T.Engelhardt (ed), „The World Acording to TomDispatch. America in the New Age of Empire“, London-New York: Verso, 2008 (siehe auch die Webseite tomdisptach.com)
Diesem Text ging voraus: Teil 7.
ZWISCHENERGEBNISSE NACH Teilen 1-7
1) Fassen wir kurz zusammen, was sich bisher ergeben hat: ausgehend von den philosophischen Reflexionen zum Phänomen einer markanten emergenten Komplexität des biologischen Lebens zeigte sich Kommunikation und eine funktionierende Öffentlichkeit als zentrale Bedingungen für das Funktionieren dieser Komplexität. Um dies gesellschaftlich zu ermöglichen wurden Verfassungen in Form moderner Demokratien geschaffen, in denen weitgehende Freiheitsrechte zum Schutze des Individuums verankert wurden (z.B. USA, Deutschland). Begleitet von heftigen Diskussionen wurden in Deutschland unter speziellen Bedingungen (‚Lauschangriff‘) eine Aufhebung solcher Rechte durch Regierungsstellen erlaubt; in den USA gibt es eine lange Geschichte von Ausdeutungen zum vierten Zusatz der Verfassung, die Stand 2013 — zwar nicht dem Wortlaut nach, aber faktisch — einer fast vollständigen Aufhebung dieser Freiheitsrechte gleichkommt. Engelhardt skizziert in der Einleitung zu seinem Buch die Entwicklung in den USA nach 9/11 als dramatische Verstärkung von Geheimdiensten und Militär in einer ‚unipolaren Welt‘. Dies wird begleitet durch eine weitgehende Abschottung der Regierung nach außen. Im ersten Kapitel zeigt Engelhardt anhand konkreter Daten, wie die Ereignisse von 9/11 auf eine medial imprägnierte Öffentlichkeit treffen, die — geprägt von den tiefsitzenden Bildern der Medien der letzten Jahrzehnte — die Ereignisse in einer bevorzugten Weise deuten; in einer Weise, die von der Regierung mitgesteuert wird und für bestimmte Pläne ausgenutzt werden. Engelhardt kann dann anhand einiger Fakten zum neuen Ground-Zero Mahnmal aufzeigen, dass es hier nicht um ein ’normales‘ Denkmal geht, sondern dass das Gedenken an das Ereignis und die Toten von 9/11 für eine bestimmte Politik in einer Weise ‚instrumentalisiert‘, die viele ernste Fragen aufwirft. In dem nachfolgenden Kapitel mit dem Titel ‚The Empire that Fell as it Rose‘ gibt es einen Briefdialog zwischen Tom Engelhardt und Jonathan Schell, in dem Schell anhand der historischen Daten zu dem Schluss kommt, dass die USA sich nach dem zweiten Weltkrieg scheinbar unaufhaltsam in eine imperiale — alles beherrschende — Macht entwickelt haben. Dass die US-amerikanische Regierung sich, gestützt auf ein alle Maßen sprengendes Militär im Verein mit einem Netzwerk von nicht mehr kontrollierbaren Geheimdiensten, in ein imperiales Machtdenken hinein gesteigert haben, das für die Realität weitgehend ‚erblindet‘ ist. In seiner Antwort sagt Engelhardt, dass er die Einschätzung von Schell zwar als Nichthistoriker nicht historisch-wissenschaftlich verifizieren kann, dass aber sein Wissen um die aktuellen Fakten in den USA das Bild von Schell ohne weiteres stützt (es folgt eine Aufzählung von Fakten). So sehr viele sehen, dass der Weg des Imperialismus eigentlich kein brauchbares Konzept für die Zukunft ist, so sehr sind aber selbst die (amerikanischen?) Kritiker von diesem imperialen Denken ‚verseucht‘ (‚brainwashed‘), dass sie sich nicht vorstellen können, wie denn ein nicht-imperiales Modell real funktionieren kann. In dem folgenden Kapitel „No longer the ‚Lone‘ Superpower“ beschreibt dann Chalmers Johnson dass die USA faktisch nicht mehr die einzige Super Macht sind. Mit Blick auf die Vergangenheit stellt er die Frage, ob und wie es den USA gelingt, das neuerliche Erstarken Chinas (und einiger anderer potentieller Konkurrenten wie z.B. Russland, Indien, Brasilien) in einem friedlichen Prozess aufzufangen, oder ob es bei der konkreten Konfrontationen in Asien (speziell China – Japan) schließlich doch wieder zu einem Krieg der Machtinteressen kommt, der vieles zerstört und wenig aufbaut? Nach allen bekannten Fakten drängt sich der Eindruck auf, dass die USA alles dazu tun, dass sich Japan aus seiner Neutralitätsrolle heraus begeben hat und unter Erstarkung von nationalistischen Traditionen die Beziehung zu China eher verschärft denn beruhigt. Die zunehmende Loslösung Taiwans von Japan und USA und eine stärkere Hinwendung zum Festlandchina spricht eine eigene Sprache. Im folgenden Kapitel ‚THE WIDER WAR‘ beschreibt Greg Grandin wie das Pentagon ‚den wilden Westen‘ in Lateinamerika entdeckte. Während unter Clinton Lateinamerika noch äußerst positiv gesehen wurde, erweckte Lateinamerika zur Zeit der Bush-Administration höchsten Argwohn. Nicht nur Rumsfeld sieht in Südamerika ein Aufmarschgebiet von Terroristen, sondern der damalige Chef von ‚Southcom‘, dem US-amerikanischen Militärbezirk für Lateinamerika, General Bantz Craddock listete für Südamerika nahezu alle Schrecklichkeiten auf, die sich ein Geheimdienst vorstellen kann. Verstehen kann man dies nur mit Blick auf den Ideologiewechsel im Pentagon: nach Auffassung der Pentagonstrategen kann sich der internationale Terrorismus mittels jeder bekannten Form von (organisierter) Kriminalität finanzieren, daraus folgern die Pentagonstrategen, dass jede Form von Gesetzeslosigkeit und Unordnung eine potentielle Brutstätte für Unterstützung des Terrorismus sein kann. Dies impliziert dann, dass z.B. funktionierende Diktaturen einen höheren Wert besitzen (da sie ja eine gewisse Ordnung induzieren) als alle Formen von ‚Protesten‘, demokratischen Bewegungen, usw. Damit wird der US-amerikanische Krieg gegen den Terror zu einer Strategie globaler Kontrolle aller Nationen (ausgenommen vielleicht England und Frankreich?)?), aller gesellschaftlichen Bereiche, bis hin in die Niederungen des täglichen Lebens.
IRAN – JE NACH DEM, WIE MAN SCHAUT
2) Im Buch gibt es zwei unterschiedliche Berichte zu Iran. Einer stammt von Behzad Yaghmaian mit dem Titel ‚Will American Bombs Kill My Iranian Dreams?‘, der andere von Noam Chomsky mit dem Titel ‚What If Iran had Invaded Mexico?‘. Der Beitrag von Yaghmaian schildert die Sicht eines Betroffenen, eines Iraners, der aus dem Iran fliehen musste, US-Amerikaner wurde, als Wissenschaftler und Journalist aber immer wieder im Iran war und sich mit dem Iran auseinandersetzte. Noam Chomsky, US-Amerikaner, bekannter Wissenschaftler und politischer Schriftsteller, reflektiert auf das Verhalten der US-Regierung gegenüber dem Irak und auf das zugrundeliegende Denken.
