Archiv der Kategorie: Genetik

FREIHEIT DIE ICH MEINE – ÜBERLEGUNGEN ZU EINER PARTEIINTERNEN DISKUSSION DER GRÜNEN

1. Bevor ich gleich ein wenig auf die wichtigsten Beiträge der Mitgliederzeitschrift ‚Schrägstrich‘ (Ausgabe Juli 2014) der Grünen eingehe, hier einige Vorüberlegungen zu den gedanklichen Koordinaten, innerhalb deren ich diese Beiträge rezipiere. Im wesentlichen handelt es sich bei diesen gedanklichen Koordinaten um jene, die ich hier im Blog bislang ansatzweise skizziert habe. Hier in einer komprimierten Form wichtige Elemente, die dann im weiteren Verlauf nach Bedarf präzisiert werden:

Aus Sicht des einzelnen: Woher? Was tun? Wohin?
Aus Sicht des einzelnen: Woher? Was tun? Wohin?

2. Ausgangspunkt des Koordinatensystem ist jeder einzelne von uns, der sich täglich konkret die Frage stellen muss, was an diesem Tag zu tun ist. Die Frage, woher man selbst kommt spielt bei den meisten in der Regel keine Rolle, höchstens soweit, dass aus der unmittelbaren Vergangenheit irgendwelche ‚Verpflichtungen‘ erwachsen sind, die in die Gegenwart hineinwirken (negatives oder positives Vermögen, erlernte Fähigkeiten, erworbenes Wissen, gewachsene Beziehungen, …). Wohin wir gehen wollen ist bei den meisten auch nur schwach ausgeprägt (Die Alltagsnotwendigkeiten stehen im Vordergrund: seine Verpflichtungen erfüllen, die Arbeitsanforderungen, den Unterhalt für das tägliche Leben, persönliche und soziale Erwartungen durch Beziehungen und Zugehörigkeiten, ein Ausbildungsziel erreichen, eine höhere Position in der Karriereleiter, …..). Übergreifende Ziele wie Erhaltung bestimmter Systeme (Ausbildung, Gesundheit, Infrastrukturen, …) sind meistens ‚delegiert‘ an Institutionen, die dafür ‚zuständig‘ sind, auf die man nur sehr begrenzt Einfluss nehmen kann. Dennoch gibt es nicht wenige, die sich in Vereinigungen engagieren, die spezifische soziale Räume aufspannen (Sport, Kleingärtner, Chöre, Parteien, Gewerkschaften, …), in denen sie ihr individuelles Handeln mit anderen verbünden.

Jeder nur als Teil einer Population in einem physikalischen Rahmen mit chemischer, biologischer und kultureller Evolution. Erfolg ist kurzfristig oder nachhaltig
Jeder nur als Teil einer Population in einem physikalischen Rahmen mit chemischer, biologischer und kultureller Evolution. Erfolg ist kurzfristig oder nachhaltig

3. Beginnt man seine eigene Situation zu analysieren, dann wird man nicht umhin kommen, festzustellen, dass man als einzelner als Mitglied einer größeren Population von Menschen vorkommt, die über unterschiedlichste Kommunikationsereignisse miteinander koordiniert sind. Das tägliche Leben erweist sich als eingebettet in einen gigantischen realen Raum, von dem man unter normalen Umständen nur einen winzigen Ausschnitt wahrnimmt. Schaut man genauer hin, dann sind wir das Produkt einer komplexen Geschichte von Werden im Laufe von vielen Milliarden Jahren. Eingeleitet durch die chemische Evolution kam es vor ca. 3.8 Milliarden Jahren zur biologischen Evolution, die dann vor – schwierig zu definieren, wann Kultur und Technik genau anfing – sagen wir ca. 160.000 Jahren mit einer kulturellen Evolution erweitert wurde. Technik sehe ich hier als Teil der kulturellen Leistungen. Eine Erfolgskategorie ist die des schieren Überlebens. Innerhalb dieser Kategorie macht es einen Unterschied wie ‚lange‘ eine Population überhaupt lebt (‚kurz‘ oder ‚lang‘). Die Frage ist nur, welche ‚Zeiteiheiten‘ man hier anlegen will, um ‚kurz‘ oder ‚lang‘ zu definieren. Aus der Perspektive eines einzelnen Menschen können ‚Jahre‘ schon sehr lang sein und ‚Jahrzehnte‘ können wie eine Ewigkeit wirken. Aus Sicht einer ‚Generation‘ sind 30 Jahre ’normal‘, 10 Generationen (also ca. 300 Jahre) sind eine Zeiteinheit, die für einzelne schon unvorstellbar sein mögen, die aber gemessen an dem Alter so mancher Arten von Lebewesen mit vielen Millionen oder gar hunderten von Millionen Jahren (die Dinosaurier beherrschten das Ökosystem von -235 bis -65 Mio, also 170 Mio Jahre lang!) nahezu nichts sind.

4. Das komplexeste bis heute bekannte Lebewesen, der homo sapiens, jene Art, zu der wir gehören, ist bislang ca. 160.000 Jahre alt (natürlich mit langer Vorgeschichte). Biologisch betrachtet ist diese Zeitspanne nahezu ein ‚Nichts‘. Insofern sollte man nicht zu früh sagen ‚Wer‘ bzw. ‚Was‘ der ‚Mensch‘ als ‚homo sapiens‘ ist. Wir leben in einem Wimpernschlag der Geschichte und wenn wir sehen, welche Veränderungen die Art homo sapiens in kürzester Zeit über die Erde gebracht hat, dann sollten wir genügend biologische Fantasie entwickeln, um uns klar zu machen, dass wir eher ganz am Anfang einer Entwicklung stehen und nicht an deren Ende.

Mensch als Teil des Biologischen hat Technik als Teil von Kultur hervorgebracht: Generisch oder arbiträr. Technik ist effizient oder nicht
Mensch als Teil des Biologischen hat Technik als Teil von Kultur hervorgebracht: Generisch oder arbiträr. Technik ist effizient oder nicht

5. Der homo sapiens ist ganz wesentlich Teil eines größeren komplexen biologischen Systems von unfassbarer ‚Tiefe‘, wo alles ineinander greift, und wo der homo sapiens aufgrund seiner Leistungsfähigkeit aktuell dabei zu sein scheint, trotz seiner kognitiven Möglichkeiten seine eigenen biologischen Voraussetzungen zu zerstören, ohne die er eigentlich nicht leben kann (Umweltverschmutzung, Ausrottung vieler wichtiger Arten, Vernichtung der genetischen Vielfalt, …).

6. Die erst langsame, dann immer schneller werdende Entwicklung von leistungsfähigen und immer ‚effizienteren‘ Technologien eingebettet in einen ‚kulturellen Raum‘ von Zeichen, Formen, Interpretationen, Normen, Regelsystemen und vielerlei Artefakten zeigt eine immense Vielfalt z.T. ‚arbiträrer‘ Setzungen, aber auch einen harten Kern von ‚generischen‘ Strukturen. ‚Generisch‘ wäre hier die Ausbildung von gesprochenen und geschriebenen Sprachen; ‚arbiträr‘ wäre die konkrete Ausgestaltung solcher Sprachen: welche Zeichensysteme, welche Laute, welche Anordnung von Lauten oder Zeichen, usw. So sind ‚Deutsch‘, ‚Arabisch‘, ‚Russisch‘ und ‚Chinesisch‘ alles Sprachen, mithilfe deren sich Menschen über die Welt verständigen können, ihre gesprochene und geschriebene Formen weichen aber extrem voneinander ab, ihre Akzent- und Intonationsstrukturen, die Art und Weise, wie die Zeichen zu Worten, Sätzen und größeren sprachlichen Strukturen verbunden werden, sind so verschieden, dass der Sprecher der einen Sprache in keiner Weise in der Lage ist, ohne größere Lernprozesse die andere Sprache zu verstehen.

7. Bei der Entwicklung der Technologie kann man die Frage stellen, ob eine Technologie ‚effizienter‘ ist als eine andere. Nimmt man den ‚Output‘ einer Technologie als Bezugspunkt, dann kann man verschiedene Entwürfe dahingehend vergleichen, dass man z.B. fragt, wie viele Materialien (erneuerbar, nicht erneuerbar) sie benötigt haben, wie viel Energie und Arbeitsaufwand in welcher Zeit notwendig war, und ob und in welchem Umfang die Umwelt belastet worden ist. Im Bereich der Transporttechnologie wäre der Output z.B. die Menge an Personen oder Gütern, die in einer bestimmten Zeit von A nach B gebracht würden. Bei der Technologie Dampfeisenbahn mussten Locks und Wagen hergestellt werden, Gleise mussten hergestellt und verlegt werden; dazu mussten zuvor geeignete Trassen angelegt werden; ein System von Signalen und Überfahrtregelungen muss für den reibungslosen Ablauf sorgen; dazu benötigt man geeignet ausgebildetes Personal; zum Betrieb der Locks benötigte man geeignete Brennstoffe und Wasser; die Züge selbst erzeugten deutliche Emissionen in die Luft (auch Lärm); durch den Betrieb wurden die Locks, die Wagen und die Schienen abgenutzt. usw.

8. Ein anderes Beispiel wäre die ‚Technologie des Zusammenwohnens auf engem Raum‘, immer mehr Menschen können heute auf immer kleineren Räumen nicht nur ‚überleben‘, sondern sogar mit einem gewissen ‚Lebensstandard‘ ‚leben‘. Das ist auch eine Effizienzsteigerung, die voraussetzt, dass die Menschen immer komplexere Systeme der Koordinierung und Interaktion beherrschen können.

Das Herz jeder Demokratie ist eine funktionierende Öfentlichkeit. Darüber leitet sich die Legislative ab, von da aus die Exekutive und die Judikative. Alles muss sich hier einfügen.
Das Herz jeder Demokratie ist eine funktionierende Öfentlichkeit. Darüber leitet sich die Legislative ab, von da aus die Exekutive und die Judikative. Alles muss sich hier einfügen.

9. Im Rahmen der kulturellen Entwicklung kam es seit ca. 250 Jahren vermehrt zur Entstehung von sogenannten ‚demokratischen‘ Staatsformen (siehe auch die z.T. abweichenden Formulierungen der englischen Wikipedia zu Democracy). Wenngleich es nicht ‚die‘ Norm für Demokratie gibt, so gehört es doch zum Grundbestand, dass es als primäre Voraussetzung eine garantierte ‚Öffentlichkeit‘ gibt, in der Meinungen frei ausgetauscht und gebildet werden können. Dazu regelmäßige freie und allgemeine Wahlen für eine ‚Legislative‘ [L], die über alle geltenden Rechte abstimmt. Die Ausführung wird normalerweise an eine ‚Exekutive‘ [E] übertragen, und die Überwachung der Einhaltung der Regeln obliegt der ‚Judikative‘ [J]. Die Exekutive gewinnt in den letzten Jahrzehnten immer mehr Gewicht im Umfang der Einrichtungen/ Behörden/ Institutionen und Firmen, die im Auftrag der Exekutive Aufgaben ausführen. Besonderes kritisch waren und sind immer Sicherheitsbehörden [SICH] und das Militär [MIL]. Es bleibt eine beständige Herausforderung, das Handeln der jeweiligen Exekutive parlamentarisch hinreichend zu kontrollieren.

Oberstes Ziel ist es, eine Demokratie zu schüzen; was aber, wenn die Sicherheit zum Selbstzweck wird und die Demokratie im Innern zerstört?
Oberstes Ziel ist es, eine Demokratie zu schüzen; was aber, wenn die Sicherheit zum Selbstzweck wird und die Demokratie im Innern zerstört?

