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Nach Jahren war ich wieder mal in der Oper (Frankfurt); ‚Hoffmanns Erzählungen‘ in der Vertonung von Jaques Offenbach. Zum ersten Mal aufgeführt in Paris am 10.Februar 1881. Der Komponist selbst starb vor der Uraufführung am 5.Okt.1880 in Paris. Er hinterlässt eine vollständige Klavierpartitur für die ersten drei Akte und Skizzen für die restlichen zwei.
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Von den vielen Dingen, die man über den Text und die Musik schreiben könnte (und so viel wurde auch schon geschrieben) hier jetzt nur dieses: im Handlungsteil erleben wir einen Hauptdarsteller Hoffmann (gleichnamig mit dem Autor des Textes), der drei Beziehungsgeschichten durchlebt, die alle in der Enttäuschung enden.
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Die erste Frau, in die er sich verliebt, wird irgendwann ‚enttarnt‘ als ein ‚Automat‘ (heute würden wir vielleicht sagen ‚Roboter‘); gar kein Mensch. Ob die Liebe trotz allem bis zu einem gewissen Grade vielleicht doch Bestand gehabt hätte, erfahren wir nicht, weil der Automat von einem anderen Enttäuschten zerstört wird.
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Die zweite Frau, in die er sich verliebt, ist todkrank, ohne es zu wissen. Der schöne Körper als Projektionsfläche der Erwartungen, ’stirbt‘ sehr bald. Die wunderschöne Stimme des Körpers erklingt zuvor, erweckt schöne Gefühle, bewirkt aber die Beschleunigung des körperlichen Todes. Die Frau selbst, Antonia, erlebt unterschiedlichste starke Gefühle in sich, die sie hin und her reißen, weil sie nicht weiß, wie sie diese Gefühle deuten soll. Welches Gefühl ist ‚richtig‘?
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Die dritte Frau wird als ‚Kurtisane‘ bezeichnet (Prostituierte, Hure, erotische Dienstleisterin,…). Obgleich als solche dem Hauptdarsteller bekannt und abgelehnt, gelingt es ihr, seine Zuneigung durch eine Verführung der anderen Art zu gewinnen: sie präsentiert sich als ‚Opfer‘ und bietet sich ihm als ‚Belohnung‘ an, wenn er sie aus ihrer Gefangenschaft befreit. Als die Verführung gelingt, entlockt sie ihm sein ‚Spiegelbild‘ und bringt ihn dazu, den Mann zu erschießen, von dem sie behauptet, dass er sie gefangen halte.
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Man kann diese bisherige Handlung als ‚billige‘ Geschichten abtun, als ’seichte‘ Unterhaltung, als Boulevardstoff (als der er zu seiner Zeit sicher auch gehandelt wurde; E.T.A. Hoffmann war seinerzeit mit seinen skurrilen Geschichten sehr populär), aber man muss nicht. Je nach Standpunkt bieten Sie Ansatzpunkte für weiterreichende Betrachtungen.
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In der Frankfurter Aufführung folgt den drei verunglückten Beziehungsgeschichten noch ein Epilog, in dem die ‚wahre‘ Freundin den Hauptdarsteller in seinem Leid und Suff ‚bespricht‘; sie sieht in seinem ‚Leid‘ eine Chance zu Läuterung, zur tieferen Erkenntnis. Details bleiben im Dunkel. Möglicherweise erhofft Sie sich als konkrete Person durch die Befreiung des Hauptdarstellers von ‚falschen‘ Liebesbildern eine stärkere Öffnung und Zuwendung für sie als Freundin. Aber dies bleibt im Ungewissen.