IRAN – EIN BISSCHEN GESCHICHTE
3) Beide Beiträge beginnen ihre Überlegungen ohne ausdrückliche Erwähnung der Vorgeschichte zum Heute, wobei speziell die Sicht der Beziehung USA-Iran interessiert. Ich selbst bin kein Historiker, folgende Fakten sind mir in dem Wikipedia-Beitrag aufgefallen. Ursprünglich war die Rolle der USA gegenüber dem Iran ’neutral‘ bzw. waren es sogar Amerikaner, die der persischen Verfassungsbewegung im Rahmen der Persische Verfassungsrevolution 1905-1907 Unterstützung zukommen ließen, dies gegen die erklärten Interessen Russlands und Englands. Diese bekämpften die Verfassungsbewegung massiv, da sie den wirtschaftlichen Interessen dieser Länder zuwider lief. Als das Iranisches Parlament den Amerikaner Morgan Shuster als General Schatzmeister (‚treasurer general‘) von Persien 1911 ernannte, musste dieser unter dem Druck der Briten und der Russen sein Amt bald wieder niederlegen. Details zu den massiven politischen Einflussnahmen Englands und Russlands in dieser Zeit finden sich in dem Buch von Schuster ‚The Strangling of Persia‘. Letztlich setzte sich die Monarchie wieder durch. Zunächst Schah Reza Shah Pahlavi (15 Dezember 1925 – 16 September 1941), dann sein Sohn Mohammad Rezā Shāh Pahlavī (16 September 1941 – 11 Februar 1979). Letzter kam zur Macht während des 2.Weltkriegs nach einer Englisch-Russischen Invasion, die die Abdankung seines Vaters erzwungen hatte. Während seiner Herrschaft kam es zu einer Erstarkung der demokratischen Bewegung, die zur demokratischen Wahl von Mohammad Mosaddegh (oder Mosaddeq) (zum Premierminister von Iran 1951-1953) führte. Während dieser Zeit wurde die iranische Ölindustrie kurzfristig verstaatlicht, bis ein Staatsstreich (unterstützt von der US-Regierung (und ohne Wissen der US-amerikanischen Bevölkerung?)) die alten Verhältnisse wieder herstellte und den ausländischen Firmen ihre Rechte zurückgab. Trotz vieler Reformen seitens des Shah vermochte er es nicht, die unterschiedlichen Strömungen im Iran zu integrieren, was im Januar 1979 zu einer Revolution führte, die formell in einer islamischen Republik unter Führung des Ayatollah Khomeini endete.
4) Schon dieses grobe Bild zeigt, dass die ‚moralische‘ Ausgangsposition von Rußland, England und den USA nicht gerade die beste ist. Wobei sich schon hier die Frage nach der ‚richtigen Moral‘ stellt. Faktisch, in der Geschichte, war die Moral immer auf der Seite des ‚Stärkeren‘. Jede Regierung beansprucht ’seine‘ Moral, sei es z.B. China, Rußland, die USA, der Iran, usw. Schwieriger wird es, wenn Regierungen über den Text der Verfassung Bezug nehmen auf eine ‚übergeordnete‘ Moral, z.B. zu den Menschenrechten, zu einer bestimmten Religion oder zu einem bestimmten Parteiprogramm. Dann ist die betreffende Regierung dazu herausgefordert, ihr Handeln in einen Kontext zu stellen. Doch wie die Geschichte zeigt, schafft es fast jede Regierung, die jeweiligen Verfassungen in ihrem Sinne zu ‚interpretieren‘. Regierungen mit ‚kommunistischen‘ Programmen hatten keine Hemmungen, Millionen von Menschen im Namen ihres Programms umzubringen; das gleiche gilt für Regierungen mit Bezug auf eine Religion: eine Religion als solche schützt nicht vor Unmenschlichkeiten durch ihre Vertreter. Und auch die Bezugnahme auf ‚Menschenrechte‘ hinderte die verschiedenen US-Regierungen nicht daran, grausame Kriege zu führen, Gesellschaften zu zerstören, demokratische Bewegungen zu bekämpfen, Foltergefängnisse zu führen, und vieles mehr.
DAS IRAN YAGHMAIANS
5) Die Geschichte von Yaghmaian beginnt mit dem Sturz der demokratischen Regierung Irans 1953 durch einen Staatsstreich, vorbereitet und durchgeführt mit Hilfe der US-amerikanischen CIA. Der CIA hatte die späteren Folterer des so gefürchteten und brutalen iranischen Geheimdienst Savak‘ trainiert und ausgebildet, hatte den Shah beraten und hatte dann weg geschaut bei dem, was dann in den Gefängnissen der Savak an Greueltaten geschah. Alle Shah Gegner wurden verfolgt, viele ins Gefängnis geschmissen, viele — speziell auch junge Männer und Frauen — brutal gefoltert. (vgl.S.184f)
6) Yaghmaian schilderte seine Schüler- und Studentenzeit, den Studentenaufstand gegen die Fahrpreiserhöhungen und die Allgegenwart des Geheimdienstes Savak, der immer wieder Studierenden für Wochen oder Monate ‚verschwinden‘ lies; wenn sie dann wieder auftauchten, redeten sie in der Regel nicht mehr. 1976 konnte Yaghmaian als Student in die USA reisen. Dort erlebte er den Umsturz von Februar 1979. Der Shah wurde abgesetzt. Doch die Begeisterung verflog schnell. Als er im Sommer nach Teheran zurückkehrte waren die Anzeichen eines ‚repressiven theokratischen Staates‘ schon erkennbar. (vgl. S.186-188)