10. Wie es in vielen vorausgehenden Blogeinträgen angesprochen worden ist, erweckt das Beispiel USA den Eindruck, dass dort die parlamentarische Kontrolle der Exekutive weitgehend außer Kraft gesetzt erscheint. Spätestens seit 9/11 2001 hat sich die Exekutive durch Gesetzesänderungen und Verordnungen weitgehend von jeglicher Kontrolle unabhängig gemacht und benutzt das Schlagwort von der ’nationalen Sicherheit‘ überall, um sowohl ihr Verhalten zu rechtfertigen wie auch die Abschottung des Regierungshandelns durch das Mittel der auswuchernden ‚Geheimhaltung‘. Es entsteht dadurch der Eindruck, dass die Erhaltung der nationalen Sicherheit, die als solche ja etwas Positives ist, mittlerweile dazu missbraucht wird, das eigene Volk mehr und mehr vollständig zu überwachen, zu kontrollieren und die Vorgänge in der Gesellschaft nach eigenen machtinternen Interessen (auf undemokratische Weise) zu manipulieren. Geheimdienstaktionen gegen normale Bürger, sogar gegen Mitglieder der Legislative, sind mittlerweile möglich und kommen vor. Der oberste Wert in einer Demokratie kann niemals die ‚Sicherheit‘ als solche sein, sondern immer nur die parlamentarische Selbstkontrolle, die in einer funktionierenden Öffentlichkeit verankert ist.

GRÜNES GRUNDSATZPROGRAM VON 2002

11. Bei der Frage nach der genaueren Bestimmung des Freiheitsbegriffs verweist Bütikofer auf SS.7ff auf das Grüne Grundsatzprogramm von 2002, das in 3-jähriger Arbeit alle wichtigen Gremien durchlaufen hatte, über 1000 Änderungsanträge verarbeitet hat und einer ganzen Vielzahl von Strömungen Gehör geschenkt hat. Schon die Präambel verrät dem Leser, welch großes Spektrum an Gesichtspunkten und Werteinstellungen Berücksichtigung gefunden haben.

12. Im Mittelpunkt steht die Würde des Menschen, der sehr wohl auch als Teil einer umfassenderen Natur mit der daraus resultierenden Verantwortung gesehen wird; der Aspekt der Nachhaltigkeit allen Handelns wird gesehen. Grundwerte und Menschenrechte sollen Orientierungspunkte für eine demokratische Gesellschaft bilden, in der das Soziale neben dem Ökonomischen gleichberechtigt sein soll. Diese ungeheure Spannweite des Lebens impliziert ein Minimum an Liberalität, um der hier waltenden Vielfalt gerecht zu werden.

13. Die Freiheit des einzelnen soll einerseits so umfassend wie möglich unterstützt werden, indem die gesellschaftlichen Verhältnisse immer ein Maximum an Wahlmöglichkeiten bereit halten sollten, zugleich muss die Freiheit aber auch mit hinreichend viel Verantwortung gepaart sein, um die jeweiligen aktuellen Situationen so zu gestalten, dass Lebensqualität und Nachhaltigkeit sich steigern.

ENGAGIERTE POLITIK vs. LIBERALISMUS UND FREIHEIT?

14. Reinhard Loske wirft auf SS.10ff die Frage auf, ob und wie sich eine ökologisch verpflichtete Politik mit ‚Liberalismus‘ vereinbaren könnte. Natürlich wäre ein unbeschränkter ‚wertfreier‘ Liberalismus ungeeignet, da sich dann keinerlei Art von Verantwortung und einer daraus resultierenden nachhaltigen Gestaltung ableiten ließe. Doch muss man dem Begriff des Liberalismus historisch gerecht werden – was Loske im Beitrag nicht unbedingt tut – , denn in historischer Perspektive war ein liberales Denken gerade nicht wertfrei, sondern explizit orientiert am Wert des Individuums, der persönlichen Würde und Freiheit, das es gegenüber überbordenden staatlichen Ansprüchen zu schützen galt, wie auch übertragen auf das wirtschaftliche Handeln, das hinreichend stark zu schützen sei gegenüber ebenfalls überbordenden staatlichem Eingriffshandeln das tendenziell immer dazu neigt, unnötig viel zu reglementieren, zu kontrollieren, ineffizient zu sein, Verantwortung zu nivellieren, usw.

15. Zugleich ist bekannt, dass wirtschaftliches Verhalten ohne jegliche gesellschaftliche Bindung dazu tendiert, die Kapitaleigner zu bevorteilen und die abhängig Beschäftigten wie auch die umgebende Gesellschaft auszubeuten (man denke nur an das Steuerverhalten von Konzernen wie z.B. google, amazon und Ikea).

16. Es muss also in der Praxis ein ‚Gleichgewicht‘ gefunden werden zwischen maximaler (wertgebundener) Liberalität einerseits und gesellschaftlicher Bindung andererseits. Doch, wie gerade die hitzigen Debatten um die richtige Energiepolitik in Deutschland und Europa zeigen, sind die Argumente für oder gegen bestimmte Maßnahmen nicht völlig voraussetzungslos; je nach verfügbarem Fachwissen, je nach verfügbaren Erfahrungen, ja nach aktueller Interessenslage kommen die Beteiligten zu unterschiedlichen Schlüssen und Bewertungen.

17. Loske selbst erweckt in seinem Beitrag den Eindruck, als ob man so etwas wie einen ‚ökologisch wahren Preis‘ feststellen kann und demzufolge damit konkret Politik betreiben kann. Angesichts der komplexen Gemengelage erscheint mir dies aber als sehr optimistisch und nicht wirklich real zu sein. Wenn man in einer solch unübersichtlichen Situation unfertige Wahrheiten zu Slogans oder gar Handlungsmaximen erhebt und gar noch versucht, sie politische durchzudrücken, dann läuft man Gefahr, wie es im letzten Bundeswahlkampf geschehen ist, dass man vor dem Hintergrund einer an sich guten Idee konkrete Maßnahmen fordert, die nicht mehr gut sind, weil sie fachlich, sachlich noch nicht so abgeklärt und begründet sind, wie es der Fall sein müsste, um zu überzeugen. Dann besteht schnell die Gefahr, mit dem Klischee der ‚Ideologen‘, ‚Fundamentalisten‘, ‚Oberlehrer‘ assoziiert zu werden, obgleich man doch so hehre Ziele zu vertreten meint.

OBERLEHRER DER NATION – NEIN DANKE

18. Im Eingangsartikel SS.4ff stellt Katharina Wagner genau diese Frage, ob verschiedene während des Wahlkampfs angekündigten konkrete Maßnahmen nicht genau solch einen Eindruck des Oberlehrerhaften erweckt haben, als ob die Grüne Partei trotz ihrer großen Werte und Ziele letztlich grundsätzlich ‚anti-liberal‘ sei. Doch bleibt ihre Position unklar. Einerseits sagt sie sinngemäß, dass sich das grüne Programm auf Freiheit verpflichtet weiß, andererseits verbindet sie die ökologische Verantwortung mit der Notwendigkeit, auch entsprechend konkrete und verpflichtende Maßnahmen zu ergreifen. So hält sie z.B. Verbote im Kontext der Gentechnik für unumgänglich. Müssen die Verbote nur besser kommuniziert werden? Gibt es verschiedene ‚Formen‘ von Regeln in einer Skala von ‚gusseisern‘ bis ‚freundliche Einladung‘?

19. Ich finde diese Argumentation unvollständig. Ihr mangelt der Aspekt – genauso wie im Beitrag von Loske –, dass das Wissen um das ‚ökologisch Angemessene‘ in der Regel höchst komplex ist; unser Wissen um die Natur, die komplexen Technologien ist in der Regel unfertig, kaum von einzelnen alleine zu überschauen und in ständiger Weiterentwicklung. Absolut klare und endgültige Aussagen hier zu treffen ist in der Regel nicht möglich. Zwar ist es verständlich, dass das politische Tagesgeschäft griffige Formeln benötigt, um Abstimmungsmehrheiten zu erzeugen, aber dieser Artefakt unseres aktuellen politischen Systems steht im direkten Widerspruch zur Erkenntnissituation und zu den Erfordernissen einer seriösen Forschung ( Mittlerweile gibt es viele Fälle, wo die Politik erheblichen Druck auf die Wissenschaft ausgeübt hat und ausübt, damit auch genau die Ergebnisse geliefert werden, die politisch gewünscht sind; das ist dann nicht nur kontraproduktiv sondern sogar wissenschaftsfeindlich, anti-liberal und auf Dauer eine massive Gefährdung unser Wissensbasis von der Welt, in der wir leben).

20. Eine politische Partei wie die der Grünen, die sich der ökologischen Dimension unserer Existenz verpflichtet wissen will, muss meines Erachtens, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren, weniger darauf bedacht sein, umfassende Vereinfachung durchzudrücken, sondern gerade angesichts der Verpflichtung für das Ganze massiv die wissenschaftlichen Erforschung der Phänomene unterstützen und den sich daraus ergebenden Ansätzen in ihrer ganzen Breite und Vielfalt Raum geben. Dazu müssten viel mehr Anstrengungen unternommen werden, das relevante Wissen öffentlich transparent zu sammeln und so aufzubereiten, dass es öffentlich diskutiert werden könnte. Alle mir bekannten Texte greifen immer nur Teilaspekte auf, betrachten kurze Zeiträume, vernachlässigen Wechselwirkungen, geben sich zu wenig Rechenschaften über Unwägbarkeiten und Risiken. So vieles z.B. an den Argumenten gegen Kernenergie und Gentechnik richtig ist, so fatal ist es aber, dass damit oft ganze Gebiete tabuisiert werden, die als solche noch viele andere Bereiche enthalten, die für eine ökologische Zukunft der Menschheit möglicherweise überlebenswichtig sind.

21. Kurzum, das ‚Oberlehrerhafte‘ und ‚Anti-Liberale‘ erwächst nicht automatisch aus einer Maßnahme als solcher, sondern daraus, wie sie zustande kommt und wie sie sachlich, wissensmäßig begründet ist. In einer komplexen Welt wie der unsrigen, wo die Wissenschaften selbst momentan eine akute Krise der Konsistenz und Qualität durchlaufen, erscheint es nicht gut, mangelndes Wissen durch übertriebenen Dogmatismus ersetzen zu wollen.

FREIHEIT UND GERECHTIGKEIT

22. Die zuvor schon angesprochene Komplexität findet sich ungebremst auch in dem Gespräch zwischen Dieter Schnaas, Kerstin Andreae und Rasmus Andresen (vgl. SS.8f). Hier geht es um maximal komplexe Sachverhalte zwischen verschiedenen sozialen Gruppen, Beschäftigungsverhältnissen, Einkommensstrukturen, Besteuerungssystemen, Versorgungssystemen, Umverteilung, Bildungsprozessen, Wirtschaft im allgemeinen wie auch unterschiedlichen Unternehmensformen und Wirtschaftsbereichen. Diese komplexen Begriffe auf nur zwei Seiten zu diskutieren erscheint mir unangemessen. Schon eine einigermaßen Definition jedes einzelnen dieser Begriffe würde Seiten benötigen.

