonzerne verlangen eine Reform der Geheimdienste. FAZ 2.11.13, S.18

nto., E-Mail-Anbieter kooperieren wegen Überwachung. FAZ 1.11.13, S.2

lid./ jpen., Google empört über Datenschnüffelei. FAZ 1.11.13, S.2

Manfred Lindinger, Den NSA-Lauschern keine Chance. (Verschlüsselungstechnik, Neues Netz) FAZ 26.10.13, S.39

hmk./ nbu., Zustimmung zu EU-Datenschutzreform. (Europaparlament) FAZ 23.10.13, S.1

thwi., Die Datenflut, Brüssel und das Vertrauen der Nutzer. IHK fordert ein europaweite einheitliches Internetrecht. FAZ 9.10.13, S.37

Carsten Knop, Die Wolke bekommt Regeln. (Europa, Cloudcomputing) FAZ 8.10.13, S.15

DEMOKRATIEVERSTÄNDNIS

Andreas Ross (Kommentar), Der große Datenbruder. Amerika hat andere Vorstellungen von Datenschutz. Dagegen hilft keine Rechthaberei. FAZ 27.Dez.2013, S.1

Adam Goldman, Psychologist found accused Sept.11 plotter to be mentally incompetent in 2009, WP 27.Dez.2013, online

Jordan Mejias, Lächeln, als wäre nichts gewesen. Bestens gelaunt: Bei einem Treffen im Weißen Haus huldigt Amerikas Technoprominenz Präsident Obama. FAZ 19.Dez.2013, S.27

Frank Schirrmacher, Erziehung vor Verdun. Der Schauplatz des ersten Informationskriegs, inspiziert im Zeitalter der europäischen Krise…FAZ 19.Dez.2013, S.25

oe, Brasilien will Snowden nicht.“Kein offizieller Asylantrag“. FAZ 19.Sept.2013, S.6

Patrick Bahners, Wo die NSA sich selbst widerspricht.Ein Gericht erklärt die umfassende Sammlung von Telefondaten für verfassungswidrig.FAZ 18.Dez.2013, S.8

Andreas Ross,Obamas vergebliche Seufzer. Washington wird Berlin wohl keine echte No-Spy-Zusage machen … FAZ 18.Dez.2013, S.5

Günter Bannas, Betriebssystem Angela Merkel.Die Bundeskanzlerin hat dieses Land verstanden:Lege Dich nicht fest, wenn Du es nicht musst. Sprich nie offen, wenn mehr als fünf Leute im Raum sind. Nimm Gröhe die Fahne weg. FAZ 17.Dez.2013, S.3

Prof.Dr.Florian Grotz, Verzerrte Stimmen. Die Bundestagswahl vom 22.Sept. fand unter einem neuen Wahlsystem statt, das die Absicht der Bürger auf den Kopf stellt…, FAZ 16.Dez.2013, S.7

Harald Staun, Warum tut ihr nichts? Wie die Politik den Schriftsteller-Appell gegen Überwachung ignoriert. FAS 15.Dez. 2013, S.45

Lt., EuGH-Generalanwalt: Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung rechtswidrig. §Unvereinbar mit der Grundrechte-Charta“ FAZ 13.12.13, S.1

Petra Kolonko, Chinesen wollen Macht teilen. FAZ 13.12.13, S.6

ami., Kanzleramt stoppt Verbot von Preiserhöhungen für medikamente. FAZ 13.12.13, S.11

lid., Internetkonzerne fordern Geheimdienste-Reform, FAZ 10.12.13, S.9

F.A.Z (Dokument 5 Nobelpreisträger, 560 Schriftsteller), Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter. FAZ 10.12.13, S.27f

Tobias Rüther (Gespräch mit Juli Zeh, Ilija Trojanow), Alles ist gesagt, jetzt müssen wir handeln. (Handeln nach der bisherigen politischen Konsequenzenlosigkeit nach Snowdens Enthüllungen) FAZ 10.12.13, S.28

Carsten Germis, Japan muss sich bewegen. FAS 8.12.13, S.10

Herbert B.Schmidt, Erhards Anmerkungen zum Zeitgeist. FAZ 6.Dez.2013, S.12

Ludwig Erhard, Die Gefährdung der Freiheit durch eine nur auf Konsens bedachte Politik. Ansprache vom 1.Sept.1968. FAZ 6.Dez.2013, S.12

cpm., Erfurt reformiert Geheimdienst. Stärkere Überwachung des Verfassungsschutzes geplant. FAZ 4.12.13, S.4

Carsten Germis, Mehr als nur ein Flugzeugträger. Biden und Abe bekräftigen Bündnis. FAZ 4.12.13, S.6

Mark Siemons, Und universelle Werte gibt’s doch überhaupt nicht. (China) FAZ 3.12.13, S.31

Petra Kolonko, Der chinesische Traum und der Alptraum der Nachbarn. FAZ 3.12.13, S.8

Mark Siemons, Wenn Imperien über Vergangenheit entscheiden. Japans Geschichtesvergessenheit … FAZ 2.12.13, S.27

Michael Hanfeld, Der Krieg, der immer neue Feinde produziert. (US-Terror gegen Terror, Dosier) FAZ 30.Nov.13, S.42 (Verweist auf Dossiers der ARD unter http://www.ardmediathek.de/suche?detail=40&s=Geheimer%20Krieg)

nbu., EU will keine Konsequenzen aus NSA-Skandal ziehen. Abkommen zur Datenermittlung werden fortgeführt. FAZ 27.11.13, S.1

pca./ sat., Berlin verlangt Antworten aus Washington. Treffen mit Kongressmitgliedern zur NSA-Affäre. FAZ 26.11.13, S.4

Peter Sturm, Grüße aus dem Schützengraben. Südkoreas Geheimdienst… FAZ 23.11.13, S.10

Patrick Bahners (Interview mit Fritz Stern), Obama ist in einer beinah unmöglichen Lage. FAZ 16.11.13, S.44

Nikolas Busse, Abgehängt (Deutschland und Frankreich in der NSA-Affäre) FAZ 13.11.13, S.1

F.A.Z., „Die EU braucht Edward Snowden nicht“. EU-Kommissarin Neelie Kroes. FAZ 12.11.13, S.2

sat./ Lt., Merkel: Transatlantisches Bündnis bleibt von überragender Bedeutung. warnung vor einer Befragung Snowdens in Deutschland. FAZ 5.11.13, S.1

Patrik Bahners, Mit Merkels Handy geht die Bombe hoch. Die ‚New York Review of Books‘ lädt zur debatte… FAZ 2.11.13, S.35

Majid Sattar, Wenn der Verfassungsschutz anruft. (Deutsche Spionageabwehr) FAZ 2.11.S.2

Andreas Ross, Agenten mit Herz. In Amerika formiert sich Widerstand gegen Europas empörte Politiker. FAZ 31.10.13, S.3

Andreas Ross, Vom Patriotismus zur freiheit. Die Amerikaner sind besorgt über den Ärger im Ausland. FAZ 30.10.13, S.2

Günter Bannas/ sat./ aksi., Sondersitzung des Bundestages wegen NSA-Affäre. FAZ 29.10.13, S.1

Reuters., Amerikanische Handelskammer stellt Lauschangriffe in Frage. Aber Freihandelsgespräche mit Europa müssen kommen. FAZ 29.10.13, S.10

Günter Bannas, Der größte deutsch-amerikanische Stresstest. (Abhören der Kanzlerin) FAZ 28.10.13, S.2

