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MEHR ALS STERNENSTAUB. Eine Liebeserklärung an das Leben
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Lawrence M.Krauss, a universe from nothing. Why there is something rather than nothing. London: Simon & Schuster UK Ltd, 2012
KONTEXT
KAP.1: ANFÄNGE
DISKUSSION
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Lawrence M.Krauss, a universe from nothing. why there is something rather than nothing. London: Simon & Schuster UK Ltd, 2012
KONTEXT
VORWORT
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Dies ist eine Zwischennotiz.
Wer sich heute in der Welt umschaut (und gestern, und vorgestern, und …) wird mit einem bizarren Phänomen konfrontiert: da gibt es ein Wesen, ein reales Lebewesen, wir, die Menschen, der homo sapiens (sapiens), der verantwortlich zeichnet für ein Verhalten, das in Bizarrheit kaum noch zu überbieten ist.
Menschen wenden Gewalt an, um anderen Menschen weh zu tun, um sie zu quälen, um sie zu verletzen, um sie zu töten. Um andere Lebewesen zu töten, um die Oberfläche der Erde zu verändern, direkt, mit bloßen Händen, mit Werkzeugen, mit Maschinen, alleine, mit anderen, in Gruppen, ganzen Heerscharen, cool, berauscht, erregt, aggressiv, … sie tun es, wir tun es, wir Menschen tun es, schon immer, immer wieder neu, täglich,… Es gibt eigentlich keine Grausamkeit, keine mögliche Zerstörung, keinen Wahnsinn, zu dem ein Mensch grundsätzlich nicht fähig wäre…
Ob wir dieses Verhalten böse nennen, dunkel, schwarz, teuflisch, kriminell, furchtbar … ist fast egal, wir Menschen, wir als homo sapiens (sapiens) können es und tun es.
Wir Menschen erscheinen als unerschöpflicher Ort des Bösen und des Grauens in dieser Welt. Immer, zu jeder Zeit.
Oft erzählen wir den anderen, uns selbst, dabei Geschichten, warum wir dies tun, warum dies ‚gut‘ ist, warum dies sein muss, oder auch nicht; Menschen tun es, tun es einfach so, weil etwas sie treibt, antreibt. ..
Wahr ist aber auch, dass Menschen das Gegenteil davon tun, nicht Gewalt ausüben, nicht anderen Menschen weh tun, niemanden quälen, niemanden töten, …
Menschen machen Musik, die anderen gefällt, sie berauscht, sie bewegt, erhebt … sie malen Bilder die zu uns sprechen können, von etwas Anderem … erzählen Geschichten, schreiben Texte von anderen Menschen, anderen Welten, von uns selbst von Morgen, von anderen Welten, wie es war oder sein könnte ….Menschen erfinden Lösungen, Werkzeuge, die das Leben verändern,… sie sind für uns da,sie haben Zeit zum Zuhören, finden Worte die uns trösten, können Lächeln ohne zu schlagen, können liebkosen ohne zu erniedrigen, sie widmen ihr ganzes Leben einer Idee von Wahrheit, von Schönheit, von Liebe …
Ja, der Mensch ist all dieses. Der Mensch hat tausende von Sprachen erfunden und benutzt sie, er lebt nahezu an allen Punkten der Erdoberfläche, er hat Gestalten angenommen, Hautfarben, Haarformen, Umgangsweisen, Verhaltensweisen, Essgewohnheiten, Sehweisen, Denkweisen, die eine Variabilität zeigen, eine Anpassungsfähigkeit, eine Lernfähigkeit, die grandios ist.
Menschen haben Mythen erfunden, Religionen, die das große Ganze erklären sollen, Geschichten über die Welt und den Menschen; sie haben Methoden erfunden, wie man die Welt außerhalb des Kopfes erforschen kann, das reale große Ganze….