23. In diesem Bereich griffige Parolen zu formulieren ist zwar eine anhaltende Versuchung und Herausforderung für jeden Politiker, aber dies ist in meinen Augen zum Scheitern verurteilt. Was immer man parolenhaft vereinfachend propagieren möchte, man wird mehr Kollateralschäden anrichten als wenn man das System zunächst einmal sich selbst überlassen würde. Beteiligte Bürger sind in der Regel in der Lage, Schwachstellen des gesellschaftlichen Systems zu erkennen, vorausgesetzt, man lässt diese zu Wort kommen. Und in der Regel wissen auch alle Beteiligte recht gut, in welche Richtung Lösungsansätze gesucht werden müssten, vorausgesetzt, man führt einen realen Dialog, transparent, undogmatisch, mit den notwendigen unterstützenden wissenschaftlichen Exkursen. Die ‚herrschenden‘ Parteien zeichnen sich hingegen bislang überwiegend dadurch aus, dass sie im Kern Lobbypolitik machen, die sie nur notdürftig mit allgemeinen Floskeln kaschieren. Im Prinzip hat die Partei der Grünen sehr gute strukturelle – und motivationale – Voraussetzungen, eine solche transparente, basisdemokratische, wissenschaftlich unterstütze Lösungsfindung zu propagieren und zu praktizieren, wenn sie etwas weniger ‚Oberlehrer‘ sein würde und etwas mehr ‚passionierter Forscher‘ und ‚kreativer Lösungsfinder‘.

WIDER DIE KONTROLLGESELLSCAFT

24. Das Thema ‚Abhören‘ ist zwar seit dem Sommer 2013 mehr und mehr im Munde aller, aber selten übersteigt die Diskussion den rein technischen Charakter des Abhörens oder führt über das bloße Lamentieren hinaus. Selbst die Bundesregierung zusammen mit den einschlägigen Behörden hat bis zu den neuesten Äußerungen der Bundeskanzlerin zum Thema wenig Substanzielles gesagt; im Gegenteil, die politische Relevanz wurde extrem herunter gespielt, die Brisanz für eine zukünftige demokratische Gesellschaft in keiner Weise erkannt.

25. Vor diesem Hintergrund hebt sich der Beitrag von Jan Philipp Albrecht (vgl. SS.6f) wohltuend ab. Er legt den Finger sehr klar auf die Versäumnisse der Bundesregierung, macht den großen Schaden für die deutsche und europäische Industrie deutlich, und er macht u.a. auch auf das bundesweite Sicherheitsleck deutlich, dass durch die Verwendung von US-amerikanischer Software in allen wichtigen Behörden und Kommunen besteht, von der man mittlerweile weiß, dass diese Software schon beim Hersteller für die US-amerikanische Geheimdienste geschützte Zugänge bereit halten. Albrecht macht die Konsequenzen für die Idee einer demokratisch selbstbestimmten Gesellschaft deutlich.

26. Was auch Albrecht nicht tut, ist, einen Schritt weiter zu gehen, und den demokratischen Zustand jenes Landes zu befragen – die USA –, aus dem heraus weltweit solche massenhaft undemokratischen Handlungen bewusst und kontinuierlich geplant und ausgeführt werden. Sind die USA noch minimal demokratisch? Müssen wir uns in Deutschland (und Europa) als Demokraten nicht auch die Frage stellen, inwieweit wir eine Verantwortung für die US-Bevölkerung haben, wenn ihre Regierung sich anscheinend schrittweise von allem verabschiedet, was man eine demokratische Regierung nennen kann? Wie können wir über Demokratie in Deutschland nachdenken, wenn unsere Partner Demokratie mindestens anders auslegen, wie wir? Diese – und weitergehende – transnationale politische Überlegungen fehlen mir in der Debatte der Grünen völlig. Wir leben nicht auf einer Insel der Seeligen. Was heißt ökologische Verantwortung auf einem Planeten, der zu mehr als 50% aus Staaten besteht, die nicht als demokratisch gelten, wobei ja selbst die sogenannten demokratischen Staaten vielfache Mängel aufweisen. Wie sollen wir z.B. die Umwelt schützen, wenn die meisten anderen Staaten keinerlei Interesse haben? usw.

FAZIT

27. Klar, die vorausgehenden Überlegungen sind sehr kursorisch, fragmentarisch. Dennoch, so unvollkommen sie sind, will man sich heute in der kaum überschaubaren Welt als einzelner eine Meinung bilden, hat man keine andere Möglichkeit, als die verschiedenen Gesprächsangebote aufzugreifen und sie mit den eigenen unvollkommenen Mitteln für sich versuchen, durchzubuchstabieren. Am Ende steht gewöhnlich keine neue Supertheorie, sondern – vielleicht – ein paar zusätzliche Querbeziehungen, ein paar neue Eindrücke, der eine der andere neue Aspekt, an dem es sich vielleicht lohnt, weiter zu denken.

28. Jeder, der heute nicht alleine vor sich hin werkeln will, braucht Netzwerke, in denen er ‚Gleichgesinnte‘ findet. Ich selbst bin zwar seit vielen Jahren offizielles Mitglied der Grünen, habe aber bislang – aus Zeitgründen – nahezu nichts gemacht (außer dass ich viele meiner FreundeInnen bewundert habe, die auf kommunaler Ebene konkrete Arbeit leisten). In den nächsten Jahren kann ich mich möglicherweise politisch mehr bewegen. Dies sind erste Annäherungsversuche, um zu überprüfen, ob und wieweit die Partei der Grünen ein geeignetes Netzwerk sein könnte, um politisch ein klein wenig mehr ‚zu tun‘. Allerdings verstehe ich mich primär als Philosoph und Wissenschaftler und ich würde den Primat des Wissens niemals aufgeben, nur um ‚irgendetwas zu tun‘ ….

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nch Titeln findet sich HIER.

BEWUSSTSEIN – NICHTBEWUSSTSEIN AM BEISPIEL VON SEXUALITÄT UND GESCHLECHT

Letzte Änderung: 10.Mai 2014 (Links zu den vorausgehenden Beiträgen)

Genetische Informationen beeinflussen die Strukturbildung des Körpers und geschlechterspezifische Hormone beinflussen über Neuronen spezifische Verhaltenskomplexe (bis hin zur Änderung chromosomaler Strukturen)
Genetische Informationen beeinflussen die Strukturbildung des Körpers und geschlechterspezifische Hormone beinflussen über Neuronen spezifische Verhaltenskomplexe (bis hin zur Änderung chromosomaler Strukturen)

1. Im Kontext der aktuellen Diskussion zum Thema Bewusstsein – Nichtbewusstsein (siehe den letzten Beitrag hier) in diesem Blog deutet sich an, dass das Bewusstsein nicht nur nur einen kleinen Teil der tatsächlichen Vorgänge im Körper repräsentiert, sondern zusätzlich geht in die Repräsentation eine spezifische ‚Formatierung‘ ein, die sich so direkt in den auslösenden Ereignissen nicht finden muss.

2. Zu den vielfältigen Phänomenen, die im Bewusstsein aufschlagen, gehören auch Phänomene im Umfeld der Sexualität und der verschiedenen Geschlechter.

3. Wie die verschiedenen Begriffe in der Liste der Kategorien verraten (Sexualität, Sexualbeziehung, SexualarbeiterIn, usw.), gab es in diesem Blog schon öfters Einträge zu diesem Thema (SEXUALITÄT GESTERN, MORGEN, UND, SEXARBEITERiNNEN – SIND WIR WEITER?, (SEXARBEITERiNNEN – Teil 2 – GESCHICHTE UND GEGENWART). Diese Beiträge behandelten grob einzelne Aspekte, z.B. wie sich Sexualität manifestiert und viele Formen (gegenwärtig und vergangen), in denen Sexualität verknüpft ist mit Gewalt gegen Frauen. Dies ist fragmentarisch und bedürfte mannigfaltiger Ergänzungen. Hier soll nun jener Aspekt angesprochen werden, bei dem es um die genetischen und neuronalen Grundlagen der Sexualität und des Geschlechts geht.

4. Zu ‚erleben‘, dass man ’sexuell angeregt‘ ist, ’sexuelle Lust‘ verspürt, man ’sexuell befriedigt‘ ist – um nur einige Aspekte zu nennen – ist eines; ein anderes ist es, zu klären, warum dies überhaupt so ist: Woher kommt das? Warum hat man überhaupt diese Erlebnisse? Verändert sich dies? Haben andere das genauso? Usw.

5. In der Vergangenheit habe ich oft heutige Neurowissenschaftler kritisiert für ihre vielfache methodische Sorglosigkeiten oder für schlechte Artikel selbst in angesehensten wissenschaftlichen Journalen; dazu stehe ich, gleichzeitig habe ich aber auch kein Problem, anzuerkennen, dass die Neurowissenschaften uns – analog wie z.B. die Physik, die Chemie, die Molekularbiologie, die evolutionäre Biologie – in einer neuen Weise Einblicke in die Grundlagen unseres Fühlens und Denkens verschafft haben, die vorher undenkbar erschienen und die unser Bild von uns selbst (und anderen Lebewesen) nachhaltig verändert haben (sofern wir uns auf diese Erkenntnisse einlassen).

6. Im Rahmen der Überlegungen zum Bewusstsein-Nichtbewusstsein angewendet auf die Phänomene im Umfeld von ‚Sexualität‘ und ‚Geschlecht‘ liefert uns die Neurowissenschaft eine Menge interessanter Eckwerte.

7. Heute morgen habe ich in meinen Bücherschrank gegriffen und spontan 8 (Hand-)Bücher aus den Regalen geholt (siehe unten), die alle zur Neurowissenschaft zu rechnen sind (oder als ‚Physiologische Psychologie‘ zumindest sehr nahe benachbart sind). Sie stammen aus dem Zeitraum 1994 – 2012. Bis auf Gazzaniga (2009) und Baars (2010) behandeln alle das Thema ‚Sexualität‘ und ‚Geschlecht‘.

8. Sehr gut lesbar und recht ausführlich ist der Beitrag ‚Sexual Differentiation of the Nervous System‘ von Shah, N.M.; Jessel, T.M.; Sanes, J.R. in Kandell et al. (2012), Kap.56. Sieht man davon ab, dass im Beitrag selbst nicht direkt zitiert wird und die methodischen Fragen unerwähnt bleiben, kann man dem Beitrag aber die Argumentation entnehmen, dass die Gene der Chromosomen zunächst einmal im Rahmen der Embryogenese die Strukturbildung des Körpers beeinflussen (z.B. Ausbildung von Geschlechtsorganen, Ausbildung spezifischer Gehirnstrukturen). Die Steuerung übernehmen dabei spezifische Hormone. Liegen die Strukturen dann vor, steuern die gleichen oder ähnliche Hormone über die Rezeptoren von Neuronen spezifische neuronale Muster, die für bestimmte Verhaltensmuster (sexuelle Erregungszustände, Balzverhalten, Aggression (gegen Konkurrenten), sexuelle Vereinigung, Brutpflege, usw.) verantwortlich sind.

9. Das komplexe Wechselspiel von Strukturen, Hormonen (mit z.T. komplexen Transformationsketten), und passenden Rezeptoren, bietet allerlei Angriffspunkte für ‚Störungen‘, so dass ein Kind zunächst äußerlich z.B. männliche Geschlechtsorgane aufweist, es in seinem hormonellen Systemen darin aber nicht unterstützt wird. Während diese Prozesse heute physiologisch nachvollzogen (und z.T. durch geeignete medizinische Eingriffe ‚korrigiert‘) werden können, ist dies alles für die ’subjektive Erlebnisseite‘, für den/ die Betroffene(n) nicht direkt einsichtig. Er/ Sie empfängt Körpersignale, die mit dem Verhalten anderer Menschen nicht so recht zu korrelieren scheinen.

