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CONSCIOUSNESS – BEWUSSTSEIN. Review von Nick Lane’s Kap.9 aus ‚Life Ascending‘ (2009)

Nick Lane „Life Ascending“, London: Profile Books Ltd, 2009 (Paperback 2010)

KONTEXT ZU DIESEM EINTRAG

  1. Dieser Blogeintrag beschäftigt sich mit Kap.9 von Nick Lane’s Buch (s.o.) mit dem Thema Consciousness (Bewusstsein). Dieser Besprechung gingen schon drei andere voraus. Diese finden sich hier.
  2. Das Erkenntnisinteresse liegt hier einmal darin, seine Position darzustellen, zum anderen aber auch, um seine Position einzuordnen in den größeren erkenntnistheoretischen und wissenschaftsphilosophischen Kontext der Frage nach der möglichen Rolle von Bewusstseinsdaten im Verhältnis zu den empirischen Verhaltens- und Körperwissenschaften.
  3. Wie man aus den bisherigen Blogeinträgen von cagent leicht entnehmen kann, spielte diese Frage von Anbeginn des Blogs eine wichtige Rolle.

BEWUSSTSEIN IN EINEM KÖRPER

Notizen Teil 1 zur Lektüre von Kap.9 aus Nick Lane's Buch 'Life Ascending' (2009)
Notizen Teil 1 zur Lektüre von Kap.9 aus Nick Lane’s Buch ‚Life Ascending‘ (2009)
  1. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass das Phänomen des menschlichen Bewusstseins normalerweise im Kontext eines Gehirns in einem Körper erfahren wird.
  2. Der Körper entsteht im Rahmen eines Wachstumsprozesses (Ontogenese) aus einer befruchteten Zelle.
  3. Jeder individuelle Körper ist Teil einer umfassenderen Population, die immer das Ergebnis eines evolutionären Entstehungsprozesses ist.
  4. Das Verhalten der Ausgangs-Zelle im Wachstumsprozess wird von Genen gesteuert. Diese bestimmen das entstehende Gehirn in seinen Grundstrukturen (z.B. Größe der Gehirnbereiche, Verhältnis von aktivierenden und hemmenden Neuronen, die quantitativen Mengen der verschiedenen Neurotransmitter, usw.).(vgl. S.247)
  5. Aufgrund des Verhältnisses von ca. 1 Gen zu ca. 8 Mrd. Synapsen (nach Christoph Koch, vgl. S.247) ist klar, dass die Gene nicht die Details der neuronalen Verschaltungen festlegen können. Diese ergibt sich vielmehr aus der Interaktion des Gehirns mit seiner Umgebung (dem Körper). Durch diese Interaktionen (= Lernprozesse) werden manche Verbindungen gestärkt, andere schwächen sich ab; die ungenutzten sterben weg.

DREI WEISEN DER REALITÄT

Notizen Teil 2 zur Lektüre von Kap.9 aus Nick Lane's Buch 'Life Ascending' (2009)
Notizen Teil 2 zur Lektüre von Kap.9 aus Nick Lane’s Buch ‚Life Ascending‘ (2009)
  1. Interessant ist, dass das Reden über das Phänomen des Bewusstseins mindestens drei Wirklichkeitsbereiche voraussetzt: (i) Es gibt einmal den Körper, in dem physikalische, chemische, Biochemische Prozesse ablaufen, die u.a. körperinterne Zustände und Zustandsänderungen kodieren, repräsentieren und miteinander interagieren lassen.
  2. Dann gibt es (ii) Objekte und Ereignisse außerhalb des Körpers, durch die die Körperprozesse nur insoweit tangiert werden, als diese körperexternen Gegebenheiten sich durch Interaktion mit dem Körper irgendwie als Zustandsänderungen im Körper ZVe niederschlagen. Diese körperinternen Zustandsänderungen ZV sind nicht die verursachenden Objekte selbst!
  3. Insofern die extern verursachten Zustandsänderungen des Körpers wiederum mit Teilen des Gehirns interagieren, kann das Gehirn (nn) unterschiedliche Verrechnungsprozesse starten, die zu unterschiedlichen Ereignisstrukturen (ZVnn) führen (also eine Abbildung der Art nn: ZVe —> ZVnn, oder rekursiv: nn: ZVe x ZVnn —> ZVnn x ZVe).
  4. Dass die vom Gehirn errechneten Repräsentationen ZVnn irgend etwas mit der realen Welt außerhalb des Körpers zu tun haben, ist – im ersten Ansatz gedacht – zunächst eher unwahrscheinlich. Warum sollte es einen Zusammenhang geben? Dem steht die tägliche Erfahrung gegenüber, dass jeder Mensch normalerweise das Gefühl hat, dass das Bild, das sein Gehirn von der Außenwelt erzeugt, genau diese Außenwelt ist. Das ist ein Paradox.
  5. Schließlich gibt es noch (iii) die Erlebnisse aus der ersten Person Perspektive, die individuellen persönlichen (privaten, subjektiven) Erlebnisse, Wahrnehmungen, Gefühle, die zwar jeder hat, aber die von einer anderen Person (dritte Person Perspektive, intersubjektiv, empirisch) nicht direkt wahrgenommen werden können.
  6. Für die wahrnehmende Person sind diese subjektiven Erlebnisse real, unmittelbar erlebbar, eine Vielzahl unterscheidbarer Eigenschaften (Qualitäten, Qualia), die alle zusammen vereint erscheinen, eingebunden in ein erlebbares Ganzes, dabei kontinuierlich fließend, d.h. jede Situation geht unmerklich über in die nächste.
  7. Das zweite Paradox ist, dass dieses subjektive Erleben der Welt aus sich heraus keinerlei Rückschlüsse zulässt über jene (neuronalen, physiologischen) Prozesse im Körper, die in der Tat diesen subjektiven Erlebnisstrom erst ermöglichen.
  8. Während sich die physiologischen und neuronalen Prozesse biochemisch beschreiben lassen, man sie detailliert messen kann, entziehen sich die subjektiven Wahrnehmungen jedem messenden Zugriff. Während einige der neuronalen Prozesse zeitlich mit bewussten Wahrnehmungen korrelieren, gilt dies für die große Masse der neuronalen Prozesse nicht. Deren Ablauf erscheint völlig unkorreliert mit möglichen bewussten Wahrnehmungen. Wann ist ein biochemischer Prozess mit Bewusstsein verknüpft, wann nicht? Dies gilt – nach dem Philosophen David Chalmers – als das sogenannte ‚harte Problem‘ des Bewusstseins. (vgl. S.236)

INTERAKTIONEN GEHIRN UND BEWUSSTSEIN

Notizen Teil 3 zur Lektüre von Kap.9 aus Nick Lane's Buch 'Life Ascending' (2009)
Notizen Teil 3 zur Lektüre von Kap.9 aus Nick Lane’s Buch ‚Life Ascending‘ (2009)
  1. Obwohl die genaue Natur des Wechselverhältnisses zwischen intersubjektivem (= empirischem) Gehirn (NN) und subjektivem Bewusstsein (PH) bislang nicht aufgeklärt werden konnte, gibt es doch sehr viele konkrete Fälle, durch die man mögliche Hypothesen über die Wechselwirkung zwischen NN und PH aufstellen kann.
  2. Eine Klasse von Fällen beruht auf Verletzungen/ Zerstörungen/ Ausfällen bestimmter physischer Teile des Gehirns (NN*), die mit typischen Veränderungen im Verhalten der betreffenden Personen (SR*) korrelieren bzw. die oft auch von den betreffenden Personen (PH*) verbal kommentiert werden. Also eine Abbildung der Form: CORR(NN*, SR*). Eine andere Klasse von Fällen beruht auf der umgekehrten Wirkrichtung: man erzeugt bewusst bestimmte Verhaltensreize S‘, die dann bei einem bestimmten Gehirn NN zu bestimmten Gehirnaktivitäten (NN(t)) sowie zu bestimmten Antwortreizen R‘ führen. also nn: S‘ x NN —> NN x R‘.
  3. Zu den einzelnen Fällen siehe SS.238ff
  4. Aus all den Experimenten schält sich heraus, dass das bewusste Erleben von der Art der neuronalen Prozesse direkt und reproduzierbar beeinflusst wird, obgleich bis heute unklar ist, was genau die bewussten Erlebnissen sind.
  5. Ferner zeigt sich, dass das subjektive Erleben zwar als eine Einheit von vielen Eigenschaften (Qualia) zugleich erscheint, die korrelierenden neuronalen Prozesse aber über das ganze Gehirn verteilt sein können. Aus diesem Befund wir die Hypothese hergeleitet, dass dass das Gehirn über Mechanismen verfügt, unterschiedliche Prozesse und Bereiche zum richtigen Zeitpunkt und sachlich angemessen zu korrelieren (hier werden genannt Edelman, Crick und Koch, sowie Singer). (vgl. SS.245ff) Dazu gehört auch die verfeinernde Annahme, dass die Vielzahl der Prozesse eine bottom-up Struktur haben, eine implizite Hierarchie, in der viele Details im weiteren Verlauf immer mehr abstrahiert und mit anderen Prozessen korreliert werden. Nur die obersten Stufen dieser Hierarchie (nicht alle) sind gewöhnlich bewusst.
  6. Letztere Annahme macht es zwar einerseits plausibel, warum und wie das Bewusstsein situationsbezogen genau jene groben Strukturen wahrnimmt, um die es gerade geht, ohne all die Milliarden Details im Untergrund, macht es aber noch spannender mit der Frage, wann, wie, und warum bestimmte biochemische Prozesse in solche bewusste Tatbestände umschlagen und andere nicht. Die berühmte Frage nach den neuronalen Korrelaten des Bewusstseins (NKB) (’neurol correlates of consciousness (NCC)‘)(vgl. S.243)

ERSTE LOKALISIERUNG DES BEWUSSTSEINS

  1. Berücksichtigt man all die vorangehenden Fakten und Hypothesen, dann bleibt es immer noch offen, ob man das Bewusstsein doch noch irgendwie weiter einkreisen kann. Lane lässt sich hier u.a. von Wissenschaftlern wie Julian Jaynes, Derik Denton, Steven Rose, Gerald M.Edelman, Antonio Damasio und José Musacchio inspirieren.
  2. Danach ermutigen  zahlreiche Befunde die Hypothese, dass das Bewusstsein primär im alten Teil des Gehirns gründet (Gehirnstamm, Mittelhirn), in dem die vielfältigen Körperzustände repräsentiert und kontrolliert werden. Hier sind auch die primären Emotionen wie Hunger, Durst, Angst, sexuelle Lust und Schmerz verankert, die alle für das Überleben des Organismus von zentraler Bedeutung sind. Diese kommentieren alle Körperzustände automatisch und wirken sich direkt steuernd auf das Verhalten aus. Jüngere Gehirnteile (wie der Neokortex) können zwar das sachliche Weltbild erheblich weiter ausdehnen, differenzieren, setzen aber das primäre Körpermodell mit seinen emotionalen Kommentaren weiterhin voraus.
  3. Nach Lane sieht Damasio das moderne Selbstbewusstsein verortet als eine neue Berechnungsstufe oberhalb des alten Körpermodells und den neuen Sachdimensionen. Das ausgeweitete und differenziertere Bild der Objekte und Ereignisse in der Außenwelt vermittelt durch den Neokortex wird permanent in seinen Wechselwirkungen mit dem Körpermodell abgeglichen. Dieses liefert auch kontinuierlich emotionale Kommentare. Auf der abstrakteren Ebene können die Körperdaten mit den neuen Situationsmodellen verrechnet werden. Sprache bedeutet sowohl eine neue Repräsentationsebene (Laute, Zeichen, Gesten, …= Syntax)) wie auch eine neue Bedeutungsebene (Abbildung von Zeichenrepräsentanten auf Objektrepräsentanten, einschließlich den Emotionen = Semantik, auch Pragmatik). Insofern jeder Mensch eine hinreichend ähnliche neuronale Struktur besitzt ist auf diese Weise begrenzt eine Kommunikation über die jeweils subjektiven Zustände möglich, aber nur soweit, als die beteiligten Personen über hinreichend ähnliche Erfahrungen verfügen.

ONTOLOGISCHER STATUS DES BEWUSSTSEINS

  1. Bleibt noch die Frage, wie man die Phänomene des Bewusstseins ontologisch einordnen kann/ soll.
  2. Für den Wahrnehmenden sind sie subjektiv real. Verglichen mit Prozessen außerhalb des bewussten Wahrnehmungsraumes ist ihr Status völlig offen.
  3. Lane diskutiert auch explizit Hypothesen aus dem Bereich der Quantenphysik. (vgl. SS.252ff) Doch weder lassen sich diese Hypothesen bisher experimentell überprüfen noch sind sie logisch überzeugend. Die Phänomene des Bewusstseins reräsentiern keine Quantenstruktur.(vgl. S.254)

ABSPANN

  1. Dieses Kapitel 9 von Lane (hier nur in Teilen wieder gegeben) liefert inhaltlich mehr Anregungen als so manches komplettes Buch zum Thema Bewusstsein.
  2. Viele Fragen sind weiterhin offen.
  3. Interessant ist die Frage, wie sich die bekannten psychologischen und neuropsychologischen Gedächtnismodelle zu dieser (anfangshaften) Theorie des Bewusstseins verhalten.
  4. Bislang werden diese Gedächtnismodell unabhängig von Fragen der Bewusstseinstheorie oder der Gehirnentwicklung diskutiert. Auch haben die so einflussreichen Emotionen in diesen Theorien keinen rechten Platz.
  5. Ferner ist das methodische Problem einer Theorie des Bewusstseins angesichts der Vielzahl an Disziplinen und Methoden keineswegs geklärt. So rekurrieren die Gehirnforscher oft und gerne auf korrelierendes Verhalten oder auf korrelierende Bewusstseinstatbestände, ohne dass sie aber auf die methodischen Probleme dieser andersartigen Daten explizit eingehen noch dass sie überhaupt explizite verhaltensbasierte oder bewusstseinsbasierte Theorien voraussetzen. Neuropsychologie und Neurophänomenologie sind wirkliche Desiderata, die allerdings sowohl eine theoriefähige Psychologie wie auch eine theoriefähige Phänomenologie voraussetzen.
  6. Zur Frage der ontologischen Geltung würde ich gerne die Hypothese beisteuern, dass möglicherweise die Bewusstseinsdaten emergente Phänomene sind analog wie viele andere Phänomene, wie z.B. auch die Gravitation. Dies bedeutet, dass unsere Materie nicht nur jene Eigenschaften implizit enthält, die sich im Verlauf der biologischen Evolution in immer komplexeren Zusammenhängen gezeigt haben, sondern im synchronisierten Zusammenwirken von Milliarden von Neuronen entsteht ein Ereignisfeld, das genau jene Qualität zeigt, die wir Bewusstsein nennen. Analog ist die Gravitation auch nur erfahrbar in bestimmten Konstellationen von Materie, ohne dass die Gravitation solch ein einzelner Körper wäre.

Eine Überscht über alle bisherigen Blogenträge des Autors cagent nach Titeln findet sich HIER.

DAS NEUE MENSCHENBILD – ERSTE SKIZZE

MUSIK ZUR EINSTIMMUNG

Das Stück „Wenn die Worte aus der Dunkelheit aufsteigen wie Sterne“ entstand zunächst als ein reines Instrumentalstück (die erste Hälfte des aktuellen Stücks; diesen Teil hatte ich auch schon mal am 4.April im Blog benutzt). Doch inspirierte die Musik zum ‚Weitermachen‘, zunächst entstand eine Fortsetzung rein instrumental; dann habe ich ab der Mitte spontan einen Text dazu gesprochen. Im Nachhinein betrachtet passt dieser Text sehr gut zum heutigen Blogeintrag (ist kein Dogma … :-))

UNSCHULDIGER ANFANG

1. Als ich am 20.Januar 2007 – also vor 7 Jahren und 3 Monaten – meinen ersten Blogeintrag geschrieben habe, da wusste ich weder genau, was ich mit dem Blog wollte noch konnte ich ahnen, was durch das Niederschreiben von Gedanken alles an ‚kognitiven Bildern‘ von der Welt und dem Menschen entstehen konnte. Langsam schälte sich als Thema – wenngleich nicht messerscharf – ‚Neues Weltbild‘ heraus. Das konnte alles und nichts sein. Aber im gedanklichen Scheinwerferkegel von Theologie, Philosophie, Wissenschaftstheorie, Psychologie, Biologie, Linguistik, Informatik, Neurowissenschaften, Physik gab es Anhaltspunkte, Eckwerte, die den aktuellen Gedanken wie eine Billardkugel von einer Bande zur anderen schickten. Dazu die heutige, aktuelle Lebenserfahrung und die vielen Begegnungen und Gespräche mit anderen Menschen.