Der Mensch, die Menschheit ist dies alles, war dies alles, und ist immer noch da, um etwas zu sein, gleich, morgen, jetzt, was so unaufhaltsam wirkt, so unentrinnbar, so zwanghaft …. aber, in der Tat, es ist in keiner Weise notwendig, es ist nicht unentrinnbar, es ist nicht zwangsweise so, wie wir geneigt sind zu glauben, dass es sein sollte…
Ich muss das Gewehr nicht auf andere richten, ich muss nicht auf den Knopf drücken, um Explosionen auszulösen, ich muss den anderen nicht quälen, töten, hassen; ich muss in dem anderen keinen Feind sehen, keinen wesentlich Anderen; ich muss das Geschäft nicht so abwickeln, wie ich es geplant hatte; … kein Mensch muss etwas Bestimmtes tun; niemand und nichts kann einen Menschen letztlich zwingen.
Jeder Mensch hat das, was so oft besungen und zugleich so oft bezweifelt wurde: diese merkwürdige Fähigkeit, etwas nicht zu tun, etwas anderes als bisher zu tun. Wir können es. Wir können etwas einfach nicht tun, stattdessen, wenn die Körperwelt es erlaubt, etwas anderes zu tun, das ganz andere zum Bisherigen.
Die Geschichte ist voll von Änderungen, spektakulären Veränderungen, wo Menschen einfach ihr Leben geändert haben. Meistens geschieht es nicht spektakulär sondern unauffällig, schrittweise, in kleinen Schritten, oder doch aufwendiger, auffälliger, mit Öffentlichkeit.
Meist haben wir Erklärungen parat, warum wir etwas tun, erzählen uns Geschichten, aber vor jeder Geschichte ist da dieses Handeln, dieses innere Fühlen, etwas in uns, was uns antreibt, etwas was wir nicht unbedingt verstehen, etwas, was uns selbst fremd ist, das, was uns dazu bringt, etwas zu tun… natürlich können uns andere Menschen beeinflussen, und vielfach ist es gut, dass es da andere Menschen gibt, die uns vorleben, erzählen, was geht, was nicht geht,… aber letztlich ist es unsere Entscheidung, unser Handeln…. wir können quasi gegen uns selbst, gegen unsere eigenen Bilder angehen, uns selbst unterlaufen, wir können uns selbst ‚widerlegen‘ ….
Wir können heute wissen, dass es in diesem Universum, zu dem wir aktuell gehören, das sich immer weiter ausdehnt, unvorstellbar weit, eine Galaxie gibt, darin unser Sonnensystem, dort unseren Planet Erde, auf dem sich etwas gebildet hat, was wir ‚Leben‘ nennen, das im Kleinen eine Komplexität ausgebildet hat, die größer ist als das unvorstellbar große Universum. Das Gehirn eines einzelnen homo sapiens (sapiens) ist von gleicher Komplexität im Kleinen wie die Galaxie Milchstraße im Großen, jeder Körper eines einzelnen homo sapiens (sapiens) ist sogar im Kleinen 100 bis 1000 mal komplexer als eine ganze Galaxie, und der Mensch ist nur ein winziger Teil eines unfassbaren Lebensphänomens, das sich im Mikrokosmos der Moleküle gebildet hat und sich in freier Explosion befindet. Das auseinander fliegende Universum, das so unfassbar groß erscheint, ist nichts im Vergleich zum Mikrokosmos des Lebens, das sich sei ca. 3.8 Mrd Jahren beginnt, auf dem Planeten Erde zu entfalten…
Dieses Leben ist so komplex, dass bislang die Menschen nicht in der Lage sind, es, sich selbst, zu verstehen. So wunderbar so ein Gehirn mit seiner galaktischen Komplexität ist, es ist ja nur eine Begleiterscheinung in diesem großen Ganzen, ein winziges Galaktisches, das sich immer noch Geschichten über die Welt, über sich selbst erzählt, die einfach lächerlich dumm und falsch sind ….
Homo sapiens (sapiens) ist entstanden, um das Leben weiter zu verdichten, es weiter zu entfalten, DAS LEBEN, nicht den homo sapiens (sapiens) alleine, das ungeheuerliche Ereignis des Lebens im Universum weiter zu ermöglichen, zu vertiefen … er ist entstanden, nicht weil ein homo sapiens (sapiens) es gewollt oder geplant hat, sondern weil DAS LEBEN so ist, das es auf eine bestimmte Weise entsteht, sich verdichtet, geschieht.