10. Ferner werden manche hormonellen Prozesse über die Wahrnehmung gesteuert (Milchproduktion bei Müttern aufgrund des Saugreizes). Die sensorischen Signale triggern die Produktion bestimmter Hormone, die wiederum Neuronen aktivieren, die dann zu einem bestimmten Verhalten führen (können). Zusätzlich wurde beobachtet, dass frühkindliche sensorische Erfahrungen (‚Stress‘ oder ‚umsorgt‘ sein) auch soweit in bestimmte Chromosomen hineinwirken können, dass diese sich auf das Verhalten auswirken.

11. Aufgrund der Komplexität des menschlichen Gehirns und des menschlichen Verhaltens samt den vielfältigen Wechsel- und Rückwirkungen ist es aber bei sehr vielen Verhaltensmustern noch nicht eindeutig, ob diese genetisch bedingt sind oder aufgrund des sozialen Umfelds. Dies betrifft insbesondere die vielfältigen Formen von gleichgeschlechtlicher Sexualität. Zwar konnte man nachweisen, dass das Rezeptorverhalten mancher Aktivitäten sich bei Menschen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen sich so geändert hat, dass Männer das Rezeptorverhalten von Frauen zeigen und Frauen das Rezeptorverhalten von Männern, aber es ist bislang nicht auszuschließen, dass diese Änderungen allein durch das Verhalten zustande kamen.

12. Soweit meine recht grobe Zusammenfassung. Für Details sollte jeder den Beitrag selber nachlesen. Aus philosophischer Sicht kommt es hier auch nicht auf die molekularbiologischen Details an, sondern auf die allgemeine Struktur, die sich hier zeigt: auch im Falle der für Lebewesen zentralen Sexualität gründet sich unser Erleben und Verhalten auf konkreten neuronalen Schaltkreisen, die mittels Hormonen getriggert werden, und zwar so, dass damit nicht nur ‚Verhalten‘ gesteuert wird, sondern auch die genetischen Grundlagen selbst können selbstreferentiell modifiziert werden.

13. Für das Selbstverständnis von uns Menschen, die wir uns im Alltag an unserer Bewusstseinserfahrung und dem beobachtbaren Verhalten orientieren, kann dies zu Irritationen und Unmenschlichkeiten im Miteinander führen, wenn Menschen aufgrund einer abweichenden genetischen – hormonellen – neuronalen Struktur anders empfinden und sich anders verhalten. In der Geschichte hat dies real zu ‚Verteuflungen‘, ‚Verurteilungen‘, ‚Unterdrückung‘, ‚Ausgrenzungen‘ und ‚Verfolgungen‘ usw. geführt. Religiöse Traditionen haben hier genauso versagt wie andere Spielarten von Moral oder Ethik. Und auch heute ist die Verurteilung und Unterdrückung von ‚Homosexualität‘ (z.B. Rußland) offizielles Recht.

14. Während man konkrete Menschen, die aufgrund ihrer genetischen – hormonellen – neuronalen Strukturen anders erleben und sich verhalten als der ’statistische Durchschnitt‘, grundsätzlich als Menschen achten und sie unterstützen sollte, muss man davon die Frage unterscheiden, wie eine Gesellschaft offiziell mit den vorliegenden genetischen und körperlichen Strukturen der Menschheit auf Zukunft hin umgehen will. Auch wenn wir JEDEN AKTUELL LEBENDEN Menschen als Mitglied der Gattung homo sapiens sapiens achten sollten, müssen wir uns als Menschen die Frage stellen, (i) welche unserer ‚Bilder von uns selbst‘ denn noch ‚angemessen‘ sind und (ii) in welche Richtung denn die Entwicklung wohl geht bzw. ‚gehen sollte‘?

15. Die Menschenbilder, die uns die großen bekannten Religionen (Buddhismus, Judentum, Christentum, Islam) anbieten, sind nach meinem Verständnis vielfach zu überarbeiten. Die impliziten Menschenbilder der modernen Demokratien gehen in vielen Punkten deutlich über die Menschenbilder der Religionen hinaus, sind aber auch durch den Gang der Erkenntnis partiell überholt. Es wird nicht reichen, einfach nur das ‚Gewohnte‘ zu wiederholen.

16. ‚Sexualität‘ und darum herum aufbauend ‚Geschlecht‘ repräsentiert konkrete Prozesse (die anfällig für Störungen sind), die evolutionär geworden sind, die einem bestimmten Zweck dienten, und die im Heute neu hinterfragt werden könnten und müssten. Vieles von dem ‚Mann-Frau-Gerede‘ klebt am ‚Phänomen‘ und hilft wenig, ein wirkliches Verständnis der wirkenden Prozesse zu vermitteln.

QUELLEN

Buecher vom 12.April 2014 zum Thema genetisch-neuronale Grundlagen der Sexualität
Buecher vom 12.April 2014 zum Thema genetisch-neuronale Grundlagen der Sexualität
  1. Arbib, M.a. et.al (eds) The Handbook of Brain Theory and Neural Networks, Cambridge (MA): Bradford Book, 2003 (2nd ed.), S.680f, Motivation
  2. Baars, J.B.; Gage, N.M. Cognition, Brain, and Consciousness. Introduction to Cognitive Neuroscience, 2nd.ed., Amsterdam et: Elsevier, 2010
  3. Carlson, N.R., Physiologische Psychologie, München – Boston – San Francisco et.al:Pearson Studium, 2004 (8.Aufl.), Kap.10, Sexuelles Verhalten
  4. Gazzaniga, M. S. (Ed.), The Cognitive Neurosciences, London – Cambridge (MA): The MIT Press, 2009 (4th ed.), ‚motivation‘ als ‚Vermeidung‘ (116), als emotionale Reaktion Kap.61, Kap.11 beim Transfer-Lernen, Kap.70 bei Entscheidungsfindung
  5. Gazzaniga, M. S. (Ed.), The Cognitive Neurosciences, London – Cambridge (MA): The MIT Press, 1995, Kap.69-77, Kap.80
  6. Kandel, E.R.; Schwartz, J.H.; Jessell, T.M.; Siegelbaum, S.A.; Hudspeth, A.J.; (Eds.) Principles of Neural Science, 5th.ed., New York et.al: McGrawHill, 2012, Kap.3: Gene und Verhalten, Kap.22: Sensorik und Verarbeitung, Kap.58: Sexuelle Differenzierung des Nervensystems
  7. Nelson, C.A.; Luciana, M. (eds.), Handbook of Developmental Cognitive Neuroscience, Cambridge (MA) – London (Engl.): MIT Press, 2008 (2nd. ed.), S.394f Störungen während der Gehirnentwicklung und deren Folgen
  8. Shepherd, G.M., Neurobiology, 3rd.Ed, New York – Oxford: Oxford University Press, 1994, (ISBN-10: 0195088433, ISBN-13: 978-0195088434), Kap.24 ‚Mating‘

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

SEXARBEITERiNNEN – SIND WIR WEITER?

Erste Version: 20.Nov.2013
Letzter Zusatz: 27.Nov.2013

 