2. Die letzten beiden Blogeinträge zum Thema Bewusstsein – Nichtbewusstsein markieren einen Punkt in dieser Entwicklung, ab dem ‚wie von Zauberhand‘ viele einzelnen Gedanken von vorher sich zu einem Gesamtbild ‚zusammen schieben‘, ergänzen.

AUSGANGSPUNKT INDIVIDUELLES BEWUSSTSEIN

3. Akzeptieren wir den Ausgangspunkt des individuellen Bewusstseins B_i als primären Erkenntnisstandpunkt für jeden Menschen, dann besteht die Welt für jeden einzelnen zunächst mal aus dem, was er/ sie im Raume seines eigenen individuellen Bewusstseins erleben/ wahrnehmen kann.

4. Da es aber zur Natur des individuellen Bewusstseins gehört, dass es als solches für ‚andere‘ ‚unsichtbar‘ ist, kann man auch nicht so ohne weiteres über die Inhalte des eigenen Bewusstseins mit anderen reden. Was immer man mit Hilfe eines Ausdrucks A einer Sprache L einem anderen mitteilen möchte, wenn der Ausdruck A als Schallwelle den anderen erreicht, hat er zwar einen Schalleindruck (falls erhören kann), aber er/ sie weiß in dem Moment normalerweise nicht, welcher Inhalt des Bewusstseins des Sprechers damit ‚gemeint‘ sein könnte.

5. Dass wir uns trotzdem ‚unterhalten‘ können liegt daran, dass es offensichtlich einen ‚Trick‘ geben muss, mit dem wir diese unüberwindliche Kluft zwischen unseren verschiedenen Bewusstseinsräumen überwinden können.

KLUFT ZWISCHEN INDIVIDUELLEN BEWUSSTSEINSRÄUMEN ÜBERWINDEN

6. Der ‚Trick‘ beruht darauf, dass der individuelle Bewusstseinsraum einem ‚individuellen Körper‘ zugeordnet ist, dass es in diesen Körper Gehirne gibt, und dass das individuelle Bewusstsein eines Körpers k_i als Ereignis im Gehirn g_i des Körpers k_i zu verorten ist. Das Bewusstsein B_i partizipiert an den Gehirnzuständen des Gehirns, und dieses partizipiert an den Körperzuständen. Wie die Wissenschaft mühsam erarbeitet hat, können bestimmte Außenweltereignisse w über ‚Sinnesorgane‘ in ‚Körperereignisse‘ ‚übersetzt‘ werden‘, die über das Gehirn partiell auch das Bewusstsein erreichen können. Sofern es jetzt Außenweltereignisse w‘ gibt, die verschiedene Körper in ähnlicher Weise ‚erreichen‘ und in diesen Körpern via Gehirn bis zu dem jeweiligen individuellen Bewusstsein gelangen, haben diese verschiedenen individuellen Bewusstseinsräume zwar ‚rein private‘ Bewusstseinszustände, aber ‚gekoppelt‘ über Außenweltzustände w‘ haben die verschiedenen Bewusstseinszustände B_1, …, B_n alle Bewusstseinsereignisse b_i, die als solche ‚privat‘ sind, aber ‚zeitlich gekoppelt‘ sind und sich mit Änderung der Außenweltzustände w‘ auch ’synchron‘ ändern. Die gemeinsam geteilte Außenwelt wird damit zur ‚Brücke‘ zwischen den körperlich getrennten individuellen Bewusstseinsräumen. Diese ‚ gemeinsam geteilte Außenwelt‘ nennt man oft den ‚intersubjektiven‘ Bereich der Welt bzw. dies stellt den Raum der ‚empirischen Welt‘ [Wemp] dar. Aus Sicht des individuellen Bewusstseins ist die empirische Welt eine Arbeitshypothese, die dem individuellen Bewusstsein zugänglich ist über eine spezifische Teilmenge [PHemp] der Bewusstseinszustände [PH].

EMPIRISCHE WELT ALS SONDE INS NICHTBEWUSSTSEIN

7. In der Geschichte des menschlichen Wissens spielt die Entdeckung der empirischen Welt und ihre systematische Untersuchung im Rahmen der modernen empirischen Wissenschaften bislang – nach meiner Meinung – die größte geistige Entdeckung und Revolution dar, die der menschliche Geist vollbracht hat. Auf den ersten Blick wirkt die Beschränkung der empirischen Wissenschaften auf die empirischen Phänomene PHemp wie eine unnötige ‚Einschränkung‘ und ‚Verarmung‘ des Denkens, da ja die Menge der bewussten Ereignisse PH erheblich größer ist als die Menge der empirischen Ereignisse PHemp. Wie der Gang der Geschichte aber gezeigt hat, war es gerade diese bewusste methodische Beschränkung, die uns den Bereich ‚außerhalb des Bewusstseins‘, den Bereich des ‚Nichtbewusstseins‘, Schritt für Schritt ‚erforscht‘ und ‚erklärt‘ hat. Trotz individuell stark eingeschränktem Bewusstsein konnte wir auf diese Weise so viel über die ‚Rahmenbedingungen‘ unseres individuellen Bewusstseins lernen, dass wir nicht mehr wie die früheren Philosophen ‚wie die Fliegen am Licht‘ an den Phänomenen des Bewusstseins kleben müssen, sondern wir können zunehmend Hypothesen darüber entwickeln, wie die verschiedenen Bewusstseinsphänomene (inklusive ihrer Dynamik) durch die Strukturen des Gehirns und des Körpers bestimmt sind. M.a.W. wir stehen vor dem Paradox, dass das individuelle Bewusstsein den Bereich des Nichtbewusstseins dadurch ‚verkleinern‘ kann, dass es durch Ausnutzung der empirischen Phänomene mittels gezielter Experimente und Modellbildung immer mehr Eigenschaften des Nichtbewusstseins innerhalb des individuellen Bewusstseins ’nachkonstruiert‘ und damit ‚bewusst‘ macht. Bedenkt man wie eng und schwierig die Rahmenbedingungen des menschlichen Bewusstseins bis heute sind, gleicht es einem kleinen Wunder, was dieses primitive menschliche Bewusstsein bislang nachkonstruierend erkennen konnte.

8. Von diesem Punkt aus ergeben sich viele Perspektiven.

BIOLOGISCHE EVOLUTION

9. Eine Perspektive ist jene der ‚evolutionären Entwicklungsgeschichte‘: seit gut hundert Jahren sind wir mehr und mehr in der Lage, unsere aktuellen Körper und Gehirne – zusammen mit allen anderen Lebensformen – als einen Gesamtprozess zu begreifen, der mit den ersten Zellen vor ca. 3.8 Milliarden Jahren als biologische Evolution begonnen hat, ein Prozess, der bis heute noch viele Fragen bereit hält, die noch nicht befriedigend beantwortet sind. Und der vor allem auch klar macht, dass wir heute keinen ‚Endpunkt‘ darstellen, sondern ein ‚Durchgangsstadium‘, dessen potentieller Endzustand ebenfalls nicht ganz klar ist.

10. Ein wichtiger Teilaspekt der biologischen Evolution ist, dass der Vererbungsmechanismus im Wechselspiel von Genotyp (ein Molekül als ‚Informationsträger‘ (Chromosom mit Genen)) und Phänotyp (Körper) im Rahmen einer Population eine ‚Strukturentwicklung‘ beinhaltet: die Informationen eines Informationsmoleküls (Chromosom) werden innerhalb des Wachstumsprozesses (Ontogenese) als ‚Bauplan‘ interpretiert, wie man welche Körper konstruiert. Sowohl bei der Erstellung des Informationsmoleküls wie auch bei seiner Übersetzung in einen Wachstumsprozess und dem Wachstumsprozess selbst kann und kommt es zu partiellen ‚Änderungen‘, die dazu führen, dass die resultierenden Phänotypen Änderungen aufweisen können (verschiedene Arten von Sehsystemen, Verdauungssystemen, Knochengerüsten, usw.).

11. Im Gesamtkontext der biologischen Evolution sind diese kontinuierlich stattfindenden partiellen Änderungen lebensentscheidend! Da sich die Erde seit ihrer Entstehung permanent geologisch, klimatisch und im Verbund mit dem Sonnensystem verändert, würden Lebensformen, die sich von sich aus nicht auch ändern würden, schon nach kürzester Zeit aussterben. Dies bedeutet, dass diese Fähigkeit zur permanenten strukturellen Änderung ein wesentliches Merkmal des Lebens auf dieser Erde darstellt. In einer groben Einteilung könnte man sagen, von den jeweils ’neuen‘ Phänotypen einer ‚Generation‘ wird die ‚große Masse‘ mehr oder weniger ‚unverändert‘ erscheinen; ein kleiner Teil wir Veränderungen aufweisen, die es diesen individuellen Systemen ’schwerer‘ macht als anderen, ihre Lebensprozesse zu unterstützen; ein anderer kleiner Teil wird Veränderungen aufweisen, die es ‚leichter‘ machen, die Lebensprozesse zu unterstützen. Letztere werden sich vermutlich proportional ‚mehr vermehren‘ als die beiden anderen Gruppen.

12. Wichtig an dieser Stelle ist, dass zum Zeitpunkt der Änderungen ’niemand‘ weiß bzw. wissen kann, wie sich die ‚Änderung‘ – bzw. auch die Nicht-Änderung! – im weiteren Verlauf auswirken wird. Erst der weitergehende Gesamtprozess wird enthüllen, wie sich die verschiedenen Strukturen von Leben bewähren werden.

LEBENSNOTWENDIGE KREATIVITÄT: WOLLEN WIR SIE EINSPERREN?

13. Übertragen auf unsere heutige Zeit und unser Weltbild bedeutet dies, dass wir dieser Veränderlichkeit der Lebensformen immer Rechnung tragen sollten, um unsere Überlebensfähigkeit zu sichern. Zum Zeitpunkt einer Änderung – also jetzt und hier und heute – weiß niemand, welche dieser Änderungen morgen vielleicht wichtig sein werden, zumal Änderungen sich erst nach vielen Generationen auszuwirken beginnen.

14. Es wäre eine eigene große Untersuchung wert, zu schauen, wie wir heute in der Breite des Lebens mit den stattfindenden Änderungen umgehen. In der Agrarindustrie gibt es starke Tendenzen, die Vielzahl einzugrenzen und wenige Arten so zu monopolisieren, dass einzelne (ein einziger!) Konzern die Kontrolle weltweit über die genetischen Informationen bekommt (was in den USA z.T. schon zur Verödung ganzer Landstriche geführt hat, da das Unkraut sich schneller und effektiver geändert hat als die Laborprodukte dieser Firma).

STRUKTURELLES UND FUNKTIONALES LERNEN

15. Die ‚Struktur‘ des Phänotyps ist aber nur die eine Seite; genauso wenig wie die Hardware alleine einen funktionierenden Computer definiert, so reicht die Anordnung der Zellen als solche nicht aus, um eine funktionierende biologische Lebensform zu definieren. Im Computer ist es die Fähigkeit, die elektrischen Zustände der Hardware kontinuierlich zu verändern, dazu verknüpft mit einer impliziten ‚Schaltlogik‘. Die Menge dieser Veränderungen zeigt sich als ‚funktionaler Zusammenhang‘ phi_c:I —> O, der ‚Inputereignisse‘ [I] mit Outputereignissen [O] verknüpft. Ganz analog verhält es sich mit den Zellen in einem biologischen System. Auch hier gibt es eine implizite ‚Logik‘ nach der sich die Zellen verändern und Zustände ‚kommunizieren‘ können, so dass Zellgruppen, Zellverbände eine Vielzahl von funktionellen Zusammenhängen realisieren. Einige dieser funktionellen Zusammenhänge bezeichnen wir als ‚Lernen‘. Dies bedeutet, es gibt nicht nur die über Generationen laufenden Strukturveränderung, die eine Form von ’strukturellem Lernen‘ im Bereich der ganzen Population darstellen, sondern es gibt dann dieses ‚funktionelle Lernen‘, das sich im Bereich des individuellen Verhaltens innerhalb einer individuellen Lebenszeit ereignet.

WISSEN GARANTIERT KEINE WAHRHEIT

16. Dieses individuelle Lernen führt zum Aufbau ‚individueller Wissensstrukturen‘ mit unterschiedlichen Ausprägungsformen: Erlernen von motorischen Abläufen, von Objektkonzepten, Beziehungen, Sprachen, Verhaltensregeln usw. Wichtig ist dabei, dass diese individuellen Wissensstrukturen im individuellen Bewusstsein und individuellem Unterbewusstsein (ein Teil des Nichtbewusstseins, der im individuellen Körper verortet ist) verankert sind. Hier wirken sie als kontinuierliche ‚Kommentare‘ aus dem Unterbewusstsein in das Bewusstsein bei der ‚Interpretation der Bewusstseinsinhalte‘. Solange diese Kommentare ‚richtig‘ / ‚passend‘ / ‚wahr‘ … sind, solange helfen sie, sich in der unterstellten Außenwelt zurecht zu finden. Sind diese Wissensstrukturen ‚falsch‘ / ‚verzerrt‘ / ‚unangemessen‘ … bewirken sie in ihrer Dauerkommentierung, dass es zu Fehleinschätzungen und zu unangemessenen Entscheidungen kommt. Sofern man als einziger eine ‚unpassende Einschätzung‘ vertritt, fällt dies schnell auf und man hat eine Chance, diese zu ‚korrigieren‘; wird aber eine ‚Fehleinschätzung‘ von einer Mehrheit geteilt, ist es schwer bis unmöglich, diese Fehleinschätzung als einzelner zu bemerken. In einer solchen Situation, wo die Mehrheit eine Fehleinschätzung vertritt, kann ein einzelner, der die ‚richtige‘ Meinung hat (z.B. Galilei und Co. mit der neuen Ansicht zur Bewegung der Sonne; die moderne Wissenschaft und die alten Religionen; das damalige südafrikanische Apartheidsregime und der damalige ANC, der Sowjetkommunismus und die östlichen Friedensbewegungen vor dem Auseinanderfallen der Sowjetunion; die US-Geheimdienste und Snowden; …) als der ‚Fremdartige‘ erscheinen, der die bisherige ‚Ordnung‘ stört und den man deshalb ‚gesellschaftlich neutralisieren‘ muss).

17. Viele Menschen kennen das Phänomen von ‚Phobien‘ (vor Schlangen, vor Spinnen, vor …). Obwohl klar ist, dass eine einzelne Spinne keinerlei Gefahr darstellt, kann diese einen Menschen mit einer Phobie (= Kommentar des individuellen Unterbewusstseins an das Bewusstsein) zu einem Verhalten bewegen, was die meisten anderen als ‚unangemessen‘ bezeichnen würden.

18. Im Falle von psychischen Störungen (die heute statistisch stark zunehmen) kann dies eine Vielzahl von Phänomenen sein, die aus dem Raum des individuellen Unterbewusstseins in das individuelle Bewusstsein ‚hinein reden‘. Für den betroffenen Menschen ist dieses ‚Hineinreden‘ meistens nicht direkt ‚verstehbar‘; es findet einfach statt und kann vielfach kognitiv verwirren und emotional belasten. Diese Art von ‚Fehlkommentierung‘ aus dem individuellen Unterbewusstsein ist – so scheint es – für die meisten Menschen vielfach nur ‚behebbar‘ (therapierbar) mit Hilfe eines Experten und einer geeigneten Umgebung. Während Menschen mit körperlichen Einschränkungen in der Regel trotzdem ein einigermaßen ’normales‘ Leben führen können, können Menschen mit ‚psychischen Störungen‘ dies oft nicht mehr. Das geringe Verständnis einer Gesellschaft für Menschen mit psychischen Störungen ist auffällig.

