Archiv der Kategorie: Bild im Kopf

Können wir blind sein obwohl wir sehen?

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062, 6.April 2023 – 7.April 2023, 14:55h
URL: cognitiveagent.org, Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch (cagent@cognitiveagent.org)

Kontext/ Einleitung

In diesem Blog wurde schon in vielen Beiträgen jener Sachverhalt thematisiert, dass wir ‚in unserem Kopf‘ Bilder von der Welt mit uns herum tragen, die als solche zwar ‚real‘ sind, die aber dennoch die ‚tatsächliche Welt‘ außerhalb unseres Kopfes nur mehr oder weniger schlecht repräsentieren. Ist schon dieses ‚mehr oder weniger‘ ein Problem, so liegt das viel größere Problem zumeist darin verborgen, dass wir selbst kaum bis gar nicht merken, dass es mit unseren ‚Bildern im Kopf‘ nicht so weit her ist.

Vor diesem Hintergrund ist es immer wieder ‚befreiend‘, wenn man Dinge erleben kann, durch die man das ‚Ungenügen der eigenen Bilder im Kopf‘ zu erkennen beginnt.

Der folgende Text beschreibt ein sehr persönliches Erlebnis dieser Art im Rahmen eines Gesprächsprojektes in der Gemeinde Schöneck.[4]

Beginn des Textes

Dies ist eine Nachbemerkung vom Autor Gerd Doeben-Henisch, der im Zustand großer Wald-Unkenntnis an den beiden Veranstaltungen zum ‚Wald‘ [1],[2] teilnehmen konnte und der aufgrund dieser Veranstaltungen jetzt zumindest ‚ahnen‘ kann, was alles ‚mitschwingt‘, wenn man sich der Realität Wald nähert. … Und wenn er dann nahezu täglich durch ‚unseren Wald‘ läuft, wie der Wald zwischen ‚Büdesheim und Kilianstädten‘ vielfach liebevoll genannt wird, dann kommen einem ganz unterschiedliche Gedanken …. siehe Text unter dem Bild.

Im ersten Moment wird man vielleicht den Kopf schütteln, wenn man die Worte liest, dass man ‚blind‘ sein kann obwohl man ’sieht‘, versteht man doch unter ‚Blindheit‘ normalerweise genau jenen Zustand unserer Augen, in dem wir wenig bis gar nicht mehr ’sehen‘ können.[3]

Aber, bei etwas weiterem Nachdenken wird sich wohl jeder an Situationen in seinem Alltag erinnern, in denen er etwas ‚real gesehen hat‘, wo er aber auch ’nur gesehen‘ hat, ihm aber dazu weiter nichts ‚eingefallen‘ ist. Solange man sich in einer vertrauten Umgebung aufhält, z.B. in seiner eigenen Wohnung, wird einem alles ‚vertraut‘ vorkommen, sobald man sich dann aber ’nach draußen‘ begibt, kann man schnell auf Schritt und Tritt Dinge ’sehen‘, Dinge ‚erleben‘, die einem ’nicht vertraut‘ sind.

Obwohl ich als Kind jahrelang im und am Wald gelebt habe, täglich durch Wiesen streifen konnte, ‚im Wald‘ war, hat mir nie einer erzählt, was das alles ist, was man da sieht: Pflanzen, Tiere, Bäume, Sträucher, … natürlich lernt man als Kind was eine ‚Kuh‘ ist, ein ‚Hund‘, ein ‚Baum‘, eine ‚Blume‘, man lernt aber auch nicht viel mehr, wenn man sich nicht dafür ‚interessiert‘ und dann aus eigenem Interesse später ‚lernt‘, welche verschiedenen Pflanzen es gibt, wie ihre ‚Lebensweise‘ ist, ihr ‚Lebenszyklus‘, ihr ‚Leben als Gemeinschaft‘ ….

Wenn ich heute als ‚alter Mann‘ durch den Wald und die angrenzenden Wiesen gehe, sehe ich natürlich einen Strauch, einen Baum am anderen, kann auch Formen und Farben unterscheiden, aber ich sehe mit den ‚bloßen Augen‘ nicht, was in diesen Pflanzen passiert, wie sie sich ernähren, wie sie wachsen, wie sie untereinander sich gegenseitig beeinflussen, Material und Informationen austauschen, was sie wirklich zum Leben brauchen; was heißt ‚Leben‘ für eine Pflanze? Und dann die vielen ‚Vögel‘ die man hören, aber meistens nicht sehen kann? Die Unmengen an Insekten, die mit Pflanzen und Vögeln kleine Lebensräume (Biotope) bilden …

Mit den Augen sehen ist eine wichtige Voraussetzung, aber mit unserem Gehirn ‚verstehen‘ ist eine ganz andere Liga: ohne ‚Wissen‘ sehen wir tatsächlich nicht wirklich; ohne Wissen sind wir letztlich in einem viel radikaleren Sinne ‚blind‘. Ohne Wissen können wir eigentlich nichts gezielt tun, was letztlich ‚Leben‘ fördert.

Insofern waren die beiden Veranstaltungen mit Yvonne Heil — der Referentin bei den beiden Veranstaltungen — , die existentiell engagiert sich mit Natur, mit Wald, mit Tieren, seit vielen Jahren beschäftigt, ein ‚Augenöffner‘ für ein vorhandenes ‚Wissensloch‘, für eine ‚Leere im Wissen‘, wodurch die ’sehenden Augen‘ letztlich erkennend ‚blind‘ sind.

Allerdings, mein existentielles Hauptthema ist seit Jahrzehnten genau das ‚Wissen‘: Was ist das, wie entsteht es, wie kann man es ändern usw. und von daher weiß ich, dass jeder Mensch in dieser unseren Welt notgedrungen viele ‚Wissenslöcher‘ hat; die Welt ist zu komplex, als dass ein einzelner Mensch ‚alles‘ wissen kann. Das wirksamste ‚Heilmittel‘ gegen ‚Wissenslöcher‘ ist, sich ‚zusammen zu tun‘, sich ‚gegenseitig zuhören‘, Dankbar sein für das ‚Geschenk‘ einer ‚Erfahrung‘, die ein anderer einbringen kann, und sich so gegenseitig helfen, weil man alleine sonst mit seinem eigenen ‚Wissensloch‘ scheitern kann.

ANMERKUNGEN

wkp := Wikipedia (de: Deutsch, en: Englisch)

[1] Siehe: Bürger im Gespräch, Schöneck, 5.März 2023: https://www.oksimo.org/2023/03/17/buerger-im-gespraech-schoeneck-sitzung-wald-5-maerz-2023/

[2] Siehe: Bürger im Gespräch, Schöneck, 26.März 2023: https://www.oksimo.org/2023/04/03/wald-werkstatt-26-maerz-2023/

[3] Für ‚Blindheit‘ siehe wkp-de: https://de.wikipedia.org/wiki/Blindheit . Zitat: „Unter Blindheit versteht man die ausgeprägteste Form einer Sehbehinderung mit gänzlich fehlendem oder nur äußerst gering vorhandenem visuellen Wahrnehmungsvermögen eines oder beider Augen. …“

[4] Siehe: https://gruene-schoeneck.de/ortsverband/im-gespraech

DER AUTOR

Einen Überblick über alle Beiträge von Autor cagent nach Titeln findet sich HIER.

DIE LETZTE GESCHICHTE DER MENSCHHEIT. Theaterstück. Notizen von einem Abend

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062, 24.Januar 2023 – 25.Januar 2023
URL: cognitiveagent.org, Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch (cagent@cognitiveagent.org)

Kontext

Ein Theaterbesuch gestern Abend im Schauspiel Frankfurt. Ein junger Regisseur, Leon Bornemann, eine tolle Schauspielerin Tanja Merlin Graf, ein junger Autor Sören Hornung ( Mehr Informationen: https://www.schauspielfrankfurt.de/spielplan/a-z/die-letzte-geschichte-der-menschheit/ ).

Form

Der folgende Text stellt eine spontane Wiedergabe einiger Impressionen dar, die sich während und nach dem Theaterstück ergeben haben. Leider gab es nach der Aufführung keine Möglichkeit zu einem Gespräch mit dem Publikum, was schade ist: da wird mit viel Aufwand, Engagement, ja, vermutlich auch mit viel ‚Liebe‘, ein wunderbares Stück vorbereitet, und dann lässt man die ‚Wirkung‘ dieses Stücks quasi ‚ins Leere‘ laufen … natürlich nicht ganz ‚leer‘, da es ja immerhin ‚Menschen‘ sind, die in ihrem Erleben und Denken in der Direktheit des Geschehens ‚betroffen‘ sind, ob sie wollen oder nicht. Eine Wirkung, die man ja eigentlich ‚wollen sollte‘ als Theatertruppe, aber die Wirkungen werden in die ‚Einsamkeit des individuellen Erlebens‘ verbannt, so, als wolle man ja gar nicht wissen, was solch eine Aufführung ‚anrichtet‘.

Dabei ist es ja eigentlich toll, wenn eine Aufführung eine ‚Wirkung‘ hat.

Allerdings, wenn es nicht nur um ‚Unterhaltung‘ geht, sondern irgendwie doch auch um Mitteilen, Kommunizieren, Anregen, vielleicht sogar ‚zum Denken bringen‘ als Vorstufe eines möglichen ‚Verstehens‘ (was man einem Theaterstück unterstellen darf?), dann ist die ‚Wucht des Aufpralls des Bühnengeschehens‘ im individuellen Erleben zu groß — und sicher auch zu ‚komplex‘ –, als dass man dies alleine ohne Austausch, so einfach ‚verdauen‘ kann.

… also schreibe ich hier ein paar verstreute Impressionen auf.

DIE LETZTEN TAGE DER MENSCHHEIT (Stück)

Ich gebe hier jetzt nicht das Stück wieder. Wer es kennen lernen will, hat am 7.Februar 2023 nochmals Gelegenheit, es sich anzuschauen.

Worum es geht, wird einem gleich zu Beginn von einer weiblichen Person, die sich als Roboter darstellt, ‚ins Gesicht geredet‘: „Mein Name ist KARL. Ich bin eine KI und komme aus dem Jahr 5.144. So, jetzt ist es raus.“ Und zur Hintergrundgeschichte kann man erfahren, dass es um eine
„Künstliche Intelligenz aus der Zukunft geht, die „mithilfe einer selbstgebauten Zeitmaschine … in die Vergangenheit gereist [ist], um uns Menschen zu begegnen. Alles, was KARL über uns weiß, hat KARL auf Youtube gelernt. Beim Binge-Watching aller jemals produzierten Videos hat KARL leider verpasst, dass die Menschheit währenddessen ausgestorben ist. Jetzt ist KARL enorm einsam und vermisst die Menschen, die KARL nie persönlich Kennenlernen konnte. In KARLs postapokalyptischer Gegenwart (also unserer Zukunft bzw. der Zukunft der Erde, denn uns gibt es in der Zukunft, also in KARLs Gegenwart ja nicht mehr) sieht es insgesamt ziemlich trostlos aus. Durch eine Zeitverwerfung tritt KARL deshalb mit uns in Kontakt und möchte uns das Aussterben ausreden.“

Was dann folgt ist eine beeindruckende Einzeldarstellung der Schauspielerin, die ca. 48 Minuten lang ohne Pause eine Komposition von Körperhaltungen, Bewegungen und Monologen darbietet, die zu keinem Moment Spannung vermissen lassen.

Der Bühnenraum, durchgehend ohne Veränderungen, bietet in vielen Dimensionen Anregungen an, die bekannte Bilder aus dem Alltag wachrufen und im Zuschauer entsprechende Gefühle und gedankliche Assoziationen lebendig werden lassen.

Das Drehbuch führt den Zuschauer hinein in die Welt des Autors, der ein Bild von KI (Künstlicher Intelligenz) entstehen lässt, das letztlich den vielen Mustern ähnelt, die sich in den vielen Science Fiction Filmen (und zahllosen Science Fiction Romanen) [1] auch finden. Allerdings, die Art und Weise wie der Autor diese bekannten Bilder auf der Bühne durch eine einzige Schauspielerin — warum eigentlich nicht Frau + Mann + X? — umsetzt, wirkt in dieser Form packend, zieht einen in Bann.

Und diese KI wird instrumentalisiert zu einer Art ‚Spiegel der Menschheit‘, zum Menschen, und darin — indirekt — leicht anklagend auch an die Zuschauer, von denen der Autor annimmt, dass sie auch zu der Menschheit gehören, über die sein Stück handelt.

Auch hier, trotz innovativer Darstellungsform, die hier zum Vorschein kommenden Bilder sind die üblichen: die Menschheit ‚vergeigt‘ es, sie inszeniert ’sehenden Auges‘ ihren eigenen Untergang; warum wohl? Na ja, weil sie eben schlecht ist (obwohl sich viele doch so toll finden?).

Bei diesen Impressionen könnte man es belassen; immerhin hat man ja etwas ‚erlebt‘, ‚emotional‘, dazu ungewohnte kreative Bilder einer Bühne, einer Schauspielerin, von ungewohnten Dialogen und Bewegungen ….

ZWISCHENFRAGE(n)

Da ich als Autor Wissenschaftler bin (dann auch noch in der Nähe des Themas), aber auch Philosoph (Erkenntnistheorie und Wissenschaftsphilosophie), dann auch tatsächlich und real auch ‚Hochschul-Lehrer‘ (nicht nur ‚Forscher‘), habe ich zum Thema natürlich eine Meinung, auch zur ‚Form‘ als ‚Theaterstück‘ (Keine Angst, ich bin NICHT gegen Theater, eher für mehr Theater).

Was mich beschäftigt, und geradezu ‚weh tut‘, das sind die ‚Bilder in den Köpfen‘, die im Medium des Theaterstücks ’sichtbar‘ werden und darin ‚zur Wirkung kommen‘. Bilder einer KI, die es so weder gibt noch jemals geben wird; aber auch Bilder der Menschheit, die im ersten Moment so ‚plausibel‘ erscheinen‘, in einem zweiten Moment aber — wenn man über ‚andere Bilder‘ verfügt — nur noch teilweise plausibel sind, und in den Teilen, wo sie ’nicht plausibel sind‘, sind sie das, was man normalerweise als ‚falsch‘ versteht.

Folgt daraus, dass das Theaterstück ‚Fake News‘ verbreitet?

Würde man ‚Ja‘ sagen, dann würden letztlich alle Menschen täglich ‚Fake News‘ verbreiten, da jeder Mensch nur über ein kleines Fragment des ungeheuren Wissens verfügt, das zur Zeit die Bibliotheken, Datenbanken und Blogs dieser Welt überschwemmt, vielfach aufbereitet durch immer mehr Algorithmen, die alles, was sie finden, mit statistischen Modellen zu immer neuen Texten zusammenbauen, ohne jegliche Realitätskontrolle.[2]

Die wenigstens Menschen glauben, dass sie etwas ‚Falsches‘ tun, fühlen sich engagiert, sind oft voller Emotionen, die für sie Realität markieren.

‚Fake News‘ im Sinne von unfertigen oder falschen Texten sind aber — so scheint es — eher der ‚Normalfall‘, in den wir hineingeboren werden, der uns durch die Arbeitsweise unseres Gehirns — unbewusst ! — ‚angeboren‘ ist. Wenn wir keine besonderen Maßnahmen ergreifen, dann sind wir alle ohne Ausnahme jeden Tag ‚Fake News Produzenten‘, begleitet von vielen Emotionen.[3].

WISSENSCHAFT – SPIEL – THEATER ???

Wir leben in einer Welt, in der neben Wirtschaft und Wissenschaft das Theater immer noch eine gewisse gesellschaftliche (kulturelle!?) Anerkennung besitzt. ‚Spielen‘ besitzt keine gleichwertige Anerkennung, obgleich es die wichtigste allgemeine ‚Form des Lernens‘ ist, über die wir Menschen verfügen. Gibt es zwischen ‚Wissenschaft‘, ‚Theater‘ und ‚Spielen‘ einen irgendwie gearteten Zusammenhang?

‚Fake News‘, jenes Wissen, das in den Köpfen von Menschen existiert, aber keinen oder stark deformierten Zusammenhang mit der ‚realen Welt‘ besitzt, hat die Menschen von Anbeginn begleitet. Die Erkenntnis, dass ‚die Welt‘, die wir als gegeben voraussetzen, gar nicht die Welt ist, wie sie existiert, sondern zunächst mal nur die Welt, die unser Gehirn mit Hilfe unseres Körpers als Teil der realen Welt ‚in uns erzeugt‘ — für uns ‚real‘, verglichen aber mit der ‚realen Welt um uns herum (einschließlich unserer Körper) nur ‚virtuell‘ –, diese Erkenntnis ist vergleichsweise neu. In den ca. 3.5 Milliarden Jahre vor dem Auftreten des homo sapiens (unsere Lebensform) war sie noch nicht verfügbar. Und in den ca. 300.000 Jahren Geschichte des homo sapiens — also ‚unsere‘ Geschichte — beginnt sie erst in den letzten ca. 5000 Jahren ‚aufzublitzen‘, wird aber erst seit ca. 300 – 400 Jahren schrittweise systematisiert. Irgendwann nannten wir Menschen dies ‚Wissenschaft‘, ‚empirische Wissenschaft‘, die versucht, das ‚virtuelle Wissen im Kopf eines einzelnen Menschen‘ durch nachvollziehbare und reproduzierbare Experimente — zwischen Menschen — , mit der realen Welt abzugleichen. Das daraus entstandene und immer noch entstehende überprüfbare, reproduzierbare Wissen ist seitdem explodiert. Plötzlich können wir ‚in die Tiefen des Universums‘ schauen, können ‚in der Zeit rückwärts gehen‘, sogar zu den Anfängen des Lebens auf unserem Planeten, können in die ‚Tiefen der Materie‘ schauen, können in die Bausteine des Lebens schauen; nicht nur Atome und Moleküle, sondern auch in die Zellen, aus denen alle Lebensform bestehen, auch wir Menschen. Jeder einzelne Mensch besteht z.B. aus so vielen Zellen, wie 450 Galaxien im Format der Milchstraße Stern umfasst. Insgesamt gibt es auf dem kleinen blauen Planet Erde weit mehr biologische Zellen, als das bekannte Universum nach Hochrechnungen an Sternen besitzt! Anders gesagt, auf der unscheinbaren Erde hat sich im scheinbar so großen Universum eine ‚Zell-Universum‘ gebildet, das weit größer und um ein Vielfaches komplexer ist als das Universum der Sterne. Wir nennen es schlicht ‚Leben‘.

Was bedeutet dies?

Eigentlich bedeutet es sehr viel. Die sogenannten ‚heiligen Bücher‘ der Menschheit erzählen von all dem nichts. Wie auch.

Aber, was erzählen wir selbst, die wir ‚als Menschheit‘ diese — schaurig schönen — Ungeheuerlichkeiten entdeckt haben?

