Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 3.Februar 2019 – 6.Februar 2020
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de
Änderung: 1.März 2019 (Liste erweitert; Klänge hinzugefügt)
Änderung: 17.Mai 2019 (Sound mit realen Vögeln und realem Verkehr hinzugefügt)
Änderung: 23.Okt.2019 (Mehr Hinweise zum Selbstprotokoll)
Änderung: 4.-6.Febr.2020 (Neuer textabschnitt; einige Sounds wieder gelöscht; neue Sounds dazu)
Die Motivation hinter diesem Blogbeitrag findet sich ursprünglich im nachfolgenden Blogeintrag mit dem Titel ‚MEDITATION – Desinformation oder das einzig wahre Bootstrapping?‘ Es gibt allerdings später noch zahlreiche weitere Beiträge auffindbar durch die Stichworte Meditation oder Mystik. Besonders zu empfehlen die sehr kompakte Darstellung (auch als Podcast) Philosophie für Dummies.
WER?
Angefragt ist jeder Mensch, der sich in der Lage fühlt, irgendwann im Laufe eines Tages, ein paar Minuten ‚für sich‘ zu nehmen.
WANN?
Man wählt im Kalender einen Tag als ‚Starttag‘ aus und der ‚Endtag‘ ist dann der Tag, nach dem 30.Tag des Experimentierens … natürlich ist niemand gezwungen nach 30 Tagen aufzuhören. Aber es kann ein guter Start sein mit etwas Überschaubarem anzufangen. … Genauso kann man auch statt mit 30 Tagen mit weniger als 30 Tagen anfangen; weniger als 7 Tage sollten es wohl nicht sein.
WAS?
Es geht um folgende Experimentieranordnung, die man selbst vornehmen muss:
- Schaffe ich es, einmal am Tag, eine Zeit für mich zu nehmen, in der ich ein Selbstexperiment durchführe?
- Vorab zur eigentlichen Meditation:
- Für manche ist es hilfreich, sich ca. 5 Min zu bewegen, um den Körper ‚aufzuwecken‘ (z.B. Gymnastik, Yoga, …)
- Für manche ist es hilfreich, sich ca. 5 Min mit einem Klang einzustimmen (siehe Klangbeispiele unten).
- Mögliche Körperhaltungen: Gute Kandidaten sind In der Hocke auf einem Kissen oder auf der vorderen Kante eines Stuhls; möglicherweise noch OK: auf dem Rücken auf dem Boden liegen; möglicherweise nicht mehr OK: Stehen oder auf der Stelle laufen. Wichtigste Anforderung: eine Körperhaltung finden, in der man über die geplante Zeit verweilen kann, ohne dass irgendwelche Körperschmerzen einen ablenken (bei vorliegenden Erkrankungen kann es einen chronischen Schmerz geben, der irgendwie immer da ist, egal welche Haltung).
- Für die Zeitdauer: mit 5 Minuten beginnen. Falls man 2x hintereinander das Gefühl hatte, dass es zu kurz ist, dann erhöht man die aktuelle Zeit um 2 Minuten ab dem nächsten Mal (Achtung: es geht hier nicht um einen Rekord, wer die meisten Minuten schafft! Es geht vielmehr darum, herauszufinden, ob jemand, der regelmäßig meditiert, ‚aus sich heraus‘ das ’natürliche Bedürfnis‘ verspürt, nach einiger Zeit ‚länger‘ zu meditieren. Daraus ergibt sich die weitere Frage, ob jeder seine ‚persönliche optimale Zeit‘ hat, bei der sein Körper ‚verweilt‘, wo es möglicherweise keinen Sinn mehr macht, noch weiter zu erhöhen.)
- Einzige Aufgabenstellung: in entspannter Haltung regelmäßig Ein- und Aus-Atmen (Bauch und Brust einbeziehen). Im subjektiven Erleben sind alle Arten von Gefühlen und Gedanken möglich. Sie einfach laufen lassen; sich immer wieder über den Atem zurück holen.