SPRACHE ALS MEDIUM VON GEDANKEN

19. Seit der Entwicklung der ‚Sprache‘ kann ein individuelles Bewusstsein unter Voraussetzung einer einigermaßen ähnlichen Wahrnehmungs- und Gedächtnisstruktur in den einzelnen Mitgliedern einer Population Bewusstseinsinhalte aufgrund von Gedächtnisstrukturen mit Ausdrücken einer Sprache korrelieren. Sofern diese Korrelierung in hinreichender Abstimmung mit den anderen Sprachteilnehmern geschieht, lassen sich mittels sprachlicher Ausdrücke diese ‚Inhalte‘ (‚Bedeutungen‘) ‚indirekt‘ kommunizieren; nicht der Inhalt selbst wird kommuniziert, sondern der sprachliche Ausdruck als eine Art ‚Kode‘, der im Empfänger über die ‚gelernte Bedeutungszuordnung‘ entsprechende ‚Inhalte des Gedächtnisses‘ ‚aktiviert‘. Dass diese Kodierung überhaupt funktioniert liegt daran, dass die Bedeutungsstrukturen nicht ‚1-zu-1‘ kodiert werden, sondern immer nur über ‚verallgemeinerte Strukturen‘ (Kategorien), die eine gewisse ‚Invarianz‘ gegenüber den Variationen der konstituierenden Bedeutungselemente aufweisen. Dennoch sind die Grenzen sprachlicher Kommunikation immer dann erreicht, wenn Sprecher-Hörer über Bewusstseinstatsachen kommunizieren, die nur einen geringen oder gar keinen Bezug zur empirischen Welt aufweisen. Die Benutzung von Analogien,Metaphern, Bildern, Beispielen usw. lässt noch ‚irgendwie erahnen‘, was jemand ‚meinen könnte‘, aber eine letzte Klärung muss oft ausbleiben. Nichtsdestotrotz kann eine solche ‚andeutende‘ Kommunikation sehr hilfreich, schön, anregend usw. sein; sie ersetzt aber keine Wissenschaft.

20. Während das individuelle Wissen mit dem Tod des Individuums bislang ‚verschwindet‘, können ‚Texte‘ (und vergleichbare Darstellungen) ein individuelles Wissen bis zu einem gewissen Grade überdauern. Moderne Kommunikations- und Speichermittel haben die Sammlung und Verwertung von Wissen in bislang ungeahnte Dimensionen voran getrieben. Während allerdings die Menge dieses sprachbasierten Wissens exponentiell wächst, bleiben die individuellen Wissensverarbeitungskapazitäten annähernd konstant. Damit wächst die Kluft zwischen dem individuell verfügbaren Wissen und dem in Datennetzen verfügbaren Wissen ebenfalls exponentiell an. Es stellt sich die Frage, welchen Beitrag ein Wissen leisten kann, das sich faktisch nicht mehr verarbeiten lässt. Wenn man sieht, dass heute selbst Menschen mit einem abgeschlossenen Studium Ansichten vertreten, die im Lichte des verfügbaren Wissens gravierend falsch sein können, ja, dass das Wesen von Wissenschaft, wissenschaftlichem Wissen selbst bei Studierten (und nicht zuletzt auch bei sogenannten ‚Kulturschaffenden‘) starke Defizite aufweist, dann kann man ins Grübeln kommen, ob unsere heutige Kultur im Umgang mit wissenschaftlichem Wissen die richtigen Formen gefunden hat.

21. Hier wäre jetzt auch noch der ganze Komplex der Bedürfnisse/ Emotionen/ Gefühle/ Stimmungen anzusprechen. Doch das soll weiteren Einträgen vorbehalten bleiben.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

BEWUSSTSEIN – NICHTBEWUSSTSEIN AM BEISPIEL VON SEXUALITÄT UND GESCHLECHT

Letzte Änderung: 10.Mai 2014 (Links zu den vorausgehenden Beiträgen)

Genetische Informationen beeinflussen die Strukturbildung des Körpers und geschlechterspezifische Hormone beinflussen über Neuronen spezifische Verhaltenskomplexe (bis hin zur Änderung chromosomaler Strukturen)
Genetische Informationen beeinflussen die Strukturbildung des Körpers und geschlechterspezifische Hormone beinflussen über Neuronen spezifische Verhaltenskomplexe (bis hin zur Änderung chromosomaler Strukturen)

1. Im Kontext der aktuellen Diskussion zum Thema Bewusstsein – Nichtbewusstsein (siehe den letzten Beitrag hier) in diesem Blog deutet sich an, dass das Bewusstsein nicht nur nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Vorgänge im Körper repräsentiert, sondern zusätzlich geht in die Repräsentation eine spezifische ‚Formatierung‘ ein, die sich so direkt in den auslösenden Ereignissen nicht finden muss.

2. Zu den vielfältigen Phänomenen, die im Bewusstsein aufschlagen, gehören auch Phänomene im Umfeld der Sexualität und der verschiedenen Geschlechter.

3. Wie die verschiedenen Begriffe in der Liste der Kategorien verraten (Sexualität, Sexualbeziehung, SexualarbeiterIn, usw.), gab es in diesem Blog schon öfters Einträge zu diesem Thema (SEXUALITÄT GESTERN, MORGEN, UND, SEXARBEITERiNNEN – SIND WIR WEITER?, (SEXARBEITERiNNEN – Teil 2 – GESCHICHTE UND GEGENWART). Diese Beiträge behandelten grob einzelne Aspekte, z.B. wie sich Sexualität manifestiert und viele Formen (gegenwärtig und vergangen), in denen Sexualität verknüpft ist mit Gewalt gegen Frauen. Dies ist fragmentarisch und bedürfte mannigfaltiger Ergänzungen. Hier soll nun jener Aspekt angesprochen werden, bei dem es um die genetischen und neuronalen Grundlagen der Sexualität und des Geschlechts geht.

4. Zu ‚erleben‘, dass man ’sexuell angeregt‘ ist, ’sexuelle Lust‘ verspürt, man ’sexuell befriedigt‘ ist – um nur einige Aspekte zu nennen – ist eines; ein anderes ist es, zu klären, warum dies überhaupt so ist: Woher kommt das? Warum hat man überhaupt diese Erlebnisse? Verändert sich dies? Haben andere das genauso? Usw.

5. In der Vergangenheit habe ich oft heutige Neurowissenschaftler kritisiert für ihre vielfache methodische Sorglosigkeiten oder für schlechte Artikel selbst in angesehensten wissenschaftlichen Journalen; dazu stehe ich, gleichzeitig habe ich aber auch kein Problem, anzuerkennen, dass die Neurowissenschaften uns – analog wie z.B. die Physik, die Chemie, die Molekularbiologie, die evolutionäre Biologie – in einer neuen Weise Einblicke in die Grundlagen unseres Fühlens und Denkens verschafft haben, die vorher undenkbar erschienen und die unser Bild von uns selbst (und anderen Lebewesen) nachhaltig verändert haben (sofern wir uns auf diese Erkenntnisse einlassen).

6. Im Rahmen der Überlegungen zum Bewusstsein-Nichtbewusstsein angewendet auf die Phänomene im Umfeld von ‚Sexualität‘ und ‚Geschlecht‘ liefert uns die Neurowissenschaft eine Menge interessanter Eckwerte.

7. Heute morgen habe ich in meinen Bücherschrank gegriffen und spontan 8 (Hand-)Bücher aus den Regalen geholt (siehe unten), die alle zur Neurowissenschaft zu rechnen sind (oder als ‚Physiologische Psychologie‘ zumindest sehr nahe benachbart sind). Sie stammen aus dem Zeitraum 1994 – 2012. Bis auf Gazzaniga (2009) und Baars (2010) behandeln alle das Thema ‚Sexualität‘ und ‚Geschlecht‘.

8. Sehr gut lesbar und recht ausführlich ist der Beitrag ‚Sexual Differentiation of the Nervous System‘ von Shah, N.M.; Jessel, T.M.; Sanes, J.R. in Kandell et al. (2012), Kap.56. Sieht man davon ab, dass im Beitrag selbst nicht direkt zitiert wird und die methodischen Fragen unerwähnt bleiben, kann man dem Beitrag aber die Argumentation entnehmen, dass die Gene der Chromosomen zunächst einmal im Rahmen der Embryogenese die Strukturbildung des Körpers beeinflussen (z.B. Ausbildung von Geschlechtsorganen, Ausbildung spezifischer Gehirnstrukturen). Die Steuerung übernehmen dabei spezifische Hormone. Liegen die Strukturen dann vor, steuern die gleichen oder ähnliche Hormone über die Rezeptoren von Neuronen spezifische neuronale Muster, die für bestimmte Verhaltensmuster (sexuelle Erregungszustände, Balzverhalten, Aggression (gegen Konkurrenten), sexuelle Vereinigung, Brutpflege, usw.) verantwortlich sind.

9. Das komplexe Wechselspiel von Strukturen, Hormonen (mit z.T. komplexen Transformationsketten), und passenden Rezeptoren, bietet allerlei Angriffspunkte für ‚Störungen‘, so dass ein Kind zunächst äußerlich z.B. männliche Geschlechtsorgane aufweist, es in seinem hormonellen Systemen darin aber nicht unterstützt wird. Während diese Prozesse heute physiologisch nachvollzogen (und z.T. durch geeignete medizinische Eingriffe ‚korrigiert‘) werden können, ist dies alles für die ’subjektive Erlebnisseite‘, für den/ die Betroffene(n) nicht direkt einsichtig. Er/ Sie empfängt Körpersignale, die mit dem Verhalten anderer Menschen nicht so recht zu korrelieren scheinen.

10. Ferner werden manche hormonellen Prozesse über die Wahrnehmung gesteuert (Milchproduktion bei Müttern aufgrund des Saugreizes). Die sensorischen Signale triggern die Produktion bestimmter Hormone, die wiederum Neuronen aktivieren, die dann zu einem bestimmten Verhalten führen (können). Zusätzlich wurde beobachtet, dass frühkindliche sensorische Erfahrungen (‚Stress‘ oder ‚umsorgt‘ sein) auch soweit in bestimmte Chromosomen hineinwirken können, dass diese sich auf das Verhalten auswirken.

11. Aufgrund der Komplexität des menschlichen Gehirns und des menschlichen Verhaltens samt den vielfältigen Wechsel- und Rückwirkungen ist es aber bei sehr vielen Verhaltensmustern noch nicht eindeutig, ob diese genetisch bedingt sind oder aufgrund des sozialen Umfelds. Dies betrifft insbesondere die vielfältigen Formen von gleichgeschlechtlicher Sexualität. Zwar konnte man nachweisen, dass das Rezeptorverhalten mancher Aktivitäten sich bei Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen sich so geändert hat, dass Männer das Rezeptorverhalten von Frauen zeigen und Frauen das Rezeptorverhalten von Männern, aber es ist bislang nicht auszuschließen, dass diese Änderungen allein durch das Verhalten zustande kamen.

12. Soweit meine recht grobe Zusammenfassung. Für Details sollte jeder den Beitrag selber nachlesen. Aus philosophischer Sicht kommt es hier auch nicht auf die molekularbiologischen Details an, sondern auf die allgemeine Struktur, die sich hier zeigt: auch im Falle der für Lebewesen zentralen Sexualität gründet sich unser Erleben und Verhalten auf konkreten neuronalen Schaltkreisen, die mittels Hormonen getriggert werden, und zwar so, dass damit nicht nur ‚Verhalten‘ gesteuert wird, sondern auch die genetischen Grundlagen selbst können selbstreferentiell modifiziert werden.

13. Für das Selbstverständnis von uns Menschen, die wir uns im Alltag an unserer Bewusstseinserfahrung und dem beobachtbaren Verhalten orientieren, kann dies zu Irritationen und Unmenschlichkeiten im Miteinander führen, wenn Menschen aufgrund einer abweichenden genetischen – hormonellen – neuronalen Struktur anders empfinden und sich anders verhalten. In der Geschichte hat dies real zu ‚Verteuflungen‘, ‚Verurteilungen‘, ‚Unterdrückung‘, ‚Ausgrenzungen‘ und ‚Verfolgungen‘ usw. geführt. Religiöse Traditionen haben hier genauso versagt wie andere Spielarten von Moral oder Ethik. Und auch heute ist die Verurteilung und Unterdrückung von ‚Homosexualität‘ (z.B. Rußland) offizielles Recht.

14. Während man konkrete Menschen, die aufgrund ihrer genetischen – hormonellen – neuronalen Strukturen anders erleben und sich verhalten als der ’statistische Durchschnitt‘, grundsätzlich als Menschen achten und sie unterstützen sollte, muss man davon die Frage unterscheiden, wie eine Gesellschaft offiziell mit den vorliegenden genetischen und körperlichen Strukturen der Menschheit auf Zukunft hin umgehen will. Auch wenn wir JEDEN AKTUELL LEBENDEN Menschen als Mitglied der Gattung homo sapiens sapiens achten sollten, müssen wir uns als Menschen die Frage stellen, (i) welche unserer ‚Bilder von uns selbst‘ denn noch ‚angemessen‘ sind und (ii) in welche Richtung denn die Entwicklung wohl geht bzw. ‚gehen sollte‘?

15. Die Menschenbilder, die uns die großen bekannten Religionen (Buddhismus, Judentum, Christentum, Islam) anbieten, sind nach meinem Verständnis vielfach zu überarbeiten. Die impliziten Menschenbilder der modernen Demokratien gehen in vielen Punkten deutlich über die Menschenbilder der Religionen hinaus, sind aber auch durch den Gang der Erkenntnis partiell überholt. Es wird nicht reichen, einfach nur das ‚Gewohnte‘ zu wiederholen.

16. ‚Sexualität‘ und darum herum aufbauend ‚Geschlecht‘ repräsentiert konkrete Prozesse (die anfällig für Störungen sind), die evolutionär geworden sind, die einem bestimmten Zweck dienten, und die im Heute neu hinterfragt werden könnten und müssten. Vieles von dem ‚Mann-Frau-Gerede‘ klebt am ‚Phänomen‘ und hilft wenig, ein wirkliches Verständnis der wirkenden Prozesse zu vermitteln.

QUELLEN

Buecher vom 12.April 2014 zum Thema genetisch-neuronale Grundlagen der Sexualität
Buecher vom 12.April 2014 zum Thema genetisch-neuronale Grundlagen der Sexualität
  1. Arbib, M.a. et.al (eds) The Handbook of Brain Theory and Neural Networks, Cambridge (MA): Bradford Book, 2003 (2nd ed.), S.680f, Motivation
  2. Baars, J.B.; Gage, N.M. Cognition, Brain, and Consciousness. Introduction to Cognitive Neuroscience, 2nd.ed., Amsterdam et: Elsevier, 2010
  3. Carlson, N.R., Physiologische Psychologie, München – Boston – San Francisco et.al:Pearson Studium, 2004 (8.Aufl.), Kap.10, Sexuelles Verhalten
  4. Gazzaniga, M. S. (Ed.), The Cognitive Neurosciences, London – Cambridge (MA): The MIT Press, 2009 (4th ed.), ‚motivation‘ als ‚Vermeidung‘ (116), als emotionale Reaktion Kap.61, Kap.11 beim Transfer-Lernen, Kap.70 bei Entscheidungsfindung
  5. Gazzaniga, M. S. (Ed.), The Cognitive Neurosciences, London – Cambridge (MA): The MIT Press, 1995, Kap.69-77, Kap.80
  6. Kandel, E.R.; Schwartz, J.H.; Jessell, T.M.; Siegelbaum, S.A.; Hudspeth, A.J.; (Eds.) Principles of Neural Science, 5th.ed., New York et.al: McGrawHill, 2012, Kap.3: Gene und Verhalten, Kap.22: Sensorik und Verarbeitung, Kap.58: Sexuelle Differenzierung des Nervensystems
  7. Nelson, C.A.; Luciana, M. (eds.), Handbook of Developmental Cognitive Neuroscience, Cambridge (MA) – London (Engl.): MIT Press, 2008 (2nd. ed.), S.394f Störungen während der Gehirnentwicklung und deren Folgen
  8. Shepherd, G.M., Neurobiology, 3rd.Ed, New York – Oxford: Oxford University Press, 1994, (ISBN-10: 0195088433, ISBN-13: 978-0195088434), Kap.24 ‚Mating‘

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BAUSTEINE DER ‚UNLOGIK‘ VON GESCHICHTE: Philosophie und Politik, Einzelner und Geschichte, Das Beharrliche an Ungerechtigkeit

DENKEN, KÖRPER, WELT, POLITIK

1. Seit dem letzten Sommer schreibe ich in diesem Blog immer wieder und immer mehr über ‚politische‘ Themen, obgleich ich dies weder geplant hatte noch eigentlich will; die Tagesereignisse wirken jedoch auf das philosophierende Denken wie eine Art ‚Störfeuer‘; ich möchte Strukturen unseres Denkens, unseres Wissens, unseres Handelns weiter klären, aber dann rasen Meldungen durch die Medien von Ereignissen, die Auswirkungen auf viele haben, von Menschen, die Entscheidungen fällen, die ganze Nationen elementar betreffen, und dann ist irgendwie klar, dass das individuelle Denken und der reale Gang der Geschichte nun mal irgendwie zusammenhängen. Das individuelle Denken findet in einer realen Matrix von Gegebenheiten, Handlungen anderer statt, von denen man zwar im Denken bis zu einem gewissen Grad ‚abstrahieren‘ kann, aber trotz denkerischer Abstraktion bestehen diese realen Zusammenhänge. Auch wenn ich im ‚Denkraum‘ abtauche bleibt mein Körper ein realer Moment in realen Prozessen, verlangt er nach Nahrung, hat einen amtlich registrierten Namen, bin ich eine Nummer in einer Verwaltungsmaschinerie, unterliege ich den Spielregeln der aktuell jetzt und hier geltenden Gesetze. Im Denken kann ich ‚anders‘ sein als der Moment, als der Augenblick, als es die realen Situationen vorsehen und erlauben, aber das Denken als Denken verändert nicht notwendigerweise die Realität. Ich kann über Grundprinzipien der Demokratie ’nachdenken‘ und zugleich mit meinem Körper in einer Situation leben, in der Demokratie abgebaut wird, und ich dadurch zu diesem Abbau dadurch mit beitrage, dass mein Körper ’nichts tut‘, was diesen Prozess stoppt.