Die Wissenschaft als primäre ‚Akteurin‘ dieses Erkenntnisprozesses ‚verheddert sich‘ seit Jahren in ihren eigenen Datenmengen, im Sprachwirrwarr ‚zwischen den Disziplinen‘. In den Theatern dieser Welt begnügt man sich damit — täuscht der Eindruck? — , vom Abfall der täglichen Klischees zu leben (nur besser aufbereitet). Und jene Lernform, mit der alle Kinder dieser Welt ohne Lehrer und Schulen ihre Welt ‚fast von selbst‘ ‚erobern‘, die Form des ‚Spiels‘, fristet ein Schattendasein im Schlagschatten von Wissenschaft, offizieller Bildung und Theater, obgleich Menschen ein großes Bedürfnis haben, zu spielen.[4]

Im Rahmen der Hochschullehre experimentieren wir an der Frankfurt University of Applied Sciences seit Jahren mit neuen Lehrformaten, durch die die Studierenden — so die Idee — vielleicht besser erkennen können, welcher Zusammenhang zwischen dem Thema ‚Nachhaltige Entwicklung‘, der ‚Rolle der Bürger‘ und der ‚Wissenschaft‘ besteht, und wie man diese Themen für eine gemeinsame bessere Zukunft vereinen könnte. Unsere letzten Überlegungen dazu kann man im oksimo.org Blog nachlesen.[5] Bei diesen Experimenten, für die wir auf viele verschiedene ‚Instrumente‘ zurückgreifen, haben wir eher zufällig entdeckt, dass es eine starke strukturelle Ähnlichkeit zwischen dem Konzept einer ’nachhaltigen empirischen Theorie‘, dem Format ‚Spiel‘ und dem Format ‚Theaterstück‘ gibt (und vermutlich gibt es noch mehr potentielle Mitglieder dieser ‚Äquivalenzklasse‘).[6]

Aus diesen Erkenntnissen könnte man den Schluss ziehen, dass die bislang ‚harte Trennung‘ zwischen Wissenschaft (damit auch den Hochschulen), Spielen und Theater eine ‚Artefakt‘ eines kulturellen Musters ist, das noch stark in der ‚Vergangenheit‘ lebt und zu wenig in jener ‚Vor-Form von Zukunft‘, die wir brauchen, um unsere Chancen, als Menschheit auch in der ‚Zukunft‘ [7] leben zu können, zu erhöhen.

Post Script

Ich konnte diese Zeilen jetzt nur schreiben, weil ich dieses Theaterstück gesehen habe. Theaterstücke können — neben vielen anderen Aspekten –, wenn sie gut gemacht sind (dieses war gut ‚gemacht‘) , genau dieses bewirken: wie eine Art Katalysator jenes Wissen und Erleben heraus kitzeln, das uns auszeichnet. Sie müssten dann vielleicht aber auch den Mut haben und den Aufwand wagen, sich dem ‚Post Processing‘ ihrer Wirkungen zu stellen. Es geht nicht nur um das altertümliche Kunstverständnis eines esoterischen ‚Kunsterlebnisses‘; es geht sehr wohl um ‚Lernprozesse‘, an denen wir alle teilhaben sollten, um uns wechselseitig zu helfen, unser gemeinsames Dasein und mögliches Schicksal besser zu verstehen. Die im Stück apostrophierte ‚Einsamkeit‘ des einzelnen im Netzwerk der ’sozialen Medien‘, vor dem Terminal im Gespräch mit einer KI, die sollte vielleicht für Theaterbesucher nicht zwanghaft reproduziert werden. Wenn man schon erkennt, dass ‚Vereinsamung‘ ein Thema ist, dann müsste Theater sich hier vielleicht etwas ‚Moderneres‘ einfallen lassen, etwas, was dem ‚mehr Mensch sein‘ helfen könnte …

KOMMENTARE

[1] Eine kleine Liste von Science fiction Filmen (mit Kurzkommentar) findet sich hier: https://wiki.cognitiveagent.org/doku.php?id=cagent:sciencefiction

[2] Die KI-Forscher selbst sprechen hier davon, dass diese Algorithmen ‚träumen’…

[3] Demokratien sind hier besonders gefährdet, da ja alles über Mehrheiten läuft. Wenn einflussreiche Gruppen mit bestimmten Meinungsbildern die Gehirne der Bevölkerung ‚überschwemmen‘ (früher sprach man von ‚Propaganda‘ oder gar ‚Gehirnwäsche‘), dann kann man in einer Demokratie nahezu alles umsetzen, ohne zu Waffen greifen zu müssen. Und da Politiker nicht anders sind als ihre Wähler, merken viele nicht unbedingt, dass sie selbst zur Verstärkung von Fake News und ‚Zerstörung von Öffentlichkeit‘ beitragen ….(Woraus keineswegs folgt, dass Demokratien schlecht sind! Jedes tolle Instrument wirkt schlecht, wenn man es falsch bedient …)

[4] Laut statista ( https://de.statista.com/statistik/daten/studie/712928/umfrage/anzahl-der-computerspieler-in-deutschland/ ) gab es im Jahr 2020 allein in Deutschland ca. 34 Millionen Menschen, die Computerspiele machen, nicht die gezählt, die ’normale‘ Spiele spielen.

[5] Der ganze Blog widmet sich dem Thema ‚Bürgerwissenschaft 2.0‘ und ‚Nachhaltigkeit‘. Hier am Beispiel möglicher Lehrformate: https://www.oksimo.org/2022/11/04/anwendung-lehre/

[6] Siehe dazu die Überlegungen hier: https://www.oksimo.org/2022/12/14/nachhaltige-empirische-theorie-verschiedene-formate/

[7] Den wenigstens ist — so der Anschein — bewusst, dass die ‚Zukunft‘ kein ‚Objekt wie irgendein anderes‘ ist, sie ist ‚radikal unbekannt‘. Wir könne sie in ‚möglichen Umrissen‘ nur ‚erahnen‘ im Lichte eines Wissens, das ansatzweise die ‚Veränderungsdynamik‘ des Universums ‚versteht‘. Der homo sapiens als Teil der Biosphäre ist Teil dieser Veränderungsdynamik. Solange wir aber eher in ‚Fake News‘ verharren als in brauchbarem realem Wissen können wir natürlich nicht allzu viel Konstruktives tun; wir bestaunen dann nur die immer größeren Schäden, die wir auf dem Planeten, an der Biosphäre (zu der wir gehören) anrichten…. „Hier spricht KI Karl“ …

DER AUTOR

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Populismus – Kultur der Freiheit – Ein Rezept?

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild, ISSN 2365-5062, 24.März 2019
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

KONTEXT

In einem Beitrag vom 7.Februar 2019 hatte ich mir die Frage gestellt, warum sich das alltägliche Phänomen des Populismus nahezu überall in allen Kulturen, in allen Bildungsschichten — eigentlich auch zu allen Zeiten — mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit findet, die einem Angst und Bange machen kann. Und gerade in der Gegenwart scheinen wir geradezu wieder eine Hochblüte zu erleben. In diesem ersten Beitrag hatte ich einige Faktoren angesprochen, die unser normales menschliches Lern- und Sozialverhalten charakterisieren und die genügend Anhaltspunkte liefern, um eine erste ‚Erklärung‘ dafür zu geben, warum das Auftreten populistischer Tendenzen keine Überraschung ist, sondern eben genau in den Strukturen unserer personalen Strukturen als grundlegende Überlebensstrategie angelegt sind. In einem Folgebeitrag am 11.Februar 2019 habe ich diese Gedanken ein wenig weiter verfolgt. Auf die Frage, wie man der starken Verhaltenstendenz des Populismus gegensteuern könnte, habe ich versucht, anhand der Hauptfaktoren des alltäglichen Lernens und der Gruppenbildungen Ansatzpunkte zu identifizieren, die normalerweise die Bildung populistischer Meinungsbilder begünstigen bzw. deren Modifikation dem möglicherweise entgegen wirken könnte. Durch zahlreiche Gespräche und Veranstaltungen der letzten Wochen haben sich die Themen für mich weiter entwickelt bis dahin, dass auch erste Ideen erkennbar sind, wie man den starken Verhaltenstendenzen in jedem von uns möglicherweise entgegen wirken könnte. Gegen Verhaltenstendenzen zu arbeiten war und ist immer sehr herausfordernd.

POPULISMUS – Eine Nachbemerkung

Bislang wird das Thema ‚Populismus‘ in der Öffentlichkeit tendenziell immer noch wie eine ‚religiöse‘ Frage behandelt, stark versetzt mit ‚moralischen Kategorien‘ von ‚gut‘ und ‚böse‘, mit starken Abgrenzungen untereinander, vielfach fanatisch mit der Bereitschaft, diejenigen mit der ‚anderen Meinung‘ zu bekämpfen bis hin zur ‚Ausrottung‘. Diese Meinungen verknüpfen sich mit Ansprüchen auf politische Macht, oft mit autoritären Führungsstrukturen. Die Frage nach Transparenz und Wahrheit spielt keine zentrale Rolle. Und, falls man zu einer Meinungsgruppe gehört, die ‚anders‘ ist, versteht man selten, warum die einen jetzt so unbedingt von Meinung A überzeugt sind, weil man selbst doch eher B oder C favorisiert. Das verbal aufeinander Einschlagen und das Demonstrieren mit Gegenparolen ändert an den grundlegenden Meinungsunterschieden wenig; es fördert möglicherweise eher die Abgrenzung, verhärtet die Fronten.

Dies alles ist nicht neu; die vielen blutigen Religionskriege in der Vergangenheit sind nur ein Beispiel für das Phänomen gewalttätiger Populismen; viele weitere Beispiele liesen sich anführen.

Die Tatsache, dass wir heute, im Jahr 2019, nach vielen tausend Jahren Geschichte mit einer unfassbaren Blutspur hervorgebracht durch Meinungsunterschiede, verteufelnden Abgrenzungen, Schlechtreden ‚der Anderen‘, immer noch, und zwar weltweit (!), in diese Muster zurückfallen, ist ein sehr starkes Indiz dafür, dass die Ursachen für diese Verhaltensmuster tief in der menschlichen Verhaltensdynamik angelegt sein müssen. Bei aller Freiheit, die jedem biologischen System zukommt und dem Menschen insbesondere, scheint es genügend Faktoren zu geben, die die Weltbilder in den Köpfen der Menschen in einer Weise beeinflussen, dass sie im großen Maßstab Bilder von der Welt — und darin auch von den anderen und sich selbst — in ihren Köpfen mit sich herumtragen, die sie in maschinenhafte Zombies verwandeln, die sie daran hindern, die Differenziertheit der Welt wahr zu nehmen, komplexe dynamische Prozesse zu denken, mit der Vielfalt und der Dynamik von biologischem Leben, ökologischen und technischen Systemen nutzbringend für das Ganze umzugehen.

Viele kluge Leute haben dazu viele dicke Bücher geschrieben und es kann hier nicht alles ausgerollt werden.

Dennoch wäre eine sachliche Analyse des Populismus als einer starken Verhaltenstendenz äußerst wichtig als Referenzpunkt für Strategien, wie sich die Menschen quasi ‚vor sich selbst‘, nämlich vor ihrer eigenen, tief sitzenden Tendenz zum Populismus, schützen könnten.

Eine Antwort kann nur in der Richtung liegen, dass die jeweilige Gesellschaft, innerhalb deren die Menschen ihr Leben organisieren, in einer Weise gestaltet sein muss, dass sie die Tendenzen zur Vereinfachung und zur überdimensionierten Emotionalisierung im Umgang miteinander im alltäglichen Leben gegen steuern. Für eine angemessene Entwicklung der grundlegenden Freiheit, über die jeder Mensch in einer faszinierenden Weise verfügt, müssten maximale Anstrengungen unternommen werden, da die Freiheit die kostbarste Eigenschaft ist, die die Evolution des Lebens als Teil der Evolution des ganzen bekannten Universums bis heute hervorgebracht hat. Ohne die Nutzung dieser Freiheit ist eine konstruktive Gestaltung der Zukunft im Ansatz unmöglich.

KULTUR DER FREIHEIT – Eine Nachbemerkung

In dem erwähnten Beitrag vom 11.Februar 2019 hatte ich erste Gedanken vorgestellt, welche Faktoren sich aus dem Geschehen der biologischen Evolution heraus andeuten, die man berücksichtigen müsste, wollte man das Geschenk der Freiheit gemeinsam weiter zum Nutzen aller gestalten.

Neben der Dimension der Kommunikation, ohne die gar nichts geht, gibt es die fundamentale Dimension der jeweiligen Präferenzen, der ‚Bevorzugung von Zuständen/ Dingen/ Handlungen …, weil man sich von ihnen mehr verspricht als von möglichen Alternativen.

KOMMUNIKATION

Obwohl die Menschen allein in den letzten 100 Jahren viele neue Technologien entwickelt haben, die den Austausch, den Transport von Kommunikationsmaterial hinsichtlich Menge und Geschwindigkeit dramatisch gesteigert haben, ist damit das zugehörige Verstehen in den Menschen selbst nicht schneller und tiefer geworden. Die Biologie des menschlichen Körpers hat sich nicht parallel zu den verfügbaren Technologien mit entwickelt. Auf diese Weise entstehen völlig neue Belastungsphänomene: zwar kann der Mensch noch wahrnehmen, dass es immer schneller immer mehr gibt, aber diese Überflutung führt nur begrenzt zu mehr Verstehen; überwiegend macht sich heute in dieser Situation ein wachsendes Ohnmachtsgefühl breit, eine Hilflosigkeit, in der nicht erkennbar ist, wie man als einzelner damit klar kommen soll. Die gleichzeitige Zunahme von ‚falschen Nachrichten‘, ‚massenhaften Manipulationen‘ und ähnlichen Phänomenen tut ihr Übriges, um in den Menschen das Gefühl zu verstärken, dass ihnen der Boden unter den Füßen gleichsam weggezogen wird. Wenn sich dann selbst in offiziellen demokratischen Gesellschaften Politiker (und Teile der Verwaltung oder Staatstragenden Institutionen) diesem Stil des Verbergens, Mauerns, geheimer Absprachen und dergleichen mehr anzuschließen scheinen, dann gerät das gesellschaftliche Referenzsystem ganz gefährlich ins Schwimmen. Was kann der einzelne dann noch tun?


PRÄFERENZEN (WERTE)

Der andere Faktor neben der aktuell mangelhaften Kommunikation sind die Präferenzen, nach denen Menschen ihr Lernen und Handeln ordnen. Ohne irgendwelche Präferenzen geht gar nichts, steht jedes System auf der Stelle, dreht sich im Kreis.

Ein Teil unserer Präferenzen ist in unserem Verhalten angelegt als unterschiedliche starke Tendenz eher A als B zu tun. Andere Präferenzen werden innerhalb gesellschaftlicher Systeme durch Mehrheiten, privilegierten Gruppen oder irgendwelche andere Mechanismen ausgezeichnet als das, was in der jeweiligen gesellschaftlichen Gruppierung gelten soll (im Freundeskreis, in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, im Strafgesetz, in einer religiösen Vereinigung, …). Zwischen den gesellschaftlich induzierten Normen und den individuellen Verhaltenstendenzen gibt es unterschiedlich viele und unterschiedliche starke Konflikte. Ebenso wissen wir durch die Geschichte und die Gegenwart, dass es zwischen den verschiedenen gesellschaftlich induzierten Präferenzsystemen immer mehr oder weniger starke Konflikte gab, die alle Formen von möglichen Auseinandersetzungen befeuert haben: zwischen kriegerischer Totalausrottung und wirtschaftlich-kultureller Vereinnahmung findet sich alles.

Der Sinn von Präferenzen ist schlicht, dass sich Gruppen von Menschen einigen müssen, wie sie ihre Fähigkeiten am besten ordnen, um für alle einen möglichst großen Nutzen in der jeweiligen Lebenswelt zu sichern.

Der eine Bezugspunkt für diese Regeln ist die Lebenswelt selbst, die sogenannte Natur, die heute mehr und mehr von technologischen Entwicklungen zu einer Art Techno-Natur mutiert ist und — das wird gerne übersehen — zu der der Mensch gehört! Der Mensch ist nicht etwas Verschiedenes oder Getrenntes von der Natur, sondern der Mensch ist vollständig Teil der Natur. Im Menschen werden Eigenschaften der Natur sichtbar, die ein besonderes Licht auf das ‚Wesen‘ der Natur werfen können, wenn man es denn überhaupt wissen will. Der andere Bezugspunkt ist die Welt der Bilder in den Köpfen der Beteiligten. Denn was immer man in einer Lebenswelt tun will, es hängt entscheidend davon ab, was jeder der Beteiligte in seinem Kopf als Bild von der Welt, von sich selbst und von den anderen mit sich herum trägt.

An diesem Punkt vermischt sich die Präferenz-/Werte-Frage mit der Wissensfrage. Man kann beide nicht wirklich auseinander dividieren, und doch repräsentieren die Präferenzen und das Weltwissen zwei unterschiedliche Dimensionen in der Innendynamik eines jeden Menschen.

EIN EPOCHALER WENDEPUNKT?

Fasst man die bisherigen ‚Befunde‘ zusammen, dann zeichnet sich ein Bild ab, dem man eine gewisse Dramatik nicht absprechen kann:

  1. In der Kommunikationsdimension hat sich eine Asymmetrie aufgebaut, in der die Technologie die Menge und die Geschwindigkeit des Informationsmaterials in einer Weise intensiviert hat, die die biologischen Strukturen des Menschen vollständig überfordern.
  2. In der Präferenzdimension haben wir eine mehrfache Explosion im Bereich Komplexität der Lebenswelt, Komplexität der Präferenzsysteme, Komplexität der Weltbilder.
  3. Die Anforderungen an mögliche ‚praktische Lösungen‘ steigen ins ‚gefühlt Unermessliche‘, während die Kommunikationsprozesse, die verfügbaren Weltbilder und die verfügbaren Präferenzen sich immer mehr zu einem ‚gefühlten unendlichen Komplexitätsknäuel‘ verdichten
  4. Alle bekannten Wissenstechnologien aus der ‚Vergangenheit (Schulen, Bücher, Bibliotheken, empirische Wissenschaften, …) scheinen nicht mehr auszureichen. Die Defizite sind täglich immer mehr spürbar.

WAS BEDEUTET DIES FÜR EINE MÖGLICHE NEUE STRATEGIE?

Obwohl die soeben aufgelisteten Punkte nur als eine sehr grobe Charakterisierung der Problemlage aufgefasst werden können, bieten sie doch Anhaltspunkte, in welcher Richtung man suchen sollte.