Matthias Rüb, Deutschland und Brasilien arbeiten an Resolution zur NSA. FAZ 28.10.13, S.2

F.A.Z., Geheimdienst Kanadas verklagt. FAZ 28.10.13, S.2

Christian Lindner, Freiheit geht vor Freihandel (Europa, USA) FAZ 28.10.13, S.29

Patrick Bahners, Ein töricht krimineller Akt. (Fritz Stern über den Abhörskandal) FAZ 28.10.13, S.29

Uwe Ebbinghaus, Freunde sind wir nicht, nur Kumpels. (Frankfurter Römerberggespräche, Europa und USA) FAZ 28.10.13, S.32

rieb., Härtere Gangart gegenüber Amerika gefordert. (Frankfurter Römerberggespräche, Europa und USA) FAZ 28.10.13, S.37

F.A.Z., UN fordern Daten über Drohnen. Washington gibt Milliardenhilfe für Pakistans Militär frei. FAZ 21.10.13, S.6

Andreas Ross, NSA ermöglicht Drohnenangriffe. Ortung von Terrorverdächtigen durch überwachte E-Mails. FAZ 18.10.13, S.5

ami./ enn./ mas., Aufregung über Großspende der CDU. FAZ 16.10.13., S.9

Andreas Ross, Gericht prüft Wahlkampfregeln. Republikaner wollen Begrenzung von Spenden aufweichen. FAZ 10.10.13, S.6

Gina Thomas, Die totale Überwachung. In England herrscht ein Abhörstaat. FAZ 8.10.13, S.15
Andreas Ross/cheh., Amerika rechtfertigt Gefangennahme Libis. FAZ 8.10.13, S.6

rso., „Deutschland darf kein schlafwandelnder Riese sein“. (Reden zum Tag der Deutschen Einheit) FAZ 4.10.13, S.2

Ilija Trojanow, Willkür und Freiheit. (USA, Einreise verweigert) FAZ 2.10.2013, S.31

TANGIERENDE WIRTSCHAFT

AFP, Vorteil in Milliardenhöhe. Europäer und Amerikaner wollen Freihandel ausweiten. FAZ 17.Dez.2013, S.10

ZUM ‚KERNGESCHÄFT‘ VON WEIHNACHTEN

Letzte Änderung: Korrektur in Nr.8, 26.Dez.2013
Letzte Änderung: Neuer RUM-Song zum Thema am Schluss des Artikels