2. In dem Maße, wie ich meine, das Zusammenspiel von Realität und Denken besser zu verstehen, in dem Maße verliert die Realität ihre ‚Unschuld‘. In dem Maße wie man zu verstehen meint, wie die Prozesse des Alltags nicht ’naturgegeben‘ sind, nicht ‚unabwendbar‘, sondern auch von uns Menschen, von jedem einzelnen von uns, ‚erzeugt‘, in dem Masse wird Denken ‚über‘ diese Realität mehr und mehr zu einem Denken ‚der Realität‘, in der jedes Wort, jede Geste, jedes Handeln ‚bedeutsam‘ wird: wenn ich ’schweige‘ dann ‚rede‘ ich in der Form der Zustimmung; wenn ich rede, dann dann rede ich in Form der realen Interaktion. Dann tritt mein Denken in einem scheinbar ’schwachen‘ aber dennoch ‚realen‘ Dialog mit der Welt, in der mein Körper vorkommt. Es ist aktuell die Welt des Jahres 2014 (andere Kalender haben andere Zahlen).

3. Ich beginne für mich zu realisieren, dass die Zeit des ‚politikfreien‘ Denkens möglicherweise vorbei ist. Ich stelle fest, dass ich nicht mehr so abstrahieren kann wie früher. Ich stelle fest, dass das Denken der großen Entwicklungslinien des Lebens auf der Erde und das Alltagsgeschehen immer mehr verschmilzt. Der atemberaubende kosmologische Prozess dieser unserer Erde als Teil von Sonnensystem, Milchstraße usw. bricht sich in den scheinbar ‚geschichtslosen‘ Aktionen von Milliarden menschlicher Individuen jeden Tag neu, und je mehr man das Wunder des Lebens zu erkennen meint, umso unfassbarer wird die Perspektiv- und Verantwortungslosigkeit, die unser ‚Alltagshandel‘ zu haben scheint.

IMPLIZITES WISSEN UND EXPLIZITES HANDELN

4. Ich sage bewusst ’scheint‘, da nach aktuellem Kenntnisstand fast alles, was die Lebenssituation auf der Erde betrifft und die Strukturen des biologischen Lebens, stattgefunden hat und stattfindet ohne unser Zutun. Allerdings hat die Existenz der menschlichen Lebensform auf dieser Erde seit ein paar Millionen Jahren die Erde im Handlungsbereich eben von uns Menschen zunehmend verändert. Diese Änderungen sind mittlerweile so stark, dass wir drauf und dran sind, wichtige Teilprozesse des Gesamtprozesses so zu stören, dass der Gesamtprozess damit nachhaltig gestört wird.

5. Dennoch, obwohl das beobachtbare Verhalten von uns Menschen große Einwirkungen auf die eigene Lebensumwelt erkennen lässt, und es Menschen, Gruppierungen, größere Organisationen und Firmen gibt, deren Verhalten ‚planvoll‘ wirkt, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass das ‚Planvolle‘ an dem Geschehen letztlich überwiegend wenig reflektiert ist und von individuellen Motiven einzelner angetrieben wird, die in der individuellen Psyche und deren individueller Geschichte wurzeln, und denen jeder Bezug zu einem größeren Ganzen abgeht. Dass ‚kleinwüchsige Männer‘ einen überhöhten Geltungsdrang haben, der viele Völker in einen Strudel von Kriegen und Zerstörung getrieben haben, ist nicht nur ein Klischee, sondern historische Realität. Dass persönliche Eitelkeiten und individuelles Machtstreben gepaart mit allerlei anderen individuellen Bedürfnissen Ländereien, Fabriken, ganze Völker ruiniert haben, ist auch real. Kurzum, das psychologische Format des einzelnen Menschen erscheint immer mehr als unzureichend für die Herausforderungen einer komplexen Massengesellschaft. Während die komplexen Prozesse einer Stadt, einer Region weitreichende vernetzte und rückgekoppelte Denkprozesse verlangen, die von Menschen ausgeführt und unterstützt werden, die in ihrem Denken und Fühlen dazu fähig sind, ist die normale psychologische Ausstattung eines einzelnen Menschen dafür im Normalfall gar nicht ausgelegt.

WENDEPUNKT DER EVOLUTION?

6. Immerhin, der Mensch, zumindest der homo sapiens sapiens, hat ca. 100.000 Jahre mit seiner psychologischen Ausstattung Erstaunliches bewegt und geleistet. Nun aber scheint homo sapiens sapiens sowohl mit seinem psychologischen Format wie auch mit seinen kognitiven Fähigkeiten wie ein Insekt um ein tödliches Licht zu kreisen, das im Fall des homo sapiens sapiens die in jedem Individuum eingebauten zeitlich eng begrenzten Bedürfnisse und Motive sind, die ihn wie ein unsichtbarer Magnet in ihrem Bann halten und letztlich im Alltag bestimmen. Die verschiedenen Religionen (alle, ohne Ausnahme!) haben bislang wenig dazu beigetragen, das Bild des Menschen real so aufzuhellen, dass wir diesem in unseren Genen eingeschriebenem Programm des ‚Handelns auf Kurzsicht, Nahbereich, triebhafter Elementarsteuerung‘ usw. irgendwie entkommen könnten. Letztlich haben sie es mit blumigen Worten und allerlei zufälligem Regelwerk festgeschrieben, den Status Quo zum Selbstzweck erklärt. Am allerschlimmsten, sie haben die ‚Erde‘ und den ‚Himmel‘ geteilt. Das ist die schlimmste Form des Atheismus, die es geben kann.

7. Historisch befindet sich der homo sapiens sapiens an dem bislang ‚höchsten Punkt‘ seiner Entwicklung. Zugleich ist dies eine Art ‚Scheitelpunkt‘ an dem ein nachhaltiger ‚Systemumbau‘ notwendig ist, soll das bislang Erreichte nicht im Desaster enden. Einerseits scheint es, als ob wir genügend Wissen ansammeln konnten, andererseits stecken wir alle in einer ‚unsichtbaren‘ psychologischen ‚Programmhülle‘, die die Gene in unserem Körper und Gehirn angelegt haben, die jeden einzelnen in seinem Bann hält und wie von einer unsichtbaren Macht gezogen täglich zu Gefühlen und Handlungen anregt, die sowohl individuell wie gemeinschaftlich eher ‚destruktiv‘ wirken als ‚konstruktiv‘.

8. Solange der gesellschaftliche Diskurs diese Problematik nicht offen und kompetent adressiert, solange werden wir das bisherige Programm unserer Gene weiter ausführen und damit unsere individuelle wie gemeinschaftliche Zukunft möglicherweise zerstören; nicht, weil wir dies explizit wollen, sondern weil wir implizit, ’nichtbewusst‘, Dinge tun, die unser genetisches Programm uns beständig ‚einflüstert‘, weil sich dieses Programm vor langer Zeit mal bewährt hatte. Moralisieren und die verschiedenen, aus dem Nichtwissen geborenen Religionen, helfen hier nicht weiter. Die Wissenschaft könnte helfen; alle bekannten Gesellschaftssysteme forcieren aber – wenn überhaupt – eine Wissenschaft, die auf kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg programmiert ist, und sich in den fachlichen Details verliert und gerade nicht ein solches Wissen, das Disziplinen übergreifend nach Zusammenhängen sucht und das alltägliche Fühlen und Denken in seiner Gesamtheit im Zusammenhang sieht mit dem zugrunde liegenden genetischen Programm.

WEN FRAGEN ERWACHSENE?

9. Kinder können die Erwachsenen fragen, was sie tun sollen, und sie fragen auch. Wen können die Erwachsenen fragen? Und wenn wir alle gleich wenig wissen, wen fragen wir dann zuerst?
10. Alle Antworten sind im Prinzip schon da. Ich bin auch überzeugt, dass wir die Antworten irgendwann finden werden. Wann? Bei einem historischen Prozess von ca. 13.8 Mrd Jahren kommt es nicht auf ein paar tausend ode ein paar zehntausend oder auch mehr Jahre an. Solange wir als einzelne nicht begreifen (und fühlen), dass wir grundsätzlich Teil dieses größeren Ganzen sind, solange können diese Gedanken ’schrecklich‘ wirken.

SELBSTBEHARRUNG DER UNGERECHTIGKEIT

11. Zum letzten Teil der Überschrift: wenn man sich lange genug die vielen ‚Ungerechtigkeiten‘ in unserer Welt anschaut, so beruhen sie ja allesamt auf dem Schema, dass einige wenige sich ‚Vorteile’/ ‚Privilegien‘ auf Kosten einer Mehrheit herausnehmen. Die Begründungen für diese Privilegien variieren im Laufe der Geschichte (auch dafür musste oft Gott herhalten: ‚göttliche Abstammung‘, ‚gottgewollt‘ …). Letztlich sind alle diese Begründungen nicht viel wert. Wenn das Leben als Ganzen der oberste Wert ist und alle Teile grundsätzlich ‚gleichberechtigt‘, dann können nur solche Lösungen zählen, in denen für die Gesamtheit ein Optimum angestrebt wird. Die Tendenz individuell oder gruppenmäßig Privilegien anzuhäufen, huldigt der Überlebenslogik, dass nur die ‚eigene Gruppe‘ überleben kann und soll und dass alle ‚anderen‘ Feinde sind. Dies ist die implizit kurzsichtige Logik der Gene. Für komplexe Gesellschaften als Teil komplexer Abläufe ist dies, wie sich allenthalben zeigt, kontraproduktiv oder sogar tödlich. Allerdings scheint es so zu sein, dass privilegierte Gruppen von sich aus fast nie ‚freiwillig‘ auf ihre Privilegien verzichten. Änderungen kamen daher immer entweder dadurch, dass die Privilegienbesitzer sich selbst zugrunde gewirtschaftet haben oder weil Unzufriedene sich dieses Schauspiel nicht mehr länger ansehen wollten und versucht haben, sich ihre angestammten Rechte notfalls mit Gewalt zurück zu holen. Revolutionen, Kriege, Terrorismus sind daher immer auch Indikatoren für Ungleichgewichte. Nach erfolgreichen Aufständen wurden dann die ‚Aufrührer‘ selbst zu ‚Privilegierten‘, usw.

RUM-Music

Musik vom 13.Maerz 2014, kann man hören muss man nicht. Eines von vielen experimentellen Stücken.