Ich deute die Asymmetrie zwischen der technologisch ermöglichten Turbo-Daten-Welt und dem individuellen Gehirn mit seiner nenschentypischen Arbeitsweise als eine Aufforderung, dass man die Verstehensprozesse auf Seiten des Menschen deutlich verbessern muss. Wenn jemand über ein — bildhaft gesprochen — ‚Schwarz-Weiß‘ Bild der Welt verfügt, wo er doch ein ‚Vielfarbiges‘ Bild benötigen würde, um überhaupt wichtige Dinge erkennen zu können, dann muss man bei den Bildern selbst ansetzen. Wie kommen sie zustande? Was können wir dazu beitragen, dass jeder von uns die Bilder in den Kopf bekommt, die benötigt werden, wollen wir gemeinsame eine komplexe Aufgabe erfolgreich bewältigen? Einzelne Spezialisten reichen nicht. Ein solcher würde als Einzelgänger ‚veröden‘ oder — viel wahrscheinlicher — auf lange Sicht von der Mehrheit der anderen als ‚Verrückter‘ und ‚Unruhestifter‘ ‚ausgestoßen‘ werden.

Vom Ende her gedacht, von der praktisch erwarteten Lösung, muss es möglich sein, dass die jeweilige gesellschaftliche Gruppe in der Lage ist, gemeinsam ein Bild der Welt zu erarbeiten, das die Gruppe in die Lage versetzt, aktuelle Herausforderungen so zu lösen, dass diese Lösung noch in einem überschaubaren Zeitabschnitt (wie viele Jahre? Auch noch für die Enkel?) funktionieren. Dies schließt eine sachliche Funktion genauso ein wie die Übereinstimmung mit jenen Präferenzen, auf sich die Gruppierung zu Beginn geeinigt hat.

Die Ermöglichung hinreichend leistungsfähiger Bilder von der Welt in allen Beteiligten verlangt auf jeden Fall einen Kommunikationsprozess, bei dem alle Beteiligten aktiv mitwirken können. Nun kennen wir in demokratischen Gesellschaften heute die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligungen aus vielen politischen Bekundungen und auch von zahllosen realen Initiativen. Die reale Auswirkung auf die Politik wie auch die Qualität dieser Beteiligungen ist bislang — in meiner Wahrnehmung — nicht sehr groß, meistens sehr schlecht, und auch eher folgenlos. Diese Situation kann auch die gefühlte Ohnmacht weiter verstärken.

EINE PARALLELWELT – Bislang ungenutzt

Bei der Frage, was kann man in dieser Situation tun, kann es hilfreich sein, den Blick vom ‚alltäglichen politischen Normalgeschehen‘ mal in jene Bereiche der Gesellschaft zu lenken, in denen es — unbeachtet von der öffentlichen Aufmerksamkeit und den Mainstream-Medien — weltweit eine Gruppe von Menschen gelingt, täglich die kompliziertesten Aufgaben erfolgreich zu lösen. Diese Menschen arbeiten in Gruppen von 10 bis 10.000 (oder gar mehr), sprechen viele verschiedene Sprachen, haben ganz unterschiedliches Wissen, arbeiten parallel in verschiedenen Ländern und gar auf verschiedenen Kontinenten in unterschiedlichen Zeitzonen, und errichten riesige Bauwerke, bauen riesige Flugzeuge, Raketen, ermöglichen die Arbeit von riesigen Fabriken, bauen eine Vielzahl von Autos, bauen tausende von Kraftwerken, immer komplexere Datennetzwerke mit Rechenzentren und Kontrollstrukturen, Roboter, und vieles, vieles mehr …

Was von außen vielleicht wie Magie wirken kann, wie ein Wunder aus einer anderen Welt, entpuppt sich bei näherem Zusehen als ein organisiertes Vorgehen nach transparenten Regeln, nach eingeübten und bewährten Methoden, in denen alle Beteiligten ihr Wissen nach vereinbarten Regeln gemeinsam ‚auf den Tisch‘ legen, es in einer gemeinsamen Sprache tun, die alle verstehen; wo alles ausführlich dokumentiert ist; wo man die Sachverhalte als transparente Modelle aufbaut, die alle sehen können, die alle ausprobieren können, und wo diese Modelle — schon seit vielen Jahren — immer auch Simulierbar sind, testbar und auch ausführlich getestet werden. Das, was am Ende eines solche Prozesses der Öffentlichkeit übergeben wird, funktioniert dann genauso, wie geplant (wenn nicht Manager und Politiker aus sachfremden Motiven heraus, Druck ausüben, wichtige Regel zu verletzten, damit es schneller fertig wird und/ oder billiger wird. Unfälle mit Todesfolgen sind dann nicht auszuschließen).

Normalerweise existiert die Welt des Engineerings und die soziale und politische Alltagswelt eher getrennt nebeneinander her, wenn man sie aber miteinander verknüpft, kann sich Erstaunliches ereignen.

KOMMUNALPLANUNG UND eGAMING

Bei einem Kongress im April 2018 kam es zu einer denkwürdigen Begegnung zwischen Städteplanern und einem Informatiker der UAS Frankfurt. Aus dem Kongress ergab sich eine erste Einsicht in das Planungsproblem von Kommunen, das schon bei ‚kleinen‘ Kommunen mit ca. 15.000 Einwohner eigentlich alle bekannten Planungsmethoden überfordert. Von größeren Gebilden, geschweige denn ‚Mega-Cities‘, gar nicht zu reden.

Mehrere Gespräche, Workshops und Vorträge mit Bürgern aus verschiedenen Kommunen und Planungseinheiten von zwei größeren Städten ermöglichten dann die Formulierung eines umfassenden Projektes, das von Mai – August 2019 einen realen Testlauf dieser Ideen ermöglicht.

Aus nachfolgenden Diskussionen entstand eine erste Vision unter dem Titel Kommunalplanung und eGaming , in der versuchsweise die Methoden der Ingenieure auf das Feld der Kommunalplanung und der Beteiligung der Bürger angedacht wurde. Es entstand eine zwar noch sehr grobe, aber doch vielseitig elektrisierende Vision eines neuen Formates, wie die Weisheit der Ingenieure für die Interessen der Bürger einer Kommune nutzbar gemacht werden könnte.

REALWELT EXPERIMENT SOMMER 2019

Im Rahmen einer alle Fachbereiche übergreifenden Lehrveranstaltung haben Teams von Studierenden die Möglichkeit (i) die ingenieurmäßigen Methoden kennen zu lernen, mit denen man Fragestellungen in einer Kommune ausgehend von den Bürgern (!) analysieren kann; (ii) mit diesen Fragestellungen können dann — immer auch in Absprache mit den Bürgern — Analysemodelle erarbeitet werden, die dann — unter Klärung möglicher Veränderbarkeit — zu (interaktiven) Simulationsmodellen erweitert werden. Diese lassen sich dann (iii) mit allen Beteiligten durchspielen. Dadurch eröffnen sich Möglichkeiten des direkten ‚Erfahrungsaustausches zwischen Studierenden und Bürgern und ein gemeinsames Lernen, was die Wirklichkeit einer Stadt ist und welche Potentiale eine solche Kommune hat. Insbesondere eröffnet solch ein Vorgehen auch Einsichten in vielfältige Wechselwirkungen zwischen allen Faktoren, die ohne diese Methoden völlig unsichtbar blieben. In nachfolgenden Semestern soll noch die wichtige Orakelfunktion hinzugefügt werden.

Parallel zum Vorlesungsgeschehen bereitet ein eigenes Software-Team eine erste Demonstrationssoftware vor, mit der man erste Analysemodelle und Simulationsmodelle erstellen kann, um — auch interaktive — Simulationen vornehmen zu können. Wenn alles klappt, würde diese Juni/ Juli zur Verfügung stehen.

AUSBLICK

Vereinfachend — und vielleicht auch ein wenig überspitzt polemisch — ausgedrückt, kann man sagen, dass in diesem Projekt (vorläufige Abkürzung: KOMeGA) das Verhältnis zwischen Menschen und digitaler Technologie umgekehrt wird: während bislang die Menschen mehr und mehr nur dazu missbraucht werden, anonyme Algorithmen zu füttern, die globalen Interessen dienen, die nicht die des einzelnen Bürgers sind, wird hier die Technik den Interessen der Bürger vollständig untergeordnet. Die Technologie hat einzig die Aufgabe, den Bürgern zu helfen ihr gemeinsames Wissen über die Kommune :

  • zu klären
  • sichtbar zu machen
  • auszuarbeiten
  • durch zuspielen
  • zu verbessern
  • nach Regeln, die die Bürger selbst formulieren
  • für alle transparent
  • jederzeit änderbar
  • rund um die Uhr über das Smartphone abrufbar
The power of the future is your freedom … breaking the chains of the colonization of your mind …

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ZUR ENTDECKUNG DER VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT IN DER GEGENWART. Zwischenbemerkung

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062, 10.Dez. 2017
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: cagent
Email: cagent@cognitiveagent.org

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IDEE

Wenn man gedanklich in komplexen Strukturen unterwegs ist, kann es bisweilen helfen, sich zwischen drin bewusst zu machen, wo man gerade steht,
worum es eigentlich geht. Dies ist so ein Moment.

I. BILDERFLUT AUS MÖGLICHKEIT

Wir leben in einer Zeit, wo die Technik die
Möglichkeit eröffnet hat, Bilder zu erschaffen, die
mehr oder weniger alles zum Gegenstand haben, auch
Unsinniges, Idiotisches, reinste Fantasien, explizite
Lügen, Verleumdungen, … und für einen normalen homo
sapiens, der – bei intaktem Sehvermögen – primär ein
visuell orientiertes Lebewesen ist, führt diese Bilderflut
dazu, dass die wahre Realität sich immer mehr auflöst
in dieser Bildersuppe. Selbst wenn die Bilder noch als
Science Fiction, Fantasy, Crime, … gelabelt werden, im
Gehirn entsteht eine Bildersuppe, wo sich wahres Reales
mit Irrealem zu einem Gebräu mischt, das den Besitzer
dieses Gehirns in einen Dauerzustand der zunehmenden
Desorientierung versetzt. Der einzelne Bildproduzent
mag vielleicht sogar redliche Absichten haben, aber die
Masse der irrealen Bilder folgt ihren eigenen Gesetzen.
Das einzelne Gehirn verliert Orientierungsmarken.
Die Bereitschaft und Neigung von Menschen aller
Bildungsschichten selbst mit Doktortiteln (!), beliebig
wirre populistische, fundamentalistische oder esoterische
Anschauungen über die Welt als ’wahr’ zu übernehmen,
ist manifest und erschreckend. Wenn die grundlegenden
Wahrheitsfähigkeit von Menschen versagt, weil das
Gehirn über zu wenig verlässlich Ankerpunkte in der
Realität verfügt, dann ist alles möglich. Ein alter Lehrsatz
aus der Logik besagt: Aus Falschem folgt alles.

More than Noise – But What?

II. RÜCKERINNERUNG AN DIE WAHRHEIT

In einem vorausgehenden – eher grundlegenden –
Blogeintrag sind jene elementaren Grundstrukturen angesprochen worden, durch die jeder homo sapiens eine elementare Wahrheitsfähigkeit besitzt, auch in
Kommunikation und Kooperation mit anderen.
Aus diesem Text geht hervor, dass es grundsätzlich
möglich ist, dass dies aber kein Selbstgänger ist,
keinen Automatismus darstellt. Das Gelingen von
Wahrheit erfordert höchste Konzentration, erfordert
kontinuierliche Anstrengung, und vor allem auch das
Zusammenspiel vieler Faktoren. Moderne Demokratien
mit einer funktionierenden Öffentlichkeit, mit einem
ausgebauten Bildungs- und Forschungssystem kommen
diesen wissenschaftsphilosophischen Anforderungen
bislang am nächsten.

Wer die Bedeutung dieser Mechanismen zur
Voraussetzung von Wahrheit kennt und sich die
reale Welt anschaut, der kann weltweit eine
starke Rückentwicklung dieser Strukturen und
Prozesse beobachten, eine weltweite Regression
von Wahrheitsprozessen. Die Folgen sind schon jetzt
katastrophal und werden sich eher verstärken. Den Preis
werden letztlich alle zahlen. Wer glaubt, man könne sich
in einem Teilprozess isolieren, der täuscht sich.
Allerdings, im Fall der Wahrheit gelten andere Regel
als rein physikalische: Wahrheit selbst ist ein nicht-
physikalisch beschreibbares Phänomen. Es entstand
gegen alle Physik, es entstand auf eine Weise, die wir
bislang noch nicht richtig verstehen, und es macht im
Ansatz alle zu Verlierern, die sich außerhalb stellen.
Genauso irrational, wie sich weltweit eine Regression
von Wahrheit ereignen kann – und aktuell ereignet –,
genauso bizarr ist zugleich, warum so viele Mächtige
solch eine ungeheure Angst vor Wahrheit haben
(schon immer). Warum eigentlich? Warum gibt es
diesen ungeheuren Drang dazu, andere Menschen
zu kontrollieren, Ihnen Meinungen und Verhalten
vorzuschreiben, Algorithmen zu entwickeln, die die
Menschen in Richtungen leiten sollen, die schon falsch
sind, als sie ausgedacht wurden?

Solange es nur einen einzigen Menschen auf dem
Planet Erde gibt, so lange gibt es die Chance für
Wahrheit. Und so lange es die Chance für Wahrheit gibt,
muss jeder, der Wahrheit verrät, unterdrückt, verleugnet
sich als Verräter sehen, als Feind des Lebens.

More Beyond Noise – How Far away? Which kind of Distance?

III. UNIVERSUM – ERDE – LEBEN

Wenn man zu ahnen beginnt, wie kostbar Wahrheit
ist, wie schwierig sie zu gewinnen ist, und wenn man
weiß, wie viele Milliarden Jahre das Leben auf der
Erde gebraucht hat, um wahrheitsfähig zu werden, auch
noch in den späten Phase der Lebensform homo bzw.
dann des homo sapiens, dann kann man umgekehrt
zu einer geradezu andächtigen Haltung finden, wenn
man sich anschaut, was die modernen experimentellen
Wissenschaften im Laufe der letzten Jahrhundert, sogar
erst in den letzten Jahrzehnten (!!!) alles offenlegen
konnten.

Man bedenke, was wir primär wahrnehmen, das
ist Gegenwart, und die unfassbaren Blicke zurück in
die Vergangenheit der Evolution des Lebens und des
Universums (und möglicher weiterer Universen) liegen
nicht auf der Straße! Die Gegenwart ist Gegenwart und
ihr, der Gegenwart, Hinweise auf eine Zeit davor zu
entlocken, das war – und ist – eine der größten geistigen
Leistungen des homo sapiens.

Die Vergangenheit kann sich ja niemals direkt zeigen,
sondern immer nur dann, wenn eine bestimmte Zeit
mit ihren Strukturen und Prozessen Artefakte erzeugt
hat, die im Fluss der Zeit dann später als Spuren,
Hinweise, vorkommen, die ein Lebewesen dieser neuen
Gegenwart dann auch als Hinweise auf eine andere Zeit
erkennt.

So hat die Geologie irgendwann bemerkt, dass die
verschiedenen Gesteinsschichten möglicherweise
Ablagerungen aus vorausgehenden Zeiten sind.
Entsprechend haben die Biologen aus Versteinerungen
auf biologische Lebensformen schließen können,
die ’früher einmal’ gelebt hatten, heute aber nicht
mehr oder, heute auch, aber eventuell verändert. Die
Physik entdeckte, dass aufgrund der unterschiedlichen
Leuchtkraft gleicher Sternphänomene große Entfernungen im Universum anzunehmen sind, und mit der Fixierung der Geschwindigkeit des Lichts konnte
man auch auf Zeiten schließen, aus denen dieses Licht
gekommen sein muss: man war plötzlich bei vielen
Milliarden Jahren vor der Gegenwart.
Diese wenigen und vereinfachten Beispiele können
andeuten, dass und wie in der Gegenwart Zeichen einer
Vergangenheit aufleuchten können, die unsere inneren
Augen des Verstehens in die Lage versetzen, die scheinbare Absolutheit der Gegenwart zu überwinden und langsam zu begreifen, dass die Gegenwart nur
ein Moment in einer langen, sehr langen Kette von
Momenten ist, und dass es Muster zu geben scheint,
Regeln, Gesetze, Dynamiken, die man beschreiben
kann, die ansatzweise verstehbar machen, warum dies
alles heute ist, wie es ist.

Es versteht sich von selbst, dass diese unfassbaren
Erkenntnisleistungen der letzten Jahrzehnte nicht nur
möglich wurden, weil der Mensch qua Mensch über
eine grundlegende Wahrheitsfähigkeit verfügt, sondern
weil der Mensch im Laufe der letzten Jahrtausende
vielerlei Techniken, Abläufe ausgebildet hat, die ihm
bei diesen Erkenntnisprozessen unterstützen. Man
findet sie im technischen Bereich (Messgeräte, Computer,
Datenbanken, Produktionsprozesse, Materialtechniken, …..), im institutionellen Training
(langwierige Bildungsprozesse mit immer feineren
Spezialisierungen), in staatlichen Förderbereichen, aber
auch – und vielleicht vor allem! – in einer Verbesserung
der Denktechniken, und hier am wichtigsten die
Ausbildung leistungsfähiger formaler Sprachen in vielen
Bereichen, zentral die Entwicklung der modernen
Mathematik. Ohne die moderne Mathematik und formale
Logik wäre fast nichts von all dem möglich geworden,
was moderne Wissenschaft ausmacht.

Wenn man um die zentrale Rolle der modernen
Mathematik weiß und dann sieht, welche geringe Wertschätzung Mathematik sowohl im
Ausbildungssystem wie in der gesamten Kultur einer
Gesellschaft (auch in Deutschland) genießt, dann kann
man auch hier sehr wohl von einem Teilaspekt der
allgemeinen Regression von Wahrheit sprechen.(Anmerkung: Es wäre mal eine interessante empirische Untersuchung, wie viel
Prozent einer Bevölkerung überhaupt weiß, was Mathematik ist. Leider
muss man feststellen, dass das, was in den Schulen als Mathematik
verkauft wird, oft nicht viel mit Mathematik zu tun hat, sondern mit
irgendwelchen Rechenvorschriften, wie man Zeichen manipuliert, die
man Zahlen nennt. Immerhin, mehr als Nichts.)

Im Zusammenspiel von grundlegender Wahrheitsfähigkeit, eingebettet in komplexe institutionelle Lernprozesse, angereichert mit wissensdienlichen
Technologien, haben die modernen experimentellen
Wissenschaften es also geschafft, durch immer
komplexere Beschreibungen der Phänomene und ihrer
Dynamiken in Form von Modellen bzw. Theorien, den
Gang der Vergangenheit bis zum Heute ansatzweise
plausibel zu machen, sondern auf der Basis dieser
Modelle/ Theorien wurde es auch möglich, ansatzweise
wissenschaftlich begründete Vermutungen über die
Zukunft anzustellen.