Teil dieses unfassbaren Prozesses ist der homo sapiens (sapiens). DAS LEBEN hat ihn so entstehen lassen, damit er an dieser Symphonie des Lebens zu einem bestimmten Zeitpunkt mit bestimmten Fähigkeiten mitwirkt. DAS LEBEN hat sich im homo sapiens (sapiens) die Möglichkeit verschafft, aus der unmittelbaren Kausalität und der damit gebundenen Zeitdauer auszubrechen, sich im Denken selbst anschauen zu können, quasi mit sich selbst spielen kann, um schneller jene Möglichkeiten wahr zu nehmen, die für die weitere Entwicklung wichtig sind … diese Revolution der Freiheit enthält jetzt aber gerade die Möglichkeit,, die Kreativität der Evolution anders ausleben zu können, direkter, schneller, umfassender ….
An der (kurzen) Geschichte des homo sapiens (sapiens) können wir ablesen, was grundlegende Freiheit heißt: nichts ist verboten, alles geht, sogar die Selbstzerstörung.
Mächtige versuchen zwar zu allen Zeiten, diese unfassbare Freiheit für ihre eigenen Zwecke umzudeuten, versuchen, diese unfassbare Gewalt des Lebens für ihre eigenen partikulären, individuellen kurzsichtigen Ziele einzuspannen, zu missbrauchen, aber keine Machtkonstellation, die nur partikulären Zwecken diente, hat jemals überlebt und wird auch nicht überleben. Schlimmstenfalls geht dann alles unter, weil der homo sapiens (sapiens) versagt, weil er den nächsten Level nicht schafft …..
Auf dem Planeten Erde hat DAS LEBEN noch ca. 1 Mrd Jahre Zeit, bis die sich aufblähende Sonne die Temperaturen auf der Erde so erhöht hat, dass Leben nicht mehr möglich sein wird .. oder es kommt vorher noch zu anderen Katastrophen (Kollision mit einem anderen Asteroiden hinreichender Größe, oder … es gibt viele mögliche Ursachen)
Es wäre vermessen als homo sapiens (sapiens) heute zu beurteilen, ob sich das Ganze überhaupt ‚lohnt‘ … wir sind bislang nicht in der Lage, DAS LEBEN angemessen zu verstehen, geschweige denn den Rest, … wie wollen wir uns anmaßen, zu wissen, worauf das Ganze hinausläuft?
Wofür werden wir uns, wird sich der Mensch, der homo sapiens (sapiens), letztlich entscheiden? Festgelegt ist nichts, aber nur bestimmte Verhaltensweisen werden das gemeinsame nachhaltige Überleben ermöglichen, nur bestimmte; alle anderen werden dazu beitragen, dass der homo sapiens (sapiens) sich selbst schwächt, zerstört, und damit DEM LEBEN die Chance nimmt, die es im homo sapiens (sapiens) als neue Variante angelegt hat …. vielleicht begreifen wir, dass es primär nicht um uns direkt geht, sondern um uns als Teil DES LEBENS ….
Brauchen wir GOTT? Vielleicht, aber sicher nicht so, wie Judentum, Christentum und Islam sich das bislang vorgestellt haben oder vorstellen. Sie verstehen ja nicht einmal ihre eigene Geschichte; sie sind nicht in der Lage, miteinander zu reden und zu leben, obwohl sie sich auf den gleichen GOTT berufen ….
Wenn es GOTT nicht gäbe, wäre es sinnlos, ihn zu erfinden.
Wenn es GOTT gäbe, wäre es genauso sinnlos, dass Menschen ihn nach ihrem Bilde zurecht zimmern, dann wäre er schon immer da, dann würde er schon immer handeln, überall, zu jeder Zeit, wann er will, mit jedem. GOTT müsste nicht einen Menschen fragen, ob er mit einem anderen Menschen reden darf … es gäbe niemanden, der außerhalb GOTTes wäre, per se nicht. Das ganze Getue um Propheten und Offenbarung und oberste Religionslehrer ist einfach lächerlich … gäbe es GOTT, bräuchte er dies sicher alles nicht …. und wenn es tausende von Sprache auf der Erde gibt (heute), warum spricht GOTT dann nur aramäisch oder arabisch? … und nur zu wenigen Menschen, wo er doch das ganze LEBEN ermöglicht haben sollte?