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NOTIZ: WARUM WIR SIND WER WIR SIND UND WAS DAS BEDEUTET

1) Nach unserem heutigen Wissensstand beginnt die Existenz des Körpers eines Exemplars des homo sapiens sapiens auf der heutigen Erde durch die Befruchtung einer bestimmten Zelle im Körper einer Frau durch eine bestimmte Zelle aus dem Körper eines Mannes. Eine von 10 Billionen (10^12) Zellen wird befruchtet, und – unter bestimmten Randbedingungen – beginnt diese Zelle dann zu ‚wachsen‘, d.h. es beginnt ein Teilungs- und Vervielfältigungsprozess, der im Laufe von Monaten und dann Jahren von dieser einen befruchteten Zelle zu einem Körper führt, der ca. 10 Billionen (10^12) Zellen umfassen wird, darin eingebettet ca. eine Billionen (10^12) Bakterien im Körper und etwa die gleiche Zahl auf der Oberfläche des Körpers.
2) Diese Zellen leben nicht ewig sondern werden innerhalb von Tagen/ Wochen/ Monaten – je nachdem, welche Funktion diese Zellen im Körper innehaben – immer wieder durch neue Zellen ersetzt. Der Körper als Körper bleibt gleich, aber seine Bestandteile, die Zellen, werden kontinuierlich ‚ausgetauscht‘, ‚ersetzt‘.
3) Hier gäbe es sehr viele interessante Dinge zu betrachten. Unter anderem stellt sich die Frage, wie diese ca. 10 Billionen Zellen ‚wissen‘ können, was sie jeweils ‚zu tun haben‘; wie kommt es überhaupt zu dieser ‚Selbstorganisation‘ der vielen Zellen aufgegliedert nach unterschiedlichen ‚Körperorganen‘ mit ganz unterschiedlichen, schwindelerregend komplexen Funktionen?
4) In Megastädten mit 20-30 Millionen – oder mehr – Einwohnern wissen wir, dass dies nur funktioniert, weil alle Bewohner bestimmte ‚Regeln‘ einhalten, die zuvor vereinbart worden sind (ausdrücklich oder ’stillschweigend‘). Dabei weiß normalerweise ein einzelner Bewohner nur einen kleinen ‚Teil‘ vom gesamten Räderwerk; es gibt unterschiedliche Verwaltungsebenen, unterschiedliche Arten von Institutionen, unterschiedlichste Rollen…
5) Die ‚Kultur der Städte‘ hat sich über viele tausend Jahre entwickelt, weil alle Beteiligten ‚gelernt‘ haben, was man wie tun kann; weil man dieses Wissen ‚weitergegeben‘ hat, ‚weiterentwickelt‘. Und jeder neue Bewohner muss ‚lernen‘, was er in einer Megastadt zu tun hat.
6) Der menschliche Körper hat ca. 50.000 mal mehr Zellen als eine 20 Mio Stadt. Woher aber wissen die einzelnen Zellen im Körper was sie jeweils zu tun haben? Vor allem, woher wissen sie, wie sie all diese unfassbar komplexen Funktionen in der Leber, in der Niere, in der Lunge, im Gehirn, im Blutsystem mit dem eingebetteten Immunsystem usw. ‚organisieren‘ sollen? Sobald die befruchteten Zelle ihr ‚Wachstum‘ beginnt, wissen alle beteiligten Zellen, ‚was zu tun‘ ist. Woher?
7) Die Biologie hat komplexe Antworten auf diese schwierigen Fragen erarbeitet. Im Kern läuft es darauf hinaus, dass sowohl die Struktureigenschaften wie auch das ‚Verhalten‘ einer einzelnen Zelle in ‚Abstimmung mit ihrer jeweiligen Umgebung‘ vom Zellkern, dem ‚Genom‘ gesteuert wird, einem Molekül, das als ‚Informationsträger‘ dient. Alle Details dieser Informationsverarbeitung sind zwar noch nicht bekannt, wohl aber der grundsätzliche Sachverhalt als solcher und einige wenige Teilprozesse.
8) Damit verlagert sich die Frage nach dem erstaunlichen ‚Wissen einer Zelle‘ auf die der ‚Entstehung dieses Wissens‘ im Genom. Und hier laufen alle bisherigen Antworten darauf hinaus, dass sich das ‚Wissen im Genom‘ samt der zugehörigen ‚Wissensverarbeitungsstrukturen‘ offensichtlich in einem speziellen Lernprozess entwickelt hat, den wir ‚chemische Evolution‘ nennen gefolgt von der ‚biologischen‘ Evolution (geschätzte Dauer ca. 4 Mrd Jahre vor heute bis ca. 200.000 Jahre vor heute (dem geschätzten ersten Auftreten des homo sapiens sapiens in Afrika).
9) Irgendwann in den letzten 200.000 Jahren begann dann das, was wir ‚kulturelle Evolution‘ nennen können. Ein Prozess der sich zusehends zu ‚beschleunigen‘ scheint, wenngleich die aktuelle körperliche Verfasstheit des Menschen aktuelle ‚Begrenztheiten‘ erkennen lässt, die sowohl durch die wachsende Komplexität wie auch durch die Beschleunigung ’sichtbar werden‘.
10) Wenn man all dies weiß, dann ist die Frage, wo und wie man zu einem bestimmten Zeitpunkt t ‚geboren‘ wird, abhängig von der Frage, was dieser Geburt vorausging: die Auswanderung unserer ‚Vorfahren‘ aus Afrika von ca. 60-70 Tsd Jahren, ihre Ausbreitung nach Asien, Europa, Nord- und Südamerika, ihre unterschiedlichen Entwicklungen, Entdeckung von Handwerk, Sesshaftwerdung, Städtebau, usw. Irgendwann gab es nahezu ‚überall auf dieser Erde‘ Lebewesen der Art homo sapiens sapiens; irgendwann wurden bestimmte Zellen in den Körpern von Frauen überall auf dieser Erde ‚befruchtet‘ und begannen ihr Wachstum. Irgendwann gab es die Zelle, aus der jeder von uns hervorging, gesteuert von dem gleichen unfassbar komplexen Programm, das sich im menschlichen Genom im Laufe von 4 Mrd Jahren ‚angereichert‘ hat.
11) Jeder von uns ist von daher das Ergebnis einer unfassbaren Geschichte des Lebens auf dieser Erde. WO jeder von uns geboren wurde ist von daher – betrachtet man alle Menschen gleichzeitig – in gewisser Weise ‚zufällig‘; zu einem bestimmten Zeitpunkt t0 der Erdgeschichte kann man nicht voraussagen, welcher Mann sich mit welcher Frau paaren wird und ob daraus eine Zelle hervorgehen wird, die zu einem Zeitpunkt t1>t0 dann zu ‚wachsen‘ beginnt. Sicher ist nur, wenn es zu solch einem neuen Wachstumsprozess einer Zelle kommt, dann nur deshalb, weil es zu einem Zeitpunkt t0 irgendwo eine Frau und einen Mann gab, die dies tun konnten und auch taten.
12) Mit Fortschreiten der Technologie wird man menschliche Zellen auch ohne die Körper ausgewachsener Frauen und Männer zum Wachstum bewegen können, mehr noch, man wird versuchen, die körperlichen Strukturen von Menschen durch gezielte Eingriffe zu verändern. Die aktuellen Wertvorstellungen verurteilen ein solches Vorgehen. Aber die aktuellen Wertvorstellungen (zu denen auch religiöse Vorstellungen gehören) sind ja auch ‚geworden‘, ein Ergebnis der ‚kulturellen Evolution‘; es ist wenig wahrscheinlich, dass die aktuellen Wertvorstellungen ‚ewig‘ bestehen; im Lichte neuer Erfahrungen und neuer Erkenntnisse werden sie sich ändern. Die Zeit wird kommen, dass der Mensch sich an der Veränderung genetischer Baupläne versuchen wird (unter dem Schlagwort ‚Gentechnologie‘ geschieht des ja schon im großen Stil im Bereich Pflanzen (und Tiere)). Hier werden unausweichlich ‚Fehler‘ gemacht werden; es ist nicht auszuschließen, dass diese ‚irreversibel‘ sind.
13) Das Problem ist dabei nicht in erster Linie die Gentechnologie als solche, sondern ihre wachsende ‚Monopolisierung‘ in wenigen globalen Firmen, die die ’natürlichen‘ Gene ‚ausrotten‘, um so kurzfristig lokal ihre Gewinne zu maximieren. Mit Hilfe von massiver Lobbyarbeit werden hier von wenigen global ‚Rechte‘ geschaffen, die – aufs Ganze gesehen – ein ‚Un-Recht‘ etablieren, das – würde es ungebremst sich weiter entwickeln können – in relativ kurzer Zeit das gesamte Leben ernsthaft bedrohen würde.
14) Der ‚Missbrauch‘ von Gentechnologie ist aber zu unterscheiden von der Gentechnologie selbst. Die Gentechnologie als solche erscheint vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung als ’natürliche Weiterentwicklung‘ der Evolution, als ’notwendig‘, und damit auch die Herausforderung, unser Wertesystem entsprechend weiter zu entwickeln. Zu verhindern ist die Monopolisierung und der Missbrauch von Gentechnologie.
15) Anders betrachtet, würden wir unser aktuelles Wertesystem ‚einfrieren‘ wollen indem wir ‚Denkverbote‘ aufstellen, dann würden wir genauso schnell einen ‚Untergang‘ heraufbeschwören, da der Lebensprozeß auf dieser Erde samt der Erde und ihrer kosmologischen Umgebung hochdynamisch ist (siehe auch unten). Eine ’statische‘ Ethik in einer ‚dynamischen‘ Umgebung ist ein Widerspruch in sich).
16) Der Verweis auf die chemische, die biologische und die kulturelle Evolution erklärt zwar ein wenig, WIE wir entstanden sind, lässt aber letztlich noch offen, WARUM es uns gibt, WER wir damit letztlich sind, WAS das alles zu bedeuten hat?
17) Bei all dem sollte klar sein, dass das Geschlecht (Mann, Frau, diverse genetisch bedingte Mischstrukturen), die Nationalität, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe – und was wir Menschen im Laufe der Zeit sonst noch an sekundären Eigenschaften erfunden haben – keine substantielle Rolle spielen dürfen, wollen wir uns in der Zukunft ‚bewähren‘.
18) Das Leben auf der Erde gibt es nur, weil das Leben es bislang verstanden hat, alle diese Strukturen und Verhaltensweisen zu ‚belohnen‘, die sich den ‚Gegebenheiten der Erde‘ ‚angepaßt‘ haben, die sie ‚geschickt genutzt‘ haben.
19) Da u.a. die Sonne in unserem Sonnensystem in ca. 1 Mrd Jahren das Leben auf der Erde unmöglich machen wird, wird es darauf ankommen, dass das Leben, zu dem wir gehören, ‚lernt‘, sich nicht nur den Eigenschaften der Erde anzupassen, sondern mindestens die nächsten Galaxien einbeziehen muss. Dann gibt es eine kleine ‚Verschnaufspause‘ von ca. 3-4 Mrd Jahren bis die Andromeda Galaxie mit unserer Milchstraßen-Galaxie ‚verschmelzen‘ wird; ein Prozess, dessen Dauer auf ca. 1 Mrd Jahre geschätzt wird.
20) Das tägliche Hickhack um lokale Ressourcen, nationalen Animositäten, Firmenegoismen, Machtgelüsten weniger, religiösen Absolutheitsansprüchen, usw. das unseren Alltag durchzieht und zu dominieren scheint, ist auf jeden Fall nicht geeignet, die Lernprozesse in Gang zu setzen, die ‚zukunftsorientiert‘ sind. Persönlicher Ruhm Macht, Reichtum, Totale Wahrheitsansprüche,… all dies repräsentiert ein Wertesystem, das wenig geeignet ist, das zu unterstützen, was wir tatsächlich brauchen. Aber da das ‚Neue‘ seinem Wesen nach ‚radikal neu‘ ist, weiß man vorher nie genau, wann und wie das Neue sich Bahn brechen wird. In der Regel wird es sich an vielen verschiedenen Stellen mehr oder weniger zeitgleich ‚zeigen‘, ‚zu Worte‘ kommen, ‚getan werden‘. ‚Gewinnen‘ werden die, die es zuerst gesellschaftlich umsetzen können. Lassen wir uns überraschen.

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SUCHE NACH DEM URSPRUNG UND DER BEDEUTUNG DES LEBENS (Paul Davies). Teil 2 (Information als Grundeigenschaft alles Materiellen?)

Paul Davies, The FIFTH MIRACLE: The Search for the Origin and Meaning of Life, New York:1999, Simon & Schuster

 Fortsetzung von Suche… (Teil 1)

Start: 27.Aug.2012

Letzte Fortsetzung: 1.Sept.2012

  1. Das dritte Kapitel ist überschrieben ‚Out of the Slime‘. (SS.69-96) Es startet mit Überlegungen zur Linie der Vorfahren (Stammbaum), die alle auf ‚gemeinsame Vorfahren‘ zurückführen. Für uns Menschen zu den ersten Exemplaren des homo sapiens in Afrika vor 100.000 Jahren, zu den einige Millionen Jahre zurückliegenden gemeinsamen Vorläufern von Affen und Menschen; ca. 500 Mio Jahre früher waren die Vorläufer Fische, zwei Milliarden Jahre zurück waren es Mikroben. Und diese Rückführung betrifft alle bekannten Lebensformen, die, je weiter zurück, sich immer mehr in gemeinsamen Vorläufern vereinigen, bis hin zu den Vorläufern allen irdischen Lebens, Mikroorganismen, Bakterien, die die ersten waren.(vgl. S.69f)

  2. [Anmerkung: Die Formulierung von einem ‚einzelnen hominiden Vorfahren‘ oder gar von der ‚afrikanischen Eva‘ kann den Eindruck erwecken, als ob der erste gemeinsame Vorfahre ein einzelnes Individuum war. Das scheint mir aber irreführend. Bedenkt man, dass wir ‚Übergangsphasen‘ haben von Atomen zu Molekülen, von Molekülen zu Netzwerken von Molekülen, von Molekülnetzwerken zu Zellen, usw. dann waren diese Übergänge nur erfolgreich, weil viele Milliarden und Abermilliarden von Elementen ‚gleichzeitig‘ beteiligt waren; anders wäre ein ‚Überleben‘ unter widrigsten Umständen überhaupt nicht möglich gewesen. Und es spricht alles dafür, dass dieses ‚Prinzip der Homogenität‘ sich auch bei den ‚komplexeren‘ Entwicklungsstufen fortgesetzt hat. Ein einzelnes Exemplar einer Art, das durch irgendwelche besonderen Eigenschaften ‚aus der Reihe‘ gefallen wäre, hätte gar nicht existieren können. Es braucht immer eine Vielzahl von hinreichend ‚ähnlichen‘ Exemplaren, dass ein Zusammenwirken und Fortbestehen realisiert werden kann. Die ‚Vorgänger‘ sind also eher keine spezifischen Individuen (wenngleich in direkter Abstammung schon), sondern immer Individuen als Mitglieder einer bestimmten ‚Art‘.]

  3. Es ist überliefert, dass Darwin im Sommer 1837, nach der Rückkehr von seiner Forschungsreise mit der HMS Beagle in seinem Notizbuch erstmalig einen irregulär verzweigenden Baum gemalt hat, um die vermuteten genealogischen Zusammenhänge der verschiedenen Arten darzustellen. Der Baum kodierte die Annahme, dass letztlich alle bekannten Lebensformen auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgehen. Ferner wird deutlich, dass viele Arten (heutige Schätzungen: 99%) irgendwann ‚ausgestorben‘ sind. Im Falle einzelliger Lebewesen gab es aber – wie wir heute zunehmend erkennen können – auch das Phänomene der Symbiose: ein Mikroorganismus ‚frißt‘ andere und ‚integriert‘ deren Leistung ‚in sich‘ (Beispiel die Mitochondrien als Teil der heute bekannten Zellen). Dies bedeutet, dass ‚Aussterben‘ auch als ‚Synthese‘ auftreten kann.(vgl. SS.70-75)

  4. Die Argumente für den Zusammenhang auf Zellebene zwischen allen bekannten und ausgestorbenen Arten mit gemeinsamen Vorläufern beruhen auf den empirischen Fakten, z.B. dass die metabolischen Verläufe der einzelnen Zellen gleich sind, dass die Art und Weise der genetischen Kodierung und Weitergabe gleich ist, dass der genetische Kode im Detail der gleiche ist, oder ein kurioses Detail wie die molekulare Ausrichtung – bekannt als Chiralität –; obgleich jedes Molekül aufgrund der geltenden Gesetze sowohl rechts- oder linkshändig sein kann, ist die DNA bei allen Zellen ‚rechtshändig‘ und ihr Spiegelbild linkshändig. (vgl.SS.71-73)

  5. Da das DNA-Molekül bei allen bekannten Lebensformen in gleicher Weise unter Benutzung von Bausteinen aus Aminosäure kodiert ist, kann man diese Moleküle mit modernen Sequenzierungstechniken Element für Element vergleichen. Unter der generellen Annahme, dass sich bei Weitergabe der Erbinformationen durch zufällige Mutationen von Generation zur Generation Änderungen ergeben können, kann man anhand der Anzahl der verschiedenen Elemente sowohl einen ‚genetischen Unterschied‘ wie auch einen ‚genealogischen Abstand‘ konstruieren. Der genetische Unterschied ist direkt ’sichtbar‘, die genaue Bestimmung des genealogischen Abstands im ‚Stammbaum‘ hängt zusätzlich ab von der ‚Veränderungsgeschwindigkeit‘. Im Jahr 1999 war die Faktenlage so, dass man annimmt, dass es gemeinsame Vorläufer für alles Leben gegeben hat, die sich vor ca. 3 Milliarden Jahren in die Art ‚Bakterien‘ und ‚Nicht-Bakterien‘ verzweigt haben. Die Nicht-Bakterien haben sich dann weiter verzweigt in ‚Eukaryoten‘ und ‚Archäen‘. (vgl. SS.75-79)

  6. Davies berichtet von bio-geologischen Funden nach denen in de Nähe von Isua (Grönland) Felsen von vor mindestens -3.85 Milliarden Jahren gefunden wurden mit Spuren von Bakterien. Ebenso gibt es Funde von Stromatolythen (Nähe Shark Bay, Australien), mit Anzeichen für Cyanobakterien aus der Zeit von ca. -3.5 Milliarden Jahren und aus der gleichen Zeit Mikrofossilien in den Warrawoona Bergen (Australien). Nach den Ergebnissen aus 1999 hatten die Cyanobakterien schon -3.5 Mrd. Jahre Mechanismen für Photosynthese, einem höchst komplexen Prozess.(vgl. SS.79-81)

  7. Die immer weitere Zurückverlagerung von Mikroorganismen in die Vergangenheit löste aber nicht das Problem der Entstehung dieser komplexen Strukturen. Entgegen der früher verbreiteten Anschauung, dass ‚Leben‘ nicht aus ‚toter Materie‘ entstehen kann, hatte schon Darwin 1871 in einem Brief die Überlegung geäußert, dass in einer geeigneten chemischen Lösung über einen hinreichend langen Zeitraum jene Moleküle und Molekülvernetzungen entstehen könnten, die dann zu den bekannten Lebensformen führen. Aber erst in den 20iger Jahren des 20.Jahrhunderts waren es Alexander Oparin (Rußland) und J.B.S.Haldane (England) die diese Überlegungen ernst nahmen. Statt einem kleinen See,  wie bei Darwin, nahm Haldane an, dass es die Ozeane waren, die den Raum für den Übergangsprozess von ‚Materie‘ zu ‚Leben‘ boten. Beiden Forschern fehlten aber in ihrer Zeit die entscheidende Werkzeuge und Erkenntnisse der Biochemie und Molekularbiologie, um ihre Hypothesen testen zu können. Es war Harold Urey (USA) vorbehalten, 1953 mit ersten Laborexperimenten beginnen zu können, um die Hypothesen zu testen. (vgl. SS.81-86)