In einfachen Fällen, bei wenigen beteiligten Faktoren
mit wenigen internen Freiheitsgraden und für einen
begrenzten Zeithorizont kann man solche Vermutungen ü̈ber die Zukunft (kühn auch Prognosen genannt), einigermaßen überprüfen. Je größer die Zahl der
beteiligten Faktoren, je mehr innere Freiheitsgrade, je
weitreichender der Zeitrahmen, um so schwieriger wir
solch eine Prognose. So erscheint die Berechnung des
Zeitpunktes, ab wann die Aufblähung unserer Sonne
aufgrund von Fusionsprozessen ein biologisches Leben
auf der Erde unmöglich machen wird, relativ sicher
voraussagbar, das Verhalten eines einfachen Tieres in
einer Umgebung über mehr als 24 Stunden dagegen ist
schon fast unmöglich.

Dies kann uns daran erinnern, dass wir es in der
Gegenwart mit sehr unterschiedlichen Systemen zu
tun haben. Das Universum (oder vielleicht sogar die
Universen) mag komplex sein, aber es erweist sich
bislang als grundsätzlich verstehbar, ebenfalls z.B. die
geologischen Prozesse auf unserem Heimatplaneten
Erde; das, was die Biologen Leben nennen, also
biologisches Leben, entzieht sich aber den bekannten
physikalischen Kategorien. Wir haben es hier mit
Dynamiken zu tun, die irgendwie anders sind, ohne dass
es bislang gelingt, diese spezifische Andersheit adäquat
zu erklären.

Life is Energy…

IV. KOGNITIVER BLINDER FLECK

Eine Besonderheit des Gegenstandsbereiches
biologisches Leben ist, dass diejenigen, die es
untersuchen, selbst Teil des Gegenstandes sind.
Die biologischen Forscher, die Biologen – wie überhaupt
alle Forscher dieser Welt – sind selbst ja auch Teil
des Biologischen. Als Exemplare der Lebensform
homo sapiens sind sie ganz klar einer Lebensform
zugeordnet, die ihre eigene typische Geschichte hat,
die sich als homo sapiens ca. 200.000 Jahre entwickelt
hat mit einer Inkubationszeit von ca. 100.000 Jahren, in
denen sich verschiedene ältere Menschenformen verteilt
über ganz Afrika partiell miteinander vermischt haben.
Nach neuesten Erkenntnissen hat dann jener Teil, der
dann vor ca. 60.000/ 70.000 Jahren aus Ostafrika
ausgewandert ist, einige tausend Jahre mit den damals
schon aussterbenden Neandertalern im Gebiet des
heutigen Israel friedlich zusammen gelebt, was durch
Vermischungen dann einige Prozent Neandertaler-Gene
im Genom des homo sapiens hinterließ, und zwar bei
allen Menschen auf der heutigen Welt, die gemessen
wurden.

Die Tatsache, dass die erforschenden Biologen selbst
Teil dessen sind, was sie erforschen, muss nicht per
se ein Problem sein. Es kann aber zu einem Problem
werden, wenn die Biologen Methoden zur Untersuchung
des Phänomens biologisches Leben anwenden, die
für Gegenstandsbereiche entwickelt wurden, die keine
biologischen Gegenstände sind.

In der modernen Biologie wurden bislang sehr
viele grundlegende Methoden angewendet, die
unterschiedlichste Teilbereiche zu erklären scheinen: In
Kooperation mit der Geologie konnte man verschiedenen
Phasen der Erde identifizieren, Bodenbeschaffenheiten,
Klima, Magnetfeld, und vieles mehr. In Kooperation
mit Physik, Chemie und Genetik konnten die
Feinstrukturen von Zellen erfasst werden, ihre
Dynamiken, ihre Wechselwirkungen mit den jeweiligen
Umgebungen, Vererbungsprozesse, Generierung neuer
genetischer Strukturen und vieles mehr. Der immer
komplexere Körperbau konnte von seinen physikalisch-
mechanischen wie auch chemischen Besonderheiten her
immer mehr entschlüsselt werden. Die Physiologie half,
die sich entwickelnden Nervensysteme zu analysieren,
sie in ihrer Wechselwirkung mit dem Organismus
ansatzweise zu verstehen. und vieles mehr.

Die sehr entwickelten Lebensformen, speziell dann
der homo sapiens, zeigen aber dann Dynamiken, die
sich den bisher bekannten und genutzten Methoden
entziehen. Die grundlegende Wahrheitsfähigkeit des
homo sapiens, eingebunden in grundlegende Fähigkeit
zur symbolischen Sprache, zu komplexen Kooperation,
zu komplexen Weltbildern, dies konstituiert Phänomene
einer neuen Qualität. Der biologische Gegenstand homo
sapiens ist ein Gegenstand, der sich selbst erklären
kann, und in dem Maße, wie er sich selbst erklärt,
fängt er an, sich auf eine neue, bis dahin biologisch
unbekannte Weise, zu verändern.

Traditioneller Weise gab es in den letzten
Jahrtausenden spezielle Erklärungsmodelle zum
Phänomen der Geistigkeit des homo sapiens, die
man – vereinfachend – unter dem Begriff klassisch-
philosophische Erklärung zusammen fassen kann.
Dieses Erklärungsmodell beginnt im Subjektiven und
hat immer versucht, die gesamte Wirklichkeit aus der
Perspektive des Subjektiven zu erklären.

Die Werke der großen Philosophen – beginnend
mit den Griechen – sind denkerische Großtaten,
die bis heute beeindrucken können. Sie leiden
allerdings alle an der Tatsache, dass man aus der
Perspektive des Subjektiven heraus von vornherein
auf wichtige grundlegende Erkenntnisse verzichtet
hatte (in einer Art methodischen Selbstbeschränkung,
analog der methodischen Selbstbeschränkung der
modernen experimentellen Wissenschaften). Das,
was diese subjekt-basierte und subjekt-orientierte
Philosophie im Laufe der Jahrtausende bislang erkannt
hat, wird dadurch nicht falsch, aber es leidet daran,
dass es nur einen Ausschnitt beschreibt ohne seine
Fundierungsprozesse.

Eigentlich ist das Subjektive (oder das ’Geistige’,
wie die philosophische Tradition gerne sagt) das
schwierigste Phänomen für die moderne Wissenschaft, das provozierendste, aber durch die frühzeitige Selbstbeschränkung der Biologie auf die bisherigen
Methoden und zugleich durch die Selbstbeschränkung
der klassischen Philosophie auf das Subjektive wird
das Phänomen des Lebens seiner Radikalität beraubt.
Es wird sozusagen schon in einer Vor-Verabredung der
Wissenschaften entmündigt.

In einem Folgeartikel sollte dieser blinde Fleck der
Wissenschaften in Verabredung mit der Philosophie
nochmals direkt adressiert werden, etwa: Das Subjektive
im Universum: Maximaler Störfall oder Sichtbarwerdung
von etwas radikal Neuem?

KONTEXT BLOG

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DAS NEUE ALS PROBLEM DER WAHRHEIT – Zwischenbemerkung

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Überblick

Im Spannungsfeld zwischen intelligenten Maschinen und dem Menschen entwickelt sich das Bild vom Menschen in jede Richtung als atemberaubend. Hier eine kurze Werkstattnotiz beim Versuch, dies alles weiter zu denken. Hier der Punkt ’Wahrheit und Neues’.

           II. KONTEXT

Seit einiger Zeit fokussieren sich die Themen bei cagent ja auf die beiden Pole intelligente Maschinen einerseits und Menschenbild andererseits. Beides beeinflusst sich im täglichen Leben gegenseitig.

Während die Position der ’intelligenten Maschinen’ trotz aller methodischen Probleme der aktuellen Künstlichen Intelligenz Forschung – letztlich leicht abgrenzbar und überschaubar ist [(1) Anmerkung: Im Grundsätzlichen, nicht was die schier unübersehbare Fülle der Publikationen betrifft, einschließlich der Software.], erweist sich dasThema Menschenbild als umso differenzierter und komplexer, je mehr man hinschaut.

Das eine Segment des Menschenbildes repräsentieren die neuen empirischen Erkenntnisse innerhalb der Disziplinen Psychologie, Biologie (inklusive Gehirnforschung), Molekularbiologie, und Astrobiologie. Ein anderes Segment repräsentieren die Wissenschaften zum Verhalten des Menschen in historisch-kultureller Sicht. Zur Kultur rechne ich hier auch Formen des Wirtschaftens (Ökonomie), Formen der Technologie, Formen politischer Strukturen, Formen des Rechts, usw.

Sowohl die empirischen Disziplinen haben unser Wissen um den Menschen als Teil des biologischen Lebens explodieren lassen, aber auch die historisch-kulturellen Erkenntnisse. Das Eigenschaftswort atemberaubend’ ist eigentlich noch eine Untertreibung für das Gesamtbild, das sich hier andeutet.

Was bislang aber nicht – noch nicht – stattfindet, das ist eine Verknüpfung der empirischen Erkenntnisse mit den historisch-kulturellen Einsichten. Für diese Trennung gibt es sicher viele Gründe, aber letztlich kann es keine wirkliche Rechtfertigung für diese anhaltende Spaltung des Denkens geben. Das historisch-kulturelle Phänomen mit dem homo sapiens als Kernakteur ist letztlich nur möglich und verstehbar unter Voraussetzung  der empirisch erkannten Strukturen und – das wird mit dem Wort von der ’Koevolution’ bislang nur sehr schwach thematisiert – die im Historisch-Kulturellen auftretenden Phänomene sind nicht nur irgendwie Teile der biologischen Evolution’, sondern sie sind wesentliches Moment an dieser. Von daher erscheint jeder Versuch, von biologischer Evolution zu sprechen, ohne das Historisch-Kulturelle einzubeziehen, im Ansatz als  ein methodischer Fehler.

In einem längeren Artikel für ein deutschlandweites Presseorgan hatte cagent versuchsweise das Verhältnis zwischen dem Konzept der ’Künstlichen Intelligenz’ und dem ’Glauben an Gott’ ausgelotet [(2) Anmerkung: Demnächst auch hier im Blog in einer erweiterten Fassung.]  Der Begriff Glaube an Gott’ ist natürlich vom Ansatz her vieldeutig, vielschichtig, abhängig vom jeweiligen Betrachter, seinem Ort, seiner Zeit. In dem Beitrag hat cagent das Thema ’Glauben an Gott’ am Beispiel der jüdisch-christlichen Überlieferungsbasis, der Bibel, diskutiert [(3) Anmerkung: Beispiele für Übersetzungen sind einmal die deutsche ökumenische Einheitsübersetzung [BB81], die griechische Version des Alten Testamentes bekannt als Septuaginta (LXX) [Rah35], sowie eine Ausgabe in hebräischer Sprache [KKAE66]. Es gibt auch noch die berühmte lateinische Ausgabe bekannt als ’Vulgata’ [Tvv05] (Als online-Ausgabe hier http://www.wilbourhall.org/pdfs/vulgate.pdf).]

Da die Bibel selbst eine Art ’Überlieferungsmonster’ darstellt, das sich aus einer viele Jahrhunderte andauernden mündlichen Überlieferungsphase speist, die dann ca. zwischen -700 und +200 verschriftlicht wurde, um dann weitere Jahrhunderte zu brauchen, um zu fixierten Textsammlungen zu führen [(4) Anmerkung: Siehe dazu z.B. [ZO98].]  konnte die Diskussion natürlich nur exemplarisch geführt werden. Dazu bot sich das erste Buch des alten Testaments an, das als Buch ’Genesis’ bekannt ist. In den ersten 11 Kapiteln trifft der Leser auf eine Textfolge, die offensichtlich vorschriftliche Traditionsquellen verarbeitet haben. Das Besondere an den Stoffen ist ihre globale Sicht: es geht um die Welt als ganze, um die Menschheit, um ein sehr ursprüngliches Verhältnis der Menschen zu einem X genannt ’Gott’, und diese Stoffe finden sich in ganz vielen Kulturen des mittleren Ostens, Afrikas, und Indiens. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird weitere Forschung noch mehr Parallelen in noch vielen anderen Kulturen finden (oder hat sie bereits gefunden; cagent ist kein Spezialist für vergleichende Kulturgeschichte).

Was sich unter dem Strich in all diesen wunderbaren Zeugnissen menschlichen Handelns, Verstehens und Schreibens zeigt, das ist das Ringen des Menschen, seine jeweils aktuelle Sichten der Welt mit all der aufbrechenden Vielfalt des Lebens irgendwie zu versöhnen’. Dies führt zu der angekündigten Zwischenbemerkung.

II. WAHRHEIT UND NEUES

Im Zeitalter der Fake-News kann man den Eindruck gewinnen, dass ein Begriff wie Wahrheit sehr ausgehöhlt wirkt und von daher weder die Rolle von Wahrheit noch die mit der Wahrheit einhergehende Dramatik  überhaupt wahrgenommen,  geschweige denn erkannt wird.

Es gibt viele Gründe in der Gegenwart, warum selbst angestammte Bereiche der Wahrheit wie die empirischen Wissenschaften Erosionserscheinungen aufweisen; von anderen Bereichen ganz zu schweigen. Dennoch können all diese Verformungen und Entartungen nicht gänzlich darüber hinwegtäuschen, dass – selbst wenn traditionelle Wahrheits-Begriffe möglicherweise korrigiert, adjustiert werden müssen (im öffentlichen Bewusstsein) die grundlegenden Sachverhalte der Übereinstimmung unseres virtuellen Denkens mit einer jenseits dieses Denkens unterstellten objektiven Wirklichkeit weiterhin von grundlegender Bedeutung und lebenswichtig sind.

Jenseits aller allgemein philosophischen und speziell wissenschaftsphilosophischen Überlegungen zu Wahrheit’ weiß jeder einzelne, dass er in seinem Alltag nicht weit kommt, wenn das, was er persönlich von der Welt zu wissen glaubt, nicht zutrifft. Nach dem Aufwachen folgen viele, viele Stunden von Verhaltensweisen, die sich beständig dadurch speisen, dass man Wissen über eine Welt hat, die sich in den konkreten Handlungen dann auch bestätigen. Das ist unser primärer, alltäglicher Wahrheitsbegriff: Es verhält sich im Handeln so, wie wir in unserem Denken annehmen.

Zu dieser Alltagserfahrung gehört auch, dass wir uns manchmal irren: wir haben im Kopf einen Termin, der aber z.B. Tage, Zeiten, Orte verwechselt. Wir wollen einen Gegenstand mitnehmen, und er ist nicht dort, wo wir ihn erinnern. Wir fahren einen Weg, und stellen plötzlich fest, wir sind an einem Ort, der nicht wirklich zu unserer Zielvorstellung passt; usw.

Alle diese Irrtumserfahrungen lassen uns aber nicht grundsätzlich an unserer Fähigkeit zweifeln, dass wir ein handlungstaugliches Bild von der Welt haben können. Dieses Bild, sofern es funktioniert, nennen wir wahr.

Von anderen Menschen erfahren wir gelegentlich, dass sie die Orientierung im Alltag verloren haben. Ärzte sagen uns, dass diese Menschen ’krank’ seien, dass ihre Psyche oder/ und ihr Gehirn beschädigt sei. Das haken wir dann ab als mögliche Störungen, die vorkommen können; das tangiert dann aber nicht unbedingt unsere eigene Überzeugung, dass wir Wahrheitsfähig sind.

Hier gibt es nun einen (natürlich gäbe es sehr viele) interessanten Punkt: wenn wir die Wahrheit über die Handlungstauglichkeit definieren, die eine Art von Übereinstimmung zwischen Wissen/ Denken und der erfahrbaren Welt (einschließlich des eigenen Körpers) beinhaltet, wie gehen wir dann mit Neuem um?

Neues’ definiert sich ja gerade dadurch, dass es mit dem bisher Bekannten nichts oder nur wenig zu tun hat. Wirklich ’Neues’ lässt ein Stück Wirklichkeit aufbrechen, das wir so bislang nicht kennen.

Historisch und psychologisch können wir bei uns Menschen eine gewisse Tendenz erkennen, uns eher im Bekannten einzurichten, da dies überschaubar und berechenbar ist. Je mehr Vorteile ein Mensch aus einer bestimmten gegebenen Situation zieht, je mehr Sicherheit er mit ihr verbindet, umso weniger ist der Mensch geneigt, die Situation zu verändern oder sie zu verlassen. Je schlechter es Menschen geht, umso eher sind sie bereit, das Bekannte zu verlassen, denn es kann möglicherweise nur noch besser werden. Aber auch die Wissenschaft kennt solche Beharrungstendenzen. In allen Bereichen findet man eine große Zähigkeit, erworbene Anschauungen über Jahrhunderte zu tradieren, auch wenn schon längst klar ist, dass diese Anschauungen ’vorne und hinten’ nicht so wirklich passen. Im Grunde genommen ist die gesamte Geschichte eine Geschichte des Kampfes zwischen den beharrenden Anschauungen und den Abweichlern’ (politisch, moralisch, religiös, künstlerisch, )

Wenn man sich dann klar macht, dass das biologische Leben (soweit wir es heute verstehen können) im innersten Kern einen Generator für Neues fest eingebaut hat, wenn wir wissen, wie jedes einzelne Lebewesen über Zeugung, Geburt, älter werden, Sterben kontinuierlichen Wandlungsprozessen unterworfen ist; wenn wir wissen, dass die Erde, auf der wir leben, beständig massiven Veränderungen unterliegt, dazu das Sonnensystem, unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, das ganze bekannte Universum, … dann müsste eigentlich klar sein, dass das Neue eigentlich der wichtigste Rohstoff des Wissens und des Handelns und aller kulturellen Systeme sein müsste. Genau das Gegenteil scheint aber bislang der Fall zu sein. Firmen kennen zwar das Problem der Innovation, um am Markt überleben zu können; im militärischen Bereich gibt es einen Innovationsdruck aufgrund unterstellter (oder auch realer) Konkurrenz um die Macht; die Unterhaltungsindustrie kommt nicht ohne Innovationen aus; und dennoch, die offizielle Kultur, die offiziellen Erziehungsprozesse sind nicht auf eine Kultur des Neuen ausgerichtet. Offizielle Literatur verdaut Vergangenheit, Gegenwart und Unmengen an subjektiven Gefühlen, nur in den kulturell eher immer noch geächteten Science- Fiction Werken blitzt Neues auf, Verarbeitung möglicher Zukunft, Auseinandersetzung zwischen Heute und Morgen, Auseinandersetzung zwischen Natur, Technik und Geist.