1) Kommen wir gleich zur Sache. Was immer wir heute mit ‚Weihnachten‘ verknüpfen (Familienfeste, Geschenke einkaufen, Gänsebraten, Weihnachtsmusik, Christbaum, Weihnachtsmann, Weihnachtspost, Christkind, Christmette, …..) alles geht irgendwie — und nicht immer klar nachvollziehbar — zurück auf die biblischen Texte über die Geburt Jesu.
2) In zwei Texten der sogenannten ‚Evangelien‘ (Lukas- und Matthäusevangelium) finden sich Abschnitte, die wie eine einheitliche ‚Geschichte‘ daherkommen.
3) Nach heutigem Wissenstand (Ausschnitt) wurden diese Texte viele Jahrzehnte NACH dem Tode des Menschen Jesus von Nazareth aufgeschrieben und noch viel später zur Sammlung der Texte des sogenannten ‚Neuen Testaments‘ hinzugefügt.
4) Aus den bisherigen wissenschaftlichen Analysen zu den sogenannten Weihnachtsgeschichten (Eine kleine Zusammenfassung findet sich hier) legt sich die Interpretation nahe, dass „… es sich um literarische Fiktionen handelt, mit denen die Gottessohnschaft Christi und sein Kommen in die Welt historisch und prophetisch glaubhaft gemacht werden sollen. Es solle vermittelt werden, dass es sich bei dem Gottessohn auf Erden ihrer Ansicht nach nicht um eine mythische Gestalt, sondern um eine wahrhaftig historische Gestalt gehandelt habe.“ (Wikipedia (DE)).
5) In den heutigen historisch-wissenschaftlich geschulten Ohren mag dies im ersten Moment ‚abwertend‘ klingen: ’nicht historisch‘, muss es aber nicht. Im Gegenteil, wenn deutlich wird, dass sich in diesen Formulierungen ein ‚Glaube‘ ausspricht, eine ’spezielle Sichtweise‘ auf die (höchst wahrscheinliche) historische Gestalt Jesus von Nazareth, dann wird dieser Glaube ’sichtbar‘, ‚anfaßbar‘, diskutierbar.
6) Dieser Glaube an Jesus als ‚Gottes Sohn‘ resultiert ja zunächst aus dem Leben und Sterben Jesu und den Erlebnissen, die die Menschen nach seinem Tod mit ihm verknüpft haben (Beispiel: das sogenannte ‚Bekehrungserlebnis‘ von Saulus zu Paulus). In den Jahrzehnten nach seinem Tode entstand und verbreitete sich die Überzeugung, dass er nicht nur ein Mensch gewesen ist, sondern zugleich auch der ‚Sohn Gottes‘. Im Lichte dieses entstehenden Glaubens wurden die Geburtstexte den Textsammlungen des Matthäus- und Lukasevangeliums hinzugefügt, quasi als ‚Erklärungen des Glaubens‘ zu den historischen Fakten. Dabei wurde — so erscheint es im Nachhinein — recht freizügig von allen möglichen historischen und alttestamentlichen Überlieferungen Gebrauch gemacht.
7) Dieser Glaube an die Gottesohnschaft Jesu von Nazareth wurde aber nicht nur in den Texten der Evangelien interpretierend eingebracht, sondern prägte die Diskussion in der damaligen Welt bis zum Konzil von Chalcedon 451. Auf diesem Konzil kam es dann zu einer Lehrentscheidung, die bis heute für die katholische, die orthodoxe, die evangelische und die anglikanische Kirche gleichermaßen ein Fundament des offiziellen kirchlichen Glaubens zur Person Jesu von Nazareth darstellt. Es finden sich darin Aussagen wie die, dass Jesus „wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch“ war, „derselbe, aus Vernunftseele und Leib, wesensgleich dem Vater der Gottheit nach, wesensgleich uns derselbe der Menschheit nach, in allem uns gleich außer der Sünde, vor Weltzeiten aus dem Vater geboren der Gottheit nach, in den letzten Tagen derselbe für uns und um unseres Heiles willen [geboren] aus Maria, der jungfräulichen Gottesgebärerin, der Menschheit nach“.(vgl. Wikipedia (DE)).
8) Der einzige Begriff in diesen Formulierungen, dem man eine fassbare Bedeutung geben könnte, wäre der einer ‚Geburt durch eine Jungfrau‘; da aber die sogenannten Geburtsgeschichten im Lichte der heutigen Erkenntnis einen späten, nicht-historischen Eintrag in die Texte über Jesus bilden, der mit starken Symbolen versucht, die Sicht des Glaubens in der realen Welt aufleuchten zu lassen, ist die Aussage über die Jungfräulichkeit der Mutter Jesu tendenziell eher theologisch interpretierend zu sehen und nicht historisch. Denn, ob die Mutter Jesu bei der Geburt tatsächlich Jungfrau war, wissen wir historisch nicht wirklich und würde eigentlich der Annahme des Dogmas, von Jesus als ‚ganzem Menschen (außer der Sünde)‘ eher weniger gerecht (außerdem kann die heutige Medizintechnik eine quasi Jungfrauengeburt vollbringen, so dass die Betonung einer Jungfrauengeburt ein Detail ist, was den Glauben an die Gottessohnschaft Jesu eher behindert als befördert).
9) Alle anderen Begriffe wie z.B. ‚Gott‘, ‚Vernunftseele‘, ‚Vater der Gottheit‘, ‚Sünde‘ haben keinerlei fassbare Bedeutung (was kein Widerspruch zur Tatsache ist, dass es in diesen Jahrhunderte Texte gab, die diese Begriffe verwendet haben). Die ‚Formel von Chalcedon‘ ist daher als Ganze eher nichtssagend, es sei denn, man macht sich die Mühe, darüber nachzudenken und zu prüfen, ob man diesen Worthülsen irgendeinen ‚Sinn‘ verleihen könnte.
10) Für uns Menschen mit einem konkreten Körper bleiben zur Konstruktion möglicher Bedeutungen nur die Mittel, die wir haben. Hier beginnt dann Philosophie, Wissenschaft, Kunst und Spiritualität.
11) Heute, 2013, wissen wir Anderes und denken wir Anders als in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung, bei aller Konstanz der zugrundeliegenden Prinzipien von Natur, Körper und Denken.
12) Während das Gespräch zur Frage, was der ‚Mensch‘ sei oder wer ‚Gott‘ sein könnte, in den vergangenen Zeiten mangels Wissen schnell zum Stillstand kommen musste, können wir heute deutlich mehr sagen, wenngleich vermutlich auch nur ein ‚Fragment‘, aber ein Fragment was erheblich umfangreicher, detaillierter ist und zudem eingebettet in eine historische Dimension, die vom ‚Beginn‘ der Entstehung des heute bekannten Universums bis in die Gegenwart reicht; aber nicht nur das, wir können sogar in bestimmten Punkten begründet über die Gegenwart hinaus ’schauen‘. Die biblischen Bilder der beiden alttestamentlichen Schöpfungsberichte wirken dagegen blass, naiv, irgendwie ‚kindlich‘, und können ihr ‚Nichtwissen‘ über die Welt, das Leben auf der Erde und ‚Gott‘ in keiner Weise verbergen. Dennoch sind sie Zeugnisse vom Willen der Menschen, in ‚Allem‘ einen möglichen ‚Zusammenhang‘ sehen zu können.
13) Die Summe des heutigen Wissens hat u.a. den eigentümlichen Effekt, dass wir unser eigenes individuelles Wissen, das im Gehirn stattfindet, mittlerweile nicht nur als ’subjektives Erleben‘ anschauen können, sondern mehr und mehr auch in seiner körperlichen Bedingtheit (das Gehirn berechnet aus den Körperdaten ein ‚Modell‘ des eigenen Körpers in einer räumlichen Welt) wie auch in seinem biologischen Gewordensein (biologische Evolution, dazu chemische Evolution, dazu physikalische Evolution…).
14) Wenn wir also heute über ‚Mensch‘ und ‚Gott‘ (und auch ‚Seele‘) sprechen wollen, dann können wir dies innerhalb des überwältigenden zeitlich-materiellen Prozessgeschehens, wo sich immer mehr alle Gegensätze aufzuheben scheinen: Materie ist eine Zustandsform von Energie, Geist ist eine Funktion von energetischen Zuständen, alles kommuniziert mit allem im quantenphysikalischen Raum, usw.
15) Der scheinbare ‚Ausverkauf‘ der alten Begriffe, ihr scheinbarer ‚Bedeutungsverlust‘, ist nur so lange ein Problem, als man sich an die alten Worthülsen wie ein Schiffbrüchiger des Verstehens klammert, anstatt den Blick hinzuwenden zu dem nahen Ufer des überbordenden Wissens eines werdenden Ganzen von unermesslichem Reichtum. Die Begriffe des Konzils von Chalcedon sind ‚leer‘ (Worthülsen), das heutige Wissen ist überbordend an möglichen Bedeutungen, nicht nur rein ‚begrifflich‘, sondern auch als ‚Realität‘, auch im möglichen ‚Erleben‘.
16) Dass es keinen wirklichen ‚Tod‘ geben kann, dass alles Leben Teil des großen Ganzen ist, dass ‚Gott‘ allem jederzeit ’nahe‘ ist, ‚erfahrbar‘ usw., ergibt sich heute aus der modernen Wissenschaft quasi als ‚Abfallprodukt‘; nur, wer will es wissen? Ist es nicht viel einfacher und schöner, seinen eigenen Lieblingsideen zu huldigen? Die kennt man, die sind ‚beherrschbar‘, die kann man nach Belieben manipulieren, die kann man nicht wirklich widerlegen…. Die große Angst, die Sicherheit sucht, scheint bereit zu sein, lieber Un-Sinn zu glauben, als in einer umfassenden Wahrheit die eigene Existenz neu zu finden. Ein Effekt von ‚Spiritualität‘ besteht darin, jenes existentielle Vertrauen in einem Menschen zu ermöglichen, das man benötigt, um aus der eigenen Lüge auszuziehen und in dem Haus der Wahrheit eine neue Wohnung zu finden.

Hier ist ein Song mit dem Titel Jesus and God. Dieser Song entstand auch nach der Methode ‚Radically Unplugged‘.

Einen Überblick über die bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

BLOG – IN EIGENER SACHE (2)

STEIGENDE BESUCHERZAHLEN

Warum auch immer, die Zahl der Besucher dieses Blogs steigt kontinuierlich. Dies ist zwiespältig. Einerseits kann man dies als ein Anzeichen dafür deuten, dass die Inhalte des Blogs die Leser in irgendeiner Weise positiv ansprechen. Dies kann der Ansatz zu einer übergreifenden Kommunikation sein darüber, wie wir unsere gemeinsame Welt verstehen können oder sogar sollten, um uns in ihr zurecht zu finden. Andererseits kann es für die Schreibenden eine Gefahr sein, nicht mehr ‚um der Wahrheit willen‘ zu schreiben sondern aus dem ‚Gefühl heraus, gehört zu werden‘. Positive Resonanz zwischen Menschen ist wichtig, eine Art Grundvoraussetzung persönlicher Kommunikation, aber wenn sie zu einer Art Selbstzweck wird, dann geht es nicht mehr um ‚Wahrheit‘, sondern um ‚Gefallen‘, ‚Bekannt sein‘, und dergleichen. Mit Wahrheit hat dies dann immer weniger zu tun. Wenn die ‚Wahrheit‘ als Nebeneffekt zu Bekanntheit führt, ist dies OK, aber ‚Bekanntheit‘ als solche ist eher tödlich für die Wahrheit.

KEINE WERBUNG

Vor diesem Hintergrund soll hier klargestellt werden, dass dieser Blog KEINERLEI Werbung macht. Positiv verstanden ist ‚Werbung‘ ein ‚Informieren‘ über Produkte und Dienstleistungen, was für diejenigen, die genau solche Produkte und Dienstleistungen suchen, sehr wichtig sein kann. Aber mit der Werbung ist es wie mit dem ‚Gefallen‘: Werbung als solche führt zu nichts. Wenn sich aus der Suche nach der Wahrheit ergibt, dass bestimmte Personen, Sachverhalte, Dinge, Dienste usw. ‚wichtig‘ sind, dann wird man darüber sprechen, aber nicht losgelöst, nicht einfach so um ‚Geld‘ zu verdienen. ‚Geld‘ ist ein nützliches ‚Universalmittel‘ um zwischen einem Bedarf und möglichen Angeboten zu ‚vermitteln‘; ‚Geld‘ als solches hat aber keinen ‚Sinn‘ oder ‚Wert‘ an sich. In diesem Sinn kann ein Milliardär möglicherweise ein ‚Weltmeister der Sinnlosigkeit‘ sein; wer sich davon beeindrucken lässt, begibt sich selbst in den Strudel möglicher Sinnlosigkeit. Geld ohne ‚Sinn‘ ist wie ein schwarzes Loch, das zwar alles ansaugt, aber nichts wiedergibt.