  8. Mit Hilfe des Studenten Miller arrangierte Urey ein Experiment, bei dem im Glaskolben eine ‚Mini-Erde‘ bestehend aus etwas Wasser mit den Gasen Methan, Hydrogen und Ammonium angesetzt wurde. Laut Annahme sollte dies der Situation um ca. -4 Millarden Jahren entsprechen. Miller erzeugte dann in dem Glaskolben elektrische Funken, um den Effekt von Sonnenlicht zu simulieren. Nach einer Woche fand er dann verschiedene Amino-Säuren, die als Bausteine in allen biologischen Strukturen vorkommen, speziell auch in Proteinen.(vgl. S.86f)

  9. Die Begeisterung war groß. Nachfolgende Überlegungen machten dann aber klar, dass damit noch nicht viel erreicht war. Die Erkenntnisse der Geologen deuteten in den nachfolgenden Jahren eher dahin, dass die Erdatmosphäre, die die sich mehrfach geändert hatte, kaum Ammonium und Methan enthielt, sondern eher reaktions-neutrales Kohlendioxyd und Schwefel, Gase die keine Aminosäuren produzieren. (vgl.S.87)

  10. Darüber hinaus ist mit dem Auftreten von Aminosäuren als Bausteine für mögliche größere Moleküle noch nichts darüber gesagt, ob und wie diese größere Moleküle entstehen können. Genauso wenig wie ein Haufen Ziegelsteine einfach so ein geordnetes Haus bilden wird, genauso wenig formen einzelne Aminosäuren ‚einfach so‘ ein komplexes Molekül (ein Peptid oder Polypeptid). Dazu muss der zweite Hauptsatz überwunden werden, nach dem ’spontane‘ Prozesse nur in Richtung Energieabbau ablaufen. Will man dagegen komplexe Moleküle bauen, muss man gegen den zweiten Hauptsatz die Energie erhöhen; dies muss gezielt geschehen. In einem angenommenen Ozean ist dies extrem unwahrscheinlich, da hier Verbindungen eher aufgelöst statt synthetisiert werden.(vgl.87-90)

  11. Der Chemiker Sidney Fox erweiterte das Urey-Experiment durch Zufuhr von Wärme. In der Tat bildeten sich dann Ketten von Aminosäurebausteinen die er ‚Proteinoide‘ nannte. Diese waren eine Mischung aus links- und rechts-händigen Molekülen, während die biologisch relevanten Moleküle alle links-händig sind. Mehr noch, die biologisch relevanten Aminosäureketten sind hochspezialisiert. Aus der ungeheuren Zahl möglicher Kombinationen die ‚richtigen‘ per Zufall zu treffen grenzt mathematisch ans Unmögliche.(vgl.S.90f) Dazu kommt, dass eine Zelle viele verschiedene komplexe Moleküle benötigt (neben Proteinen auch Lipide, Nukleinsäuren, Ribosomen usw.). Nicht nur ist jedes dieser Moleküle hochkomplex, sondern sie entfalten ihre spezifische Wirkung als ‚lebendiges Ensemble‘ erst im Zusammenspiel. Jedes Molekül ‚für sich‘ weiß aber nichts von einem Zusammenhang. Wo kommen die Informationen für den Zusammenhang her? (vgl.S.91f) Rein mathematisch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die ‚richtigen‘ Proteine bilden in der Größenordnung von 1:10^40000, oder, um ein eindrucksvolles Bild des Physikers Fred Hoyle zu benutzen: genauso unwahrscheinlich, wie wenn ein Wirbelsturm aus einem Schrottplatz eine voll funktionsfähige Boeing 747 erzeugen würde. (vgl.S.95)

  12. Die Versuchung, das Phänomen des Lebens angesichts dieser extremen Unwahrscheinlichkeiten als etwas ‚Besonderes‘, als einen extrem glücklichen Zufall, zu charakterisieren, ist groß. Davies plädiert für eine Erklärung als eines ’natürlichen physikalischen Prozesses‘. (S.95f)

  13. Im Kapitel 4 ‚The Message in the Machine‘ (SS.97-122) versucht Davies mögliche naturwissenschaftliche Erklärungsansätze, beginnend bei den Molekülen, vorzustellen. Die Zelle selbst ist so ungeheuerlich komplex, dass noch ein Niels Bohr die Meinung vertrat, dass Leben als ein unerklärbares Faktum hinzunehmen sei (vgl.Anmk.1,S.99). Für die Rekonstruktion erinnert Davies nochmals daran, dass diejenigen Eigenschaften, die ‚lebende‘ Systeme von ’nicht-lebenden‘ Systemen auszeichnen, Makroeigenschaften sind, die sich nicht allein durch Verweis auf die einzelnen Bestandteile erklären lassen, sondern nur und ausschließlich durch das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten. Zentrale Eigenschaft ist hier die Reproduktion. (vgl.SS.97-99)

  14. Reproduktion ist im Kern gebunden an das Kopieren von drei-dimensional charakterisierten DNA-Molekülen. Vereinfacht besteht solch ein DNA-Molekül aus zwei komplementären Strängen, die über eine vierelementiges Alphabet von Nukleinsäurebasen miteinander so verbunden sind, dass es zu jeder Nukleinsäurebase genau ein passendes Gegenstück gibt. Fehlt ein Gegenstück, ist es bei Kenntnis des Kodes einfach, das andere Stück zu ergänzen. Ketten von den vierelementigen Basen können ‚Wörter‘ bilden, die ‚genetische Informationen‘ kodieren. Ein ‚Gen‘ wäre dann solch ein ‚Basen-Wort‘. Und das ganze Molekül wäre dann die Summe aller Gene als ‚Genom‘. Das ‚Auftrennen‘ von Doppelsträngen zum Zwecke des Kopierens wie auch das wieder ‚Zusammenfügen‘ besorgen spezialisierte andere Moleküle (Enzyme). Insgesamt kann es beim Auftrennen, Kopieren und wieder Zusammenfügen zu ‚Fehlern‘ (Mutationen) kommen. (vgl.SS.100-104)

  15. Da DNA-Moleküle als solche nicht handlungsfähig sind benötigen sie eine Umgebung, die dafür Sorge trägt, dass die genetischen Informationen gesichert und weitergegeben werden. Im einfachen Fall ist dies eine Zelle. Um eine Zelle aufzubauen benötigt man Proteine als Baumaterial und als Enzyme. Proteine werden mithilfe der genetischen Informationen in der DNA erzeugt. Dazu wird eine Kopie der DNA-Informationen in ein Molekül genannt Boten-RNA (messenger RNA, mRNA) kopiert, dieses wandert zu einem komplexen Molekülnetzwerk genannt ‚Ribosom‘. Ribosomen ‚lesen‘ ein mRNA-Molekül als ‚Bauanleitung‘ und generieren anhand dieser Informationen Proteine, die aus einem Alphabet von 20 (bisweilen 21) Aminosäuren zusammengesetzt werden. Die Aminosäuren, die mithilfe des Ribosoms Stück für Stück aneinandergereiht werden, werden von spezialisierten Transportmolekülen (transfer RNA, tRNA) ‚gebracht‘, die so gebaut sind, dass immer nur dasjenige tRNA-Molekül andocken kann, das zur jeweiligen mRNA-Information ‚passt‘. Sobald die mRNA-Information ‚abgearbeitet‘ ist, liegt eines von vielen zehntausend möglichen Proteinen vor. (vgl.SS. 104-107) Bemerkenswert ist die ‚Dualität‘ der DNA-Moleküle (wie auch der mRNA) sowohl als ‚Material/ Hardware‘ wie auch als ‚Information/ Software‘. (vgl.S.108)

  16. Diese ‚digitale‘ Perspektive vertieft Davies durch weitere Betrachtung und führt den Leser zu einem Punkt, bei dem man den Eindruck gewinnt, dass die beobachtbaren und messbaren Materialien letztlich austauschbar sind bezogen auf die ‚impliziten Strukturen‘, die damit realisiert werden. Am Beispiel eines Modellflugzeugs, das mittels Radiowellen ferngesteuert wird, baut er eine Analogie dahingehend auf, dass die Hardware (das Material) des Flugzeugs wie auch der Radiowellen selbst als solche nicht erklären, was das Flugzeug tut. Die Hardware ermöglicht zwar grundsätzlich bestimmte Flugeigenschaften, aber ob und wie diese Eigenschaften genutzt werden, das wird durch ‚Informationen‘ bestimmt, die per Radiowellen von einem Sender/ Empfänger kommuniziert werden. Im Fall einer Zelle bilden komplexe Molekülnetzwerke die Hardware mit bestimmten verfügbaren chemischen Eigenschaften, aber ihr Gesamtverhalten wird gesteuert durch Informationen, die primär im DNA-Molekül kodiert vorliegt und die als ‚dekodierte‘ Information alles steuert.(vgl. SS.113-115)

  17. [Anmerkung: Wie schon zuvor festgestellt, repräsentieren Atome und Moleküle als solche keine ‚Information‘ ‚von sich aus‘. Sie bilden mögliche ‚Ereignisse‘ E ‚für andere‘ Strukturen S, sofern diese andere Strukturen S auf irgendeine Weise von E ‚beeinflusst‘ werden können. Rein physikalisch (und chemisch) gibt es unterschiedliche Einwirkungsmöglichkeiten (z.B. elektrische Ladungen, Gravitation,…). Im Falle der ‚Information‘ sind es aber nicht nur solche primären physikalisch-chemischen Eigenschaften, die benutzt werden, sondern das ‚empfangende‘ System S befindet sich in einem Zustand, S_inf, der es dem System ermöglicht, bestimmte physikalisch-chemische Ereignisse E als ‚Elemente eines Kodes‘ zu ‚interpretieren. Ein Kode ist minimal eine Abbildungsvorschrift, die Elemente einer Menge X (die primäre Ereignismenge) in eine Bildmenge Y (irgendwelche anderen Ereignisse, die Bedeutung) ‚übersetzt‘ (kodiert), also CODE: X —> Y. Das Materiell-Stoffliche wird damit zum ‚Träger von Informationen‘, zu einem ‚Zeichen‘, das von einem Empfänger S ‚verstanden‘ wird. Im Falle der zuvor geschilderten Replikation wurden ausgehend von einem DNA-Molekül (= X, Ereignis, Zeichen) mittels mRNA, tRNA und Ribosom (= Kode, CODE) bestimmte Proteine (=Y, Bedeutung) erzeugt. Dies bedeutet, dass die erzeugten Proteine die ‚Bedeutung des DNA-Moleküls‘ sind unter Voraussetzung eines ‚existierenden Kodes‘ realisiert im Zusammenspiel eines Netzwerkes von mRNA, tRNAs und Ribosom. Das Paradoxe daran ist, das die einzelnen Bestandteile des Kodes, die Moleküle mRNA, tRNA und Ribosom (letzteres selber hochkomplex) ‚für sich genommen‘ keinen Kode darstellen, nur in dem spezifischen Zusammenspiel! Wenn also die einzelnen materiellen Bestandteile, die Atome und Moleküle ‚für sich gesehen‘ keinen komplexen Kode darstellen, woher kommt dann die Information, die alle diese materiell hochkomplexen Bestandteile auf eine Weise ‚zusammenspielen‘ lässt, die weit über das hinausgeht, was die Bestandteile einzeln ‚verkörpern‘? ]

  18. "Zelle und Turingmaschine"
    zelle_tm

    [Anmerkung: Es gibt noch eine andere interssante Perspektive. Das mit Abstand wichtigste Konzept in der (theoretischen) Informatik ist das Konzept der Berechenbarkeit, wie es zunächst von Goedel 1931, dann von Turing in seinem berühmten Artikel von 1936-7 vorgelegt worden ist. In seinem Artikel definiert Turing das mathematische (!) Konzept einer Vorrichtung, die alle denkbaren berechenbaren Prozesse beschreiben soll. Später gaben andere dieser Vorrichtung den Namen ‚Turingmaschine‘ und bis heute haben alle Beweise immer nur dies eine gezeigt, dass es kein anderes formales Konzept der intuitiven ‚Berechenbarkeit‘ gibt, das ’stärker‘ ist als das der Turingmaschine. Die Turingmaschine ist damit einer der wichtigsten – wenn nicht überhaupt der wichtigste — philosophischen Begriff(e). Viele verbinden den Begriff der Turingmaschine oft mit den heute bekannten Computern oder sehen darin die Beschreibung eines konkreten, wenngleich sehr ‚umständlichen‘ Computers. Das ist aber vollständig an der Sache vorbei. Die Turingmaschine ist weder ein konkreter Computer noch überhaupt etwas Konkretes. Genau wie der mathematische Begriff der natürlichen Zahlen ein mathematisches Konzept ist, das aufgrund der ihm innewohnenden endlichen Unendlichkeit niemals eine reale Zahlenmenge beschreibt, sondern nur das mathematische Konzept einer endlich-unendlichen Menge von abstrakten Objekten, für die die Zahlen des Alltags ‚Beispiele‘ sind, genauso ist auch das Konzept der Turingmaschine ein rein abstraktes Gebilde, für das man konkrete Beispiele angeben kann, die aber das mathematische Konzept selbst nie erschöpfen (die Turingmaschine hat z.B. ein unendliches Schreib-Lese-Band, etwas, das niemals real existieren kann).
    ]