In einem vorausgehenden Eintrag   hatte cagent über Offenbarung geschrieben, nicht als Kategorie der Religionen, sondern vorab zu allen Religionen als Grundkategorie des menschlichen In-Der-Welt-Seins. Das hier angesprochene Neue ist ein Aspekt dieser grundlegenden Kategorie der Offenbarung als Weise, wie wir Menschen uns in dieser Welt vorfinden. Wir sind in jedem Moment vollständig in jeder Hinsicht einer Wirklichkeit ausgesetzt, die uns in jeder Hinsicht übersteigt in ihren Möglichkeiten. Unser Körper ist Teil dieser vorfindlichen Wirklichkeit und wer kann behaupten, dass wir die 5-10 Billionen (10^12) Zellen eines einzelnen homo-sapiens-Körpers wirklich verstehen? Unser Gehirn ist Teil davon und wer kann schon behaupten, er verstehe sein eigenes Gehirn, geschweige denn sein eigenes Denken? Und dies ist ja nur ein winziger Bruchteil jener Wirklichkeit, in der wir uns vorfinden.

Wer das Neue scheut, ist im realen Leben noch nicht angekommen. Was aus all dem folgt, ist natürlich entsprechend offen. Das mag niemand, es sei denn …

QUELLEN

  • [BB81] Katholisches Bibelwerk and Deutsche Bibelgesellschaft. Die Heilige Schrift. Einheitsübersetzung. Verlag Katholisches Bibelwerk & Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart, 1981.
  • [KKAE66] Rudolg Kittel, P. Kahle, A. Alt, and O. Eissfeldt. Biblia Hebraica. Würthembergische Bibelanstalt, Stuttgart, 7.Aufl., 1966.
  • [Rah35] Alfred Rahlfs. Septuaginta. Würthembergische Bibelanstalt, Stuttgart, 9.Aufl., 1935.
  • [Tvv05] Michaele Tvveedale, editor. BIBLIA SACRA JUXTA VULGATAM CLEMENTINAM. Bishops’ Conference of England and Wales, London (UK), Elektronische Ausgabe, 2005.
  • [ZO98] Erich Zenger et.al.. Einleitung in das Alte Testament. W.Kohlhammer, Stuttgart, 3.Aufl., 1998.

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KOSMOLOGIE UND DER GLAUBE AN GOTT. Anmerkungen zu einem Artikel von A.Fink

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Zusammenfassung

Ausgehend von einem Artikel von A.Fink werden hier einige Gedanken geäußert, die sich auf die Art und Weise beziehen, wie der Begriff Gott in diesem Artikel benutzt wird. Dies reicht bis hin zu den Grundannahmen unseres menschlichen Erkennens.

I. Kontext

Durch einen Hinweis wurde ich aufmerksam auf den Artikel von Alexander Fink (2017) [Fink:2017] zur Themenstellung Kosmologie und der Glaube an Gott. Diese Themenstellung, geschrieben aus einer christlichen Perspektive, erscheint mir interessant, da im Kontext dieses Blogs das Verhältnis von Philosophie und Wissenschaft zur Debatte steht, hierin speziell fokussiert auf die Frage der möglichen Symbiose von Menschen und intelligenten Maschinen in der Zukunft. Während das Konzept intelligente Maschine vergleichsweise einfach erscheint, bietet das Konzept Mensch unfassbar viele komplexe Fragestellungen. Unter anderem auch deswegen, da wir heute immer mehr zu erkennen meinen, dass der heutige Mensch das Ergebnis einer komplexen Entstehungsgeschichte ist, sowohl des Universums als ganzem wie auch der komplexen Evolution des Lebens innerhalb der Entwicklung des Universums. Seit dem Auftreten des Menschen als homo sapiens hat der Mensch immer komplexere Umgebungen geschaffen, zu denen neben Weltbildern zur Weltdeutung neuerdings auch intelligente Maschinen gehören, die seine selbst geschaffene Umwelt weiter anreichern.

Im Bereich der Weltbilder wird heute im Bereich der Wissenschaften gewöhnlich unterschieden zwischen sogenannten wissenschaftlichen Bildern der Welt — wissenschaftliche Theorie genannt — und solchen Überzeugungen, die Menschen in ihrem Alltag zwar auch benutzen, die aber nach den methodischen Prinzipien der empirischen Wissenschaften nicht als überprüfbar gelten. Daraus muss allerdings nicht denknotwendig folgen, dass diese Überzeugungen im nicht-wissenschaftlichen Format von vornherein falsch sind.

Ein prominenter Bereich solcher im Alltag verhafteter Überzeugungen ohne eine direkte wissenschaftliche Unterstützung ist der Bereich der religiösen Überzeugungen und der religiösen Erfahrungen, hier speziell die Auffassung, dass die bekannte Wirklichkeit auf ein — letztlich nicht genau beschreibbares — höheres Wesen zurückgeht, das mit unterschiedlichsten Namen Gott genannt wird. [Anmerkung: An dieser Stelle die Wortmarke ‚Gott‘ zu benutzen ist ein eher hilfloses Unterfangen, da in den verschiedensten Religionen und Kulturen ganz verschiedene Wortmarken benutzt werden, von denen nicht ohne weiteres klar ist, was sie meinen und ob sie von daher miteinander überhaupt vergleichbar sind. Die großen religionswissenschaftlichen Untersuchungen legen allerdings die Hypothese nahe, dass zumindest die großen Religionen wie Hinduismus, Buddhismus, Judentum, Christentum und Islam (mit jeweils vielen Spielarten) letztlich einen gemeinsamen Gottesbegriff haben, sofern es darum geht, wie in diesen Religionen Gott von den einzelnen Menschen erfahren wird. Im Glauben versuchen jene Menschen, die sich ‚Gläubige‘ nennen, diesem höchsten Wesen ‚Gott‘ Rechnung zu tragen, im Alltag und speziell im Lichte wissenschaftlicher Überzeugungen ist dann oft wenig oder gar nicht klar, wie sich denn die bekannte Wirklichkeit (einschließlich des Menschen selbst) zu dem höchsten Wesen des Glaubens verhält.]

An dieser Stelle versucht der Artikel von Fink einen Antwort zu geben für den speziellen Bereich physikalische Sicht des Universums auf der einen Seite und christlicher Glaube an einen Schöpfergott andererseits.

II. Fink – Denkrahmen

Der Artikel ist gut lesbar geschrieben und stellt ziemlich umfassend die Fakten zusammen, die die heutige Physik zur Beschaffenheit, Entstehung und Dynamik des physikalischen Universum zusammengetragen hat, ohne dabei in technische Details abzugleiten. Von daher ist es sicher ein Gewinn, wenn jemand diesen Artikel liest.

Im Artikel zeigen sich dabei grob zwei Argumentationslinien: (i) Die physikalischen Fakten, die das heutige Bild des physikalischen Universums konstituieren, und (ii) die Ansatzpunkte für eine Deutung der physikalischen Fakten im Lichte eines vorausgesetzten christlichen Glaubens an ein bestimmtes Bild eines Schöpfergottes.

A. Physikalische Fakten

Als physikalische Fakten werden z.B. genannt die räumliche Ausdehnung des Universums; eine Größe, die die alltägliche Vorstellung von räumlichen Verhältnissen jenseits alles Vorstellbaren sprengen. Dazu die zeitliche Dauer der ganzen Prozesse, die auch sowohl im ganz Großen von Milliarden Jahren sich der Vorstellung entzieht wie auch im ganz Kleinen, zu Beginn der Entstehung des bekannten Universums; hier gerät man in Größenordnungen von 10^-44 Sekunden. Die Präzision der Feinabstimmung der bekannten physikalischen Parameter, damit das Universum genau die heute bekannte Struktur und Eigenschaften angenommen hat, und nicht nirgend eine der unendlich vielen anderen Möglichkeiten.[Anmerkung: So nennt Fink z.B. für die Abstimmung der dunklen Energiedichte zur gravitativen Energiedichte eine Größenordnung von 1:10^60, für das Verhältnis von Gravitation zur elektromagnetischen Kraft eine Genauigkeit von 1:10^40]. Dazu kommen Erkenntnisse zu den Besonderheiten der Erdchemie, wie z.B. die außergewöhnlichen Fähigkeiten von Kohlenstoff im Vergleich zu anderen chemischen Verbindungen (wie z.B. Silizium), sowie die vielseitigen Eigenschaften des Wassermoleküls. Er verweist ferner auf die das Leben begünstigende Konstellation des Erd-Sonnensystems, auf die geschützte Position des Erd-Sonnensystems innerhalb der Milchstraße, sowie auf die Funktion des Magnetfeldes, und einiges mehr.

Obgleich Fink das Phänomen des biologischen Lebens mit seiner komplexen Evolutionsgeschichte weitgehend ausblendet, bieten schon die genannten physikalischen Fakten im engeren Sinne viele Ansatzpunkte, um Deutungen vornehmen zu können.

B. Physik und Gott

Während Fink im Falle der Physik ansatzweise die historische Entstehung der physikalischen Bilder anspricht, vermisst man diese im Fall der Auffassung von Gott als Schöpfer. Ohne historische Herleitung aus der Geschichte des christlichen Glaubens stellt Fink einfach fest, dass das mit der Wortmarke ‚Gott‘ Gemeinte einen freien Willen habe, rational denke und sich zuverlässig verhalte. Dies sei die tiefere Ursache dafür, dass das Universum für die menschlichen Forscher gesetzmäßig erscheine, d.h. man kann es mit rationalen Mitteln erforschen. Die hier zur Verwendung kommenden Begriffe (freier Wille, rational, zuverlässig) sind Begriffe, die im Kontext der menschlichen Welterfahrung eine gewisse — wenngleich vage — Bedeutung haben. Wendet man sie aber ohne weitere Erläuterungen direkt auf ein unbekanntes Etwas an, das irgendwie hinter und in dem ganzen Universum stehen soll, ist es nicht direkt nachvollziehbar, was diese Begriffe in diesem umfassenden Kontext bedeuten können.

Zusätzlich zu der allgemeinen Verstehbarkeit des physikalischen Universums verweist Fink auch auf jene Momente hoher Unwahrscheinlichkeit, die bei der Wahl der Parameter am Werk zu sein scheinen und die er als Argument für eine mögliche Zielgerichtetheit der ganzen Entwicklung des Universums sieht, die er wiederum als Argument für den als rationalen zuverlässigen Schöpfer mit freiem Willen angenommen hatte. Dieser Schöpfergott hat also zusätzlich noch einen Plan.

III. Kritische Anmerkungen

A. Gottesbilder

In diesem Blog gibt es mehrere Beiträge, die sich mit dem Problem beschäftigt haben, die Bedeutung der Wortmarke ‚Gott‘ in ihrer historischen Vielfalt klären zu können.

Schränkt man die Frage ein auf die christliche Tradition, so hat man es immerhin mit mittlerweile fast 2000 Jahren Interpretationsgeschichte zu tun, dazu die jüdische Vorgeschichte und die vielfältigen Wechselwirkungen mit den umgebenden Gesellschaften und Kulturen im Laufe der Jahrhunderte. Dazu kommen die diversen Aufspaltungen der christlichen Tradition in Traditionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten (West zu Ost, Katholisch und Protestantisch, dazu viele Unterarten). In dieser gewaltigen und vielschichtigen Tradition zu sagen, was die christliche Meinung zum Schema Schöpfergott sei, erscheint fast unmöglich. Natürlich kann man sich auf einzelne Autoren beschränken oder auf speziell ausgezeichnete Lehrmeinungen, aber inwieweit diese dann als die christliche Auffassung gelten können, erscheint doch eher fraglich.

Geht man auf die historisch frühen Quellen zurück, zu den sogenannten heiligen Schriften des Neuen Testamentes, das vielfältig Bezug nimmt auf das Alte Testament, so wird die Lage nicht unbedingt einfacher. Zeigen doch gerade die 2000 Jahre andauernden Interpretationsversuche, dass es offensichtlich keine zwingend eindeutige Interpretation zu geben scheint, wie sonst hätte es sonst zu den vielen unterschiedlichen Interpretationen kommen können.[Anmerkung: Untersucht man nur die vielfältigen Übersetzungen vom Hebräischen ins Griechische und Lateinische, vom Lateinischen in die vielen Alltagssprachen, vom Griechischen in die vielen Alltagssprachen, dann sieht man schon auf dieser ersten Kodierungsstufe von möglichen Bedeutungen, dass es schon an der Wurzel keine eindeutige Bedeutung gibt.]

Aufgrund der Erkenntnisse zu der Art und Weise wie Sprache funktioniert, wie Menschen Wahrnehmen, Erinnern, Denken und kommunizieren, kann man seit mehr als 100 Jahren immer besser verstehen, warum Texte als solche keine zwingenden Botschaften enthalten können! Es gibt zwar zu allen Zeiten viele Menschen, die das behaupten und glauben, aber die reale Funktion von Sprache und menschlichem Erkennen können solche — oft fundamentalistisch genannten — Auffassungen als grob falsch erweisen.

Für Menschen, die ernsthaft Sicherheit und Wahrheit suchen, sind diese neuen Erkenntnisse beunruhigend; nicht wenige lehnen sie daher ab. Dies hilft aber nicht weiter. Wir müssen uns den Tatsachen stellen, dass unsere Suche nach Wahrheit und Sicherheit nicht so einfach durch Bezug auf irgendeinen Text eingelöst werden kann, und mag er von manchen Menschen als noch so heilig bezeichnet werden.

Menschen, die sich gegen diese neuen Erkenntnisse zur Natur von sprachlichem Verstehen und Verstehen wehren, machen oft nach einen weiteren Fehler: aus der Tatsache der Unmöglichkeit einer direkten absoluten Erkenntnis aus einem Text heraus folgern sie oft, dass es dann ja überhaupt keine Wahrheit geben würde. Dieser weitreichende Schluss folgt aus der Relativierung von Texten und sprachlicher Bedeutung nicht zwingend.

Wenn jemand im Lichte des modernen Wissens die allzu einfache Deutungen sogenannter heiliger Texte in Frage stellt, sie kritisiert, dann bedeutet dies zunächst nur, dass man sich ein paar mehr Gedanken machen muss als bisher, wie man die Wirklichkeit insgesamt deuten kann. Die Kritik an einer nativen und unkritischen Verwendung eines Gottesbegriffes, eines bestimmten, sehr menschlichen Bildes von einem Schöpfergott, muss daher nicht notwendigerweise heißen, dass man damit das damit Gemeinte (eine irgendwie geartetes Etwas, was hinter und in allem steckt/ wirkt/ …) als solches in Frage stellt oder zerstört. Wenn es tatsächlich so etwas wie ‚Gott‘ geben sollte (mag man es nun glauben oder nicht), dann würde die Existenz und die Art und Weise dieses Gotes mit Sicherheit nicht davon abhängen, ob ein paar Exemplare des homo sapiens darüber sprechen, und wie sie darüber sprechen. Allerdings kann es für uns, die wir uns als Exemplare des homo sapiens ansehen, möglicherweise einen Unterschied machen, ob und wie wir über dieses Thema reden.

B. Bilder der Welt

Aktueller Denkrahmen unter Berücksichtigung von empirischen Wissenschaften und Philosophie
Aktueller Denkrahmen unter Berücksichtigung von empirischen Wissenschaften und Philosophie

Bei der kritischen Diskussion des Artikels von Fink spielen eine Reihe von Faktoren eine Rolle. Einige im Zusammenhang mit der Verwendung der Wortmarke ‚Gott‘ wurden im vorausgehenden Abschnitt angesprochen. Weitere sollen jetzt hier angesprochen werden. Das Schaubild oben kann dazu vielleicht hilfreich sein.

1) Evolution

Aus den letzten ca. 100 Jahren konnten wir lernen, dass wir Menschen Teil eines Entwicklungsprozesses sind, die die Biologen als Evolution des biologischen Lebens bezeichnen. Ferner konnte die Struktur und die Entwicklung des bekannten physikalischen Weltalls soweit aufgehellt werden, dass auch das Zusammenspiel von Sternentwicklung und Entstehung von biologischem Leben auf der Erde viele neue, tiefe Einsichten ermöglicht hat.

2) Empirisches Wissen

Dies alles wurde möglich, weil die Menschen gelernt haben, wie man Bilder von der Welt in einer methodisch kontrollierten Weise so konstruiert, dass sie auf transparenten, reproduzierbaren Messoperationen aufbauen. Für die Interpretation dieser Messwerte wird eine mathematische Sprache benutzt, die zusammen mit einer formalen Logik die Möglichkeit bietet, Regelmäßigkeiten und Strukturen zu formulieren, sofern sie in der Gesamtheit der Messwerte vorliegen. Die Geltung der formalen Strukturen ist hier entscheidbar zurückgebunden an die Messwerte.[Anmerkung: Diese Rückbindung ist zentral, da die mathematische Sprache es erlaubt, beliebig viele Regelmäßigkeiten und Strukturen zu formulieren. Ob eine von diesen möglichen Strukturen tatsächlich etwas beschreibt, was mit der umgebenden Wirklichkeit korrespondiert, können nur vorzeigbare Messwerte entscheiden. Diese Form von Wissens nennt man gewöhnlich empirisches Wissen oder eine empirische Theorie.]

3) Wirklichkeit und Mathematik

Die Entwicklung und Nutzung von empirischem Wissen stellt viele neue Fragen zur Natur des menschlichen Erkennens, die weitgehend noch ungeklärt sind. So ist es eine bemerkenswerte Tatsache, dass die umgebende Wirklichkeit sich mit den Mitteln einer extrem einfachen mathematischen Sprache und formalen Logik beschreiben lässt.[Anmerkung: Man kann zwar mit der mathematischen Sprache sehr komplexe Ausdrücke aufbauen, doch die Sprache selbst, mit der dies geschieht, ist in ihren Grundelementen extrem einfach. Es ist keine andere Sprache bekannt, die genauso einfach oder gar noch einfacher ist.] Bislang ist nicht zu sehen, dass es irgendein Phänomen in der erfahrbaren Welt geben könnte, was sich mit dieser mathematischen Sprache nicht beschreiben lässt, es sei denn, das Phänomen selbst, das beschrieben werden soll, ist ‚in sich‘ nicht klar.

4) Virtualität und Wahrheit

Ferner wissen wir heute, dass unser bewusstes Wissen, ein funktionierendes Gehirn voraussetzt, das selbst keinen Kontakt mit der realen Welt hat. Dennoch produziert es aufgrund von Sinnesdaten von außerhalb und von innerhalb des Körpers — und im Zusammenspiel mit einem Gedächtnis — beständig virtuelle Bilder einer Welt da draußen so, dass wir in unserem Bewusstsein die virtuellen Bilder als real erleben und als real deuten. Unsere menschliche Erkenntnis ist also ein als real erlebtes virtuelles Bild einer Welt ‚da draußen‘, die wir tatsächlich niemals direkt erleben werden. Wie können wir dann jemals erkennen was wahr ist, wenn Wahrheit verstanden würde als die Übereinstimmung von etwas Gedachtem mit etwas Realem?