1) In einem früheren Beitrag zum Thema Sexualität mit dem Titel Sexualität gestern, morgen, und … hatte ich versucht, einige der Alltagsphänomene im Umfeld des Themas Sexualität einzuordnen in den größeren Kontext der biologischen Evolution. Hatte dort versucht, das Moment der Sexualität als ein — wenngleich sehr starkes — Moment im Kontext der menschlichen Psyche einzuordnen, um deutlich zu machen, dass der Versuch seiner ‚Isolierung‘ als eigenständiges Phänomen nur in die Irre führen kann.
2) Wenn man die Diskussion der letzten Monate zum Thema SexarbeiterInnen in Deutschland (und Frankreich, und Italien, und…) verfolgt, hat man nun nicht unbedingt den Eindruck, dass wir mit dem Thema ‚Sexualität‘ ‚weiter‘ wären. In den öffentlichen Diskussionen prallen noch immer unterschiedlichste Fronten schroff aufeinander und jeder versteht sich als eifriger Wiederholer seiner eigenen Auffassung ohne dass man den Eindruck hat, dass die einen von den anderen das lernen, was man lernen könnte, und ohne, dass ein Gesamtbild entsteht, in dem die verschiedenen Facetten ineinanderlaufen, sich wechselseitig erklären, und wir damit als Gesellschaft handlungsfähiger würden.
3) Im Prinzip ist es fast egal, in welcher Zeit man an welchem Ort Nachforschungen anstellt. Dem biologischen Mechanismus der Sexualität entkommt niemand. Die Wucht und Intensität der genetisch eingebauten Triebkräfte sind Teil jeder Psyche oder jeder sozialen Konstellation. Und was Menschen auch immer sonst empfinden, erleben, denken, glauben und tun, das biologisch induzierte Programm der Sexualität sitzt allen in den Knochen. Es ist bislang der intimste Teil des biologischen Lebens auf der Erde, eines Lebens, das wir bis heute kaum verstanden haben. Je älter ich werde würde ich sogar dazu tendieren, zu sagen, wir haben überhaupt noch nicht verstanden, was dieses Leben tatsächlich ist und soll.
4) Wenn in Talkshows junge, gesunde, intelligente Frauen auftreten, die in einem freien Land ihre eigenen Körper in eigener Regie gegen Geld anbieten (genaue Zahlen kennt man nicht), ist dies ein anderer Fall, als wenn junge Frauen (eher noch Kinder) aus wirtschaftlich schwachen Ländern unter Vortäuschung falscher Tatsachen von zu Hause weggelockt werden, um dann unter Gewalt und Drogen ihren Körper verkaufen zu müssen. Und es ist sicher wiederum ein anderer Fall, ob Frauen ihren Körper im direkten Kontakt anbieten müssen oder oder sie dies mit dem boomenden Online-Varianten tun: zeigen und reden ja, aber irgendwo in einem Studio (was nicht frei von Zwang und Gewalt sein muss). Und dies ist wiederum etwas anderes als ein Unternehmer, der Wohnungen und Häuser einrichtet und vermietet, und daran verdient, und des ist wiederum verschieden von der Vielzahl jener Vereinigungen, die auf unterschiedlichste Weise freiwillig sich wechselseitig sexuelle Betätigungen eröffnen, anbieten, arrangieren.
5) Dies ist nur die Spitze des Eisbergs in einem der wenigen freien Länder dieser Erde, in dem es ein einigermaßen funktionierendes Rechtssystem gibt. Die bekanntgewordenen spektakulären Vergewaltigungsfälle in Indien haben schlaglichtartig gezeigt, in welch gefährlicher und unwürdiger Situation viele indische Frauen leben; Frauen sind wie Freiwild, wenn es um Sexualität geht. In Pakistan und Afghanistan ist es nicht besser. Die Kette der hier einschlägigen Länder ist lang.
6) Vom Strom der Armutsflüchtigen heute weiß man von Zeugenaussagen, dass Frauen bevorzugte Opfer von Vergewaltigungen sind. In den zahllosen kleinen Kriegen der letzten Jahrzehnte gehören systematische Vergewaltigungen fast unausweichlich zum tödlichen Ritual (man denke beispielsweise an Ruanda oder das vormalige Jugoslawien, man denke an die japanische Besetzung von Korea und China, man denke an …). Ist es schon schlimm, dass Frauen gegen ihren Willen missbraucht werden, kommt es in vielen Gesellschaften (kenne Berichte vom Irak und Afghanistan) erschwerend hinzu, dass eine ‚geschändete Frau‘ als ein ‚gesellschaftlicher Makel‘ gilt, der so schlimm ist, dass dann weniger die bestraft werden, die dies verübt haben, sondern die geschändeten Frauen selbst werden ausgestoßen, eingesperrt oder gar von den eigenen Verwandten umgebracht. Auf jeden Fall wird es solange möglich vertuscht und verschwiegen; zur Anklage und dann Verfolgung der Schuldigen kommt es daher eher nicht. Die Geschichte von Frauen in Gefängnissen (in fast allen totalitären Regimes, aber auch während der Besetzung Iraks durch die US-Truppen) ist durchtränkt von sexueller Gewalt (zumindest, wenn man den bekannten Zeugenaussagen (darunter beteiligte Beamte) glauben darf). In Ländern mit starken lokalen Sitten und Gebräuchen, in denen — wie in Afghanistan — Frauen weitgehend aus dem öffentlichen Leben verbannt sind, sollen — laut verschiedenen Untersuchungen — bis zu 95% aller Frauen zu Hause regelmäßig Gewalt erleiden; Frauen sind dort Eigentum des Mannes und können wie Ware verkauft werden. Weibliche Ärzte aus Afghanistan berichten von furchtbaren Verletzungen, die ‚Kinder-Bräuten‘ in der Hochzeitsnacht zugefügt werden (und dann nicht selten sterben). Frauen, die versuchen, zu fliehen, oder die direkt von Männern entführt werden, haben keine Chance. Die ‚Ehre‘ würde verlangen, dass die Familie sie wegen der Schande umbringt (aber nicht die, die ihnen die Schande zugefügt haben….).
7) Eine andere Perspektive sind die Armutsflüchtigen der vergangenen Jahrhunderte, positiv ‚Auswanderer‘ genannt, jene z.B. die von Europa aus die USA und Südamerika mit aufgebaut haben. Nicht zufällig sind es überwiegend Männer, da es für Frauen ungleich schwieriger war, ähnliche Wege zu gehen. Eine Ausstellung im Auswandererhaus in Bremerhaven belegt eindrucksvoll am Beispiel von jüdischen Frauen aus Osteuropa, wie diese — ganz ähnlich wie heute — mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in vielerlei Abhängigkeiten gerieten, die ihnen wenig gesellschaftlichen Spielraum ließen (siehe Stratenwerth (2012)).
8) Die oben genannten Sachverhalte sind nur Splitter aus der Menge der Fakten, die hier zu nennen wären (Und die Tatsache, dass wir heute aufgrund der modernen Wissenschaft erkennen können, dass es genetisch betrachtet Variationen des Mann-Frau-Musters gibt, die sich nur schwer oder gar nicht diesen beiden Mustern zuordnen lassen, macht die Diskussion nicht einfacher, sondern verstärkt nur die Herausforderung nach der Bestimmung des Bildes, was Menschsein auf dieser Erde eigentlich heißt).
9) Was sich in historischer Tiefe und geographischer Breite andeutet, das ist jedenfalls ein tief verwurzeltes Muster dahingehend, dass man bis in die neueste Zeit versucht hat, das Phänomen der Sexualität ‚abzukapseln‘, und dies zumeist zu Lasten der einen Hälfte der Menschheit, nämlich der Frauen. Deren Leid war — und ist es heute in vielen Ländern immer noch — beispiellos.
10) Wie immer man diese Zurücksetzungen und Diskriminierungen begründet (die sogenannten religiösen Normen sind vielleicht die schlimmsten, weil sie vielfach für eine in sich schlechte Sache sogar den Namen Gottes missbrauchen), dieses Zurückdrängen als solches leistet nichts zum Verständnis unseres Menschseins. Damit leisten sie auch nichts für eine Weiterentwicklung des Humanums. Sie stabilisieren ein Nichtwissen, das alltäglich millionenfach Unrecht und Leid für konkrete Menschen bedeutet.
11) Die Frage ist, wie wir mit unserem Bild vom Leben auf der Erde ‚weiterkommen‘ können? Die Aufhebung aller Tabus im Umgang mit Sexualität ist sicher ein wichtiges Moment, um erkennen zu können. Wir wissen aber auch, dass der Sexualtrieb nur ein Moment im Profil der menschlichen Psyche ist, dass diese Psyche komplex und fragil ist, dass hier Momente wie Anerkennung, Vertrauen, Freundlichkeit — und vieles mehr — wirksam sind und ineinandergreifen. Damit Kinder zu glücklichen und psychisch gesunden Erwachsenen werden können müssen viele positive Dinge geschehen. Dass heute in einer ‚freien‘ Gesellschaft Missbrauch von Kindern und sexuelle Gewalt weiterhin ein (eher noch verdrängtes) Thema sind, sollte uns aufmerksam machen, dass die Enttabuisierung alleine nicht automatisch ein menschenwürdigeres Leben garantiert. Die Wucht des Triebes auf Seiten des Mannes bleibt ein Moment, das kulturell, sozial, psychisch (vielleicht auch physiologisch, genetisch) so gestaltet sein will, dass es in den immer enger werdenden sozialen Vernetzungen nicht zu jenem Störfaktor wird, der sowohl die anderen wie sich selbst mehr schädigt als hilft. Da niemand heute mit Sicherheit sagen kann, wo und wie es ‚lang gehen soll‘ sitzen wir alle im gleichen Boot auf der Suche nach ‚mehr Menschlichkeit‘. Jenen mit den schnellen Patentantworten sollte man grundsätzlich misstrauen, und umso mehr, je höher ihre Honorare (oder je unglaublicher ihre Versprechen) sind…

GEWALTTÄTIG – CHEMISCH PROGRAMMIERT; EIN SCHWERES ERBE

Nachträgliche Anmerkung vom 27.Nov.2013: Am 25.Nov.2013 brachte das ZDF in seiner Heute-Sendung (siehe: Vergewaltigungen in Kenia (im Rahmen des Oberthemas ‚Gewalt gegen Frauen‘) einen Bericht von Kenia, wonach jede dritte Frau  in ihrem Leben mindestens einmal vergewaltigt worden ist. Ein Filmbeitrag von einer Schülerin, die von ihren Klassenkameraden ‚einfach so, aus Spass‘ vergewaltigt worden war, zeigte, dass es bei den Schülern keinerlei Unrechtsbewusstsein gab. Die Schulleitung nahm die Schülerin nicht ernst. Diese konnten ungeschoren bei anderen mit ihrer Tat öffentlich prahlen. Offensichtlich scheint es in diesr Gesellschaft bei den männlichen Mitgliedern — und zwar auch schon bei den jungen Männern, bei Schülern — ein Rollenmodell ‚im Kopf‘ zu geben, das all denen, die dies in ihrem Kopf haben (sie sind damit ‚programmiert‘), ’sagt‘, einer Frau kannst Du Gewalt antun, deinen Trieb gegen ihren Willen ausleben, das ist für Männer ’normal‘. Man kann dies ‚Brauchtum‘ nennen, ‚Kultur‘, und vergisst dabei dann zu fragen, wie denn solch ein Modell entstehen konnte.Es gibt mittlerweile Länder auf dieser Erde, wo das Modell zumindest abgeschwächt wurde. Die Grundsatzfrage lautet aber, warum solche Modelle, speziell in den Köpfen von Männern, weltweit entstehen können? Die Antwort ist letztlich einfach: Männer stehen aufgrund ihrer genetischen Programmierung chemisch permanent unter einem Dauerdruck; biochemisch sind sie in einer Weise ‚programmiert‘, die es für sie schwer bis unerträglich erscheinen lässt, gewisse Dinge nicht zu tun (die anschliessen biochemisch verankerte ‚Belohnung‘ fällt dabei kaum ins Gewicht; der entscheidende Faktor ist der biochemisch induzierte Handlungsdruck davor). Solange Männer in einer Gesellschaft die Oberhand haben, ist es für die Männer einfacher, ein Rollenmodell zu vereinbaren, dass ihnen in der Öffentlichkeit erlaubt, ihren biochemisch ‚Druck‘ handlungsmäßig auszuleben als diesen ‚Druck‘ zu unterdrücken und in weniger offensichtlicher gewalttätiger Form auszuleben. Von sich aus haben Männer wenig Motivation, ein solches Rollenmuster zu ändern. Das genetisch bedingte biochemische Programm in ihnen ist zu mächtig, als dass man dagegen einfach mal so angeht. Dass Religion auf dieses biochemische Programm nahezu keinen Einfluss hat, zeigt die Tatsache, dass laut einer Volkszählung von 2009 in Kenia 82,6% der Bevölkerung angibt, ‚Christen‘ zu sein (siehe: Kenia, dort Religion). Eine Kernbotschaft in den Evangelien ist die einer grundsätzlichen Achtung vor allen Menschen, speziell auchvor Frauen (was eine katholische Kirche bis heute noch nicht vollständig geschafft hat). Selbst wenn Männer irgendwann erkennen würden (was die allermeisten mangels Wissen nicht erkennen können), dass sie in bestimmten Bereichen ihres eigenen Verhaltens massiv biochemisch gesteuert sind, selbst dann würde dies zunächst nahezu nichts ändern, da das genetisch bedingte Programm an der Wurzel des Verhaltens liegt. Es ist so angelegt, dass es das Verhalten ‚von innen heraus‘ beeinflusst, und zwar möglichst so, dass es alle anderen Faktoren weitgehend ’neutralisiert‘. Es sitzt so tief in der Biochemie des männlichen Körpers, dass die entwicklung einer ‚Pille für den Mann‘ (wie mir Mediziner erklärten), fast auswegslos erscheint gegenüber einer Pille für die Frau (dies ist ein Punkt, den würde ich gerne besser verstehen, ob dies wirklich so ist). Die Biochemie der Frauen lässt sich offenbar leichter ‚manipulieren‘. Solange wir nicht anfangen, über diese genetisch bedingte Programmierung des Mannes zu sprechen, reden wir — so erscheint es mir — am Problem vorbei. Das weltweite Leid von Frauen als Opfer von sexueller Gewalt ist weder zufällig noch gottgewollt; es ist das Ergebnis einer evolutionären Entwicklung der männlichen Genetik, die in früheren Zeten für den Erhalt der Population homo sapiens sapiens vielleicht wichtig war; in der heutigen Situsation einer drohenden Überbevölkerung (über 7 Mrd Menschen) mit einer extremen Wohndichte in den großen Metropolen erscheint dieses genetische Programm eher ‚unangepasst‘; es schreit nach genetischer Veränderung. Die Schwierigkeit, diesen Sachverhalt überhaupt zu thematisieren, ist ein Indiz für den ‚Erfolg‘ dieses Programms: es hat alle Männer dieser Erde fest im Griff. Von ’sich aus‘, ‚von alleine‘ wird es nicht verschwinden, sondern jeden Tag, jede Stunde, jede Minute findet es statt. Roboter, die eine soche deutliche Fehlanpassung aufweisen würden, würde man sofort aus dem Programm nehmen und umprogrammieren. Die Kunst der genetischen Umprogrammierung sind wir gerade erst dabei, zu lernen. Wo aber bleibt die gesamtgesellschaftliche Diskussion über das, ‚was wir sind‘ bzw. ’sein sollten‘?

QUELLEN

Irene Stratenwerth, „Der gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 – 1930“, herausgegeben von Simone Blaschka-Eick, Herman Simon, Bremerhaven: Deutsches Auswandererhaus Edition DAH, 2012

Eine Fortsetzung (unter Bezugnahme auf das Buch von Stratenwerth) findet sich HIER.