  19. [Anmerkung: Das Interessante ist nun, dass man z.B. die Funktion des Ribosoms strukturell mit dem Konzept einer Turingmaschine beschreiben kann (vgl. Bild). Das Ribosom ist jene Funktionseinheit von Molekülen, die einen Input bestehend aus mRNA und tRNAs überführen kann in einen Output bestehend aus einem Protein. Dies ist nur möglich, weil das Ribosom die mRNA als Kette von Informationseinheiten ‚interpretiert‘ (dekodiert), die dazu führen, dass bestimmte tRNA-Einheiten zu einem Protein zusammengebaut werden. Mathematisch kann man diese funktionelle Verhalten eines Ribosoms daher als ein ‚Programm‘ beschreiben, das gleichbedeutend ist mit einer ‚Funktion‘ bzw. Abbildungsvorschrift der Art ‚RIBOSOM: mRNA x tRNA —> PROTEIN. Das Ribosom stellt somit eine chemische Variante einer Turingmaschine dar (statt digitalen Chips oder Neuronen). Bleibt die Frage, wie es zur ‚Ausbildung‘ eines Ribosoms kommen kann, das ’synchron‘ zu entsprechenden mRNA-Molekülen die richtige Abbildungsvorschrift besitzt.
    ]
  20. Eine andere Blickweise auf das Phänomen der Information ist jene des Mathematikers Chaitin, der darauf aufmerksam gemacht hat, dass man das ‚Programm‘ eines Computers (sein Algorithmus, seine Abbildungsfunktion, seine Dekodierungsfunktion…) auch als eine Zeichenkette auffassen kann, die nur aus Einsen und Nullen besteht (also ‚1101001101010..‘). Je mehr Wiederholungen solch eine Zeichenkette enthalten würde, um so mehr Redundanz würde sie enthalten. Je weniger Wiederholung, um so weniger Redundanz, um so höher die ‚Informationsdichte‘. In einer Zeichenkette ohne jegliche Redundanz wäre jedes einzelne Zeichen wichtig. Solche Zeichenketten sind formal nicht mehr von reinen zufallsbedingten Ketten unterscheidbar. Dennoch haben biologisch nicht alle zufälligen Ketten eine ’nützliche‘ Bedeutung. DNA-Moleküle ( bzw. deren Komplement die jeweiligen mRNA-Moleküle) kann man wegen ihrer Funktion als ‚Befehlssequenzen‘ als solche binär kodierten Programme auffassen. DNA-Moleküle können also durch Zufall erzeugt worden sein, aber nicht alle zufälligen Erzeugungen sind ’nützlich‘, nur ein verschwindend geringer Teil.  Dass die ‚Natur‘ es geschafft hat, aus der unendlichen Menge der nicht-nützlichen Moleküle per Zufall die herauszufischen, die ’nützlich‘ sind, geschah einmal durch das Zusammenspiel von Zufall in Gestalt von ‚Mutation‘ sowie Auswahl der ‚Nützlichen‘ durch Selektion. Es stellt sich die Frage, ob diese Randbedingungen ausreichen, um das hohe Mass an Unwahrscheinlichkeit zu überwinden. (vgl. SS. 119-122)
  21. [Anmerkung: Im Falle ‚lernender‘ Systeme S_learn haben wir den Fall, dass diese Systeme einen ‚Kode‘ ‚lernen‘ können, weil sie in der Lage sind, Ereignisse in bestimmter Weise zu ‚bearbeiten‘ und zu ’speichern‘, d.h. sie haben Speichersysteme, Gedächtnisse (Memory), die dies ermöglichen. Jedes Kind kann ‚lernen‘, welche Ereignisse welche Wirkung haben und z.B. welche Worte was bedeuten. Ein Gedächtnis ist eine Art ‚Metasystem‘, in dem sich ‚wahrnehmbare‘ Ereignisse E in einer abgeleiteten Form E^+ so speichern (= spiegeln) lassen, dass mit dieser abgeleiteten Form E^+ ‚gearbeitet‘ werden kann. Dies setzt voraus, dass es mindestens zwei verschiedene ‚Ebenen‘ (layer, level) im Gedächtnis gibt: die ‚primären Ereignisse‘ E^+ sowie die möglichen ‚Beziehungen‘ RE, innerhalb deren diese vorkommen. Ohne dieses ‚Beziehungswissen‘ gibt es nur isolierte Ereignisse. Im Falle multizellulärer Organismen wird diese Speicheraufgabe durch ein Netzwerk von neuronalen Zellen (Gehirn, Brain) realisiert. Der einzelnen Zelle kann man nicht ansehen, welche Funktion sie hat; nur im Zusammenwirken von vielen Zellen ergeben sich bestimmte Funktionen, wie z.B. die ‚Bearbeitung‘ sensorischer Signale oder das ‚Speichern‘ oder die Einordnung in eine ‚Beziehung‘. Sieht man mal von der spannenden Frage ab, wie es zur Ausbildung eines so komplexen Netzwerkes von Neuronen kommen konnte, ohne dass ein einzelnes Neuron als solches ‚irgend etwas weiß‘, dann stellt sich die Frage, auf welche Weise Netzwerke von Molekülen ‚lernen‘ können.  Eine minimale Form von Lernen wäre das ‚Bewahren‘ eines Zustandes E^+, der durch ein anderes Ereignis E ausgelöst wurde; zusätzlich müsste es ein ‚Bewahren‘ von Zuständen geben, die Relationen RE zwischen primären Zuständen E^+ ‚bewahren‘. Solange wir es mit frei beweglichen Molekülen zu tun haben, ist kaum zu sehen, wie es zu solchen ‚Bewahrungs-‚ sprich ‚Speicherereignissen‘ kommen kann. Sollte es in irgend einer Weise Raumgebiete geben, die über eine ‚hinreichend lange Zeit‘ ‚konstant bleiben, dann wäre es zumindest im Prinzip möglich, dass solche ‚Bewahrungsereignisse‘ stattfinden. Andererseits muss man aber auch sehen, dass diese ‚Bewahrungsereignisse‘ aus Sicht eines möglichen Kodes nur möglich sind, wenn die realisierenden Materialien – hier die Moleküle bzw. Vorstufen zu diesen – physikalisch-chemische Eigenschaften aufweisen, die grundsätzlich solche Prozesse nicht nur ermöglichen, sondern tendenziell auch ‚begünstigen‘, und dies unter Berücksichtigung, dass diese Prozesse ‚entgegen der Entropie‘ wirken müssen. Dies bedeutet, dass — will man keine ‚magischen Kräfte‘ annehmen —  diese Reaktionspotentiale schon in den physikalisch-chemischen Materialien ‚angelegt‘ sein müssen, damit sie überhaupt auftreten können. Weder Energie entsteht aus dem Nichts noch – wie wir hier annehmen – Information. Wenn wir also sagen müssen, dass sämtliche bekannte Materie nur eine andere Zustandsform von Energie ist, dann müssen wir vielleicht auch annehmen, dass alle bekannten ‚Kodes‘ im Universum nichts anderes sind als eine andere Form derjenigen Information, die von vornherein in der Energie ‚enthalten‘ ist. Genauso wie Atome und die subatomaren Teilchen nicht ’neutral‘ sind sondern von vornherein nur mit charakteristischen (messbaren) Eigenschaften auftreten, genauso müsste man dann annehmen, dass die komplexen Kodes, die wir in der Welt und dann vor allem am Beispiel biologischer Systeme bestaunen können, ihre Wurzeln in der grundsätzlichen ‚Informiertheit‘ aller Materie hat. Atome formieren zu Molekülen, weil die physikalischen Eigenschaften sie dazu ‚bewegen‘. Molkülnetzwerke entfalten ein spezifisches ‚Zusammenspiel‘, weil ihre physikalischen Eigenschaften das ‚Wahrnehmen‘, ‚Speichern‘ und ‚Dekodieren‘ von Ereignissen E in einem anderen System S grundsätzlich ermöglichen und begünstigen. Mit dieser Annahme verschwindet ‚dunkle Magie‘ und die Phänomene werden ‚transparent‘, ‚messbar‘, ‚manipulierbar‘, ‚reproduzierbar‘. Und noch mehr: das bisherige physikalische Universum erscheint in einem völlig neuen Licht. Die bekannte Materie verkörpert neben den bislang bekannten physikalisch-chemischen Eigenschaften auch ‚Information‘ von ungeheuerlichen Ausmaßen. Und diese Information ‚bricht sich selbst Bahn‘, sie ‚zeigt‘ sich in Gestalt des Biologischen. Das ‚Wesen‘ des Biologischen sind dann nicht die ‚Zellen als Material‘, das Blut, die Muskeln, die Energieversorgung usw., sondern die Fähigkeit, immer komplexer Informationen aus dem Universum ‚heraus zu ziehen, aufzubereiten, verfügbar zu machen, und damit das ‚innere Gesicht‘ des Universums sichtbar zu machen. Somit wird ‚Wissen‘ und ‚Wissenschaft‘ zur zentralen Eigenschaft des Universums samt den dazugehörigen Kommunikationsmechanismen.]

  22. Fortsetzung Teil 3

Einen Überblick über alle bisherigen Themen findet sich HIER

Zitierte  Literatur:

Chaitin, G.J. Information, Randomness & Incompleteness, 2nd ed.,  World Scientific, 1990

Turing, A. M. On Computable Numbers with an Application to the Entscheidungsproblem. In: Proc. London Math. Soc., Ser.2, vol.42(1936), pp.230-265; received May 25, 1936; Appendix added August 28; read November 12, 1936; corr. Ibid. vol.43(1937), pp.544-546. Turing’s paper appeared in Part 2 of vol.42 which was issued in December 1936 (Reprint in M.DAVIS 1965, pp.116-151; corr. ibid. pp.151-154).

 Interessante Links:

Ein Video in Youtube, das eine Rede von Pauls Davies dokumentiert, die thematisch zur Buchbesprechung passt und ihn als Person etwas erkennbar macht.

Teil 1:
http://www.youtube.com/watch?v=9tB1jppI3fo

Teil 2:
http://www.youtube.com/watch?v=DXXFNnmgcVs

Teil 3:
http://www.youtube.com/watch?v=Ok9APrXfIOU

Teil 4:
http://www.youtube.com/watch?v=vXqqa1_0i7E

Part 5:
http://www.youtube.com/watch?v=QVrRL3u0dF4
Es gibt noch einige andere Videos mit Paul Davies bei Youtube.

ERKENNTNISSCHICHTEN – Das volle Programm…

 

  1. Wir beginnen mit einem Erkenntnisbegriff, der im subjektiven Erleben ansetzt. Alles, was sich subjektiv als ‚Gegeben‘ ansehen kann, ist ein ‚primärer‘ ‚Erkenntnisinhalt‘ (oft auch ‚Phänomen‘ [PH] genannt).

  2. Gleichzeitig mit den primären Erkenntnisinhalten haben wir ein ‚Wissen‘ um ’sekundäre‘ Eigenschaften von Erkenntnisinhalten wie ‚wahrgenommen‘, ‚erinnert‘, ‚gleichzeitig‘, ‚vorher – nachher‘, ‚Instanz einer Klasse‘, ‚innen – außen‘, und mehr.

  3. Auf der Basis der primären und sekundären Erkenntnisse lassen sich schrittweise komplexe Strukturen aufbauen, die das subjektive Erkennen aus der ‚Innensicht‘ beschreiben (‚phänomenologisch‘, [TH_ph]), aber darin auch eine systematische Verortung von ‚empirischem Wissen‘ erlaubt.

  4. Mit der Bestimmung des ‚empirischen‘ Wissens lassen sich dann Strukturen der ‚intersubjektiven Körperwelt‘ beschreiben, die weit über das ’subjektive/ phänomenologische‘ Wissen hinausreichen [TH_emp], obgleich sie als ‚Erlebtes‘ nicht aus dem Bereich der Phänomene hinausführen.

  5. Unter Einbeziehung des empirischen Wissens lassen sich Hypothesen über Strukturen bilden, innerhalb deren das subjektive Wissen ‚eingebettet‘ erscheint.

  6. Der Ausgangspunkt bildet die Verortung des subjektiven Wissens im ‚Gehirn‘ [NN], das wiederum zu einem ‚Körper‘ [BD] gehört.

  7. Ein Körper stellt sich dar als ein hochkomplexes Gebilde aus einer Vielzahl von Organen oder organähnlichen Strukturen, die miteinander in vielfältigen Austauschbeziehungen (‚Kommunikation‘) stehen und wo jedes Organ spezifische Funktionen erfüllt, deren Zusammenwirken eine ‚Gesamtleistung‘ [f_bd] des Input-Output-Systems Körpers ergibt. Jedes Organ besteht aus einer Vielzahl von ‚Zellen‘ [CL], die nach bestimmten Zeitintervallen ‚absterben‘ und ‚erneuert‘ werden.

  8. Zellen, Organe und Körper entstehen nicht aus dem ‚Nichts‘ sondern beruhen auf ‚biologischen Bauplänen‘ (kodiert in speziellen ‚Molekülen‘) [GEN], die Informationen vorgeben, auf welche Weise Wachstumsprozesse (auch ‚Ontogenese‘ genannt) organisiert werden sollen, deren Ergebnis dann einzelne Zellen, Zellverbände, Organe und ganze Körper sind (auch ‚Phänotyp‘ genannt). Diese Wachstumsprozesse sind ’sensibel‘ für Umgebungsbedingungen (man kann dies auch ‚interaktiv‘ nennen). Insofern sind sie nicht vollständig ‚deterministisch‘. Das ‚Ergebnis‘ eines solchen Wachstumsprozesses kann bei gleicher Ausgangsinformation anders aussehen. Dazu gehört auch, dass die biologischen Baupläne selbst verändert werden können, sodass sich die Mitglieder einer Population [POP] im Laufe der Zeit schrittweise verändern können (man spricht hier auch von ‚Phylogenese‘).

  9. Nimmt man diese Hinweise auf Strukturen und deren ‚Schichtungen‘ auf, dann kann man u.a. zu dem Bild kommen, was ich zuvor schon mal unter dem Titel ‚Emergenz des Geistes?‘ beschrieben hatte. In dem damaligen Beitrag hatte ich speziell abgehoben auf mögliche funktionale Unterschiede der beobachtbaren Komplexitätsbildung.

  10. In der aktuellen Reflexion liegt das Augenmerk mehr auf dem Faktum der Komplexitätsebene allgemein. So spannen z.B. die Menge der bekannten ‚Atome‘ [ATOM] einen bestimmten Möglichkeitsraum für theoretisch denkbare ‚Kombinationen von Atomen‘ [MOL] auf. Die tatsächlich feststellbaren Moleküle [MOL‘] bilden gegenüber MOL nur eine Teilmenge MOL‘ MOL. Die Zusammenführung einzelner Atome {a_1, a_2, …, a_n} ATOM zu einem Atomverband in Form eines Moleküls [m in MOL‘] führt zu einem Zustand, in dem das einzelne Atom a_i mit seinen individuellen Eigenschaften nicht mehr erkennbar ist; die neue größere Einheit, das Molekül zeigt neue Eigenschaften, die dem ganzen Gebilde Molekül m_j zukommen, also {a_1, a_2, …, a_n} m_i (mit {a_1, a_2, …, a_n} als ‚Bestandteilen‘ des Moleküls m_i).

  11. Wie wir heute wissen, ist aber auch schon das Atom eine Größe, die in sich weiter zerlegt werden kann in ‚atomare Bestandteile‘ (‚Quanten‘, ‚Teilchen‘, ‚Partikel‘, …[QUANT]), denen individuelle Eigenschaften zugeordnet werden können, die auf der ‚Ebene‘ des Atoms verschwinden, also auch hier wenn {q_1, q_2, …, q_n} QUANT und {q_1, q_2, …, q_n} die Bestandteile eines Atoms a_i sind, dann gilt {q_1, q_2, …, q_n} a_i.

  12. Wie weit sich unterhalb der Quanten weitere Komplexitätsebenen befinden, ist momentan unklar. Sicher ist nur, dass alle diese unterscheidbaren Komplexitätsebenen im Bereich ‚materieller‘ Strukturen aufgrund von Einsteins Formel E=mc^2 letztlich ein Pendant haben als reine ‚Energie‘. Letztlich handelt es sich also bei all diesen Unterschieden um ‚Zustandsformen‘ von ‚Energie‘.

  13. Entsprechend kann man die Komplexitätsbetrachtungen ausgehend von den Atomen über Moleküle, Molekülverbände, Zellen usw. immer weiter ausdehnen.

  14. Generell haben wir eine ‚Grundmenge‘ [M], die minimale Eigenschaften [PROP] besitzt, die in einer gegebenen Umgebung [ENV] dazu führen können, dass sich eine Teilmenge [M‘] von M mit {m_1, m_2, …, m_n} M‘ zu einer neuen Einheit p={q_1, q_2, …, q_n} mit p M‘ bildet (hier wird oft die Bezeichnung ‚Emergenz‘ benutzt). Angenommen, die Anzahl der Menge M beträgt 3 Elemente |M|=3, dann könnte man daraus im einfachen Fall die Kombinationen {(1,2), (1,3), (2,3), (1,2,3)} bilden, wenn keine Doubletten zulässig wären. Mit Doubletten könnte man unendliche viele Kombinationen bilden {(1,1), (1,1,1), (1,1,….,1), (1,2), (1,1,2), (1,1,2,2,…),…}. Wie wir von empirischen Molekülen wissen, sind Doubletten sehr wohl erlaubt. Nennen wir M* die Menge aller Kombinationen aus M‘ (einschließlich von beliebigen Doubletten), dann wird rein mathematisch die Menge der möglichen Kombinationen M* gegenüber der Grundmenge M‘ vergrößert, wenngleich die Grundmenge M‘ als ‚endlich‘ angenommen werden muss und von daher die Menge M* eine ‚innere Begrenzung‘ erfährt (Falls M’={1,2}, dann könnte ich zwar M* theoretisch beliebig groß denken {(1,1), (1,1,1…), (1,2), (1,2,2), …}, doch ‚real‘ hätte ich nur M*={(1,2)}. Von daher sollte man vielleicht immer M*(M‘) schreiben, um die Erinnerung an diese implizite Beschränkung wach zu halten.

  15. Ein anderer Aspekt ist der Übergang [emer] von einer ’niedrigerem‘ Komplexitätsniveau CL_i-1 zu einem höheren Komplexitätsniveau CL_i, also emer: CL_i-1 —> CL_i. In den meisten Fällen sind die genauen ‚Gesetze‘, nach denen solch ein Übergang stattfindet, zu Beginn nicht bekannt. In diesem Fall kann man aber einfach ‚zählen‘ und nach ‚Wahrscheinlichkeiten‘ Ausschau halten. Allerdings gibt es zwischen einer ‚reinen‘ Wahrscheinlich (absolute Gleichverteilung) und einer ‚100%-Regel‘ (Immer dann wenn_X_dann geschieht_Y_) ein Kontinuum von Wahrscheinlichkeiten (‚Wahrscheinlichkeitsverteilungen‘ bzw. unterschiedlich ‚festen‘ Regeln, in denen man Z%-Regeln benutzt mit 0 < Z < 100 (bekannt sind z.B. sogenannte ‚Fuzzy-Regeln‘).