Wer immer GOTT sein mag, wir sind Teil eines LEBENS, das zum unglaublichsten Ereignis des bisherigen bekannten Universums gehört, das in sich, im kleinen, eine galaktische Komplexität besitzt, die das physikalische Universum locker in den Schatten stellt ….
Mal sehen, was ein homo sapiens (sapiens) daraus noch macht …
… DIE LÖSUNG. Eine Notiz, die eigentlich nicht geschrieben werden könnte. Aber das Leben selbst ist etwas, was es eigentlich nicht geben dürfte, genauso wenig wie den Planeten Erde, unser Sonnensystem, die Milchstraße, das ganze Universum. Es gibt keinen wirklichen Grund, warum es dies alles gibt, dennoch sind wir da, … wir haben nichts dafür getan, dass wir da sind, glauben aber manchmal, wir sind die Größten ….
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Max Velmans, The Relation of Consciousness to the Material World, Journal of Consciousness Studies, Vol.2, No.3, 1995, pp.255-265
KONTEXT
Diesem Blogeintrag gingen zwei Beiträge voraus, in denen jeweils die Position von Chalmers und die von Clark aus dem gleichen Band der Zeitschrift diskutiert worden sind. Chalmers hatte mit seinem Beitrag den Band eröffnet, und alle anderen nahmen in ihren Beiträgen auf den Beitrag von Chalmers Bezug.
Hier ist es Velmans, der zu Chalmers Stellung bezieht.
POSITION VON VELMANS
Schon vor dem Beitrag von Chalmers 1995 hatte Velmans (1991, 1993) die Position vertreten, die Chalmers als zentrale These vorträgt, auf der alles andere aufbaut: Das Phänomen des Bewusstseins ist fundamental verschieden von den Verarbeitungsprozessen, wie wir sie im Gehirn finden. (vgl. Velmans S.256) Man kann zwar partiell subjektive Erlebnisse mit beobachtbaren Prozessen im Gehirn korrelieren, aber es erscheint extrem unwahrscheinlich (‚extremely unlikely‘), dass man solche subjektiven Phänomene auf solche neuronalen Prozesse reduzieren kann. (vgl. 256)
Zwar dürfte alles, was wir als real in der Welt wahrnehmen, letztlich nur eine subjektive Wahrnehmung sein (irgendwie von der realen Welt mitverursacht), aber umgekehrt folgt aus einer Nicht-Wahrnehmung nicht zwingend, dass es in der Welt nichts gibt.
Nimmt man einerseits eine Nicht-Reduzierbarkeit des Phänomens des Bewusstseins auf beobachtbare neuronale Prozesse an, will aber andererseits auch nicht einen Dualismus im Sinne Descartes vertreten, bleibt u.a. die Suche nach einer Version einer Dualen-Aspekt Theorie des Bewusstseins, wie sie Chalmers in seinem Beitrag versucht hatte.
Velmans verweist in diesem Kontext auf Spinoza (1732 – 177), der in der Kritik an Descartes dessen Konzept von Geist und Materie als zwei Aspekte von etwas grundlegend Anderem in der Natur vermutet haben soll. (vgl. Velmans S.256)
Analog zu Chalmers folgt Velmans der Arbeitshypothese einer Dualen-Aspekt Theorie, wobei auch er – wie Chalmers – den Begriff der Information als grundlegende Eigenschaft der Natur betrachtet (Anmerkung: im Gegensatz zu Spinoza, der hier den Begriff der Substanz verwendet).
In seiner weiteren Analyse nimmt Velmans an, dass subjektive Erlebnisse repräsentierender Art (‚representational‘) seien, also über etwas (‚about something‘). Daraus schließt er, dass auch die korrelierenden neuronalen Prozesse über etwas sein müssten. Ferner nimmt er an, dass diese korrelierten repräsentierenden Prozesse und Erlebnisse identische Informationen kodieren, die eben nur auf zwei verschiedene Weisen formatiert ist. (vgl. S.257)
Entgegen dieser Annahme sieht Velmans verschiedene Fälle der Diskrepanz zwischen neuronalen Prozessen, die Information verarbeiten, und dem Bewusstsein.