BUCHBESPRECHUNGEN

Im Rahmen der Suche nach dem ‚Sinn‘, der ‚Wahrheit‘ lese ich auch Bücher, und, falls mich ein Buch anspricht, sowohl besonders positiv wie auch besonders negativ, dann versuche ich auch schon mal darüber in diesem Blog zu berichten. Leider ist das Verhältnis zwischen den Büchern, die ich lesen möchte oder von denen mein Gefühl mir sagt, ich sollte sie lesen, und der verfügbaren Zeit, zu Lesen krass negativ. Der Stapel der zu lesenden Bücher geht beständig in die 60 bis 70, aber faktisch lesen kann ich immer nur eines. Wenn mir dann ein Verlag unaufgefordert ein Buch zusendet, um es zu besprechen, dann ist dies ambivalent: warum soll dieses zugesandte Buch jetzt wichtiger sein als eines von denen, die da schon liegen und auf Gelesen werden warten? Was ist mit der ‚Authentizität‘? Die Suche nach der Wahrheit ist eingebettet in eine Art ‚Spiritualität‘, die sich schwer vermitteln lässt. Einflussnahmen von außen sind sehr kritisch. Natürlich kann ein zugesandtes Buch, ein Artikel, eine Begegnung ‚genau zum Punkt‘ sein, aber es muss nicht; es kann — zumindest in diesem Augenblick — nicht ‚zum Punkt sein‘. Dann muss man auch ‚loslassen‘ und ‚warten‘ können. Die ‚Wahrheit‘ kennt Zeitpunkte… so erscheint es mir….Zwang ist auf jedenfalls vollständig unproduktiv.

WAS WILL DER BLOG?

Ja, was will der Blog. Als ich mit dem Blog angefangen habe (Januar 2007), wusste ich es nicht wirklich Es hat bis Dezember 2009 gedauert, bis aus der ersten vagen ‚Regung‘ ein ‚Impuls‘ wurde, mehr zu schreiben. Die folgenden Jahre waren ‚Suchvorgänge‘ in viele Richtungen. Aktuell würde ich es mal so formulieren:

(1) Für mich als Autor (cagent) ist das Schreiben ein Mittel, um mein eigenes Weltverständnis zu klären; ich schreibe, weil ich es brauche, um selber zu verstehen.
(2) Aus dieser Notwendigkeit resultiert das Bedürfnis, mit ‚realen‘ Fakten zu arbeiten, mit ‚funktionierenden Theorien‘, mit authentischen Menschen, ohne ‚Vor-Urteile‘, so ‚transparent‘ wie möglich, unter Benennung von ‚wirkenden Motiven oder Interessen‘, usw.
(3) In diesem Versuch bin ich mir meiner Grenzen bis zu einem gewissen Grade bewusst: mein Wissen und meine Erfahrungen sind sehr begrenzt, mein Fühlen ist auf eine bestimmte Weise ’sozialisiert‘ und ich bin daher darin — neutral gesprochen — ‚eingebettet‘, oder — plakativer gesprochen — darin ‚gefangen‘; mein soziales Umfeld hat seine Eigenheiten und ich korrespondiere mit diesen Eigenheiten, usw.
(4) Aufgrund der eigenen Begrenztheit ist man beständig angewiesen auf ‚andere Menschen‘, die anders Fühlen und Denken, weil man sich — nicht notwendigerweise, aber möglicherweise — nur durch die ‚Andersheit‘ des Anderen seiner eigenen Begrenztheiten und Besonderheiten bewusst werden kann. Allerdings ist die Fähigkeit von uns Menschen, ‚Andersheit‘ konstruktiv wahrnehmen und daraus konstruktiv lernen zu können, bislang eher begrenzt. Wir können nicht beliebig viel ‚Andersheit‘ ‚verarbeiten‘, so wie wir generell nur begrenzt lernfähig sind, weil unsre körperlichen Grenzen des Wahrnehmens, Denkens, Fühlens usw. real sind, sehr eng, sehr limitiert. Körperlich sind wir sehr ‚endlich‘; ‚geistig‘ erscheint es uns alles als ‚unbegrenzt‘; aber solange wir mit diesem Körper in dieser Welt vorkommen, solange haben wir konkrete Grenzen.
(5) Der Blog versucht also, getragen von einer gewissen ‚Spiritualität‘, zu klären, WER wir im Alltag, in der Geschichte, im Kosmos ’sind‘. WAS ist die ‚bessere‘ Beschreibung der Vorgänge und Strukturen? Gibt es so etwas wie einen SINN in all dem Geschehen (von vornherein zu behaupten, es gäbe keinen, ist genauso dogmatisch und unsinnig, wie von vornherein zu behaupten, es gäbe einen).
(6) Methodisch ist die leitende Perspektive, diejenige, die ich PHILOSOPHIE nenne (in den letzten Jahren dahingehend ‚geklärt‘). Teil der so verstanden Philosophie ist das, was wir moderne experimentelle WISSENSCHAFT nennen. Nach meinem Verständnis kann es aber keine Philosophie und keine Wissenschaft geben, wenn nicht ein Minimum an KUNST stattfindet; Kunst hier nicht verstanden als ‚Fertigkeit‘ im Sinne von Malen, Bildhauern können, nicht im Sinne von Instrumenten perfekt spielen können, usw. sondern als jene Haltung eines Menschen, der sich darum bemüht und es irgendwie schafft, die ‚gewohnten Verhaltens-, Denk-, Fühlensmuster‘ zu thematisieren, zu unterlaufen, zu verändern, zu hinterfragen, spielerisch-experimentell zu überschreiten, um darin allen anderen zu helfen, sich des verborgenen ‚Gefängnisses des Alltags‘ bewusst zu werden, um Anreize zu bekommen, sich und die Welt ’neu‘ zu sehen und daraus heraus vielleicht mit zu verändern. Schließlich, gehört dazu sehr grundlegend auch das FÜHLEN, das sich praktiziert als SPIRITUALITÄT auslebt, jener verborgenen Kraft in uns allen, die letztlich hinter allem Lernen steht: die elementarsten Mechanismen der Evolution funktionieren nur mit einem ‚Fitnesswert‘ (= minimale Präferenzen) genauso wie die elementarsten Algorithmen einer lernenden (!) künstlichen Intelligenz nicht ohne minimale Präferenzen auskommen. ‚Fitness‘ und ‚Präferenz‘ sind jenseits ihrer scheinbaren Formalität aber genau dies, jene weltimmanente implizite Logik allen Lebens (und Geistes) im bekannten Universum. Wir Menschen als homo sapiens sapiens ‚erleben‘ sie u.a. als jene spezifischen Gefühle, die uns im ‚Dickicht des Alltags‘ ‚voran leuchten‘, wie so eine Art ‚Hintergrundfühlen‘ in allem. Manche Menschen haben es verstanden (bzw. verstehen es), dies ‚für sich‘ (und damit letztlich auch für andere) ‚intensiver‘ zu machen und für die Gestaltung des Lebens zu nutzen. Man kann es ‚Spiritualität‘ nennen, ‚Meditation‘, ‚Gebet‘ oder noch anders, aber in der Sache ist es genau eines, das für ALLE Menschen (und letztlich für alle Lebensformen im Universum) GLEICH ist.