Diese Frage springt sofort über zu dem zuvor eingeführten Konzept des empirischen Wissens. Ist es doch gerade ein Dogma des empirischen Wissens, dass dieses sich direkt mit der realen, objektiven Welt beschäftige im Gegensatz zu anderen Wissensformen. Wenn der Mensch nun grundsätzlich gar keinen direkten Kontakt zur sogenannten realen Wel haben kann, wie kann es dann empirische Wissenschaft geben?

Die Antwort ist relativ einfach. Unser bewusstes Wissen ist zwar quasi Wissen aus zweiter Hand, d.h. von einem Gehirn generiert, das im Körper fest sitzt, aber von all den Phänomenen des Bewusstseins (PH), die dieses Gehirn erzeugt, gibt es eine echte Teilmenge von solchen Phänomenen PH_EMP, die aus jenen sensorischen Erregungsmustern gewonnen werden, die von den externen Sensoren (Augen, Ohren, Tastorgane, …) gewonnen werden. Für uns sind sie zwar abgeleitete, virtuelle Ereignisse, aber sie korrespondieren mit Ereignissen in der unterstellten Außenwelt. Sofern Wissenschaftler empirische Messprozesse vereinbaren, gibt es Messprozesse, die unabhängig vom Denken eines einzelnen Menschen gestartet und gestoppt werden können. Diese Messprozesse liefern Ereignisse, die mit externen Sinnesorganen registriert werden können, und zwar von allen, die diese Messprozesse wiederholen. Im Bewusstsein der beteiligten empirischen Wissenschaftler haben dieses Messergebnisse zwar weiterhin nur den Status von virtuellen Ereignissen, generiert vom Gehirn, aber diese Ereignisse lassen sich mit Messprozessen wiederholen, die alle Beteiligten in hinreichend gleicher Weise erleben können. Durch diese spezielle Maßnahme können Menschen ihr virtuelles Gefängnis methodisch partiell öffnen; nicht wirklich, aber für eine  empirische Form des Erkennens praktikabel. Wir haben also die echte Teilmenge der empirischen Phänomene PH_EMP c PH, die sich partiell mit Ereignissen in der angenommenen Außenwelt (W) zusammen mit anderen parallelisieren lässt.[Anmerkung: Es ist erstaunlich, wie lange die Menschen als homo sapiens gebraucht haben, bis sie diesen ‚Trick‘ entdeckt haben. Allerdings, selbst heute (2017) scheint es noch genügend viele Menschen zu geben, die diesen Zusammenhang immer noch nicht verstehen (selbst solche, die sich empirische Wissenschaftler nennen).]

Das Potential des empirischen Wissens für das Erkennen und Verstehen der umgebenden Welt ist enorm, und seine Auswirkungen neben dem reinen Verstehen im Bereich der technologischen Anwendungen erscheint schon jetzt schier unendlich.

5) Schwache Akzeptanz von Empirischem Wissen

Nicht wirklich geklärt erscheint das Verhältnis des empirischen Wissens zu den anderen Wissensformen, speziell auch zu den alten religiösen Überzeugungen, die für die meisten auch ein Stück Welterklärung waren bzw. noch sind.

In dieser Differenz von realen Erklärungsleistungen auf der einen Seite (bei aller Begrenztheit) und den vielen unwissenschaftlichen Bildern der Welt, liegt eines der vielen Probleme der Gegenwart. Der Anteil der Menschen, die empirisches Wissen nicht verstehen oder gar offen ablehnen, liegt in Ländern mit hoher Technologie aufgrund von offiziellen Untersuchungen bei ca. 20 – 30\%; betrachtet man aber seine eigene Umgebung, einschließlich der Menschen mit mindestens einem akademischen Abschluss, dann kann man den Eindruck gewinnen, dass es vielleicht umgekehrt nur 10-20\% der Menschen sind, die überhaupt verstehen, was empirisches Wissen ist. Dies ist eine sehr beunruhigende Zahl. Damit ist nicht nur der bisherige Wissensstand langfristig bedroht, sondern die Ansatzpunkte für eine Versöhnung von empirischem und nicht-empirischen Wissen werden noch schwerer.

6) Philosophie des Empirischen Wissens fehlt

Um die Problemstellung noch zu verschärfen, muss man auch auf den Sachverhalt hinweisen, dass es selbst innerhalb des empirischen Wissens große, ungelöste Probleme gibt. Dies resultiert aus der historischen Entwicklung, dass zwar mit Begeisterung immer mehr Phänomene der umgebenden Welt untersucht worden sind, das daraus resultierende empirische Wissen wurde aber nicht in allen Fällen systematisch zu einer vollen empirischen Theorie ausgebaut. Vielleicht muss man sogar sagen, dass die Physik aktuell die einzige empirische Disziplin zu sein scheint, die nicht nur vollständige empirische Theorien entwickelt hat, sondern die ihre eigene Entwicklung der Tatsache verdankt, dass ganze Theorien kritisiert und dadurch weiter entwickelt werden konnten.

Betrachtet man Gebiete wie z.B. die Gehirnwissenschaft, die Psychologie, die Soziologie, die Wirtschaftswissenschaften, die Biologie, dann muss man allerdings berücksichtigen, dass der wissenschaftliche Gegenstand dieser Disziplinen (sofern sie sich als empirische Disziplinen verstehen wollen), ungleich komplexer ist als die Physik. Der wissenschaftliche Gegenstand der Physik erscheint komplex, da wir hier bislang die meisten vollen Theorien haben, aber tatsächlich ist das Gegenstandsgebiet der anderen genannten Disziplinen unendlich viel komplexer. Dies resultiert aus der unfassbaren Komplexität des Phänomens biologisches Leben, das sowohl in den Grundformen der einzelnen biologischen Zellen, wie dann erst recht in der Interaktion von Billionen (10^12) von Zellen in einem einzelnen Organismus wie einem homo sapiens vorliegt; dazu kommen die Wechselwirkungen zwischen allen biologischen Lebensformen, nicht nur beim homo sapiens, der die Erde zur Zeit auf vielfache Weise mit sekundären komplexen Artefakten überzieht, die dynamisch sind.

7) Empirisches Wissen und Gott

Wenn man all dies weiß, wenn man sowohl um die Begrenztheit des empirischen Wissens weiß und um die Problematik der rechten Verwendung der Wortmarke ‚Gott‘, dann stellt sich die Frage, wie kann ein Mensch in der heutigen Welt noch an ein — wie auch immer geartetes — ‚höheres Wesen in und hinter allem‘ glauben? Kann man es überhaupt noch? Und falls ja, wie?

Hält man sich die Vielfalt der religiösen Anschauungen und Praktiken vor Augen, die es im Laufe der letzten Jahrtausende gegeben hat und ganz offensichtlich immer noch gibt, dann könnte man im ersten Moment völlig entmutigt werden angesichts dieser Fülle: was davon soll jetzt sinnvoll und richtig sein?

Die modernen Religionswissenschaften und vergleichenden Kulturwissenschaften haben einiges getan, um Ähnlichkeiten und Unterschiede in diesem Meer der Phänomene heraus zu arbeiten. Sehr beeindruckend fand ich das Buch von Stace (1960), der auf der Basis von vielen vergleichenden Untersuchungen eine sehr detaillierte philosophische Analyse durchgeführt hat, die sich auf den Kern religiöser Überzeugungen fokussiert hat, auf die religiösen Erfahrungen.[Anmerkung: Siehe dazu die Diskussion dieses Buches, Teil 3]

Seine Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass es bei aller Verschiedenheit der religiösen Ausdrucksformen und Formulierungen durch alle Zeiten hindurch und quer zu allen religiösen Formen so etwas wie einen gemeinsamen Erfahrungskern zu geben scheint, der für den Menschen als Menschen charakteristisch scheint, und der nicht an irgendwelche Texte oder lokale Traditionen gebunden ist. Dass es dennoch zu unterschiedlichen Formulierungen und unterschiedlichen Interpretationen kommen konnte liegt in der Analyse von Stace (und auch im Lichte dieses Textes; siehe die vorausgehenden Abschnitte), einzig daran, dass der Mensch nicht nur konkrete Sinneserfahrungen hat, sondern zugleich immer auch von seinem angelernten Wissen aus diese Sinneserfahrungen interpretiert. Unser Gehirn arbeitet so, dass es uns (was eigentlich sehr gut ist) alle unsere sinnlichen Erfahrungen sofort im Lichte der gespeicherten Erfahrungen interpretiert. Da die Menschen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Dinge gelernt haben, dazu verpackt in eine der vielen zehntausenden (oder mehr) Sprachen, erscheinen die gleichen Grunderfahrungen als tausende unterschiedliche Erfahrungen, obgleich sie — so scheint es — letztlich eine gleiche Grundstruktur haben.

Sollten diese Untersuchungen und Überlegungen stimmen, dann wären sogenannte religiöse Erfahrungen keine erfundene Spezialitäten von irgendwelchen abnormen Menschen, sondern gehören zur Grundstruktur, wie ein homo sapiens sich selbst und die ganze Welt erfährt. Einen grundsätzlichen Widerspruch zu empirischen Wissenschaften kann es dann nicht geben, da ja die empirischen Wissenschaften nicht grundsätzlich die Erfahrungen von Menschen verneinen, sondern sich nur für bestimmte — nämlich die empirischen — Untersuchungen auf einen Teilbereich der verfügbaren virtuellen Phänomene des Bewusstseins beschränken.

Interessant ist, dass die empirischen Wissenschaften, obwohl sie sich methodisch beschränken, indirekt einen fundamentalen Beitrag zur Möglichkeit von trans-empirischen Erfahrungen geleistet haben. Die fortschreitenden Erkenntnisse im Bereich der Struktur der Materie (Atomphysik, Kernphysik, Quantenphysik, …) führen uns vor Augen, dass der alltägliche Eindruck der Abgeschlossenheit und Endlichkeit der menschlichen Körper ein — womöglich schwerwiegender — Trugschluss ist. Die scheinbar so abgeschlossenen endlichen menschlichen Körper bestehen ja nicht nur aus Billionen von eigenständigen Zellen, die eigenständig miteinander kommunizieren, sondern diese Zellen bestehen ja aus chemischen Molekülen, diese aus Atomen, und diese — wie die Physik uns lehrt — aus komplexen subatomaren Teilchen und Interaktionsverhältnissen, die permanent in Wechselwirkung stehen zu allem, was sich in einem Umfeld befindet, das viele Lichtjahre betragen kann. Hier stellen sich viele — weitgehend ungeklärte — Fragen.

Eine dieser ungeklärten Fragen betrifft das Verhältnis von Bewusstsein und diesen subatomar vorhandenen Ereignissen. Wieweit können sich diese Ereignisse direkt im Bewusstsein niederschlagen?

Eine andere Frage betrifft die Erfahrbarkeit von etwas, das wir ‚Gott‘ nennen. Durch alle Zeiten und Kulturen berichten Menschen von spezifischen Erfahrungen, die für diese Menschen über die Erfahrungen des Alltags hinaus weisen, ohne dass sie dafür plausible Erklärungen liefern können. Fakt ist nur, dass im Prinzip jeder Mensch diese Erfahrungen anscheinend machen kann (auch Tiere?). Ein Widerspruch zu empirischen Wissen muss hier nicht bestehen, im Gegenteil, die empirischen Wissenschaften liefern bislang die stärksten Argumente, dass dies im Prinzip nicht auszuschließen ist. Es fehlen allerdings bislang jegliche neue Deutungsmodelle. Die alten Deutungsmodelle sollte man eventuell vorläufig mit einem Fragezeichen versehen; möglicherweise versperren sie den Weg zu dem mit der Wortmarke ‚Gott‘ Gemeintem.

ZITIERTE QUELLEN


[Fin17] Alexander Fink. Kosmologie und der Glaube an Gott. Brennpunkt Gemeinde, 19(1):1–15, 2017.
[Sta60] W.T. Stace. Mysticism and Philosophy. Jeremy P.Tarcher, Inc., Los Angeles, 1st. edition, 1960.

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EINLADUNG ZUM PHILOSOPHIE-JETZT-LABOR AM So, 22.Januar 2017. WELCHES BILD HABEN WIR VON UNS?

THEMA

Entsprechend der Terminplanung vom Oktober 2016 wird am So, 22.Januar 2017 das nächste Philosophie-Jetzt Labor stattfinden. Unter dem Oberthema DENKEN & FÜHLEN soll die Leitfrage an diesem Tag lauten: Welches Bild haben wir von uns?

WER

Einleitung und Moderation: Prof.Dr.phil Dipl.theol Gerd Doeben-Henisch (Frankfurt University of Applied Sciences, Institut für Neue Medien)

ORT

INM – Institut für Neue Medien, Schmickstrasse 18, 60314 Frankfurt am Main (siehe Anfahrtsskizze) Parken: Vor und hinter dem Haus sowie im Umfeld gut möglich.

ZEIT

Beginn 15:00h, Ende 18:00h. Bitte unbedingt pünktlich, da ab 15:00h kein Einlass mehr!

ESSEN UND TRINKEN

Es gibt im INM keine eigene Bewirtung. Bitte Getränke und Essbares nach Bedarf selbst mitbringen

PROGRAMM

Bis 15:00h ANKOMMEN

15:00 – 15:30h Impulsreferat zu WELCHE BILDER HABEN WIR IM KOPF?

15:30– 15:50h Zeit zum INDIVIDUELLEN FÜHLEN

15:50 – 16:00h ASSOZIATIONEN INDIVIDUELL NOTIEREN

16:00 – 16:40h Erste Diskursrunde (Mit Gedankenbild)

16:40 – 16:55h BEWEGUNG, TEE TRINKEN, REDEN

16:55 – 17:30h Zweite Diskursrunde (Mit Gedankenbild)

17:30 – 17:45h BEWEGUNG, TEE TRINKEN, REDEN

17:45 – 18:00h AUSBLICK, wie weiter

Ab 18:00h VERABSCHIEDUNG VOM ORT

Stunden, Tage danach: ABSTAND NEHMEN, NACHSINNEN

Irgendwann: BERICHT(e) ZUM TREFFEN, EINZELN, IM BLOG

Irgendwann: KOMMENTARE ZU(M) BERICHT(en), EINZELN, IM BLOG

ERSTE GEDANKEN ZUM THEMA

Wie man im Memo vom 28.November 2016 nachlesen kann, gab es ein sehr anregendes Gespräch zu der Frage: Wie hängt ein sprachlicher Ausdruck mit seiner Bedeutung zusammen? Das gemeinsame Experiment begann damit, dass ein Teilnehmer aus der Runde spontan eine Äußerung machte: „Es ist behaglich“, die im Gespräch dann sehr viele konkrete und grundsätzliche Aspekte zutage förderte. Allerdings gab es am Ende keine klare Aufgabenstellung für das nächste Treffen. Zu dem letzten Gespräch lassen sich viele interessante Fortsetzungen denken. Als Gesprächsleiter schlage ich die Fragestellung vor Welches Bild haben wir von uns selbst? … und man kann dann gleich weiter denken: Wie kommt es zustande? … und natürlich liegt einem die weitere Frage auf der Zunge Welches Bild haben wir von den Anderen? Und: Wie kommt es zustande?

Das letzte Gespräch hat gezeigt, wie vielfältig, ja wie komplex die Eigenschaften sein können, die sich um eine ganz schlichte sprachliche Äußerung ranken können. Zwischen den Zeilen kann man erkennen, dass diese Vielfalt sich einerseits aus der jeweiligen Äußerungssituation ergibt, zum anderen aber auch, vielleicht sogar zum größten Teil, aus der bisherigen Lerngeschichte der jeweiligen Sprecher und Hörer. Denn die Vielfalt der Situationen, die ein Mensch in seinem Leben geteilt hat, die Vielfalt der Verhaltensweisen, Äußerungen, damit verbundene Erlebnisse, diese Vielfalt schlägt sich im Gedächtnis des einzelnen nieder, allerdings, wie wir wissen, nicht 1-zu-1, sondern sehr individuell, sehr unterschiedlich. Dazu kommt, dass das Gedächtnis ‚lebt‘; mögliche Erinnerungen können sich im weiteren Verlauf ändern, weil andere Erlebnisse und Aktivitäten, die sich mit früheren Erinnerungen berühren, diese in andere Kontexte setzen, verändern können.

Das Bild, das wir von uns selbst (und von anderen) haben, entsteht in diesem schwer fassbaren Raum der Erinnerungen an geteilten Situationen und den schwer fassbaren Vorgängen des Gedächtnisses selbst, das weitgehend unabhängig von unserem Bewusstsein arbeitet. Es ist ein großes komplexes hochdynamisches System, das ‚aus sich heraus‘ alle Eindrücke und Erinnerungen ‚sortiert‘ und ‚bewertet‘. Und, wie wir wissen, sind es oft sogenannte ‚Zufälle‘, die zu bestimmten Erlebnissen und Erinnerungen führen, die dann, wenn sie nicht weiter hinterfragt werden, in uns Bilder entstehen lassen, die vielleicht ‚falsch‘ sind. Wobei sich die Frage stellt, wie wir die ‚Wahrheit‘ unseres Gedächtnisses erkennen können, wenn wir die Welt gerade nur durch unser Gedächtnis kennen? Und dann die ganzen Emotionen, die noch im Spiel sind/ sein können? Wer kontrolliert die? Welchen Regeln folgen sie?

Also, es kann wieder ein spannendes Gespräch werden.

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SPRICHT GOTT MIT CYBORGS? (CHRISTLICHE) SPIRITUALITÄT IM ZEITALTER DER DIGITALISIERUNG DES MENSCHEN – Teil 2

ZULETZT

  1. Im vorausgehenden Teil wurde stark abgehoben auf die Vielfalt und Vielschichtigkeit von sprachlichen Bedeutungen, die jeweils eingebettet sind in Individuen mit ihren je persönlichen Lerngeschichten, die ein spezifisches virtuelles Bild einer Welt im Kopf weben, das mit der unterstellten Außenwelt nicht viel zu tun haben muss. Nicht nur die sogenannten psychisch Kranken, geistig verwirrten Menschen leben in einer virtuellen Welt, die weitgehend ihre eigene ist, nein, jeder normale Mensch lebt in seiner virtuellen Welt im Kopf, die das Gehirn erzeugt, und die in Korrespondenz mit der Außenwelt zu bringen kein Selbstgänger ist.