- Zur Unterstützung der Selbstwahrnehmung empfehlen sich folgende zwei einfache Maßnahmen: (i) Vor Beginn der Meditation kurz innehalten, welche Dinge einem aktuell am meisten durch den Kopf gehen; diese als Stichworte notieren. (ii) Nach der Meditation ebenfalls kurz fragen: was hat mich während der Meditation am meisten beschäftigt? Diese als Stichworte notieren
- Nach 7 Tagen: eine einfache Notiz: Lassen die Notizen irgendwelche Wiederholungen erkennen? Empfindet man irgendetwas als eher ‚positiv‘ oder eher ’negativ‘?
- Abschließender Bericht: (i) An wie vielen der 30 Tage habe ich es geschafft, mir Zeit zu nehmen? (ii) Was war meine bevorzugte Körperhaltung? (iii) Wie viele Minuten habe ich in den letzten 7 Tagen meditiert? (iv) Gibt es irgend etwas, was anders ist, während oder nachdem ich meditiert habe? (v) Ist das, was ich als ‚anders‘ in diesen 30 Tagen erlebt habe, für mein Lebensgefühl eher ‚positiv‘ oder eher ’negativ‘? (vi) Lässt sich das positive oder negative Andere mit Worten irgendwie beschreiben? (vi) Welche Faktoren habe ich im Alltag als Widerstand empfunden, nicht zu meditieren? (vii) Welche Faktoren habe ich im Alltag als Unterstützer empfunden, zu meditieren? (viii) Gibt es irgendwelche Vorsätze, die sich aus diesem 30-Tage-Experiment ergeben haben?
- Es empfiehlt sich, andere Menschen zu finden, mit denen man sich über die Erfahrungen mit seinem Selbst-Experiment austauschen kann. Es ist auch jeder willkommen, seine Erfahrungen in diesem Blog — natürlich anonymisiert — vorzustellen als Kommentar.
Die Wiederholung als Form des Sehens
Der Grundcharakter des Lebens ist sein Prozesscharakter. Dies gilt auch für das Meditieren. Wenn man wissen will, ob etwas wirkt und wie es wirkt, dann kann man dies nur erfahren, wenn man dies hinreichend oft wiederholt! In der Wiederholung zeigen die Dinge ihr wahres Gesicht: Was hält sich durch? Wie wirkt es auf mich? Wie ändern sich Kontexte? Wie wirken verschiedene Kontexte? Manche Eigenschaften des eigenen Alltags entdeckt man erst, wenn man sich neue Ziele setzt, z.B. Meditieren: mit einem Mal erfährt man Widerstände, wo vorher keine da waren, und man entdeckt interessante Dinge, die man vorher nicht gesehen hat. Nicht zuletzt entdeckt man an sich Dinge, Eigenschaften, Vorgänge, die man ohne Meditieren nicht wahrnehmen würde, weil sie unsichtbar bleiben.
DER KLANG, DER SOUND UND DU
Im Umfeld des Meditierens gibt es viele Arten von Musik, musikähnliche Klänge, oder einfach nur Klänge (Sounds). Dies haben z.T. eine lange Tradition, sind bestimmten Mustern verpflichtet, und verknüpfen sich sehr oft auch mit bestimmten Worten oder ganzen Texten. Es ist dann oft nicht mehr entscheidbar, was eigentlich auf den Menschen einwirkt, der dies hört: ist es der physikalische Klang als solcher, der den Körper in Schwingungen versetzt, der in das Innere eindringt und dort eine bestimmte Wirkung entfaltet, oder ist es das ganze ‚Drum Herum‘ an Spielweisen, Texten Formen, Gelegenheiten, die eine eigene Bedeutung mit sich tragen und dann auch oder überwiegend dadurch ‚wirken‘. Der Autor vertritt die Auffassung, dass die Begegnung mit einem eher ungewöhnlichen Klang einen eigenen Reiz besitzt. Die nachfolgenden Klangbeispiele sind experimentelle Klänge, vielfach unrund, bisweilen unangenehm, sie bieten die Chance sich dem Klang direkt auszuliefern, unmittelbar seine Wirkungen in einem selbst nach zu spüren.