ANDERE AUTORENinnen?

Natürlich stellt sich die Frage, ob in diesem Blog nicht auch andere als Autoren mitwirken können oder sollten. Da ich selbst beständig sehr vernetzt fühle und lebe, liegt dies Frage auf der Hand. Nach meinem Verständnis gibt es unter uns Menschen ein Phänomen, das ich ‚Individualität‘ nennen möchte. Biologisch haben wir alle in unseren körperlichen und dann in den davon induzierten Verhaltensstrukturen eine ungeheure Ähnlichkeit, die so stark ist, dass wir uns untereinander bis zu einem gewissen Grade ‚verständigen‘ können, trotz Verschiedenheit. Und es ist diese wundersame ‚Gemeinsamkeit‘ in den Strukturen, die ein komplexes Zusammenleben überhaupt erst ermöglicht. Aber zugleich zu diesen Gemeinsamkeiten besitzt JEDER Mensch eine unverrückbare INDIVIDUALITÄT, die ihn von anderen (mehr oder weniger) unterscheidet, abhebt. Für sich genommen hat diese Individualität keinen rechten Sinn; als Teil eines Ganzen bekommt sie aber eine fundamentale Bedeutung für alle anderen. Vor dem Hintergrund der Gemeinsamkeit sind Individualitäten Manifestationen einer grundlegenden (kosmischen) Kreativität, in der sich Leben und Geist ‚ausspricht‘. Wenn wir sie so sehen, das Besondere im Kontext des Allgemeinen, dann entsteht eine ‚übergreifende Sinfonie‘ von Manifestationen, ein Gesamtklang des Lebens im größeren Kontext, der noch nicht vollständig entborgen ist.

Das Wechselspiel zwischen GEMEINSAMKEIT und INDIVIDUALITÄT ist fragil, empfindlich, schwer fassbar. Es ist von daher schwer allgemein entscheidbar, sollen einfach mehr in diesem Blog schreiben, was in einer Hinsicht die vorhandene Individualität nivellieren könnte, oder ist es gerade so, wie oben beschrieben, dass die Hereinnahme von mehr Individualitäten die verborgene Sinfonie des Lebens dadurch mehr Ausdruck bekommen könnte?

Tatsächlich — und glücklicherweise — gibt es ja gleichzeitig zu diesem Blog viele andere wunderbare Blogs, die Teile der Gesamtsinfonie realisieren. Vielleicht sollten wir auch Wege finden, wie man diese vielen wunderbaren Blogs mehr in einen ausdrücklichen Zusammenhang bringt, so eine Art ‚Meta-Blog’…

Auf jeden Fall bin ich schon mit anderen im konkreten Gespräch, ob und wie sie vielleicht an diesem Blog mitschreiben. ‚Es wird sich zeigen’…

Einen Überblick aller bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

WERKSTATTGESPRÄCH 14.Dezember 2013 – Rückblick

In Fortsetzung des Werkstattgesprächs vom 9.November 2013 fand sich wieder eine interessante Gruppe zusammen. Die konstruktive Atmosphäre wurde nur durch den zu kühlen Raum behindert, der uns zu einem früheren Abbruch bewegte, als geplant. Nichtsdestotrotz verlief das Gespräch lebendig und interessant.

Skizze vom Brainstorming beim Werkstattgespräch am 14.Dez.2013 (Fortsetzung vom 9.Nov.2013)
Skizze vom Brainstorming beim Werkstattgespräch am 14.Dez.2013 (Fortsetzung vom 9.Nov.2013)

Die Gedanken vom letzten Werkstattgespräch anhand der Gedankenskizze aufgreifend fokussierten die Gesprächsgruppen dieses Mal stark auf den Komplex Motivation – Gefühl – Emotion – Interesse einerseits und die Wechselwirkung dieses Komplexes mit dem Denken und dem Handeln. Ergänzt wurde dies von den Gesprächsgruppen durch den Hinweis auf das Gehirn als Sitz der vielfältigsten Bedürfnisse und Emotionen und dort wiederum unterscheidbar nach Hirnregionen, die sich verschiedenen Stadien der Gehirnentwicklung zuordnen lassen. In bestimmten Gefahrensituationen kann das Gehirn z.B. über seine Schaltungen ‚reflexartig‘ bestimmte Emotionen (‚Angst‘, ‚Flucht‘, ‚Aggression’…) aktivieren, um ein situationsgerechtes Verhalten quasi ‚aus dem Stand‘, ohne viel Reflexion, zu ermöglichen. Der Gesprächsverlauf zeigte aber, dass sich die Gesprächsteilnehmer in der Vagheit der Begriffe zu verstricken drohten, da alle die hier einschlägigen Begriffe eine sachlich bedingte ‚Unschärfe‘ mit sich bringen.

Es wurde daher an dieser Stelle eine kurze Metareflexion eingeblendet. Sie begann mit der Einblendung des Philosophischen Comic im Anschluss an das letzte Werkstattgespräch. In diesem kurzen Dialog wurde das Thema ‚Außenwelt‘ – ‚Innenwelt‘ behandelt und am Beispiel des Handy-Klingelns im Alltag verankert.

Skizze zur Übersetzung ('transduction') Energieereignissen im Kontext von von empirischen Ereignisquellen in neuronale Ereignisse. Am Beispiel des Ohres kann man ca. 6 verschiedene Übersetzungsprozesse unterscheiden, die alle hintereinander geschaltet sind
Skizze zur Übersetzung (‚transduction‘) Energieereignissen im Kontext von von empirischen Ereignisquellen in neuronale Ereignisse. Am Beispiel des Ohres kann man ca. 6 verschiedene Übersetzungsprozesse unterscheiden, die alle hintereinander geschaltet sind

Dies wurde erweitert um ein Schaubild zum Sinnesorgan ‚Ohr‘, in dem die Umwandlung der Schallenergie ‚außerhalb des Körpers‘ über fünf Transformationsstufen in ’neuronale Energie‘ in Form von wandernden elektrischen Potentialen illustriert wurde. Den wandernden elektrischen Potentialen kann man die Werte ‚1‘ und ‚0‘ zuordnen, analog den elektrischen Potentialen in den Chips der Computer. Diese Signale wandern dann von jedem Ohr in Richtung Gehirn und werden auf diesem Weg mehrfach ‚verschaltet‘ bzw. ‚verrechnet‘. Z.B. kann das Gehirn aus der Ungleichzeitigkeit von Schallereignissen am ‚linken‘ und ‚rechten‘ Ohr eine ‚Richtung‘ herausrechnen, aus welcher der Schall relativ zum Hörer kommt.