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Das ist das Bizarre an diesem Stück: der Weg ins ‚Unglück‘ in Form selbstzerstörerischen Leidens und begleitendem Suff wird breit und lustvoll inszeniert (eine gewisse Parallele zum Lebensstil und Leben von Jacques Offenbach und E.T.A.Hoffmann selbst), ein Ausweg aber nur angedeutet. Die treibenden Kräfte der Handlung sind ein buntes Gemisch, aus Sehnsüchten, Leidenschaft, der viel bemühten ‚Liebe‘, Drogen, Ruhmsucht, die aufgrund ihrer fragilen und zeitlich beschränkten Natur auf Scheitern programmiert sind. Und dann der Absturz, das Versagen, das Scheitern, das Zerbrechen, das Entschwinden des begehrten Objektes, das zu einem ebenso schmerzenden Gemisch aus enttäuschten Gefühlen führt, die das innere Erleben überschwemmen und zu ersticken drohen.
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So fantastisch die Struktur von uns Menschen vor dem Hintergrund einer langen evolutionären Entwicklungsgeschichte auch erscheinen mag, im alltäglichen Leben des vielfältigen komplexen Miteinanders erweisen sich die emotionalen Komponenten der Bewertung und Steuerung als ‚primitiv‘ und vielfältig überfordert. So mag man z.B. die hormonale Programmierung des männlichen Gehirns auf spezifische weibliche Attribute gattungstechnisch als ‚überlebensnotwendig‘ klassifizieren oder sie subjektiv bisweilen als ‚angenehme‘ empfinden, in den meisten Fällen ist diese Programmierung aber unangepasst, störend, quälend bis hin zu zerstörend und Enttäuschungen produzierend. Das hormonale Programm als solches ist sehr dumm, es ist ‚blind‘. Ähnlich sind viele tief sitzende primitiven Bedürfnisse wie z.B. an ‚Kontrolle‘, an ‚Macht‘ und an ‚Ruhm‘ Fixierungen, die den betreffenden ‚von innen fesseln‘, ihn an bestimmte Ereignisse, Situationen ‚binden‘. Enttäuschungen hier, Zerstörungen dort sind unausweichlich; eine vergiftete Atmosphäre ist das begleitende ‚Parfüm‘ dieser Verhaltensprogramme.
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Wenn am Ende von Hoffmanns Erzählungen das ‚Leiden‘ als mögliches Tor zur Läuterung, zur Erlösung bemüht wird, dann fragt man sich: wieso? Warum und wie kann das Leiden die Situation verbessern, und , warum erst Leiden? Warum nicht gleich den ‚besseren‘ Weg wählen, wenn es denn einen gibt. Warum soviel Zeit mit ‚Schrott‘ verbringen, wenn es doch etwas ‚Besseres‘ gibt?
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Das Leiden wird gerne und oft bemüht als der ‚Preis‘ für ein falsches Leben oder eben als möglicher ‚Einstieg‘ in ein Besseres. Doch erscheint dies zu billig. Denn weder muss das Leben immer und überall zum ‚Leiden‘ führen noch ist gesagt, dass Menschen durch Leiden tatsächlich zu einem ‚besseren‘ Zustand finden. Viele (die meisten?), die durch den Gang ihres konkreten Lebens in den inneren Zustand des ‚Leidens‘ kommen, finden dadurch nicht zu einem besseren Leben. Sie verfangen sich in diesen Gefühlen und finden keinen Ausgang. Es ist wie ein Strudel, der alles weg zu reißen scheint, was vielleicht Hoffnung geben könnte. Die Betroffenen wirken wie Ertrinkende, bei denen nicht klar ist, welcher ‚Rettungsring‘ noch greift.
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Der Verweis auf das Leiden erscheint daher eher als hilflose Geste gespeist von einem Funken Hoffnung, dass es trotz all des erlebten Scheiterns irgendwie doch noch irgendwo etwas gibt, was da heraus führt.