  16. Im Falle des Verhaltens von biologischen Systemen, insbesondere von Menschen, wissen wir, dass das System ‚endogene Pläne‘ entwickeln kann, wie es sich verhalten soll/ will. Betrachtet man allerdings ‚große Zahlen‘ solcher biologischer Systeme, dann fällt auf, dass diese sich entlang bestimmter Wahrscheinlichkeitsverteilungen trotzdem einheitlich verhalten. Im Falle von Sterbensraten [DEATH] einer Population mag man dies dadurch zu erklären suchen, dass das Sterben weitgehend durch die allgemeinen biologischen Parameter des Körpers abhängig ist und der persönliche ‚Wille‘ wenig Einfluß nimmt. Doch gibt es offensichtlich Umgebungsparameter [P_env_i], die Einfluss nehmen können (Klima, giftige Stoffe, Krankheitserreger,…) oder indirekt vermittelt über das individuelle ‚Verhalten‘ [SR_i], das das Sterben ‚begünstigt‘ oder ‚verzögert‘. Im Falle von Geburtenraten [BIRTH] kann man weitere Faktoren identifizieren, die die Geburtenraten zwischen verschiedenen Ländern deutlich differieren lässt, zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen sozialen Gruppen, usw. obgleich die Entscheidung für Geburten mehr als beim Sterben individuell vermittelt ist. Bei allem Verhalten kann man mehr oder weniger starke Einflüsse von Umgebungsparametern messen. Dies zeigt, dass die individuelle ‚Selbstbestimmung‘ des Verhaltens nicht unabhängig ist von Umgebungsparametern, die dazu führen, dass das tatsächliche Verhalten Millionen von Individuen sehr starke ‚Ähnlichkeiten‘ aufweist. Es sind diese ‚gleichförmigen Wechselwirkungen‘ die die Ausbildung von ‚Verteilungsmustern‘ ermöglichen. Die immer wieder anzutreffenden Stilisierungen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu quasi ‚ontologischen Größen‘ erscheint vor diesem Hintergrund eher irreführend und verführt dazu, die Forschung dort einzustellen, wo sie eigentlich beginnen sollte.

  17. Wie schon die einfachen Beispiele zu Beginn gezeigt haben, eröffnet die nächst höhere Komplexitätstufe zunächst einmal den Möglichkeitsraum dramatisch, und zwar mit qualitativ neuen Zuständen. Betrachtet man diese ‚Komplexitätsschichtungen‘ nicht nur ‚eindimensional‘ (also z.B. in eine Richtung… CL_i-1, CL_i, CL_i+1 …) sondern ‚multidimensional‘ (d.h. eine Komplexitätsstufe CL_i kann eine Vielzahl von Elementen umfassen, die eine Komplexitätstufe j<i repräsentieren, und diese können wechselseitig interagieren (‚kommunizieren‘)), dann führt dies zu einer ‚Verdichtung‘ von Komplexität, die immer schwerer zu beschreiben ist. Eine einzige biologische Zelle funktioniert nach so einem multidimensionalen Komplexitätsmuster. Einzelne Organe können mehrere Milliarden solcher multidimensionaler Einheiten umfassen. Jeder Körper hat viele solcher Organe die miteinander wechselwirken. Die Koordinierung aller dieser Elemente zu einer prägnanten Gesamtleistung übersteigt unsere Vorstellungskraft bei weitem. Dennoch funktioniert dies in jeder Sekunde in jedem Körper Billionenfach, ohne dass das ‚Bewusstsein‘ eines biologischen Systems dies ‚mitbekommt‘.

  18. Was haben all diese Komplexitätstufen mit ‚Erkenntnis‘ zu tun? Nimmt man unser bewusstes Erleben mit den damit verknüpften ‚Erkenntnissen‘ zum Ausgangspunkt und erklärt diese Form von Erkenntnis zur ‚Norm‘ für das, was Erkenntnis ist, dann haben all diese Komplexitätsstufen zunächst nichts mit Erkenntnis zu tun. Allerdings ist es dieses unser ’subjektives‘ ‚phänomenologisches‘ ‚Denken‘, das all die erwähnten ‚Komplexitäten‘ im Denken ’sichtbar‘ macht. Ob es noch andere Formen von Komplexität gibt, das wissen wir nicht, da wir nicht wissen, welche Form von Erkenntnis unsere subjektive Erkenntnisform von vornherein ‚ausblendet‘ bzw. aufgrund ihrer Beschaffenheit in keiner Weise ‚erkennt‘. Dies klingt paradox, aber in der Tat hat unser subjektives Denken die Eigenschaft, dass es durch Verbindung mit einem Körper einen indirekt vermittelten Bezug zur ‚Körperwelt jenseits des Bewusstseins‘ herstellen kann, der so ist, dass wir die ‚Innewohnung‘ unseres subjektiven Erkennens in einem bestimmten Körper mit dem Organ ‚Gehirn‘ als Arbeitshypothese formulieren können. Darauf aufbauend können wir mit diesem Körper, seinem Gehirn und den möglichen ‚Umwelten‘ dann gezielt Experimente durchführen, um Aufklärung darüber zu bekommen, was denn so ein Gehirn im Körper und damit korrelierend eine bestimmte Subjektivität überhaupt erkennen kann. Auf diese Weise konnten wir eine Menge über Erkenntnisgrenzen lernen, die rein aufgrund der direkten subjektiven Erkenntnis nicht zugänglich sind.

  19. Diese neuen Erkenntnisse aufgrund der Kooperation von Biologie, Psychologie, Physiologie, Gehirnwissenschaft sowie Philosophie legen nahe, dass wir das subjektive Phänomen der Erkenntnis nicht isoliert betrachten, sondern als ein Phänomen innerhalb einer multidimensionalen Komplexitätskugel, in der die Komplexitätsstrukturen, die zeitlich vor einem bewussten Erkennen vorhanden waren, letztlich die ‚Voraussetzungen‘ für das Phänomen des subjektiven Erkennens bilden.

  20. Gilt im bekannten Universum generell, dass sich die Systeme gegenseitig beeinflussen können, so kommt bei den biologischen Systemen mit ‚Bewusstsein‘ eine qualitativ neue Komponente hinzu: diese Systeme können sich aktiv ein ‚Bild‘ (‚Modell‘) ihrer Umgebung, von sich selbst sowie von der stattfindenden ‚Dynamik‘ machen und sie können zusätzlich ihr Verhalten mit Hilfe des konstruierten Bildes ’steuern‘. In dem Masse, wie die so konstruierten Bilder (‚Erkenntnisse‘, ‚Theorien‘,…) die tatsächlichen Eigenschaften der umgebenden Welt ‚treffen‘ und die biologischen Systeme ‚technologische Wege‘ finden, die ‚herrschenden Gesetze‘ hinreichend zu ‚kontrollieren‘, in dem Masse können sie im Prinzip nach und nach das gesamte Universum (mit all seinen ungeheuren Energien) unter eine weitreichende Kontrolle bringen.

  21. Das einzig wirkliche Problem für dieses Unterfangen liegt in der unglaublichen Komplexität des vorfindlichen Universums auf der einen Seite und den extrem beschränkten geistigen Fähigkeiten des einzelnen Gehirns. Das Zusammenwirken vieler Gehirne ist absolut notwendig, sehr wahrscheinlich ergänzt um leistungsfähige künstliche Strukturen sowie evtl. ergänzt um gezielte genetische Weiterentwicklungen. Das Problem wird kodiert durch das Wort ‚gezielt‘: Hier wird ein Wissen vorausgesetzt das wir so eindeutig noch nicht haben Es besteht ferner der Eindruck, dass die bisherige Forschung und Forschungsförderung diese zentralen Bereiche weltweit kum fördert. Es fehlt an brauchbaren Konzepten.

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GEN — MEM — SEM

(1) Bei der Betrachtung der Entwicklung des (biologischen) Lebens auf der Erde tritt als markantes Ereignis (vor ca. 3.5 Mrd Jahren) die Verfügbarkeit von selbstreproduktiven Einheiten hervor: DNA-Moleküle werden dazu benutzt um unter Zuhilfenahme anderer Moleküle Proteinstrukturen in einer geordneten Weise so zu organisieren, dass daraus wieder Zellen, multizelluläre Organismen entstehen.

 

(2) In einem Abstraktionsprozeß wurden mathematische Modelle entwickelt, die die Struktur eines DNA.-Moleküls in solch einem selbstreproduktiven Kontext als ‚Informationseinheiten‚ identifizierten, die auch als ‚Gene‚ bezeichnet wurden. Der gesamte Informationsprozess wurde als ‚Genetischer Algorithmus (GA)‚ rekonstruiert. Gegenüber dem biochemischen Modell enthält er Vereinfachungen, zugleich bilden diese aber auch eine ‚Generalisierung‚, die eine mathematische Behandlung zulassen. Dadurch konnten sehr weitreichende Untersuchungen angestellt werden.

 

(3) Die Uminterpretation von genetischen Algorithmen als Classifier Systeme betrachtet die genetische Informationen als Wenn-Dann-Regeln (auch mehrere hintereinander). Je nachdem, welche Bedingungen vorliegen, werden nur bestimmte ‚Wenns‘ ‚erfüllt‘ und nur diese ‚Danns‘ werden aktiviert. Eine ‚Wenn-Dann-Regel‘ bildet einen ‚Classifier‚. Während genetische Informationen als solche eigentlich nur einmal im Leben eines (biologischen) Systems verändert werden (in der Realität natürlich auch durch Fremdeinwirkungen öfters), nämlich bei der Weitergabe der Informationen nach bestimmten Mustern/ Regeln geändert werden können (letztlich gibt es nur zwei Fälle (i) Rekombination nach einer festen Regel oder (ii) Zufällige Veränderung), können die Informationen, die als eine Menge von Classifiern kodiert sind, durch jedes einzelne Verhalten eines Systems geändert werden. Dies entspricht eher dem Organisationsniveau des Nervensystems bzw. dem des Gehirns in einem biologischen System.

 

(4) Betrachtet man Classifier Systeme auf der Organisationsebene des Gehirns, dann liegt auf der Hand, sie primär als Modell eines einfachen Gedächtnisses (Memory) zu sehen. Die ‚Wenns‘ (Engl. if) repräsentieren dann wichtige ‚Wahrnehmungszustände‘ des Systems (sensorische wie propriozeptive oder mehr), die ‚Danns‘ (Engl. ‚then‘) repräsentieren jene Aktionen des Systems, die aufgrund solcher Wahrnehmungen ausgeführt wurden und damit potentiell über die Veränderung einer (unterstellten) Situation zu einer Veränderung dieser Situation geführt haben, die wiederum die Wahrnehmung ändern kann. Da man mathematisch Wenn-Dann-Regeln (also Classifier) als Graphen interpretieren kann mit den ‚Wenns‘ als Knoten und den ‚Danns‘ als Übergänge zwischen den Knoten, sprich Kanten, bilden die Classifier als Graph den Ausgangspunkt für ein mögliches Gedächtnis.

 

(5) Nennen wir den ersten Graphen, den wir mittels Classifiern bilden können, Stufe 0 (Level 0), dann kann ein Gedächtnis mit Stufe 0 Wahrnehmungssituationen speichern, darauf basierende Handlungen, sowie Feedback-Werte. Feedbackwerte sind ‚Rückmeldungen der Umgebung (Engl. environment). Biologische Systeme verfügen im Laufe der 3.5 Miliarden dauernden Evolution mittlerweile über ein ganzes Arsenal von eingebauten (angeborenen, genetisch fixierten) Reaktionsweisen, die das System zur Orientierung benutzen kann: Hungergefühle, Durstgefühle, Müdigkeit, diverse Schutzreflexe, sexuelle Erregung usw. Im Englischen spricht man hier auch von drives bzw. verallgemeinernd von speziellen emotions (Emotionen). In diesem erweiterten Sinn kann man biologische Systeme auf der Organisationseben des Gedächtnisses auch als emotionale Classifier Systeme (emotional classifier systems) bezeichnen. Wenn man diese systemspezifischen Rückmeldungen in die Kodierung der Wenn-Dann-Regeln einbaut — was bei Classifiern der Fall ist –, dann kann ein auf Classifiern basierendes Gedächtnis die Wirkung von wahrgenommenen Situationen in Verbindung mit den eigenen Handlungen gespeichert (store) werden. Darüberhinaus könnte man diese gespeicherten Informationen mit geeigneten Such- und Auswertungsoperationen in zukünftigen Situationen nutzen, in denen man z.B. Hunger hat und man sich fragt, ob und wo und wie man an etwas Essbares kommen könnte.

 

(6) Der Begriff mem wurde in der Literatur schon vielfach und für sehr unterschiedliche Sachverhalte benutzt. In diesem Kontext soll ein mem* einen Knoten samt aller verfügbaren Kanten in einem Classifiersystem bezeichnen, das als Gedächtnis benutzt wird. Meme* sind dann — analog wie Gene — auch Informationseinheiten, allerdings nicht zur Kodierung von Wachstumsprozessen wie bei den Genen, sondern als Basis für Handlungsprozesse. Meme* ermöglichen Handlungen und die durch Handlungen ermöglichten Veränderungen in der unterstellten Umwelt können auf das handelnde System zurückwirken und dadurch die Menge der Meme* verändern.

 

(7) Wie wir heute wissen, haben biologische System — allerdings sehr, sehr spät — auch Zeichensysteme entwickelt, die schließlich als Sprachen zum grundlegenden Kommunikationsmittel des homo sapiens wurden. Kommunikation ermöglicht die Koordinierung unterschiedlicher Gehirne.

 

(8) Die allgemeine Beschreibung von Zeichen ist Gegenstand der Semiotik als Wissenschaft der Zeichen und Zeichenprozesse. Allerdings ist die Semiotik bis heute kaum anerkannt und fristet vielfach nur ein Schattendasein neben anderen Disziplinen. Dafür gibt es dann viele Teildisziplinen wie Phonetik, Linguistik, Sprachwissenschaften, Sprachpsychologie, Neurolinguistik usw. die nur Teilaspekte der menschlichen Zeichen untersuchen, aber es historisch geschafft haben, sich gesellschaftliche Anerkennung zu verschaffen.

 

(9) Eine Schwäche der Semiotik war — und ist es bis heute –, dass sie es nicht geschafft hat, eine einheitliche Theorie der Zeichen zu erarbeiten. Schon alleine die Vielzahl der ‚Gründer‘ der Semiotik (wie z.B. Peirce, de Saussure, Morris und viele andere) und deren unterschiedlichen begrifflichen Konzepte macht es schwer bis unmöglich, zu einer einheitlichen Zeichentheorie zu kommen.

 

(10) Ich habe mehrfach versucht, die beiden sehr unterschiedlichen Ansätze von Peirce (bewusstseinsbasiert) und Morris (Verhaltensbasiert) zu formalisieren und zu vereinheitlichen. Es scheint so zu sein, dass man bei Erweiterung des classifier-basierten Mem*-Konzeptes einen formalen Rahmen hat, der es erlaubt, sowohl die bewusstseinsorientierte Sicht von Peirce wie auch zugleich die verhaltensorientierte Sicht von Morris zusammen zu führen, ohne dass man deren Konzepte ‚verunstalten‘ müsste. Im Falle von Peirce kann man sein komplexes (und in sich selbst nicht konsistentes) System von Kategorien — so scheint es — drastisch vereinfachen.

 

(11) Stark vereinfachend gesagt kann man den Zeichenbegriff verstehen als eine Beziehung  zwischen einem Zeichenmaterial (das sowohl verhaltensrelevant  wie auch wahrnehmungsrelevant vorliegt) und einem Bedeutungsmaterial (das ebenfalls entweder verhaltensrelevant UND wahrnehmunsrelevant vorliegt oder NUR wahrnehmungsrelevant). Allerdings existiert eine solche Bedeutungsbeziehung nicht als wahrnehmbares Objekt sondern ausschliesslich als gewusste Beziehung im ‚Kopf‘ bzw. im ‚Gedächtnis‘ des Zeichenbenutzers. In Anlehnung an die griechische Philosophie möchte ich ein Zeichen als sem* bezeichnen. Ein sem* basiert zwar auf potentiell vielen memen*, stellt aber als ausgezeichnete Beziehung zwischen memen* etwas Eigenständiges dar. In diesem Sinne kann — und muss — man sagen, dass seme* eine neue Ebene der Organisation von Informationen eröffnen (was grundsätzlich keine neue Einsicht ist; ich wiederhole dies hier nur, da dies die Voraussetzung für die nächste Organisationsebene von Informationen ist).

 

Fortsetzung folgt.