Der springende Punkt ist hier, dass die neuronale Maschinerie mit ihren ca. 100 Milliarden unverbundenen Nervenzellen als solche zwar elektrische Potentiale (und dazu gehörige diverse biochemische Prozesse) erkennen lassen, dem einzelnen Neuron als solchen kann man aber nicht ‚ansehen‘, ‚Teil‘ welcher ‚Funktion‘ es ist. Das ist analog zum Computer: die elektrischen Werte eines einzelnen logischen Gatters in einem Chip kann man messen, daran kann man aber nicht erkennen, welche ‚übergreifende Funktion‘ damit realisiert wird. Eine ‚übergreifende Funktion‘ erschließt sich nicht auf der Ebene der ‚Schalter‘, sondern nur auf einer ‚höheren‘ Ebene, einer ‚Metaebene‘. Im Fall von biologischen Systemen ist dies einmal der Bereich des ‚bewussten Erlebens (Bewusstsein)‘ und/ oder der des beobachtbaren Verhaltens.

Ein Beispiel ist unsere Fähigkeit, uns bestimmte Erlebnisse zu ‚merken‘, sie wieder ‚erinnern‘ zu können. Den konkreten Prozess des ‚Speicherns‘ und ‚Wiederfindens‘ können wir nicht ‚einsehen‘, nur seine ‚Wirkungen‘. Aus dieser Abfolge von ‚Ereignissen‘ und ‚Wiedererinnern‘ können wir versuchen, uns ein Bild zu machen, wie unser ‚Gedächtnis‘ funktioniert.

Skizze zum Zusammenhang von 'Außenweltereignissen' und 'Innenweltereignissen', sowie 'Neuronal' vs. 'Funktional', dazu die spezielle Rolle des 'bewussten Erlebens'
Skizze zum Zusammenhang von ‚Außenweltereignissen‘ und ‚Innenweltereignissen‘, sowie ‚Neuronal‘ vs. ‚Funktional‘, dazu die spezielle Rolle des ‚bewussten Erlebens‘

Dies haben einerseits viele Philosophen in der Vergangenheit versucht, aber auch, ab dem späten 19.Jahrhundert, immer mehr Psychologen (als Begründer der modernen Gedächtnisforschung gilt Ebbinghaus). Diese haben im Laufe von mehr als 100 Jahren ein ‚Modell‘ der Gedächtnisleistungen ermittelt, das grob die Komponenten ‚Sensorischer Speicher‘, ‚Kurzzeitspeicher‘ sowie ‚Langzeitspeicher‘ umfasst, mit recht komplexen internen Funktionen. Unser bewusstes Erleben (Bewusstsein) korrespondiert sehr stark mit dem ‚Kurzzeitspeicher, der auch ‚Arbeitsspeicher‘ oder ‚Arbeitsgedächtnis‘ genannt wird.

Zurück von dieser Metareflexion zum Diskussionsthema ‚Emotionen – Gefühle – …‘ deutete sich an, dass wir aus der Perspektive des Erlebens nur einen sehr begrenzten und groben Zugang zu jenen Gehirnprozessen haben, die den verschiedenen ‚Erlebnissen = Phänomenen‘ zugrunde liegen, die wir ‚Gefühl‘, ‚Emotion‘, ‚Motivation‘ usw. nennen. Und wenn diese noch durch evolutionäre ‚Erbschaften‘ ‚überlagert‘ sind, durch die das Gehirn uns aufgrund seiner Verschaltungen in bestimmte Richtungen ‚drängt‘, die wir selbst ‚gar nicht wollen‘ (Was ist ‚Wollen‘?), dann wird die Lage nicht gerade einfacher.

Soweit, stark vereinfachend, der Gesprächsprozess vom 14.Dez.2013.

Vorschau: das nächste Werkstattgespräch findet statt am Sa, 11.Januar 2013, 19:00h, im vorderen Teil von Confetti 2.0 (da ist es wärmer….:-))

Einen Überblick über alle Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

MANDELAS TOD UND DIE WIEDERGEBURT EINER UNIVERSELLEN BOTSCHAFT

MANDELAS TOD AM 5.Dez.2013

Erster Version: Sa, 6.Dez.2013
Letzter Nachtrag: 25.Dez.2013 (Mandela Song, 2.Version der 3.Version)

Erwartet, und dann doch in seiner konkreten Endlichkeit die Welt bewegend wird der Tod Mandelas zum Anlass einer öffentlichen ‚Heiligsprechung‘, die ihn mit Worten so weit auf einen hohen Thron setzt, dass seine Menschlichkeit in Sphären entrückt wird, die es den Großen dieser Welt einfacher macht, seine wahre Botschaft zu immunisieren.

Hier eine musikalische Vorbemerkung zum Blogeintrag:

Talk About Nelson M. (In German)(RUM100%) This was an instrumental piece which I had recorded the last days (independend of Nelson M.)and I used it now as a ‚background‘ for some remarks about Nelson M., Nelson Mandela who has died some days ago with his body, but who is still alive with his spirit in the hearts of many people around the world. Besides this I have the text and the musical ideas for a dedicated song for Nelson M. (see text below), but I had not yet time to work it out. I am planning to do a first outline for Friday Dec-20 when I will meet some friends for a Xmas gathering…or even for the philosophy workshop Saturday Dec-14. Let’s see what will happen.

Das Ganze jetzt etwas ‚genauer’…

27 JAHRE HAFT ALS CHANCE

Alle beschreiben mit ihren Worten die 27 Jahre Haft (5.8.1962 – 11.2.1990), die ihn nicht verbittert und zerbrochen haben, sondern ihn zu einem Mann werden ließen, der viele Ängste verloren hat und der ‚weise‘ geworden ist, liebevoll, einen Blick auf das ‚Ganze‘ eines Volkes entwickelte, jenseits individuell-konkreter Leidenschaften und Hasses.

Ja, das war er. Aber er war trotz allem ein Mensch wie wir alle, mit Fehlern und Schwächen, und Gefühlen. Und doch ist mit ihm etwas passiert, was mit jedem Menschen passieren kann. Er hat in seinem Leben, in seinem Herzen, in seinem Denken, in seinem leidenden Körper, in all den Gesichtern der Menschen in seiner Umgebung, in den Wärtern mehr gesehen als nur die Oberfläche. Er hat in das ‚Innere‘ hinter den Oberflächen schauen können; er hat die Ängste erkannt, die hinter den Gesichtern ihr Unwesen trieben, die unbeherrschten Leidenschaften, das Getriebensein, das zutiefst Unfreie in vielen. Er hat es ‚existentiell‘ erkannt, er hat es konkret gespürt. Und obgleich das Leiden seines eigenen Körpers auch real war, Schmerzen, Krankheiten (z.B. Tuberkulose), hat all dies ihn nicht zerbrochen, sondern in ihm eine ‚Reinigung‘ vollzogen, eine ‚Klärung‘, hat Gefühlen und Gedanken Raum gegeben, die in und hinter allem das andere Gesicht unseres Menschseins erspürt haben, erkannt, verinnerlicht, so, dass dieses andere Leben in ihm selbst konkret real begonnen hat, zu wirken.

EINE GEWACHSENE FÜHRUNGSFIGUR

Es ist eine offene Frage, ob er diese Veränderungsprozesse auch erlebt hätte, wenn er nicht sowieso schon seit Jahren für das Ende der Apartheid gekämpft hätte, wenn nicht sowieso schon viele Menschen in ihm den ‚Führer‘ gesehen haben, der ihnen eine ersehnte Veränderung des Unrechts und der Unterdrückung bringen würde.