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Im Buddhismus hat man hier eine sehr einfache Antwort: ‚Man muss sich von all dem lösen, was Leiden erzeugen kann‘. Im radikalen Sinn würde dies bedeuten, dass man seinem aktuellen Leben ein Ende bereitet, da unsere aktuelle Lebensform sich genau durch diese implizite ‚Spannung‘ definiert. Im Gegensatz zur ‚unbelebten‘ Materie definiert sich Leben ja gerade dadurch, daß durch Zusammenführung von freier Energie aus der Umgebung Potentialunterschiede aufgebaut werden, die durch die daraus resultierenden Differenzen/ Spannungen zu jenen Informationsflüssen fähig sind, die das Geschehen in den Zellen, in den Zellverbänden, in den Organen, im Körper ermöglichen. Wir sind körperlich nur das, was wir sind, weil hunderte von Milliarden Potentialunterschiede sich gegenseitig, wechselwirkend anregen, anstoßen, und zwischen Spannung und Entspannung hin und her oszillieren. Und dies alles nicht ‚ungeordnet‘, sondern in – fast möchte ich sagen ‚geheimnisvollen‘ – Rhythmen, deren Ungleichzeitigkeit und Gleichzeitigkeit die Symphonie eines bewussten Gehirns ermöglichen. Aus dieser Perspektive erscheint das Motto des Buddhisus als lebensfeindliche Ideologie, die genau das, was Leben ausmacht, verteufelt. Das erscheint mir nicht zielführend.
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Unsere aktuelle körperliche Lebensform, die ein Durchgangsstadium repräsentiert von ungefähr -3.6 Milliarden beginnend bis zu einem unbekannten Enddatum, enthält neben sehr vielen ‚eingebauten‘ (‚angeborenen, genetisch bedingten,….) Mechanismen, die sowohl hilfreich als auch störend, belastend sein können, auch verschiedene Möglichkeiten, sich ‚zusätzliche‘ Erkenntnis- Erlebens- und Handlungsebenen zu verschaffen, die über die eingebauten Tendenzen hinausführen können. Die Antonia aus Hoffmanns Erzählungen wird zwischen verschiedenen erlebten Zuständen (Gefühlen) hin und her gerissen, weil sie nicht weiß, wie sie die verschiedenen Gefühle ‚bewerten‘, ‚deuten‘ soll. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir heute in der Kunst der Gefühlsdeutung im Alltag nennenswert weiter gekommen sind. Die Literatur über Gefühle ist zwar uferlos, aber ihr ‚Wahrheitsgehalt‘ erscheint mir gering, da meistens sehr beliebig. Die wissenschaftliche Psychologie hilft partiell weiter, sehr partiell. Das größte Hindernis für einen substantiellen Fortschritt in Sachen besseres Verständnis der menschlichen Emotionen und ihre konstruktive Einbindung in den Alltag sehe ich darin, das wir bislang nicht zugeben können, dass wir fast nichts Brauchbares wissen. Wissenschaft wird zur Pseudowissenschaft, wenn sie vorgibt, mehr zu können als sie wirklich kann.
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Eine Oper besteht natürlich nicht nur aus Handlungen und Text, sondern auch aus Klängen, die Handlung und Text ‚umhüllen‘. Sie dringen ins Ohr und bewegen unsere Emotionen (und den Verstand?). Aber, es ist bekannt, dass das visuelle System des Menschen das auditive ‚dominiert‘: erste ’sehen‘ wir und dann ‚hören‘ wir. So entsteht in einer Oper eine diffuse Parallelität zwischen Zuschauer und Zuhörer, zwischen Bild und Klang, eine Parallelität, die naturgemäß nicht ‚aufgeschlüsselt‘ ist. Wer nicht vorher den Text, die Handlung und die Partitur intensiv analysiert hat, der wird nahezu nichts von den Details der Musik ‚mitbekommen‘. Es bleiben im Gesamteindruck Höhen und Tiefen, Laut Leise, diverse Klangfarben, emotionale Schwingungen, anrührende Stimmen, blasse Abschnitte, usw. im ‚Kontext‘ einer Handlung, die anspricht oder nicht. Ist dies eine ‚Versklavung‘ der Musik durch das Auge? Nur, wenn man es so sehen will. Im ‚reinen‘ Konzert wird das Auge weitgehend neutralisiert. Es gibt viele Formen der Einwirkung auf das Gehirn.