Einen Überblick zu allen bisherigen Blogeinträgen nach Titeln findet sich HIER.

M.DONALD: EVOLUTION DES MENSCHLICHEN BEWUSSTSEINS – Kurzbesprechung, Teil 2

Diesem Beitrag ging voraus Teil 1.

1) Das siebte Kapitel ist überschrieben ‚The First Hybrid Minds on Earth‘ (etwa: ‚Die ersten hybriden Geister auf der Erde‘). (S.252)
2) [Anmerkung: Das Problem ist, dass es für den Plural des englischen Begriffs ‚minds‘ in diesem Kontext keine direkte Übersetzung gibt. Die Übersetzung ‚Geister‘ ist eher irreführend, da mit ‚Geister‘ im Deutschen etwas anderes assoziiert wird als mit dem Plural von ‚minds‘. Das liegt daran, dass der deutsche Singular ‚Geist‘ einmal die ‚geistige Kapazität‘ im allgemeinen meinen kann, aber auch ein ontologisch schillerndes Wesen, das als ‚Geist‘ zwar ‚irgendwie‘ da ist, aber nicht so, wie ein reales Wesen. Von der ‚geistigen Kapazität‘ im Singular gibt es im Deutschen aber keinen wirklichen Plural, also die ‚geistige Kapazität‘ in vielfachen Ausprägungen, viele ‚reale‘ Wesen mit einem ‚realen‘ Geist. Die Übersetzung von ‚mind‘ als ‚Verstand‘ oder ‚Vernunft‘ ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Aber auch von ‚Verstand‘ und ‚Vernunft‘ gibt es im Deutschen keinen Plural! Das ist eigentlich interessant. Warum kann man im Deutschen von ‚Geist‘, ‚Verstand‘ und ‚Vernunft‘ nicht im Plural sprechen bzw. denken? Faktisch sind diese Eigenschaften an individuelle Körper gebunden, von denen es viele gibt. Warum kann man im Deutschen dann nicht von ‚den Geistern‘, den ‚Verständen‘, ‚den Vernünften‘ sprechen? Ich denke, hier zeigt sich in der Sprache etwas, das man nicht so einfach hinnehmen sollte.]
3) Das Kapitel startet mit der These, dass die Entwicklung ’symbolischer Fähigkeiten‘ (’symbolic skills‘) nicht durch Beschränkung auf ein isoliertes Gehirn alleine erklärt werden können, da es sich um Phänomene handelt, die ‚inhärent vernetzte Phänomene‘ (‚inherent network phenomena‘) sind.(vgl. S.252)
4) [Anmerkung: Wenn ich einen Körper als Ansammlung von vielen Zellen (ca. 14 Billionen, 14 * 10^12) verstehe, die in ihrer Ausformung von einem genetischen Bauplan und seiner ‚Umsetzung‘ in Form von ‚Wachstum‘ abhängig sind, dann kann ich die genetische und die ontogenetische Maschinerie natürlich bis zu einem gewissen Grad beschreiben, ohne explizit Bezug auf externe Faktoren zu nehmen. Eine solche Beschreibung ist auch nicht ‚falsch‘, da das, was ich beschreibe, ja empirisch aufweisbar ist. Dennoch kann diese empirische nicht falsche Beschreibung in ihrem Verzicht auf korrelierende Kontext-Faktoren möglicherweise entscheidende Faktoren ‚unterschlagen‘ (‚verdrängen‘,…). Dies wäre dann der Fall, wenn sich die ‚körperinternen‘ Faktoren in ihren Veränderungen nur ‚verstehen lassen würden‘, wenn man die korrelierenden Faktoren einbeziehen würde. Verstehen ist aber relativ, kriterienabhängig: welche Eigenschaften erscheinen einem ‚wichtig‘, so dass man sie in eine Erklärung einbeziehen möchte? ]
5) [Anmerkung: In einer empirischen Erklärung gelten nur Phänomene, die notwendig sind, um das Auftreten eines bestimmten Phänomens auch in Form einer Voraussage ‚erklären‘ zu können, etwa: Wenn X gegeben ist, dann wird Y mit einer Wahrscheinlichkeit von p auftreten. Wenn ich mehrere biologische Arten A1, …, Ak habe, die eine Eigenschaft P0 gemeinsam haben, sich aber jeweils in mindestens einer Eigenschaft P1, …, Pk voneinander unterscheiden, dann würde eine Beschränkung auf P0 zwar nicht falsch sein, aber eben nicht alles erklären. Um die Art Ai in ihrer Besonderheit erklären zu können, müsste ich die Eigenschaften P0 + Pi erklären, nicht nur P0 alleine.]
6) [Anmerkung: Wie im Falle biologischer Systeme bekannt, entwickeln sich besondere Arten Ai mit einer Spezialeigenschaft Pi in der Regel immer in Abhängigkeit von einer besonderen Umgebungseigenschaften Ei. Dies bedeutet, man kann das Auftreten der Eigenschaft Pi bei der Art Ai nicht ‚verstehen‘, wenn man die korrelierende Eigenschaft Ei nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund betrachtet die moderne Biologie biologische Systeme Ai niemals isoliert, sondern immer nur im Kontext von jeweiligen umgebenden Lebensräumen Ei und die ‚Wechselwirkungen‘ zwischen Umgebung und der Population der Art Ai. Diese Wechselwirkungen setzen sich zusammen aus individuellen Eigenschaften des jeweiligen individuellen biologischen Systems (z.B. spezifische Wahrnehmungsfähigkeit, Verdauungsfähigkeit, Bewegungsform, usw.) und verbunden damit mit der Zahl der Nachkommen während der Lebenszeit. Die individuellen Fähigkeiten erweisen ihre Bedeutung in der Fähigkeit, dass die Population als Ganze in jeder Generation über hinreichend viele und fähige Nachkommen verfügt. Diese Sicht der Dinge war in der Biologie nicht immer schon da; sie musste Schritt für Schritt erarbeitet werden.]
7) [Anmerkung: Die These von Donald , dass man den Kontext einbeziehen muss, ist von daher einerseits nichts grundlegend Neues. Andererseits legt er den Finger auf Kontexteigenschaften, die als solche qualitativ verschieden sind von den vorausgehenden. ‚Symbole‘ sind vieldeutige Werkzeuge, die der Mensch so in der Natur nicht vorgefunden, sondern die er selber geschaffen hat. In dem Maße, wie er sie geschaffen hat, können sie zu einem Teil seiner Umgebung werden, die wie die ’natürliche‘ Umgebung auf ihn ‚einwirken‘ kann. Und hier kommt die nächste Besonderheit: Symbole als Umgebung wirken nicht nur physisch auf den Menschen ein wie die natürliche Natur, sondern sie beeinflussen die gedanklichen Prozesse des Menschen, sie bilden ‚Formen‘, ‚Muster‘, ‚Regeln‘, Strukturen‘, ‚Inhalte‘ usw. der gedanklichen Prozesse, mit Hilfe deren sich der Mensch in seiner Welt ‚orientiert‘. Die Orientierung besteht darin, dass der Mensch ‚im Medium seiner Gedanken‘ seine Wahrnehmungen von der Welt (und sich selbst) ‚interpretiert‘. Anders gesagt: mit den Symbolen als Werkzeug schafft der Mensch eine Umgebung, die auf ihn zurückwirken kann, und mit Hilfe von der er die Welt interpretiert; eine bizarre ‚Rückkopplung‘. Dies ist keine genetisch-ontogenetisch vermittelte Koevolution sondern eine symbolisch vermittelte Koevolution ‚mit sich selbst‘; das ist eine neue Qualität. Der Mensch schafft sich in symbolischen Räumen ein Medium, das als dieses Medium auf sein Denken zurückwirkt und darin permanent sein Medium verändert.]
8) [Anmerkung: Verglichen mit der genetischen basierten Evolution ist diese Art von symbolischer Koevolution um Dimensionen schneller. Durch die ‚Ungleichzeitigkeit‘ von genetischer und symbolischer Koevolution ist ein massiver Konflikt vorprogrammiert: wird die schnellere symbolische Evolution die langsamere genetische Evolution letztlich strukturell verändern können (durch ‚Gentechnik‘) oder wird die symbolische Evolution durch Schaffung eines ‚künstlichen Geistes‘ die genetische Evolution überflüssig machen? ]
9) Diese These bedeutet im Fall der Sprache, dass es – nach Donald — nicht die Fähigkeit zum Sprechen als solche war, die zum Phänomen der Sprache in ihrem vollem Umfang geführt hat, sondern in der Bildung von ‚gedanklichen Gemeinschaften‘ (‚cognitive communities‘). Dies bedeutet, das Zusammensein und das Zusammenwirken von mehreren Menschen als solchen muss gegeben gewesen sein, damit sich aus einem elementaren ‚Sprechen‘ ein ‚Sprache‘ entwickeln konnte. (vgl. SS.252-254)
10) [Anmerkung: So suggestiv diese Formulierungen von Donald klingen mögen, so erscheint mir doch Vorsicht geboten. Wie schon das einfache Beispiel mit den beiden Nervenzellen A und B andeutete, die ein UND oder OR-Gatter realisieren: der einzelnen Zelle kann man dies Eigenschaft nicht ansehen. Noch kann man sagen, dass A sich nur so entwickeln konnte, weil es B gab (oder umgekehrt); in dem Falle reicht es aus, dass sowohl A als auch B bestimmte Grundeigenschaften besitzen, die in Kombination unterschiedliche Funktionen ‚zeigen‘. Das gleiche gilt für Atome; auch wenn man nicht sagt, dass Wasserstoff ‚H‘ sich bilden musste, weil es Sauerstoff ‚O‘ gab (oder umgekehrt), gilt, dass eine Kombination von ‚H‘ und ‚O‘ zu ‚H2O‘ möglich ist und dann in dieser Kombination ’neue‘ Eigenschaften zeigt. M.a.W. das Vorkommen von einzelnen Gehirnen im Rahmen einer Population bedeutet, dass die Gehirne ‚ihre eigene Umgebung‘ sind. Das Besondere wäre nicht die Umgebung als solche, sondern die Tatsache, dass Gehirne spezielle Eigenschaften besitzen, die, wenn sie auf ein anderes Gehirn treffen, ’sichtbar‘ werden. Im Falle der Sprache als einem vernetzten Beziehungssystem von ‚Sprachmaterial‘ (‚token‘) ‚Z‘, möglichem ‚intentionalem Gegenstand‘ ‚O'(‚real‘ oder ‚gedacht‘), ‚gewusster Bedeutungsbeziehung‘ ‚B: Z <---> O‘ und einem ’semiotischen System‘ ‚S‘ als Träger und Realisator dieser Bedeutungsbeziehungen, sind Gehirne in einem Körper – soweit wir sie kennen – die idealen Mediatoren für Sprache: Gehirne können intentionale Gegenstände O ‚repräsentieren‘, sie können Zeichenmaterial Z ‚produzieren‘, sie können beliebige Bedeutungsbeziehungen B realisieren, und sie können diese Fähigkeiten als dynamische Systeme kontinuierlich einsetzen. Dies bedeutet, die Präsenz von mindestens zwei Gehirnen bietet alle Voraussetzungen dafür, dass sich Sprache bilden kann. ]
11) [Anmerkung: Vor diesem Hintergrund erscheint es bemerkenswert, dass die Wissenschaft sich bislang so schwer tut, Sprachbildungsprozesse mit dem Computer nach zu vollziehen. Seit den pionierhaften Talking-Heads Experimenten eines Luc Steels sind wir nicht viel weiter gekommen (siehe Quellen unten) (vergleicht man die Forschungsmittel, die generell ausgegeben werden mit jenen, die für Forschungen zur künstlichen Intelligenz ausgegeben werden, so ist der Betrag für künstliche Intelligenz so niedrig, dass man ihn kaum in Prozenten ausdrücken kann. Aber ich bezweifle, ob es nur am Geld liegt.]
12) Das erste, was Kinder in solchen gedanklichen Gemeinschaften lernen müssen, das ist ein Satz von ‚reziproken Verhaltensmustern‘, in denen man sich wechselseitig der Aufmerksamkeit versichern kann. Dies wiederum geht nur, sofern die Gedächtnisstrukturen hinreichend differenziert sind. Objekte, Relationen, Strukturen, Rollen, Abläufe usw. müssen erinnert werden können; Selbstmodelle und Fremdmodelle, die Metareflexionen voraussetzen. Dies alles impliziert komplexe Lernprozesse, die wiederum Zeit brauchen und entsprechende soziale Umgebungen, die dazu beitragen, dass bestimmte Muster ’sozial einprogrammiert‘ werden. (vgl.SS.254-257)
13) [Anmerkung: Aufgrund des nachweisbaren Zusammenhangs zwischen bestimmten Umgebungseigenschaften Ei und bestimmten Eigenschaften Pi einer bestimmten Art Ai ist die Versuchung groß, diesen Zusammenhang ‚kausal‘ zu interpretieren, also im Sinne ‚weil‘ es Ei gibt, daher bildete sich Pi heraus. Mir scheint, dies ist – wenn überhaupt – höchstens die ‚halbe Wahrheit‘. Bedenkt man die Funktionsweise der genetischen basierten Evolution, so ist die primäre Quelle von möglichen Strukturen das Wechselspiel von Selbstreproduktion des genetischen Codes und der molekularen Übersetzung des Codes in Proteinstrukturen als Ontogenese. Dies bedeutet, dass – egal welche Umgebungseigenschaften jeweils gegeben sind – primär der verfügbare genetische Code und dessen molekulare Übersetzung darüber entscheidet, was sich überhaupt an Strukturen bilden kann. So könnte es grundsätzlich auch so sein, dass die Menge der genetisch bedingten Strukturen grundsätzlich nicht zu den umgebungsmäßig gegebenen Eigenschaften Ei passen würde. In diesem Fall könnten die Umgebungseigenschaften niemals ‚bewirken‘, dass sich ‚geeignete‘ Strukturen bilden. Der Eindruck von möglichen kausalen Zusammenhängen ist ‚beobachterabhängig‘ und eher ein ‚Artefakt des Denkens‘. Dass es zu scheinbaren ‚Anpassungen‘ kommen kann ist zwar ein ‚Auswahlprozesse‘ (Selektion‘), aber nicht in dem Sinne, dass die gegebenen Umgebungseigenschaften Ei aller erst die speziellen genetischen Eigenschaften Gi schaffen, die zu den phänotypischen Eigenschaften Pi führen, sondern weil der genetische und ontogenetische Prozess ‚von sich aus‘ die Eigenschaften Gi bereitstellen kann bzw. sie bereitgestellt hatte können diese dann ’selektiert‘ werden, weil jene Phänotypen, die aus diesen Gi hervorgegangen sind, mehr Nachkommen haben, als jene Phänotypen, die aus einem anderen Genotyp Gj hervorgegangen sind. Die Dramaturgie von geologischem Erdprozess und genetisch basierter Evolution ist damit in keiner Weise aufgeklärt; hier gibt es mehr Fragen als Antworten.‘]
14) Donald ergänzt seine Bemerkungen zum Gedächtnis dahingehend, dass er für das menschliche Gedächtnis postuliert, dass es die beobachtbaren Verhaltensleistungen nur unterstützen kann, wenn es in viele funktional differenzierte Bereich aufgegliedert ist, die parallel arbeiten können. So müssten wir grundsätzlich unterscheiden können zwischen ‚Selbst‘ und ‚Anderer‘, ‚Gegenwart‘, ‚Vergangenheit‘ und ‚Zukunft‘. (vgl. SS.257-259)
15) [Anmerkung: Es ist interessant, wie vage und allgemein die Aussagen zum Gedächtnis sind, obgleich doch gerade das Gedächtnis so zentral sein soll für die symbolisch vermittelte Kultur (ein ähnliches Phänomen war bei Norman zu beobachten. Auch bei ihm waren die Aussagen zum Gedächtnis sehr vage, plakativ, nicht durch harte empirische Modellbildung abgesicherten. Andererseits, wenn man sieht, wie schwer sich selbst die neuesten neurowissenschaftlichen Forschungen zum Raumgedächtnis und episodischen Gedächtnis tun, dann darf man Donald hier nicht zu hart kritisieren. Aber zumindest sollte er dann darauf hinweisen, dass es ziemlich spekulativ ist, was er da sagt…]