Den meisten neuronalen Prozesse im Gehirn korrelieren keine subjektiven Erlebnisse. Auch nicht im Fall des Langzeit-Gedächtnisses oder im Falle von Blind-Sicht Patienten (‚blind-sight‘). Bei letzteren verarbeitet das Gehirn visuelle Informationen, die nicht bewusst sind. Soll ein Mensch mit Blind-Sicht handeln, wird er aber dennoch ‚richtig‘ handeln, so, als ob er Bewusstsein hätte.
Angesichts solcher massiven Fälle von Diskrepanzen zwischen informationsrelevanten neuronalen Prozessen und nicht aufweisbarem Bewusstsein stellt Velmans die enge Korrelation von Chalmers zwischen Bewusstsein und Aufmerksamkeit in Frage. Er befürwortet eher, die Begriffe Bewusstsein, Aufmerksamkeit und Erfahrung als gleichwertig zu betrachten und alle (nicht notwendigerweise mit Bewusstsein korrelierenden) informationsverarbeitenden Prozesse des Gehirns als davon separat zu sehen. (vgl. S.258f)
Ähnlich argumentiert Velmans am Beispiel der Ergebnisgleichheit von strukturell gleichen Organisationen, wie sie Chalmers postulierte. Am Beispiel von neuronalen Implantaten stellt Velmans in Frage, ob nicht auch andere Organisationsformen gleiche Ergebnisse erzeugen könnten. (vgl. S.259f)
Letztlich sind es nur spezielle Fälle von neuronalen Prozessen, die mit subjektiven Erlebnissen korrelieren.
Es gäbe auch noch die theoretische Möglichkeit, dass im Prinzip alle neuronalen Prozesse mit Bewusstsein begleitet sind, dass sie aber im Normalfall nur gehemmt werden. Bewusstsein würde dann da auftreten, wo die allgemeinen informationsverarbeitenden Prozesse nicht gehemmt werden (‚released from inhibition‘). In dieser Sicht wäre das Gehirn dann wie ein Filter für Informationen.(vgl. S.261f)
Betrachtet man ferner, so Velmans, wie einfach man eine Temperaturmessung mit einem Gerät messen könnte, und wie kompliziert das menschliche Nervensystem aufgebaut ist, um subjektive warm-kalt Empfindungen zu realisieren, dann spricht dies auch eher dafür, dass die Struktur von informationsverarbeitenden Prozessen nicht unbedingt etwas darüber aussagen muss, ob solche Prozesse mit Bewusstsein begleitet sind oder nicht.
Diese Überlegungen führen wieder zu dem Punkt zurück, dass all das empirische Wissen über neuronale Prozesse keine Anhaltspunkte liefert, warum manche dann doch mit subjektiven Erlebnissen korrelieren. (vgl. S.262)
Dass die gleichen Informationen in unterschiedlichen Formaten repräsentiert werden können, dies sehen wir mittlerweile nicht mehr als ungewöhnlich an, aber dass es überhaupt geschieht, das ist ein provozierender Sachverhalt.(vgl. S.262f)
DISKUSSION
Hier einige erste Zwischenreflexionen nach der Lektüre von Chalmers, Clark und jetzt Velmans (es werden nicht alle diskussionswürdigen Punte aufgegriffen, das wären zu viele).
Sowohl Chalmers als auch Velmans sehen im Phänomen des Bewusstseins, des Bereiches der subjektiven Erlebnisse, ein Phänomen sui generis, das sich nicht auf die bekannten empirischen Beschreibungen von neuronalen Prozessen reduzieren lässt.
Gegenüber von Chalmers sieht Velmans daher keine Chance, aus den Daten empirischer neuronaler Prozesse allgemeine Regeln abzuleiten, mit denen man direkt auf Ereignisse des Bewusstseins schließen könnte. Nicht einmal über die Hypothese von Chalmers, dass aus einer Strukturgleichheit von zwei Strukturen S1 und S2 etwas über die möglichen Ergebnisse von S1 und S2 gefolgert werden könne.
Allerdings folgt Velmans der Dualen-Aspekt Hypothese von Chalmers, dass man den Begriff der Information als grundlegenden Begriff in der Natur einführen könne, aufgrund dessen man dann die unterschiedlichen Ausprägungen wie neuronale Prozesse und subjektive Erlebnisse als zwei unterschiedliche Zustandsformen der grundlegenden Information verstehen könne. Velmans zitiert hier auch Spinoza, der eine ähnliche Idee in seiner Auseinandersetzung mit dem Dualismus von Descartes entwickelt hatte.