BLICK ZURÜCK

Übersicht zur Evolution des Universums und darin zur Evolution des biologischen Lebens auf der Erde
Übersicht zur Evolution des Universums und darin zur Evolution des biologischen Lebens auf der Erde

  1. Der Blick zurück in die Evolution des biologischen Lebens kann zeigen, dass diese Fähigkeit zur Bildung virtueller Welten im Kopf, die – ja nachdem – mit der Welt jenseits des Gehirns (eigener Körper, Welt jenseits des Körpers) irgendwie korrelieren, eine sehr, sehr späte Entwicklung ist. Es musste unfassbar viel geschehen, bis es Lebensformen gab, die dies in diesem Ausmaß dann tun konnten.
  2. Und wenn man dann noch bedenkt, dass es 8-9 Mrd Jahre gebraucht hat, bis alle Zutaten verfügbar waren (Sonnensystem mit einer habitablen Zone, hinreichend schwere Atome für notwendige biologisch relevante Moleküle, …(Bitte Bücher zur Astrobiologie lesen…)), damit sich solch eine komplexe Entwicklungsgeschichte wie die der biologischen Evolution ereignen konnte, dann gewinnt das Ereignis der Fähigkeit zu internen virtuellen Modellen realer und möglicher Zustände möglicherweise einen ganz anderen Stellenwert, als wenn man dies alles für überaus selbstverständlich hält, geradezu nichtssagend…

BILDER NICHT 1-ZU-1

  1. Die ‚Bilder im Kopf‘ sind also nicht, wie manche vermutet haben, automatisierte 1-zu-1 Abbildungen des eigenen Körpers oder der unterstellten Außenwelt; wie ja auch schon die bildende Kunst seit 2000 Jahren (oder auch länger, Höhlenzeichnungen und andere Artefakte viel früher) demonstriert, dass gemalte Bilder (oder auch Plastiken) fast nie eine reine 1-zu-1 Abbildung sind. Der gestaltende Künstler tritt zwischen stimulierender Realität und Kunstwerk und verwandelt mögliche Stimuli unter Einbeziehung seiner vielen eigenen Stimuli in meist nicht voll bewusster Weise in Objekte, Werke, die dann der Betrachter wiederum sehr unterschiedlich wahrnimmt. Selten sagen verschiedenen Menschen das Gleiche über ein und dasselbe Kunstwerk.
  2. Ähnliche Vielfalt erlebt man bei Zeugenaussagen, die erwiesenermaßen ein hohes Maß an Eigenanteilen der Zeugen besitzen.
  3. Die Gedächtnisforschung hat gezeigt, dass unsere Erinnerungen aktive Strukturen sind, die sich selbst assoziieren, kommentieren, umbauen, verändern, überschreiben.
  4. Über die Objektivität von Fotos wurde viel diskutiert und geforscht. Jedes Foto ist eine Auswahl, eine Interpretation, und heute im Zeitalter der digitalen Bildverarbeitung ist es immer schwerer zu sagen, was ein Bild denn nun ‚abbildet‘, wenn der Begriff ‚Abbildung‘ überhaupt Sinn macht. Eigentlich hat er noch nie Sinn gemacht, sondern eher ‚Un-Sinn‘ befördert.
  5. Die Geschichte des empirischen Messens selbst, eigentlich eine Paradedisziplin der objektiven Tatsachenfeststellung, hat schon sehr früh gezeigt, dass selbst der ‚empirische Messwert‘ sehr schnell in eine Abhängigkeit von theoretischen Modellen (speziellen Bilder im Kopf) gerät, so dass der pure Messwert für sich (irgendeine Zahl auf einer theoretischen Skala mit einer theoretischen Einheit) je nach Modell das eine oder das andere bedeuten kann.
  6. Kurzum, die ‚Bilder in unserem Kopf‘ sind keine einfachen, automatischen 1-zu-1 Abbilder von einem vorausgesetztem Realen, sie sind primär und durch und durch erst einmal dynamische Konstruktionen unseres Gehirns, das darin eine unfassbare Leistung vollbringt. Dass diese Bilder mit der unterstellten realen Welt des eigenen Körpers oder der Welt jenseits des Körpers nichts zu tun haben müssen, ist eine Sache. Die viel spannendere Sache ist die, dass wir, wenn wir entsprechenden Lern- und Kommunikationsmustern folgen, doch in der Lage zu sein scheinen, immer wieder interessante Korrespondenten mit der Welt jenseits des Gehirns konstruieren können. Kein Automatismus, kein Selbstgänger, aber möglich.

EINER ALLEINE REICHT NICHT

  1. Nur vergessen wir schnell, dass nicht nur der einzelne Mensch hier eine Rolle spielt, sondern das Zusammenspiel von vielen Menschen in Gruppen, Institutionen, Regionen, ganzen Nationen oder jetzt einer möglichen Weltgesellschaft.
  2. Was immer ein Mensch in seinem Kopf haben mag, es bleibt so lange ohne Wirkung, als er es nicht mit den Bildern der anderen Menschen in seiner Umgebung austauschen und koordinieren kann. Hier beginnt das Wunder und zugleich das Drama der Kultur(en).
  3. In der Geschichte gibt es mittlerweile viele Beispiele, wie größere Menschengruppen bis hin zu vielen Nationen umfassenden Verbänden (Region China, Region Indien, Region Europa, Region Afrika, Region Mittel- und Südamerika…) es geschafft hatten, ihr Verhalten zu koordinieren, indem Regelsysteme eingeführt wurden, die ein komplexes Miteinander ermöglichten. Regelsysteme sind immer auch mentale, kognitive Modelle, Bilder eines gesollten Zusammenlebens, die an ihre Träger, die einzelnen Menschen gebunden sind.

KEIN AUTOMATISMUS FÜR KULTUREN

  1. Bislang gibt es keine Automatismen, dass ein Mensch aus einer anderen Kultur B (anderes Regelsystem, anderes Modell) die Regeln einer Kultur A automatisch versteht und befolgt. Neben der inneren Bereitschaft gehören dazu langwierige Lernprozesse auf vielen Ebenen, in vielen Bereichen. Diese zu ermöglichen, diese zu durchlaufen, dauert Jahre, eher Jahrzehnte, bisweilen Jahrhunderte.
  2. Neben den Transformationsprozessen religiöser Überzeugungen (Hinduismus, Buddhismus, Judentum, Christentum, Islam, und vielen anderen) kann man dies am Beispiel des allgemeinen Weltverstehens anschaulich sehen.

BEISPIEL PHILOSOPHISCHES-WISSENSCHAFTLICHES WISSEN

Wichtige Namen im Kontext Ontologie der griechischen Antike und des lateinischen Mittelalters
Wichtige Namen im Kontext Ontologie der griechischen Antike und des lateinischen Mittelalters

  1. In der griechischen Philosophie und Wissenschaft von ca. -500 bis ca. -200 gab es Ansätze im Verstehen der Welt, des Menschen und des Wissens, die sehr vieles von dem, was uns heute vertraut ist, vorweg genommen hatten. Dieses Wissen versank dann aber im lateinischen Europa (vor allem unter dem Einfluss des damals dogmatisch-engen Christentums) für gut 1000 Jahre im Nichts des Vergessens, während es in der islamischen Kultur (ja, es gab auch einen anderen Islam, als wir ihn heute erleben) gesammelt, übersetzt, und weiterentwickelt wurde, bis es über diesen Denkraum im 12./13.Jh langsam, häppchenweise wieder in das lateinische Europa einsickerte. Das griechische Denken wurde dann, als es bekannt wurde (vor allem Aristoteles) aufgesogen, analysiert, und schrittweise weiter entwickelt, bis es dann immer mehr zu einem eigenständigen philosophischen und wissenschaftlichen Denken erblühte, das sich ab dem 15.Jh stark weiter entwickelte und im Laufe der Jahrhunderte  nicht nur zu neuen Technologien und Wirtschaftsformen führte, sondern dann auch zu politischen Modellen, die über verschiedene Revolutionen neue Regierungsformen ermöglichten.

WISSEN IST KEIN SELBSTGÄNGER

  1. Wissen jedoch ist kein Selbstgänger. Wie viele Bibliotheken und Datenbanken es auch geben mag, wenn dieses Wissen nicht hinreichend von den handelnden Menschen immer wieder neu angeeignet, aktiv verarbeitet und aktiv weiter entwickelt wird, dann mag es ein Überfluss an Daten in der Welt jenseits der Gehirne geben, aber die Gehirne selbst werden veröden, austrocknen, sich verdunkeln.

DENKEN DES DENKENS

  1. In den geistigen Auseinandersetzungen des Mittelalters lernten die Akteure eine Form des geistigen Arbeitens, die sehr diszipliniert, sehr intensiv, sehr kommunikativ war. Sie lernten sich mit der Sprache als Medium der Gedanken auseinander zu setzen. Sie begannen schrittweise zu ahnen, dass das ‚normale Denken‘ in sich ein hochkomplexer Prozess ist, in dem Sprachzeichen, sprachliche Ausdrücke und das damit Gemeinte, mögliche Bedeutungen, darin eingebettet mögliche Objekte, Gegenstände, keine Selbstgänger sind. Das Zusammenbinden von Zeichen, Ausdrücken mit möglichen Bedeutungen geschieht in dynamischen Prozessen, die vielerlei Unklarheiten beherbergen, vielfältige Abhängigkeiten untereinander aufweisen, und sie begannen zu lernen, das die Formen/ Muster des Denkens nicht automatisch, 1-zu-1 auf die Umgebung, auf die reale Welt übertragen werden können. Der Universalienrealismus eines Plato wurde vielfach kritisch umgewandelt in einen vorsichtigen Nominalismus, der die Strukturen des Denkens zwar anerkennt, sie aber nicht sofort auch in die Außenwelt hinein projiziert. Dies war die Geburtsstunde der modernen Wissenschaft, in der die Menschen gelernt haben, symbolische Modelle (mathematische Theorien) zu konstruieren, von denen man nicht automatisch annimmt, dass sie schon allein deshalb war sind, weil man sie gedacht hat und sie schön aussehen. Sie müssen in jedem einzelnen Fall empirisch überprüft werden.

VERLIEREN WIR UNSERE EIGENE GESCHICHTE?

  1. Es waren diese großartigen Denker des lateinischen Mittelalters, die im Dialog mit dem aristotelischen Denken das neue Denken gefunden und geformt haben. Aber, dieser Prozess hat letztlich von ca. 1100 bis ca. 1900 gedauert; und wir erleben aktuell, dass diese großen Fortschritte der menschlichen Denkkultur im Zusammenwirken von fortschreitender Spezialisierung und gleichzeitiger automatisierter Datenüberflutung die Gehirne und Kommunikationen der Menschen zu veröden drohen. Primitive und fundamentalistische Ansichten über Menschen und Welt, die historisch eigentlich als überwunden gelten konnten, gewinnen wieder Kraft und Einfluss. Selbst Menschen mit Universitätsabschlüssen sind vor der neuen Unwissenheit nicht gefeit. Die fortschreitende Digitalisierung, die eine Hilfe auf dem Weg zu einer neuen Menschheitskultur sein könnte, wird aktuell eher missbraucht von Interessen und Denkmodellen, die Fundamentalismus, Rassismus, Hass, Engstirnigkeit, Angst, diktatorische Tendenzen und vieles mehr fördern. Das Abenteuer des Geistes tritt – wieder einmal – in eine neue Phase ein.

Fortsetzung folgt (Die Sache mit Gott wurde nicht vergessen …. )

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GEMEINSAMKEIT IN DER VIELFALT – GRASWURZEL-/ BOTTOM-UP-PHILOSOPHIE – Memo zur philosophieWerkstatt vom 12.Okt.2014

Dieses Memo bezieht sich auf die philosophieWerkstatt v.2.0 vom 12.Okt.2014.

1. Ein neuer Ort, eine neue Zeit, neue Menschen …. die philosophieWerkstatt v2.0 ging an den Start und trotz schönem Wetter und vielen Grippeinfizierten gab es eine bunte Runde von Gesprächsteilnehmern die sich zu einem philosophischen Gespräch zusammen fanden.

2. In einer kleinen ‚Aufwärmphase‘ konnte jeder etwas von sich und seinen Erwartungen erzählen und es wurde ein erstes Begriffsfeld sichtbar, das von Vielfalt kündete und einen erkennbaren Zusammenhang noch vermissen lies (siehe nachfolgendes Bild).

Begriffe im Raum, unverbunden, der Anfang
Begriffe im Raum, unverbunden, der Anfang

3. Es stand die Frage im Raum, ob und wie man hier zu einem verbindlichen Zusammenhang kommen könne? Wie – hier vorgreifend auf das Ergebnis des Gespräches – das abschließende Gesprächsbild andeutet, kam es zu immer mehr Differenzierungen, wechselseitigen Abhängigkeiten, Verdichtungen und Abstraktionen, die – wenngleich noch zaghaft – eine erste Struktur andeuten, an der man bei einem Nachfolgegespräch weiter anknüpfen könnte.

Begriffe in einem beginnenden Zusammenhang, Umrisse einer Struktur
Begriffe in einem beginnenden Zusammenhang, Umrisse einer Struktur

BILDER VON DER WELT – BEDEUTUNG

4. Eine erste Wendung im Gespräch kam durch den Hinweis, dass die ‚Bedeutung‘, die wir von den ‚Ausdrücken‘ einer Sprache unterscheiden, ‚in unserem Kopf‘ zu verorten sei. Dort. ‚in unserem Kopf‘ haben wir ‚Bilder von der Welt‘ (‚Vorstellungen‘, ‚mentale Repräsentationen‘), die für uns ‚Eigenschaften der umgebenden Welt‘ repräsentieren.

VORWISSEN

5. Bald kam auch der Begriff des ‚Vorwissens‘, der ‚bisherigen Erfahrung‘, einer ‚Vorprägung‘ ins Spiel: gemeint war damit, dass wir in jedem Augenblick nicht vom Punkt Null beginnen, sondern schon Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht haben, die auf die aktuelle ‚Wahrnehmung der Welt‘ einwirken: als ‚Erwartungen‘, als ‚Vor-Urteil‘, als ‚Übertragung‘.

SOZIALER DRUCK

6. Hier wurde auch darauf hingewiesen, dass die ‚Interpretation der Wahrnehmung‘ von anderen Menschen (‚Gruppenzwang‘, ‚gesellschaftliche Gewohnheiten/ Erwartungen‘, ‚Prüfungssituationen‘) zusätzlich beeinflusst werden kann. Während man normalerweise spontan (fast unbewusst) entscheidet, wie man eine Wahrnehmung interpretieren soll (obgleich sie vieldeutig sein kann), kann dieser Prozess unter sozialem Druck gestört werden; wie zögern, werden unsicher, bemerken, dass die Situation vielleicht nicht eindeutig ist, und suchen dann nach Anhaltspunkten, z.B. nach den Meinungen der anderen. Oft ist es so, dass die ‚Mehrheit‘ besser ist als die Meinung eines einzelnen; die Mehrheit kann aber auch völlig daneben liegen (berühmtes Galileo-Beispiel).

ÄHNLICHKEITEN ZWISCHEN PERSONEN

7. Die Frage war, wie es denn überhaupt zu ‚Ähnlichkeiten‘ zwischen Personen kommen kann, wenn jeder seine Bilder im Kopf hat?

8. Ein Schlüssel scheint darin zu liegen, dass jeder seine Bilder in seinem Kopf anlässlich der Gegebenheiten der umgebenden Welt ‚formt‘. Sofern die umgebende Welt für alle die ‚gleiche‘ ist, lässt sich von daher eine gewisse Ähnlichkeit der Bilder motivieren.

9. Zusätzlich gibt es aber auch die Sachlage, dass die Körper der Menschen mit ihren Organen und Prozessen, insbesondere mit ihrem Gehirn und den darauf basierenden Information verarbeitenden Prozessen, eine gewisse Ähnlichkeit zwischen allen Menschen aufweisen, so dass auch dadurch Ähnlichkeiten zwischen den Bildern im Kopf begünstigt werden.

BEGRENZUNG DES BEWUSSTSEINS

10. In der neuzeitlichen Orientierung am Bewusstsein als primärer Erkenntnisquelle (ungefähr seit Descartes und später bis zur Phänomenologie) gab es keine Ansatzpunkte, um diese implizite ‚Harmonie der Körper und Erkenntnisse‘ aufzuhellen. Die antike Philosophie – insbesondere Aristoteles und seine Schüler – hatte zwar Ansatzpunkte, die Erkenntnisse über die Welt einzubeziehen, aber die damaligen ‚Welterkenntnisse‘ reichten nicht aus, um das moderne empirische Wissen über die physikalische, chemische, biologische und kulturelle Evolution vorweg zu nehmen. Erst mit den neuen Wissenschaften und einer davon inspirierten Strömung einer ‚evolutionär inspirierten‘ Erkenntnistheorie und Philosophie lieferte erste sachdienliche Hinweise, dass die unübersehbare ‚Harmonie der Körper‘ auch ein Grund für die Ähnlichkeit zwischen den Bildern in den verschiedenen Köpfen sein kann.

SCHLÜSSEL EVOLUTION

11. Mehr noch, die verblüffende ‚Passung‘ von menschlicher Erkenntnis zur ‚umgebenden Welt‘ ist letztlich vollständig induziert von einer evolutionären Entwicklung, in der sich nur solche Organismen ‚durchsetzen‘ konnten, die relativ am besten die ‚lebensfördernden Eigenschaften‘ der umgebenden (aber auch in sich sich verändernden) Welt aufgreifen und nutzen konnten.

12. Wenn man davon sprechen kann, dass der Menschen ein ‚Ebenbild‘ sei, wie es biblische Texte nahelegen (hier ohne kritischen Kommentar), dann zunächst mal ein Ebenbild der vorgegebenen Erde als Teil eines Sonnensystems als Teil einer Galaxie als Teil eines BigBang-Universums (Weiterreichende Interpretationen sind damit per se noch nicht ausgeschlossen).

BILDER IM KOPF vs. WELT

13. Es wurde auch festgestellt, dass man zwischen den ‚Bildern von der Welt im Kopf‘ und den ’sprachlichen Ausdrücken‘ unterscheiden muss.

ALLGEMEINBEGRIFFE

14. Die ‚Bilder von der Welt‘ repräsentieren irgendwie (mal mehr, mal weniger ‚passend‘) die ‚Gegebenheiten‘ der umgebenden Welt. Dies geschieht durch eine ‚denkerische‘ Mixtur aus ’sinnlicher Erfahrung von Einzelnem‘ und ‚denkerischer Abstraktion von Allgemeinheiten‘, so dass wir in jedem Moment zwar einen einzelnen konkreten Gegenstand identifizieren können, zugleich aber auch immer einen ‚allgemeinen Begriff‘, eine ‚Kategorie‘ zur Verfügung haben, die anhand von ‚abstrahierten Eigenschaften‘ einzelne Gegenstände als ‚Beispiele‘ (‚Instanzen‘) einer allgemeinen Struktur erscheinen lässt. Unser Denken lässt gar nichts anderes zu; es ‚zwingt‘ uns zur ‚automatischen‘ (‚unbewussten‘) Konstruktion von ‚Allgemeinbegriffen‘.