7) Die Gefängnisse des Shah füllten sich wieder, ironischerweise vielfach genau mit denen, die vorher die Gefängnisse gestürmt hatten. Die Freiheitsliebenden, die vorher gegen die USA als Freunden des Shahs protestiert hatten, wurden über Nach zu Feinden des repressiven theokratischen Regimes; dieses erklärte alle Regimefeinde zu ‚Freunden der USA‘. Wieder einmal mehr wird politische Rhetorik als Waffe benutzt, um Sachverhalte anders erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich waren [Anmerkung: eine Form von Propaganda, Indoktrination, Gehirnwäsche durch Manipulation der Sprache].(vgl.S.188)
8) Während so die Bevölkerung zwischen die Mühlsteine eines repressiven Regimes geriet, erlebte Yaghmaian, wie sich die Stimmung auch in den USA umkehrte: die vormaligen Freunde der USA wurden nun zu Feinden, und damit potentiell jeder Iraner, auch er selbst. Nach der Besetzung der US-amerikanischen Botschaft in Teheran nannte Präsident Reagen die Iraner ‚Barbaren‘. Studierende an der Fordham Universität rollten Banner aus mit der Aufschrift: ‚Rettet das Öl, verbrennt die Iraner‘ [Anmerkung: Niht-Amerikaner sind keine Menschen?].(vgl. S.188f)
9) Ein Versuch Yaghmaians, in einem Interview Verständnis für die iranische Situation zu schaffen, führte zu persönlichen Angriffen und Verurteilungen. Die Anfeindungen gegenüber Iranern in den USA nahmen deutlich zu.(vgl. S.189)
10) Der Krieg der Worte wurde dann ergänzt um die Kriegserklärung des Irak gegen den Iran 1980, was zu einem 8-jährigen blutigen grausamen Krieg führte, in dem es letztlich keine wirklichen Sieger gab.(vgl.S.189)
11) Yaghmaian berichtet, dass die USA (zusammen mit Saudi Arabien und den arabischen) den Irak damals massiv unterstützt haben: mit Geld, mit Ausrüstung, mit militärischer Aufklärung, und den Einsatz chemischer Kampfmittel zumindest geduldet, wenn nicht sogar befördert haben.(vgl. S.189)
12) [Anmerkung: Wenn man weiß, wie später die US-Regierung den Irak in der Öffentlichkeit verteufelt und dann sogar mit zwei zwei aufwendigen Kriegen bekämpft hat, dann stellt sich wiederholt die Frage, welche Art von ‚Moral‘ eine US-Regierung eigentlich repräsentiert? Dies gilt insbesondere für den Widerspruch, dass ein US-Präsident im Jahr 2013 verkündet, dass mit dem Einsatz von chemischen Kampfmitteln eine rote Linie überschritten sei, die zu einem militärischen Eingreifen in Syrien berechtigen würde, dass die USA im Falle des Irak-Iran Krieges aber den Einsatz chemischer Kampfstoffe mindestens geduldet hat (da es ihnen ’nützte‘ …). Andere Quellen deuten sogar an, dass die USA möglicherweise sogar selbst die chemischen Kampfmittel geliefert haben sollen (konnte dies noch nicht verifizieren). Die Moral der US-Regierung erscheint wiederholt sehr ‚opportunistisch’… ]
13) Yaghmaian schildert dann, wie er 1995, nachdem er zuvor die amerikanische Staatsbürgerschaft erworben hatte, erstmalig wieder nach Iran einreiste. Äußerlich war das Teheran von damals verändert, hinter den Fassaden aber gab es ein aufgeklärtes, stark amerikaorientiertes Leben. Hinter den Fassaden waren westliche Pop- und Rockmusik populär, dazu westliche Kleidung. Insgesamt gab es ab 1997 mit dem reformerischen Präsidenten Khatami eine Art Reformbewegung, die viele Bereiche des Iran erfasste, 1999 aber, als die Reformbewegung zu stark wurde, brutal niedergeschlagen wurde. Yaghmaian musste Hals über Kopf fliehen, nachdem er zuvor schon Bekanntschaft mit einem iranischen Gefängnis machen musste.(vgl. SS.190-194)
14) Der neue iranische Präsident Ahmadinejad half, alle Reformansätze zurück zu schrauben. Zugleich herrschte in den USA mit Reagan und dann Bush eine eher fundamentalistische Weltsicht. Nach 9/11 2001 erklärte Bush den Iran 2002 zugehörig zur ‚Achse des Bösen‘ und die politische Rhetorik war stark ausgerichtet auf Konfrontation bis hin zu einem möglichen Krieg gegen den Iran.(vgl. S.196f)
15) [Anmerkung: die Iran-USA„>Wikipedia-Übersicht zum Verhältnis USA-Iran lässt sicher noch viele Wünsche offen, man kann aber trotzdem erkennen, dass die US-Regierung nicht zimperlich war, ihren Anti-Iran-Kurs zu verfolgen. So z.B. ihre Unterstützung von Terrorgruppen (die letztlich auch gegen die USA arbeiten) und besonders die Erstürmung der iranischen Botschaft im Irak samt Gefangennahme der Botschaftsmitglieder sprengt alle internationale Normen (Recht gibt es nur für die USA, nämlich ihr eigenes, das der Geheimdienste ohne die Bürger?).]