UNTERSTÜTZER GHANDI

Parallelen zu Ghandis Leben sind da. Es waren wohl die Jahre 1893 – 1914 in Südafrika, die in Ghandi die Vision eines Rassen und Kasten übergreifenden Menschseins klärten und verstärkten, Jahre der Unterdrückung und des Unrechts, die ihn dies tiefer verstehen ließen, wie auch die Einsicht in die Hoffnungslosigkeit, sich gegen die damalige Britische Militärmaschinerie mit Gewalt aufzulehnen. Diese tiefgreifende Beschränkung der äußerlichen Macht war für Ghandi die Chance, die Macht des Herzens, die Macht der reinen Gesinnung, die Macht der Wahrheit hinter allem, die Macht des Lebens über den konkreten, zeitgebundenen Konstellationen zu erahnen, zu erspüren, immer mehr zu verstehen. Und als er nach Indien zurückkehrte wurde Ghandi dort zu dem großen geistig-moralischen politischen Führer, der half, das Land in einen freien selbständigen Staat zu transformieren.

MANDELA AM DENKMAL FÜR GHANDI

Anlässlich einer Denkmalseinweihung hielt Mandela eine Rede über Ghandi (am 6.Juni 1993, in Pietermaritzburg), eine Rede, drei Jahre nach seinem triumphalen Auszug aus der Gefangenschaft, mitten in einem schwierigen Prozess der Vorbereitung von den ersten einheitlichen freien Wahlen in Südafrika am 27.April 1994. Mandelas Worte zeigen, dass er sich der historischen und humanen Bedeutung von Ghandi sehr bewusst ist. Und er versuchte sie für sein Anliegen einer friedlichen Nation Südafrika zu nutzen.

… UND SEIN WISSEN UM MARTIN LUTHER KING

Und Mandela erwähnt in seiner Rede einen anderen großen Mann, der den Geist einer neuen, gerechteren Welt verkörpert hat, Martin Luther King, Jr. (15. Januar 1929 – 4.April1968). Auch Martin Luther King Jr. gelang es mit seiner Bewegung das Denken, die Gesetze und einige gesellschaftliche Verhältnisse in den USA positiv zu verändern, auch Martin Luther King wurde durch sein Leben zu einem Hoffnungszeichen über alle Zeiten hinaus (dass er jahrelang von staatlichen US-amerikanische Einrichtungen wie dem FBI öffentlich und zugleich illegal geheim mit vielen Mitteln — z.B. im Rahmen des COINTELPRO Programms (ein Akronym für ‚COunter INTELligence PROgram‘) unter dem Vorwand ‚Nationale Sicherheit‘ bespitzelt, kompromittiert und terrorisiert worden ist, sollte uns zu Denken geben. Der Slogan ‚Nationale Sicherheit‘ wird auch heute beständig im Munde geführt, um die Überwachung und Terrorisierung von friedlichen Menschen weltweit zu rechtfertigen!).

DIE 1989-REVOLUTIONEN IM KOMMUNISTISCHEN BLOCK OSTEUROPAS

Einen Einfluss auf die neue Offenheit des Apartheid-Regimes unter de Klerk hatten 1989 möglicherweise auch die umwälzenden Revolutionen von 1989 im kommunistischen Ostblock, insbesondere in Polen, Ungarn, Ostdeutschland, Bulgarien, Tschechoslowakei (1992 Aufteilung in die selbstständigen Staaten Tschechien und Slowakei) und in Rumänien. Prominent darin der Fall der Mauer in Deutschland am 9.Nov. 1989 und dann — mit Verzögerung am 26.Dez.1991 — die offizielle Auflösung der ehemaligen Union der sowjetischen sozialistischen Staaten, aktiv unterstützt durch Michail Sergejewitsch Gorbatschow. Der Geist der Menschlichkeit, jahrzehntelang unterdrückt, brach sich Bahn, überrollte alte Machtbastionen und erzwang sich neue gesellschaftliche Formen.

GLOBALER BEDARF

Betrachtet man dieses ganze Panorama des Aufbegehrens einer Menschlichkeit unter unmenschlichen Umständen, angesichts von Menschen, die in ihrem Fühlen und Denken von Ängsten, Lügen und auch Hass auf andere gelähmt waren, dann erscheint Mandela — wie alle seine ‚Brüder im Geiste‘ — als weitere Ausformung jener immerwährenden Stimme des Lebens auf dieser Erde, die uns zur Besinnung ruft, zur Einkehr, zur Einsicht, dass die Getriebigkeit des Alltags uns nicht soweit betäuben darf, dass wir die Gemeinsamkeiten in unser aller Leben übersehen.

Die modernen demokratischen Staaten dieser Erde haben die Menschenrechte in den Mittelpunkt gestellt, haben versucht, das Leben eines ganzen Staates primär am Wohl Aller zu orientieren, festgemacht an unveräußerlichen Rechten, die jedem einzelnen und der Gemeinschaft als Ganzer zukommen, vor jeglicher Aktivität einer gewählten Regierung. Was immer eine gewählte Regierung zu tun gedenkt, sie ist verpflichtet, die grundsätzlichen Rechte der ihnen anvertrauten Menschen zu achten und aktiv zu schützen. Das ist wunderbar und sicher einer größten Meilensteine in der Evolution des Lebens auf dieser Erde und im gesamten Universum.

Was wir aber heute feststellen müssen, ist, dass nationale demokratische Regierungen — allen voran die Regierung der USA — die Menschenrechte aufteilen. Kaum hat man Rassentrennung in den Ländern abgeschafft, religiöse Freiheiten zugestanden, werden die Menschen dieser Welt global in Klassen eingeteilt; die Menschen des eigenen Landes verdienen die Menschenrechte, alle anderen sind keine Menschen, haben keine Rechte. Die USA haben die Menschenrechte außerhalb der USA faktisch abgeschafft. Und nicht nur das: alle demokratisch gewählte Regierungen dieser Welt — ermutigt von der US-amerikanischen Regierung — tendieren dahin, ihr eigenes Handeln gegenüber der Öffentlichkeit und den demokratisch eingerichteten Kontrollinstanzen mehr und mehr abzuschotten. Unter dem Vorwand der ’nationalen Sicherheit‘ und der daraus resultierenden Geheimhaltung wurden und werden immer mehr Bereich des Regierunghandelns der Öffentlichkeit entzogen. Es wird spioniert, sabotiert, gemordet, gefoltert, Krieg geführt, wirtschaftlich ausgebeutet, ganze Industrien werden illegal betrieben, Wettbewerb außer Kraft gesetzt, Günstlingswirtschaft ohne Schranken; Kritiker und politische Gegner werden mittels der Geheimdienste — natürlich immer im Namen der nationalen Sicherheit — verfolgt und ausgeschaltet. Eine funktionierende kritische Öffentlichkeit in Form unabhängiger Medien (Zeitungen, Fernsehen, Radio, …) verdunsten immer mehr.