Dass Spinoza das gleiche Problem mit einem anderen Begriff, nämlich Substanz, für sich ‚löste‘, macht Velmans nicht hellhörig. Ist der neuere Begriff Information, so wie er von Chalmers und Velmans benutzt wird, dann so zu verstehen, dass er strukturgleich zum Begriff der Substanz bei Spinoza ist?
Es fällt auf, dass Velmans in seinem Beitrag den Begriff Information nicht weiter thematisiert; er übernimmt ihn einfach in der Verwendungsweise, wie er ihn bei Chalmers vorfindet.
Wie ich aber in der Diskussion des Beitrags von Chalmers schon angemerkt hatte, ist die Verwendung des Begriffs Information bei Chalmers in sich unklar. Direkt bezieht er sich auf den semantikfreien Informationsbegriff von Shannon (1948), aber in der Art und Weise wie Chalmers diesen Begriff dann verwendet tut er genau das, was Shannon in seinem Text gleich zu Beginn explizit ausgeschlossen hat. Chalmers benutzt den Begriff Information im alltäglichen Sinne, nämlich mit einer semantischen Dimension, will sagen er benutzt nicht nur Signalereignisse als solche beschränkt auf ihre Auftretenswahrscheinlichkeiten, sondern er sieht Signalereignisse immer auch als Bedeutungsträger, also als Ereignisse, die mit etwas anderem korrelieren, das sowohl für den Sender wie für den Empfänger wesentlich dazu gehört. Im gesamten biologischen Bereich ist dies so. So sind z.B. die unterschiedlichen Bestandteile eines DNA-Moleküls (in seinen verschiedenen übersetzten Formen) für das Empfängermolekül, das Ribosom, nicht einfach nur irgendwelche atomaren Verbindungen, sondern diese atomaren Verbindungen sind Signalereignisse, die vom Empfänger so interpretiert werden, als ob sie noch etwas Anderes kodieren. Dieses Andere sind jene atomaren Verbindungen (Moleküle), mittels deren dann ein neues, komplexeres Molekül, ein Protein, zusammengebaut wird. Der Output des Prozesses ist etwas anderes, als der Input. Man kann diesen komplexen Prozess natürlich ausschließlich bezüglich seiner statistischen Eigenschaften beschreiben, damit würde man aber genau das, was diesen Prozess so besonders macht, das, was ihn auszeichnet, unsichtbar machen. Shannon wusste genau, was er tat, als er erklärte, dass er die Bedeutungskomponente ausließ, aber viele seiner späteren Leser haben seine Bemerkung anscheinend schlicht überlesen.
Würde man den Begriff der Information streng nach Shannon verstehen, also Information_Sh, dann werden die Arbeitshypothesen von Chalmers und Velmans schlicht unsinnig. Mit reiner Statistik versteht man weder irgendeinen neuronalen Prozess noch die Dynamik subjektiver Ereignisse.
Würde man den Begriff der Information im von Shannon explizit ausgeschlossenen Sinne – also Information+ – verstehen, also mit einer expliziten semantischen Dimension, dann müsste man über die Arbeitshypothesen von Chalmers und Velmans neu nachdenken. Das wäre eine in sich reizvolle Aufgabe. Bevor man dies tut, sollte man sich dann aber die Ausgangsposition nochmals vergegenwärtigen.
Ausgangspunkt für Chalmers und Velmans ist deren Überzeugung, dass sich subjektive Erlebnisse nicht durch Rekurs auf empirische Beschreibungen von neuronalen Prozessen erklären lassen. Weder aus der Art der neuronalen Prozesse (Chalmers und Velmans) noch aus der Struktur neuronaler Verschaltungen (eher nur Velmans) lassen sich irgendwelche zwingenden Schlüsse auf mögliche begleitende subjektive Erlebnisse ziehen.