SPRACHE UND DING

15. Es wurde darauf hingewiesen, dass wir ja auch verschiedene Sprachen sprechen und dass möglicherweise die ‚Bilder im Kopf‘ bis zu einem gewissen Grade unabhängig von der verwendeten Sprache sind. Deswegen können wir auch zwischen den Sprachen übersetzen! Weil die körpergebundenen Sachstrukturen – bis zu einem gewissen Grade – sprachunabhängig gegeben sind und sich ‚aufbauen‘, können die Ausdrücke einer Sprache L darauf Bezug nehmen und durch andere ‚bedeutungsgleiche‘ Ausdrücke ‚ersetzt werden.

VERÄNDERLICHE WELT vs. STATISCHE BILDER

16. Die ‚Bedeutung‘ sprachlicher Ausdrücke (ihre ‚Semantik‘) begründet sich also von den körperbedingten Objektstrukturen her. Wenn nun die umgebende Welt sich ändert (Prozess, Geschichte, Evolution, …), dann ändern sich zwar die Sachstrukturen in der Welt, nicht aber unbedingt synchron die Bilder im Kopf eines Menschen. Damit entsteht das, was wir oft erleben: Menschen benutzen Ausdrücke einer Sprache L, ‚Begriffe‘, ‚Termini‘, die sie mit bestimmten ‚Bildern im Kopf‘ verknüpfen (assoziieren), aber diese Bilder können ‚veraltet‘ sein, da sich die Gegebenheiten in der Welt mittlerweile verändert haben (im Gespräch wurde der Ausdruckswandel des Begriffs ‚Student‘ angesprochen).

EINFACH vs. KOMPLEX

17. Vor dem Hintergrund einer ‚erlernten‘ Bedeutung kann es dann passieren, dass die ‚erlernten‘ Bedeutungen aus einer früheren Zeit die Welt ‚einfacher‘ erscheinen lassen als die gegenwärtige Welt mit ihrer wachsenden Vielfalt (es standen die Bemerkungen im Raum, dass Mädchen und junge Frauen es früher ‚einfacher‘ gehabt haben sollen als Mädchen und junge Frauen heute).

WAS IST WAHRHEIT?

18. An diesem Punkt im Gespräch angekommen stellte sich nochmals die Frage nach der ‚Wahrheit‘, ein Begriff, der ganz am Anfang etwas isoliert im Raum stand.

19. Ausgangspunkt ist die alltägliche Beobachtung, dass wir manchen Aussagen als ‚richtig‘, manche als ‚falsch‘ bezeichnen. Dies knüpft an dem Umstand an, dass ‚Behauptungen über die Gegebenheiten der Welt‘ bis zu einem gewissen Grade ‚überprüfbar‘ sind. D.h. es scheint, dass wir die ‚Bilder in unserem Kopf‘ mit den sinnlich wahrnehmbaren Gegebenheiten der umgebenden Welt bis zu einem gewissen Grad so ‚vergleichen‘ können, dass wir eine ‚Übereinstimmung‘ oder ‚Nicht-Übereinstimmung‘ feststellen können, und zwar alle Menschen in gleicher Weise.

20. Wenn wir diesen grundsätzlichen Sachverhalt zum Ausgangspunkt nehmen, dann würde der Begriff ‚Wahrheit‘ in diesem Kontext bedeuten, dass eine Aussage mit ’sinnlicher Bestätigung‘ sowohl ‚richtig‘ als auch ‚wahr‘ wäre bzw. — falls keine Übereinstimmung vorliegt –, ’nicht richtig‘ bzw. ‚falsch‘ bzw. ’nicht wahr‘ wäre.

21. Bei diesem Interpretationsansatz werden damit die ‚Gegebenheiten der Welt‘ zum Ausgangspunkt, zur ‚Vorgabe‘, zum ‚Maßstab‘, an dem wir uns letztlich orientieren. Davon abgeleitet könnte man dann auch – ganz im Sinne der antiken Metaphysik und Ontologie – davon sprechen, dass ‚das Seiende‘, wie es uns – in gewissem Sinne ‚a priori‘ – vorgegeben ist, das ‚Wahre‘, die ‚Wahrheit‘ verkörpert, an der wir uns orientieren müssen, wollen wir im Sinn der Welt/ des Sonnensystems/ der Galaxie/ des BigBang-Universums/ des … ‚wahr‘ sein. Empirische Wissenschaft ist dann nichts anderes als antike Metaphysik (dafür gäbe es noch mehr Argumente).

22. Eine solcherart (ontologisch) verstandene Wahrheit ist dann nicht beliebig, sondern eher ‚verpflichtend‘: wer das ‚Leben‘ ‚achtet‘ und ‚liebt‘ muss sich eigentlich an dieser Wahrheit orientieren. Dies wäre damit auch die mögliche Begründung einer ‚Ethik des Lebens‘, die sich z.B. als ‚ökologisches Denken‘ manifestiert.

ANALYTISCH WAHRHEIT

23. Wenn wir annehmen, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt ‚Bilder im Kopf‘ von der umgebenden Welt haben und wir diese Bilder als ‚zutreffen‘ – sprich als ‚wahr‘ – betrachten, dann können wir oft auch auf der Basis dieser vorausgesetzten Bilder ‚Schlüsse ziehen‘. Berühmt sind die Beispiele mit Syllogismen wie (Annahme 1) ‚Alle Menschen sind sterblich‘, (Annahme2:) ‚Sokrates ist ein Mensch‘, (Schluß:) ‚Sokrates ist sterblich‘. Nimmt man an, dass Annahme 1 und 2 ‚wahr‘ sind, dann folgt ‚analytisch‘ (ohne Bezug auf die aktuelle empirische Welt), der Schluss. Die Wissenschaft der Logik arbeitet im Prinzip nur mit solchen analytischen Schlüssen und ihren möglichen (formalen) Formen. Sie weiß als Wissenschaft der Logik nichts von der Welt (was sich auch darin auswirkt/ auswirken kann, dass sie formale Strukturen entwickelt, die mehr oder weniger ‚unbrauchbar‘ für das weltbezogene Alltagsdenken sind).

ALLE SIND TRÄGER DER WAHRHEIT

24. Rückblickend zu diesem Gespräch kann man also sagen, dass letztlich jeder Stücke der allgemeinen Wahrheit mit sich herum trägt und dass es eigentlich nur darauf ankommt, diese einzelnen Fragmente zusammen zu sammeln und sie in rechter Weise ‚zusammen zu fügen’… Graswurzel-Philosophie … Bottom-Up Philosophie … induktives Denken …

Die Ankündigung zur nächsten Sitzung am 9.Nov.2014 findet sich HIER.

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DIE WAHRHEIT ERSCHEINT IM BETRACHTER – Oder: WARUM WIR NUR GEMEINSAM DAS ZIEL ERREICHEN KÖNNEN

1) In diesem Blog wurde schon oft über die Wahrheit geschrieben, von ganz unterschiedlichen Perspektiven (und es wird eigentlich Zeit, die Inhalte auf der Übersichtsseite auch mal nach Themen zu gruppieren). Dabei wird deutlich, dass es einerseits um etwas sehr Grundsätzliches, Einfaches geht, das zugleich aber doch für viele, letztlich alle, nicht so einfach fassbar ist.
2) Nicht umsonst gab es in der Geschichte der Ideen seit mehr als 2000 Jahren so viele und immer wieder neue Versuche von großen Denkern, Philosophen, aber auch Schriftstellern, Wissenschaftlern, Künstlern, selbst Theologen, dieses viel schillernde Phänomen zu packen.
3) Jedes Mal, wenn ich darüber nachdenke (oder genauer: ‚Es‘ ‚in mir‘ denkt, nämlich mein Gehirn), entdecke ich immer neue Aspekte oder bestimmte, schon bedachte, Aspekte vertiefen sich irgendwie. So geschehen in den letzten Wochen.
4) Während ich noch versuche, das ungeheuer anregende Buch von T.Engelhardt (ed), „The World Acording to TomDispatch. America in the New Age of Empire“, London-New York: Verso, 2008 (siehe auch die Webseite tomdisptach.com) zu verstehen und zu verarbeiten (es ist vor allem eine Zeitfrage, da unser Denken nun mal Zeit braucht und Zeit ist generell knapp und muss immer wieder neu ‚eingeteilt‘ werden), gibt es parallel natürlich den Gedankenprozess im Alltag, der weiter geht. Und hier tauchte der Gedanke nach der ‚Wahrheit‘ immer wieder auf, insbesondere in einigen Gesprächen mit Freunden, wie man sie nur führen kann, wenn man abends zusammen sitzt, sich Zeit nimmt, und redet.
5) Da ich hier keine Zeit habe, große Abhandlungen zu schreiben, sondern nur spontan einige Gedanken notieren kann, hier also einige Gedanken ohne den ganzen Kontext auszubreiten.
6) Der Kerngedanke von ‚Wahrheit‘ ist, dass es tatsächlich etwas gibt, das da ist vorab und unabhängig von unserem eigenen Denken und Wollen.
7) Für uns, die wir als biologische Wesen ‚Wahrnehmen‘ — man beachte dieses deutsche Wort! im Englischen würde man ‚perceive‘ sagen, und das ist etwas ganz anderes! — können, Fühlen, Erinnern und Denken, ist aber all das, was es unabhängig von uns als Einzelwesen gibt, nur ‚gegenwärtig‘ im ‚Medium‘ unseres Körpers, im Medium der elektrochemischen Prozesse der Zellen, die die ungeheure Masse an elektrochemischen Ereignissen ’strukturieren‘, ‚ordnen‘ und uns als als ‚erlebbare‘ ‚Objekte mit Eigenschaften im Raum‘ zugänglich machen. Die 100 Milliarden Gehirnzellen zusammen mit den ca. 14 Billionen Körperzellen organisieren ‚in uns‘ ein ‚Erlebnis von Welt‘, das unser Bewusstheit und Denken primär ermöglicht, gestaltet, prägt.
8) Nun ‚lernen‘ wir im Laufe des Lebens, dass dieses ‚Bild im Innern des Körpers‘ bei jedem Menschen ‚verschieden‘ sein kann. Kinder, junge Leute, Erwachsene, Ältere, Kranke, im Bewusstsein ‚Gestörte’…. haben unterschiedlichste Anschauungen, können die gleiche Situation unterschiedlich wahrnehmen. Veränderungen der elektrochemischen Prozesse im Körper, z.B. durch Wassermangel, durch chemische Substanzen, durch Verletzungen, können das Wahrnehmen, Erinnern, Fühlen, Denken erheblich beeinflussen.
9) Nachdem sich viele tausend Jahre die unterschiedlichsten Denker (prominent z.B. Platon, Aristoteles, Descartes, Hume, Kant, Hegel…..) intensiv Gedanken gemacht hatten über die Grundlagen, die Struktur und den Prozess unseres Denkens (einschließlich der Wahrheitsfrage) war es der empirischen Wissenschaft vergönnt das Rätsel der ‚Struktur‘ unseres Denkens ein wenig mehr aufzuhellen: unser Denken als Eigenschaft unseres biologischen Körpers hat quasi ’sich selbst‘ ergründet, indem es aufgedeckt hat, dass und wie unsere biologischen Körper seit der ersten biologischen Zelle vor ca. 3.8 Milliarden Jahren sich mit der Entwicklung der körperlichen Strukturen ‚mit entwickeln‘ konnte (eine Form von Koevolution). Und natürlich muss man über die erste biologische Zelle noch hinausgehen und auch den Prozess einbeziehen, der überhaupt zur ersten Zelle geführt hat. Man nennt dies die chemische Evolution, die wiederum nur möglich war, weil es eine noch umfassendere kosmologische Evolution gab (und gibt).,
10) Also in der Tatsache und in der Art und Weise unseres Denkens spiegelt sich indirekt ein Prozess wieder, der all unserem Fühlen und Denken voraus liegt und davon gänzlich unabhängig ist. Die Geschichte des menschlichen Denkens erscheint somit als eine Geschichte der schrittweisen Entdeckung dieses Zusammenhanges, dieses Sachverhaltes.
11) Und hier kommt das ‚Problem der Wahrheit‘ ins Spiel: je besser wir lernen, unser Denken zu verstehen (es ist allerdings nicht so, dass Menschen im Alltagsbetrieb lernen, wer sie wirklich sind, da sie normalerweise gezwungen sind, zum wirtschaftlichen Existieren ‚funktionieren‘ zu müssen, d.h. in der Regel ‚Dinge zu tun‘, die wir nicht eigentlich wollen; und wenn man dann mal Zeit hätte, etwas ‚anderes‘ zu tun, als zu ‚funktionieren‘ weiß man dann in der Regel nicht, wie man das anstellt, etwas ‚anderes‘ zu tun, was Erkenntnisse vermittelt…), umso mehr lernen wir, die Abhängigkeit unseres Denkens nicht nur von den Eigenheiten unseres Körpers zu erkennen, sondern auch von der Art unseres Handelns und unserer Kommunikation. Wenn wir Pech haben, reden wir immer nur mit den ‚falschen‘ Leuten, lesen die ‚falschen‘ Bücher, sehen wir die ‚falschen‘ Filme, usw. was zur Folge hat, dass das ‚Bild‘ in unserem Kopf von der Welt heillos ‚falsch‘ ist. Da die ‚Falschheit‘ im Kopf nicht riecht, nicht schmeckt, aus sich heraus nicht weh tut, merkt ein Mensch in der Regel nicht so ohne weiteres, dass der ‚Inhalt seines Kopfes‘ ‚falsch‘ ist.
12) Und hier wird deutlich, dass wir unausweichlich voneinander abhängen: wenn ein Mensch ‚richtig‘ denken will, dann kann er dies nicht isoliert, nicht ohne ein ‚Umfeld‘, welches das ‚richtiges‘ Erkennen ermöglicht und unterstützt. Wenn es keine anderen gibt, die sich um ‚wahre‘ Erkenntnis bemühen (d.h. um ein ‚inneres Bild‘ von der ‚Welt‘ da draußen, wie sie ist unabhängig von meinem Denken und Wollen), die ihre Erkenntnisse aufschreiben, weiter erzählen, sich untereinander austauschen, sich gegenseitig korrigieren und anregen, dann ist man im Augenblick gefangen wie ein Hamster in seinem Käfig; man kann noch so lange rennen, die Welt ändert sich nicht wirklich, der eigene Zustand führt nur zur Erschöpfung, das ‚innere Bild‘ der Welt bleibt unverändert.
13) Denn das ist eine der größten Herausforderungen jeden Weltbildes: nicht der Augenblick, nicht der einzelne Moment, nicht die einzelne Eigenschaft ‚für sich‘ ‚enthüllt‘ die ‚Wahrheit‘, sondern nur die ‚Zusammenhänge‘ und ‚Regelhaftigkeiten‘ vieler einzelner Augenblicke. Ohne ‚Erinnern‘ jener Ereignisse, die ‚wichtige‘ Zusammenhänge enthüllen, kann es keine Erkenntnis von Wahrheit geben (von daher ist es nicht verwunderlich, dass egoistische Machthaber alles daran setzen, ‚Geschichte‘ in ihrem Sinne schreiben oder umschreiben zu lassen, dass überhaupt nur geschrieben werden darf, was ihnen ‚passt‘, dass nur sie selbst ‚deuten‘ dürfen, wie man die Welt zu sehen hat). Und, leicht unterschätzt, um Zusammenhänge sichtbar machen zu können braucht man eine Sprache‘, eine Sprache die ausdrucksstark genug ist, um all jene Aspekte der Wahrnehmung repräsentieren zu können, auf die es ankommt. Ein Teil der modernen ‚Sprache von der Wahrheit‘ ist die moderne Mathematik; ohne deren Erfindung und Entwicklung würden wir weiter im Chaos der Augenblicke verharren.
14) Wenn wir also heute ein bisschen mehr über die Struktur und Entstehung der empirischen Welt (von der wir und unser Denken ein Teil sind), dann nur Dank der empirischen Wissenschaften seit ca. 500 Jahren, in der viele 10000 Männer und Frauen in eigener Verantwortung und oft unter Einsatz ihres Lebens Eigenschaften der Welt ’sichtbar‘ gemacht haben, die uns hervorgebracht hat.
15) Wie zu allen Zeiten versuchen auch heute jene, die in irgendeiner Form Macht haben, diese forschenden Männer und Frauen ‚unter Kontrolle‘ zu bringen, sie für ihre privaten Zwecke zu missbrauchen (die forschenden Männer und Frauen können natürlich auch ihren eigenen Machtgelüsten verfalle…). Es bleibt ein offener Prozess, wieweit wir mit dem Projekt der ‚Wahrheit‘ kommen werden.
16) Auch haben wir gelernt, dass die verschiedenen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen dem Projekt der Wahrheit unterschiedlich gut tun (wie auch umgekehrt das Projekt der Wahrheit bestimmte Gesellschafts- und Wirtschaftsformen begünstigt).
17) Wer also überhaupt irgendwie ‚Wahrheit erkennt‘ der weiß, dass er alleine nichts vermag. Entweder wir ALLE ZUSAMMEN arbeiten am Projekt der Wahrheit oder wir werden es als Menschen nicht erreichen. Der aktuelle Zustand der Welt ist vor diesem Hintergrund einerseits erfreulich, dass wir überhaupt Ansätze zu einer wahrheitsfreundlichen Welt vorfinden, aber die Bereiche des ‚Wahrheitsfeindlichen‘ (die nicht rein zufällig auch ‚menschenfeindlich‘ sind) erscheinen doch noch sehr groß, fast erdrückend.
18) Unsere einzige Hoffnung besteht darin, dass die umfassende Wahrheit VOR all unserem Denken und Handeln gegeben war, dass WIR Produkte dieser Wahrheit sind, und dass wir letztlich nur deshalb in der aktuellen biologischen Form existieren, weil wir uns schrittweise der Wahrheit angenähert haben, nicht (!) weil wir dies ‚wollten‘, sondern weil die Wahrheit in allen Strukturen ‚wirkt‘ und den Prozess durch ihre umfassende Vorgabe indirekt ’steuert‘. Darin liegt der einzige Kern von Hoffnung. Und hierzu gäbe es natürlich viel zu sagen (was z.T. schon in vorausgehenden Blogeinträgen geschehen ist).
19) Die innere ‚Logik‘ all dieser Prozesse enthüllt sich z.T. auch in der ‚Spiritualität‘, von der alle Religionen dieser Welt mehr oder weniger leben. Dies bedeutet aber nicht, dass die aktuellen institutionellen Formen dieser Religionen dem entsprechend bzw. es bedeutet nicht automatisch, dass die aktuellen institutionellen Formen der Religionen einen Zugang zu dieser tiefliegenden alles Leben betreffenden Spiritualität unterstützen. Ich bin so frei zu behaupten, dass keine der aktuellen institutionellen Formen der Religionen die Spiritualität unterstützt, die die innere Logik der allumfassenden Wahrheit bildet. Wir sitzen alle im gleichen Boot und die Wahrheit ist für uns alle die gleiche. Wahrheit ist ganz und gar nicht käuflich!!!

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