CHOMSKY: IRAN ALS PROPAGANDA KRIEG
16) Für Noam Chomsky (vgl. SS.71-76) ist die Art und Weise, wie die US-Regierung mit dem Thema Iran umgeht, eine gezielte Propaganda, um den Krieg vom Irak in den Iran zu tragen. Der Kongress kann hier wenig verhindern, da die aktuelle Verfassung der Regierung ein breites Spektrum an Möglichkeiten eröffnet, legal kriegsähnliche Aktionen ausführen zu können, ohne den Kongress fragen zu müssen.
17) Chomsky erlaubt sich das interessante Gedankenspiel, wenn der Iran all das gegenüber den USA getan hätte, was die USA gegenüber dem Iran getan haben und tun, was dann wohl die US-Amerikaner fühlen und denken würden. (vgl. S.73f) Da wird schnell klar, dass selbst ein ’normaler‘ Staat mehr als entsetzt und aggressiv reagieren würde. Das Auftreten der US-amerikanischen Regierung ist in der Art und Weise dermaßen abnorm, monströs und menschenverachtend, dass jedes Land darauf nur mit Abscheu und Entsetzen reagieren kann. Dass das repressive theokratische Regime in Teheran (speziell auch mit dem Nuklearprogramm) in sich — von demokratischer Seite — viele Kritikpunkte aufweist, auch solche, die ein explizites Verhalten verlangen, ist davon unberührt.
18) Chomsky sieht den primären Ansatzpunkt zu einer deutlichen Verbesserung der Lage in der Forderung nach mehr Demokratie in den USA. Solange die US-amerikanische Bevölkerung mit ihren demokratischen Standardinstitutionen per Gesetzt praktisch abgeschnitten ist von der Exekutive, solange kann diese im Verein mit Geheimdiensten, Militär und den unterstützenden Firmen praktisch nach Belieben Kriege führen und die Bevölkerung mit ihrer gewaltigen Propagandamaschine nach Belieben zu jeweiligen Entscheidungen puschen. Ein realer Ausdruck von mehr Demokratie bestünde z.B. darin, den Haushalt so zu gestalten, dass Teile des Verteidigungshaushaltes in konstruktivere Bereich umgewidmet würden. Oder darin, dass die USA endlich die UN real anerkennt, die internationalen Gesetze achtet, und z.B. das Veto im Sicherheitsrat demokratisiert. Ferner wäre die Blockade gegenüber Kuba aufzugeben und z.B. das Verhalten im Konflikt Israel-Palästina dahingehend zu ändern, dass beide Staaten gleichermaßen gefördert werden, aber nur insoweit, als sie real auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinarbeiten.(vgl.S.74-76)
19) [Anmerkung: leicht vereinfachend könnte man sagen, dass man aus all diesen Fakten ein Muster herauslesen kann, nach dem die USA gewissermaßen aus zwei Staaten bestehen: aus der demokratischen Fassade (Kongress, Senat), und einer totalitären Exekutive, die weitgehend unbehelligt von der amerikanischen Bevölkerung weltweit Krieg nach eigenem Gustus führt. Irgendwelche Werte, die diese totalitäre Exekutive mit irgendwelchen Nichtamerikanern verlässlich teilen würde, sind nicht erkennbar. ]
Fortsetzung folgt
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