Eine solche abgrenzende Position macht wissenschaftsphilosophisch nur Sinn, wenn man von zwei unterschiedlichen Datenbereichen (subjektive Erlebnisse D_s und neuronale Ereignisse D_nn) ausgeht, zu denen es zwei verschiedene Theorien gibt, eine Theorie der subjektiven Erlebnisse <Ts, Int_s, D_nn, D_nn> und eine Theorie der neuronalen Ereignisse <Tnn, Int_nn>. Ferner muss man annehmen, dass mindestens die Datenbereiche beider Theorien wesentlich verschieden sind, also D_s != D_nn. Letzteres ist der Fall, da nach allgemeinem Verständnis zwar alle empirischen Daten D_e, zu denen auch die neuronalen Ereignisse D_nn gehören, zwar zugleich auch subjektive Ereignisse D_s sind, da sie für den Beobachter ja primär erst einmal als seine subjektiven Wahrnehmungen auftreten, dass aber umgekehrt es für eine empirische Theorie Te nicht möglich ist, subjektive Daten D_s einzubeziehen. Mit anderen Worten, die empirischen Daten D_e bilden aus Sicht einer empirischen Theorie eine echte Teilmenge der subjektiven Daten D_s, von daher rührt die Ungleichheit in den Daten. Wichtig ist aber das Detail, dass aus Sicht einer empirischen Theorie Te zwar keine subjektiven Daten D_s verarbeitet werden können, dass umgekehrt aber eine subjektive Theorie Ts sehr wohl Zugriff auf empirische Daten hat, da empirische Daten D_e (mit den neuronalen Daten D_nn als echter Teilmenge) zugleich immer auch subjektive Daten D_s sind, also D_e c D_s. Empirische Daten D_e sind eben beides: subjektiv wie auch zugleich inter-subjektiv.
Die heutigen empirischen Wissenschaften haben die empirische Welt in unterschiedliche empirische Datenbereiche aufgeteilt, deren Beziehungsverhältnisse eigentlich offiziell nicht geklärt sind. Unterschwellig wird immer angenommen, dass die Physik die umfassendste Sichtweise hat, dass also den empirischen Daten der Physik D_e_physik alle anderen empirischen Datenbereiche D_e_x umfassen, also D_e_x c D_e_physik. Ob dies so ist, ist eher offen. Astrobiologie, Evolutionsbiologie, Mikrobiologie – um nur einige Disziplinen zu nennen –, die sich u.a. mit dem Phänomen des biologischen Lebens beschäftigen, haben zahllose originäre Phänomene zu bieten, deren wissenschaftliche Beschreibung allein mit dem Inventar der bekannten Physik im Ansatz unmöglich erscheint (nach Feststellung von bekannten Physikern). Dann würde nicht gelten, dass D_e_x c D_e_physik, sondern D_e_x != D_e_physik.
Doch unabhängig von den Verhältnissen zwischen den Datenbereichen der unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen gilt für das Verhältnis der empirischen Daten D_e zu den Tatsachen des Bewusstsein D_s, dass alle empirischen Daten D_e eine echte Teilmenge der subjektiven Daten D_s sind, also D_e c D_s. Vom Standpunkt eines Theorieerstellers vom Typ homo sapiens (sapiens) liegt damit eine Lösung der methodischen Probleme der empirischen Einzeldisziplinen Te_x – wenn es überhaupt eine gibt – im Bereich einer Theorie der Subjektivität Ts.
Ich habe nicht den Eindruck, dass es solch eine umfassende Theorie der Subjektivität bislang gibt. Die großen philosophischen Entwürfe gehen sicher in diese Richtung. Vielleicht ist Carnaps Stufenbau der Welt (inhaltlich fast vollständig von Husserl geprägt (gegen den Mainstream der Carnap-Interpretation)) ein kleiner Ansatz zu einer modernen Theorie der Subjektivität.
Also, wir haben noch keine brauchbare Theorie der Subjektivität Ts. Wenn wir sie hätten, man kann ja mal spekulieren, dann müsste man solche Fragen wie die von Chalmers, Velmans und Clark in solch einem Kontext diskutieren. Ob in solch einem Kontext ein semantischer Informationsbegriff Information+ dann nützlich wäre, müsste man ausloten. Ich vermute mal, dass man viele andere Fragen klären müsste, bevor man über die mögliche Verwendung eines Informationsbegriffs im Kontext von Subjektivität und begleitenden empirischen Prozessen nachdenken würde.
Einen Überblick über alle Blogbeiträge von Autor cagent nach Titeln findet sich HIER.