LITERATURHINWEISE

Steels, L.; Cooperation between distributed agents through self-organisation, Intelligent Robots and Systems ’90. ‚Towards a New Frontier of Applications‘, Proceedings. IROS ’90. IEEE International Workshop on, pp. 8 – 14 supl, 1990
Steels, Luc (1990) „Components of Expertise“ , AI Magazine Volume 11 Number 2 (1990), pp. 28-49.
Steels, L.; Mathematical analysis of behavior systems, From Perception to Action Conference, 1994., Proceedings, pp. 88 – 95, 1994
Steels, L.; A self-organizing spatial vocabulary, Artificial Life Journal, 2(3), pp. 319-332, 1995
Steels, L.; Language Games for Autonomous Robots, IEEE Intelligent Systems , Volume 16 Issue 5, pp.16 – 22, 2001
Steels, Luc; (2001) Grounding Symbols through Evolutionary Language Games. In: Cangelosi A. and Parisi D. (Eds.) Simulating the Evolution of Language Springer.
Steels, L.; Evolving grounded communication for robots, Trends in Cognitive Science 7(7), July 2003, pp.308 – 312
Steels, L.; Semiotic Dynamics for Embodied Agents, Intelligent Systems, IEEE, Volume: 21 , Issue: 3, pp. 32 – 38, 2006
Steels, L.; The Symbol Grounding Problem has been solved. So What’s Next?, In Glenberg, A.; Graesser, A.; Vega, M. de; (Eds.), Symbols, Embodiment, and Meaning, Oxford University Press, pp. 506-557, 2008
Steels, L.; Work on Symbol Grounding now needs concrete Experimentation, Intern. J. of Signs and Semiotic Systems, 1(1), pp. 57-58, 2011
Steels, Luc (2011) „Design Patterns in Fluid Construction Grammar“ , Amsterdam: John Benjamins Pub.
Steels, Luc (2011) „Modeling the cultural evolution of language.“ Physics of Life Reviews, 8(4) pp. 339-356.

Fortsetzung folgt in Teil 3.

Einen Überblick über alle bisherige Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