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GOTT MISSBRAUCHEN
(1) Insofern es ‚Gott‘ als ‚Erstes‘, ‚Höchstes‘, ‚Lebenswertestes‘ usw. gibt, ist die Art und Weise, wie Menschen über dieses ‚Erste‘, ‚Höchste‘ usw. reden, nicht ganz egal. Es ist eine reale Möglichkeit, dass Menschen über ‚Gott‘ in einer Art und Weise reden, die die Sache ‚Gottes‘ ‚falsch‘ darstellt. Es ist eine reale Möglichkeit, dass Menschen ihre individuellen Bilder und Interessen haben, die NICHT die Sache Gottes sind, und dass diese Menschen etwas ganz und gar Falsches und Schlechtes als die Sache Gottes vorgeben.
(2) Insofern ‚Gott‘ der ‚Schöpfer‘ von allem ist, kann man das ‚Ganze‘, zu dem zwangsläufig auch das Universum gehört, nicht gegen Gott ausspielen! Wer sich für den REALEN Gott interessiert, der muss sich auch für das REALE Universum interessieren. Das Wissen um das Universum, das Wissen um die REALE Welt, kann in keiner Weise gegen Gott gerichtet sein, sondern ist ein solches Wissen, das das ‚wahre Wesen‘ Gottes in diesem Bereich (der möglicherweise nur ein Teil ist) ‚enthüllt‘.
(3) Wer ‚Gott‘ suchen will, muss sich davor hüten, den ‚falschen‘ Bildern hinterher zu laufen, muss sich vor den ‚falschen‘ (natürlicherweise ’selbsternannten‘) Propheten hüten. Nur weil einer behauptet, ‚über Gott‘ zu sprechen, muss er nicht wirklich ‚im Namen Gottes‘ sprechen; nur weil jemand besonders ‚laut‘ und ‚radikal‘ auftritt, ist er nicht automatisch ein ‚wahrer‘ Verkünder. Salbungsvolle Worte, das Drücken auf die Tränendrüsen, stimmungsvolle Inszenierungen, das Einfordern von Hab und Gut, die Einschränkungen von persönlichen Freiheiten, das Verbieten anderer Denkweisen, der Appell an eine formale Autorität, das Schlecht-Reden anderer Menschen, all dies sind Gegebenheiten, die mehr als nur besondere Aufmerksamkeit fordern.
(4) Natürlich kann es passieren, dass Menschen ‚über Gott‘ sprechen und diese sind subjektiv sogar der Meinung, dass das, was sie sagen, auch ‚wirklich wahr‘ sei (obwohl es tatsächlich falsch ist). Dies ist ein schwieriger Fall. Woran können diese Menschen ‚erkennen‘, dass ihr ‚Bild von Gott‘ falsch ist? Sind Sie sich selbst bewusst, dass Sie sich selbst ‚irren‘ können?
(5) Wir als Menschen sind zwar einerseits ein unauflöslicher Teil des umspannenden Phänomen des Lebens auf dem Planeten Erde, wir weisen aber auch die Besonderheit auf, dass unsere Körper ein Gehirn besitzen, das uns in die Lage versetzt, kontinuierlich (und ‚vollautomatisch‘) ‚Bilder‘ von uns selbst und der umgebenden Welt zu haben. Diese Bilder –soviel wissen wir heute– sind nicht die Welt selbst, sondern –wie das Wort schon sagt– sind ‚Bilder‘, ‚Konstruktionen‘ unseres Gehirns auf der Basis der Ereignisse, die unsere Sinnesorgane von den Ereignissen ‚außerhalb‘ und ‚innerhalb‘ unseres eigenen Körpers liefern. Für einfache Verhaltensweisen (wie z.B. sich richtig bewegen) sind diese Bilder ausreichend geeignet. Für kompliziertere Sachverhalte sind diese Bilder schnell ‚unscharf‘, ‚missverständlich‘, ‚falsch‘. Wer ernsthaft daran interessiert ist, dass diese seine eigenen Bilder von der Welt (und sich selbst) möglichst wenig ‚falsch‘ sind, ist herausgefordert, sich darum zu kümmern, wie er sich selbst vor der ‚Falschheit seiner eigenen Bilder‘ ’schützt‘.