FREIHEIT AN SICH…

Es ist eine (große) Sache, aus einer Unrechtssituation heraus die Vision einer Menschlichkeit zu propagieren und die offensichtlichen Auswüchse des Unrechts zu bekämpfen. Wenn aber dies tatsächlich geschehen ist, dann kamen bislang alle Revolutionen dieser Welt ins ‚Stottern‘: wenn der unmittelbare Feind des Guten abhanden gekommen ist, steht das Gute quasi ’sich selbst‘ gegenüber. Und nicht wenige Revolutionen endeten dann in Unrechtssituationen, die denen, die sie eigentlich bekämpft hatten, nicht viel oder in gar nichts nachstehen. Dass in einigen wenigen Fällen die ‚guten‘ Ideen eine Revolution konkret überleben, ist — im Lichte der Geschichte — eher erstaunlich, eher die Ausnahme, fast ein Wunder. Es deutet an, dass es keinen Automatismus gibt, liefert Hinweise, dass von den Menschen, die an diesen Prozessen beteiligt sind, mehr gefordert wird, als nur das konkret Böse der Vergangenheit zu zerstören. Das Gute ‚von Morgen‘, das zu einem anhaltenden ‚Heute‘ werden soll, verlangt nicht nur Sachverstand, sondern auch eine ‚gelebte Menschlichkeit‘, die kein Selbstläufer ist. Das ‚Gute‘, was wir alle so bewundern und uns gefällt, muss in jedem Menschen immer wieder ’neu entstehen‘, in jedem einzelnen, persönlich. Dies erfordert gelebte Menschlichkeit, Psychologie, Spiritualität, jenseits von Automatismus und Indoktrination. Die US-amerikanische Regierung und viele ihrer Behörden erwecken leider den Eindruck, dass sie nahezu alles tun, um diese wichtige Form von gelebter Menschlichkeit systematisch zu zerstören. Der Besuch in einer amerikanischen Botschaft heute erscheint schlimmer als das Passieren einer Grenzstation in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Auch heute brauchen wir Mandelas, Martin Luther Kings und Ghandis, und sicher nicht nur in US-amerikanischen Botschaften.

Link zu einer ersten Version einer Vertonung: REMEMBERING MANDELA WHERE EVER YOU ARE.

Hier der Link zu einer zweiten Version, ganz einfach, Text auf Deutsch: Nelson M: auf den Schultern anderer….

Hier der Link zu der dritten Version, Text auf Englisch He was a man on the shoulders of others….

Möglicherweise wird es noch weitere Versionen geben. Eine wird sich dann vielleicht durchsetzen….

1) Surrounded by darkness, hate, anxiety
His eyes were lightening, his heart was burning
Blood was spreading in the streets
guns were working like normality

REFRAIN

He was a man on the shoulder of others
He was a son of eternity
Flying like a bird through the air of tomorrow
Taking your hand, touching your face,
Being a brother for you and me

2) Your tears were running all the days long
Your cries could be heard everywhere
The whites appeared as black darkness
The blacks were burning red
3) But, remember well that even the blacks fought against each other too
black against black, brother against brother,
sister against sister, child against child
ooh … love was dead in these times

REFRAIN

He was a man on the shoulder of others
He was a son of eternity
Flying like a bird through the air of tomorrow
Taking your hand, touching your face,
Being a brother for you and me

3) There was this day like an eternal morning
He marched back, out of the prison
Thousands and thousands were singing of freedom
The people all over were filled with joy

REFRAIN

He was a man on the shoulder of others
He was a son of eternity
Flying like a bird through the air of tomorrow
Taking your hand, touching your face,
Being a brother for you and me

Eine sehr umfangreiche Datenbank zu Nelson Mandela findet man im Nelson Mandela Centre of Memory.

Eine Übersicht über alle Blogbeiträge nach Titeln findet sich HIER.

EXPERIMENT: PHILOSOPHISCHER COMIC – Teil 1

Erst einmal ein paar Bilder, dann Reflexionen dazu im Ansschluss.

Blog Comic 1
Blog Comic 1
Blog Comic 2
Blog Comic 2
Blog Comic 2b
Blog Comic 2b
Blog Comic 2c
Blog Comic 2c
Blog Comic 2d
Blog Comic 2d

1) Ein konkreter Anlass zu diesem Experiment ist das letzte Werkstattgespräch am 9.November 2013 im Confetti 2.0. Zu Beginn gab es eine Vielzahl von Gesprächen zwischen den TeilnehmernInnen, die dann zu einer Art ‚Startskizze‘ zusammengefasst wurden (siehe den Rückblick auf das Werkstattgespräch vom 9.Nov.2013.) Im Nachhinein war erstaunlich, wie viele tiefgreifenden Fragen bzw. Arbeitshypothesen auf diese Weise zusammen kamen.
2) Wie es immer so ist, wenn verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Anschauungen zusammen kommen, ist es genau diese Vielfältigkeit, die eine Herausforderung bildet. Jeder hat zwar seine Ideen in SEINEM Kopf, aber was kann man tun, um die eigenen Ideen dem ANDEREM bekannt zu machen?
3) Während das AUSSPRECHEN schon mal einen ersten Anknüpfungspunkt im Ereignis des Sprachschalls schafft, weiss man aber letztlich nicht, was dieser eigene Sprachschall IM ANDEREN BEWIRKT.
4) Im günstigsten Fall bewirkt der Sprachschall im anderen VORSTELLUNGEN, die denn eigenen ÄHNELN. Bleiben wir mal bei diesem Glücksfall.
5) Man redet, einzelne äußern GEDANKEN, die irgendwie ÄHNLICHES bei anderen auslösen. Dann stehen diese Gedanken im Raum wie Landmarken in einer unbekannten GEDANKLICHEN LANDKARTE (‚mind map‘ wird heute oft gesagt; ist möglicherweise nicht das, worum es geht). Aber es ist nicht klar, ob es VERBINDUNGEN zwischen diesen einzelnen Äußerungen gibt.
6) Manchmal hat man eine spontane ASSOZIATION zwischen dem einen Gedanken und dem anderen, aber sobald weitere Teilnehmer ihre Gedanken äußern, vergisst man die vorausgehenden Gedanken leicht, weil unser Kurzzeitgedächtnis sehr schnell ‚überschrieben‘ wird …. und dann können wir nichts mehr erinnern.
7) Manche helfen sich durch INTERNE LANDMARKEN in ihrem Langzeitgedächtnis; aber auch dieses Verfahren hat nur eine begrenzte Kapazität.
8) Möglicherweise ist das der Grund, dass irgendwann Menschen begannen, GEDANKEN AUFZUSCHREIBEN, mit Worten. Dann kann man NACHLESEN, was man vorher gesagt bzw. gedacht hatte. Damit wird das Gesagte dem VERGESSEN entrissen, es bleibt erhalten, kann nachgelesen werden.
9) Jedoch, auch das NACHLESEN von aufgeschriebenen Gedanken bedeutet noch nicht automatisch ein VERSTEHEN dieser Gedanken, Verstehen im Sinne eines VERBINDENS und EINORDNENS dieser einzelnen Gedanken In Zusammenhänge, in Abstraktionen, in komplexere Modelle, einschließlich möglicher Wechselwirkungen und Dynamiken.
10) Damit dies geschieht, muss man AKTIV mit den EINZELNEN Gedanken umgehen, muss ABSTRAKTIONEN vollbringen, aktiv Verbindungen, Beziehungen herstellen, muss man letztlich aktiv ein GEDANKLICHES BILD konstruieren das als solch ein BILD etwas NEUES gedanklich SICHTBAR macht.
11) Wenn man diese Bild dann für alle GLEICHZEITIG sichtbar machen kann, dann können alle gleichzeitig ihre einzelnen privaten Gedanken über dieses Bild assoziieren, synchronisieren, … es entsteht ein GEMEINSAMER GEDANKLICHER RAUM, in dem man immer mehr und besser die unterschiedlichsten eigenen Gedanken einspielen und KOMMUNIZIEREN kann.

Muss hier abbrechen, da die Zeit zum Schreiben vorbei ist.
Fortsetzung folgt.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.