(6) Die grundlegende Herausforderung besteht darin, dass jeder die ‚automatisch erstellten Bilder‘ ‚in seinem eigenen Kopf‘ auf auch für andere nachvollziebare, transparente Weise mit den Gegebenheiten seines eigenen Körpers und den Gegebenheiten außerhalb seines Körpers ‚vergleicht‘. In manchen Fällen ist dies einfach (z.B. bei der Frage, ob das Geld für alle eingekauften Lebensmittel ausreichend ist), in anderen Fällen kann dies beliebig schwierig werden (dreht sich die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde; ist das Elektron eine Welle oder ein Teilchen….). Von daher ist es vielleicht kein Zufall, dass sich das, was wir neuzeitliche Wissenschaft nennen, erst mit dem Jahrhundert Galileis so langsam zu entwickeln begann und es mehrere hundert Jahre gebraucht hat, bis die sogenannten Methoden der empirischen Wissenschaften ansatzweise ‚global‘ bekannt sind und auch angewendet werden. Dass aber selbst mehr als 400 Jahre nach Galilei mindestens die Hälfte aller Menschen diese Methoden immer noch nicht wirklich kennt und verstanden hat und diese sogar als ‚Bedrohung‘ der eigenen Bilder von der ‚Welt‘ und von ‚Gott‘ empfindet, zeigt, wie schwer wir Menschen uns tun, die Besonderheiten unseres menschlichen Wissens soweit zu verstehen, dass wir verstehen, warum und wie unser aktuelles Wissen immerwährend gefährdet und vom Ansatz her eher falsch als richtig ist (und zwar gerade da und dort, wo es ‚interessant‘ wird).
(7) Dass jemand ‚falsche‘ Bilder in seinem Kopf mit sich herum trägt ist von daher wahrscheinlicher als dass er ‚richtige‘ Bilder hat. Den ‚wahrheitsliebenden‘ Menschen (Philosoph = philos, sophia = Freund der Weisheit) kann man vor diesem Hintergrund daran erkennen, dass er um seine grundsätzliche und andauernde ‚Bedrohung‘ durch ‚falsche‘ Bilder weiß und er grundsätzlich offen dafür ist, sich von anderen ‚Rat‘ zu holen, sich mit anderen abzustimmen, seinen Wissen immer und immer wieder neu bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu überprüfen. Ein wahrer Philosoph würde NIEMALS behaupten, er sei im Besitz der Wahrheit!!!, weil er weiß, dass ‚wahre Wahrheit ein kontinuierlicher Prozess der Annäherung der subjektiven Bilder an die Gegebenheiten jenseits des Gehirns ist, und dieser Prozess ist solange unvollendet, als wir Erkenntnissuchende in diesem konkreten Körper mit diesem konkreten Gehirn sind.
(8) Solange Menschen um diese ihre ‚ihnen innewohnende‘ Unvollkommenheit wissen, sich aber gegenseitig wert schätzen und sich wechselseitig helfen, die individuellen Unvollkommenheiten durch gemeinsame Verständigung ‚auszugleichen‘, sind Menschen zu erstaunlichen Erkenntnissen und darauf aufbauenden (komplexen) Handlungen fähig. Das Gebäude der neuzeitlichen Wissenschaft mit der damit verwobenen Technologie und vielfältigsten ökonomischen, sozialen, politischen, kulturellen und sonstigen Leistungen ist atemberaubend (insbesondere, wenn man dies auf einer Zeitachse betrachtet und sieht, wie viele tausende, zehntausende und gar hundert tausende Jahre nichts Vergleichbares stattgefunden hat). Verkennen wir Menschen aber unsere individuellen Grenzen und Unvollkommenheiten, dann verfestigen sich Fehler, Unvollkommenheiten, Falschheiten, verstärken sich sogar und führend zwangsläufig zu falschen Bildern, nicht selten dann sogar zu Unheil.
(9) Die ‚Liebe zur Wahrheit‘ (wahre Philosophie) verlangt also aufgrund der Art und Weise, wie wir Menschen ‚gebaut‘ sind, dass wir nicht nur um unsere eingebauten Grenzen und Unvollkommenheiten wissen, sondern dass wir auch mit diesen Grenzen und Unvollkommenheiten in der rechten Weise umgehen. Es gibt KEIN EINZIGES BILD (kein einziger Gedanke) in unserem Kopf, der einfach AUS SICH HERAUS ‚wahr‘ ist. ALLE unsere Bilder (Gedanken) sind Konstruktionen unseres Gehirns, die letztlich (am besten mehrfach, und immer wieder) überprüft werden sollten. In diesem Zusammenhang führt ‚Selbstverliebtheit‘, ‚Eitelkeit‘, ‚Hochmut‘ und dergleichen mehr direkt und unweigerlich in die ‚Nacht der falschen Bilder‘.
(10) Es gab –und gibt– immer wieder Menschen, die an das ‚Wunder der direkten umfassenden Wahrheit‘ glauben. Sie glauben (‚Intuition‘, ‚Genie‘, ‚Offenbarung‘,…), sie könnten den langen beschwerlichen Weg der Erkenntnis, bei dem jeder allen anderen ‚dient‘ (und damit umgekehrt von allen anderen sehr viel bekommt) durch etwas ‚Wundersames‘ umgehen; durch den ‚großen Trick‘, durch das ‚Wunder schlechthin‘, durch ‚Magie‘, durch ‚Zauber‘, usw. Dies alles scheint –nach heutigem Wissen– falsch zu sein.
(11) ALLE Menschen sind ‚Blüten‘ am ‚Baum‘ des Lebens auf dem Planeten Erde, wo schon die materielle Struktur dieses Lebens das bisherige menschliche Begreifen überfordert und bislang nur Raum für grenzenloses Staunen und Wundern läßt. Das Durchdringen der erkennbaren materiellen Strukturen und ihrer atemberaubenden Dynamik von ’scheinbarer Planlosigkeit‘ hin zu immer komplexeren Strukturen, die jeder mathematischen ‚Zufälligkeit‘ ‚zuwiderlaufen‘, dieses ‚geistige Durchdringen‘ in Richtung eines ‚tieferen‘ und ‚umfassenderen‘ Verstehens hat bislang kaum begonnen. Viele (die meisten?) Menschen sind noch so sehr mit den ‚alten‘ und ‚falschen‘ Bildern in ihrem Kopf beschäftigt, dass sie die atemberaubende Perspektive eines umfassenden Lebensprozesses noch nicht einmal ansatzweise wahrgenommen haben. Manche reden von ‚Gott‘ als dem ‚Schöpfer‘ von allem, haben sich aber noch nie mit der Schöpfung so beschäftigt, dass Sie zu ahnen beginnen könnten, wie ‚in‘ und ‚hinter‘ dem Allem die ewige Präsenz des wahren Schöpfers spürbar wird, der soweit all unseren kleinlichen und unvollkommenen Bilder des Lebens übersteigt, dass das Reden eines einzelnen Menschen über ‚den‘ Schöpfer zwangsläufig zu einer Karikatur zu werden droht, die mehr ‚falsch‘ als ‚wahr‘ ist.
(12) Es gehört zum Geheimnis des Lebens, dass der einzelne angesichts des großen Ganzen wie ‚Nichts‘ erscheint, dass aber das große Ganze ohne jeden einzelnen tatsächlich Nichts ist…..
(13) Ein weiteres Geheimnis ist, dass niemand gezwungen ist, die Wahrheit zu suchen (eine Form von ‚Freiheit zur Unwahrheit’…); ohne die Wahrheit kann das Leben auf dem Planeten Erde allerdings untergehen….