NOTIZ: WARUM WIR SIND WER WIR SIND UND WAS DAS BEDEUTET

1) Nach unserem heutigen Wissensstand beginnt die Existenz des Körpers eines Exemplars des homo sapiens sapiens auf der heutigen Erde durch die Befruchtung einer bestimmten Zelle im Körper einer Frau durch eine bestimmte Zelle aus dem Körper eines Mannes. Eine von 10 Billionen (10^12) Zellen wird befruchtet, und – unter bestimmten Randbedingungen – beginnt diese Zelle dann zu ‚wachsen‘, d.h. es beginnt ein Teilungs- und Vervielfältigungsprozess, der im Laufe von Monaten und dann Jahren von dieser einen befruchteten Zelle zu einem Körper führt, der ca. 10 Billionen (10^12) Zellen umfassen wird, darin eingebettet ca. eine Billionen (10^12) Bakterien im Körper und etwa die gleiche Zahl auf der Oberfläche des Körpers.
2) Diese Zellen leben nicht ewig sondern werden innerhalb von Tagen/ Wochen/ Monaten – je nachdem, welche Funktion diese Zellen im Körper innehaben – immer wieder durch neue Zellen ersetzt. Der Körper als Körper bleibt gleich, aber seine Bestandteile, die Zellen, werden kontinuierlich ‚ausgetauscht‘, ‚ersetzt‘.
3) Hier gäbe es sehr viele interessante Dinge zu betrachten. Unter anderem stellt sich die Frage, wie diese ca. 10 Billionen Zellen ‚wissen‘ können, was sie jeweils ‚zu tun haben‘; wie kommt es überhaupt zu dieser ‚Selbstorganisation‘ der vielen Zellen aufgegliedert nach unterschiedlichen ‚Körperorganen‘ mit ganz unterschiedlichen, schwindelerregend komplexen Funktionen?
4) In Megastädten mit 20-30 Millionen – oder mehr – Einwohnern wissen wir, dass dies nur funktioniert, weil alle Bewohner bestimmte ‚Regeln‘ einhalten, die zuvor vereinbart worden sind (ausdrücklich oder ’stillschweigend‘). Dabei weiß normalerweise ein einzelner Bewohner nur einen kleinen ‚Teil‘ vom gesamten Räderwerk; es gibt unterschiedliche Verwaltungsebenen, unterschiedliche Arten von Institutionen, unterschiedlichste Rollen…
5) Die ‚Kultur der Städte‘ hat sich über viele tausend Jahre entwickelt, weil alle Beteiligten ‚gelernt‘ haben, was man wie tun kann; weil man dieses Wissen ‚weitergegeben‘ hat, ‚weiterentwickelt‘. Und jeder neue Bewohner muss ‚lernen‘, was er in einer Megastadt zu tun hat.
6) Der menschliche Körper hat ca. 50.000 mal mehr Zellen als eine 20 Mio Stadt. Woher aber wissen die einzelnen Zellen im Körper was sie jeweils zu tun haben? Vor allem, woher wissen sie, wie sie all diese unfassbar komplexen Funktionen in der Leber, in der Niere, in der Lunge, im Gehirn, im Blutsystem mit dem eingebetteten Immunsystem usw. ‚organisieren‘ sollen? Sobald die befruchteten Zelle ihr ‚Wachstum‘ beginnt, wissen alle beteiligten Zellen, ‚was zu tun‘ ist. Woher?
7) Die Biologie hat komplexe Antworten auf diese schwierigen Fragen erarbeitet. Im Kern läuft es darauf hinaus, dass sowohl die Struktureigenschaften wie auch das ‚Verhalten‘ einer einzelnen Zelle in ‚Abstimmung mit ihrer jeweiligen Umgebung‘ vom Zellkern, dem ‚Genom‘ gesteuert wird, einem Molekül, das als ‚Informationsträger‘ dient. Alle Details dieser Informationsverarbeitung sind zwar noch nicht bekannt, wohl aber der grundsätzliche Sachverhalt als solcher und einige wenige Teilprozesse.
8) Damit verlagert sich die Frage nach dem erstaunlichen ‚Wissen einer Zelle‘ auf die der ‚Entstehung dieses Wissens‘ im Genom. Und hier laufen alle bisherigen Antworten darauf hinaus, dass sich das ‚Wissen im Genom‘ samt der zugehörigen ‚Wissensverarbeitungsstrukturen‘ offensichtlich in einem speziellen Lernprozess entwickelt hat, den wir ‚chemische Evolution‘ nennen gefolgt von der ‚biologischen‘ Evolution (geschätzte Dauer ca. 4 Mrd Jahre vor heute bis ca. 200.000 Jahre vor heute (dem geschätzten ersten Auftreten des homo sapiens sapiens in Afrika).
9) Irgendwann in den letzten 200.000 Jahren begann dann das, was wir ‚kulturelle Evolution‘ nennen können. Ein Prozess der sich zusehends zu ‚beschleunigen‘ scheint, wenngleich die aktuelle körperliche Verfasstheit des Menschen aktuelle ‚Begrenztheiten‘ erkennen lässt, die sowohl durch die wachsende Komplexität wie auch durch die Beschleunigung ’sichtbar werden‘.
10) Wenn man all dies weiß, dann ist die Frage, wo und wie man zu einem bestimmten Zeitpunkt t ‚geboren‘ wird, abhängig von der Frage, was dieser Geburt vorausging: die Auswanderung unserer ‚Vorfahren‘ aus Afrika von ca. 60-70 Tsd Jahren, ihre Ausbreitung nach Asien, Europa, Nord- und Südamerika, ihre unterschiedlichen Entwicklungen, Entdeckung von Handwerk, Sesshaftwerdung, Städtebau, usw. Irgendwann gab es nahezu ‚überall auf dieser Erde‘ Lebewesen der Art homo sapiens sapiens; irgendwann wurden bestimmte Zellen in den Körpern von Frauen überall auf dieser Erde ‚befruchtet‘ und begannen ihr Wachstum. Irgendwann gab es die Zelle, aus der jeder von uns hervorging, gesteuert von dem gleichen unfassbar komplexen Programm, das sich im menschlichen Genom im Laufe von 4 Mrd Jahren ‚angereichert‘ hat.
11) Jeder von uns ist von daher das Ergebnis einer unfassbaren Geschichte des Lebens auf dieser Erde. WO jeder von uns geboren wurde ist von daher – betrachtet man alle Menschen gleichzeitig – in gewisser Weise ‚zufällig‘; zu einem bestimmten Zeitpunkt t0 der Erdgeschichte kann man nicht voraussagen, welcher Mann sich mit welcher Frau paaren wird und ob daraus eine Zelle hervorgehen wird, die zu einem Zeitpunkt t1>t0 dann zu ‚wachsen‘ beginnt. Sicher ist nur, wenn es zu solch einem neuen Wachstumsprozess einer Zelle kommt, dann nur deshalb, weil es zu einem Zeitpunkt t0 irgendwo eine Frau und einen Mann gab, die dies tun konnten und auch taten.
12) Mit Fortschreiten der Technologie wird man menschliche Zellen auch ohne die Körper ausgewachsener Frauen und Männer zum Wachstum bewegen können, mehr noch, man wird versuchen, die körperlichen Strukturen von Menschen durch gezielte Eingriffe zu verändern. Die aktuellen Wertvorstellungen verurteilen ein solches Vorgehen. Aber die aktuellen Wertvorstellungen (zu denen auch religiöse Vorstellungen gehören) sind ja auch ‚geworden‘, ein Ergebnis der ‚kulturellen Evolution‘; es ist wenig wahrscheinlich, dass die aktuellen Wertvorstellungen ‚ewig‘ bestehen; im Lichte neuer Erfahrungen und neuer Erkenntnisse werden sie sich ändern. Die Zeit wird kommen, dass der Mensch sich an der Veränderung genetischer Baupläne versuchen wird (unter dem Schlagwort ‚Gentechnologie‘ geschieht des ja schon im großen Stil im Bereich Pflanzen (und Tiere)). Hier werden unausweichlich ‚Fehler‘ gemacht werden; es ist nicht auszuschließen, dass diese ‚irreversibel‘ sind.
13) Das Problem ist dabei nicht in erster Linie die Gentechnologie als solche, sondern ihre wachsende ‚Monopolisierung‘ in wenigen globalen Firmen, die die ’natürlichen‘ Gene ‚ausrotten‘, um so kurzfristig lokal ihre Gewinne zu maximieren. Mit Hilfe von massiver Lobbyarbeit werden hier von wenigen global ‚Rechte‘ geschaffen, die – aufs Ganze gesehen – ein ‚Un-Recht‘ etablieren, das – würde es ungebremst sich weiter entwickeln können – in relativ kurzer Zeit das gesamte Leben ernsthaft bedrohen würde.
14) Der ‚Missbrauch‘ von Gentechnologie ist aber zu unterscheiden von der Gentechnologie selbst. Die Gentechnologie als solche erscheint vor dem Hintergrund der Gesamtentwicklung als ’natürliche Weiterentwicklung‘ der Evolution, als ’notwendig‘, und damit auch die Herausforderung, unser Wertesystem entsprechend weiter zu entwickeln. Zu verhindern ist die Monopolisierung und der Missbrauch von Gentechnologie.
15) Anders betrachtet, würden wir unser aktuelles Wertesystem ‚einfrieren‘ wollen indem wir ‚Denkverbote‘ aufstellen, dann würden wir genauso schnell einen ‚Untergang‘ heraufbeschwören, da der Lebensprozeß auf dieser Erde samt der Erde und ihrer kosmologischen Umgebung hochdynamisch ist (siehe auch unten). Eine ’statische‘ Ethik in einer ‚dynamischen‘ Umgebung ist ein Widerspruch in sich).
16) Der Verweis auf die chemische, die biologische und die kulturelle Evolution erklärt zwar ein wenig, WIE wir entstanden sind, lässt aber letztlich noch offen, WARUM es uns gibt, WER wir damit letztlich sind, WAS das alles zu bedeuten hat?
17) Bei all dem sollte klar sein, dass das Geschlecht (Mann, Frau, diverse genetisch bedingte Mischstrukturen), die Nationalität, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe – und was wir Menschen im Laufe der Zeit sonst noch an sekundären Eigenschaften erfunden haben – keine substantielle Rolle spielen dürfen, wollen wir uns in der Zukunft ‚bewähren‘.
18) Das Leben auf der Erde gibt es nur, weil das Leben es bislang verstanden hat, alle diese Strukturen und Verhaltensweisen zu ‚belohnen‘, die sich den ‚Gegebenheiten der Erde‘ ‚angepaßt‘ haben, die sie ‚geschickt genutzt‘ haben.
19) Da u.a. die Sonne in unserem Sonnensystem in ca. 1 Mrd Jahren das Leben auf der Erde unmöglich machen wird, wird es darauf ankommen, dass das Leben, zu dem wir gehören, ‚lernt‘, sich nicht nur den Eigenschaften der Erde anzupassen, sondern mindestens die nächsten Galaxien einbeziehen muss. Dann gibt es eine kleine ‚Verschnaufspause‘ von ca. 3-4 Mrd Jahren bis die Andromeda Galaxie mit unserer Milchstraßen-Galaxie ‚verschmelzen‘ wird; ein Prozess, dessen Dauer auf ca. 1 Mrd Jahre geschätzt wird.
20) Das tägliche Hickhack um lokale Ressourcen, nationalen Animositäten, Firmenegoismen, Machtgelüsten weniger, religiösen Absolutheitsansprüchen, usw. das unseren Alltag durchzieht und zu dominieren scheint, ist auf jeden Fall nicht geeignet, die Lernprozesse in Gang zu setzen, die ‚zukunftsorientiert‘ sind. Persönlicher Ruhm Macht, Reichtum, Totale Wahrheitsansprüche,… all dies repräsentiert ein Wertesystem, das wenig geeignet ist, das zu unterstützen, was wir tatsächlich brauchen. Aber da das ‚Neue‘ seinem Wesen nach ‚radikal neu‘ ist, weiß man vorher nie genau, wann und wie das Neue sich Bahn brechen wird. In der Regel wird es sich an vielen verschiedenen Stellen mehr oder weniger zeitgleich ‚zeigen‘, ‚zu Worte‘ kommen, ‚getan werden‘. ‚Gewinnen‘ werden die, die es zuerst gesellschaftlich umsetzen können. Lassen wir uns überraschen.

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ERKENNTNISSCHICHTEN – Das volle Programm…

 

  1. Wir beginnen mit einem Erkenntnisbegriff, der im subjektiven Erleben ansetzt. Alles, was sich subjektiv als ‚Gegeben‘ ansehen kann, ist ein ‚primärer‘ ‚Erkenntnisinhalt‘ (oft auch ‚Phänomen‘ [PH] genannt).

  2. Gleichzeitig mit den primären Erkenntnisinhalten haben wir ein ‚Wissen‘ um ’sekundäre‘ Eigenschaften von Erkenntnisinhalten wie ‚wahrgenommen‘, ‚erinnert‘, ‚gleichzeitig‘, ‚vorher – nachher‘, ‚Instanz einer Klasse‘, ‚innen – außen‘, und mehr.

  3. Auf der Basis der primären und sekundären Erkenntnisse lassen sich schrittweise komplexe Strukturen aufbauen, die das subjektive Erkennen aus der ‚Innensicht‘ beschreiben (‚phänomenologisch‘, [TH_ph]), aber darin auch eine systematische Verortung von ‚empirischem Wissen‘ erlaubt.

  4. Mit der Bestimmung des ‚empirischen‘ Wissens lassen sich dann Strukturen der ‚intersubjektiven Körperwelt‘ beschreiben, die weit über das ’subjektive/ phänomenologische‘ Wissen hinausreichen [TH_emp], obgleich sie als ‚Erlebtes‘ nicht aus dem Bereich der Phänomene hinausführen.

  5. Unter Einbeziehung des empirischen Wissens lassen sich Hypothesen über Strukturen bilden, innerhalb deren das subjektive Wissen ‚eingebettet‘ erscheint.

  6. Der Ausgangspunkt bildet die Verortung des subjektiven Wissens im ‚Gehirn‘ [NN], das wiederum zu einem ‚Körper‘ [BD] gehört.

  7. Ein Körper stellt sich dar als ein hochkomplexes Gebilde aus einer Vielzahl von Organen oder organähnlichen Strukturen, die miteinander in vielfältigen Austauschbeziehungen (‚Kommunikation‘) stehen und wo jedes Organ spezifische Funktionen erfüllt, deren Zusammenwirken eine ‚Gesamtleistung‘ [f_bd] des Input-Output-Systems Körpers ergibt. Jedes Organ besteht aus einer Vielzahl von ‚Zellen‘ [CL], die nach bestimmten Zeitintervallen ‚absterben‘ und ‚erneuert‘ werden.

  8. Zellen, Organe und Körper entstehen nicht aus dem ‚Nichts‘ sondern beruhen auf ‚biologischen Bauplänen‘ (kodiert in speziellen ‚Molekülen‘) [GEN], die Informationen vorgeben, auf welche Weise Wachstumsprozesse (auch ‚Ontogenese‘ genannt) organisiert werden sollen, deren Ergebnis dann einzelne Zellen, Zellverbände, Organe und ganze Körper sind (auch ‚Phänotyp‘ genannt). Diese Wachstumsprozesse sind ’sensibel‘ für Umgebungsbedingungen (man kann dies auch ‚interaktiv‘ nennen). Insofern sind sie nicht vollständig ‚deterministisch‘. Das ‚Ergebnis‘ eines solchen Wachstumsprozesses kann bei gleicher Ausgangsinformation anders aussehen. Dazu gehört auch, dass die biologischen Baupläne selbst verändert werden können, sodass sich die Mitglieder einer Population [POP] im Laufe der Zeit schrittweise verändern können (man spricht hier auch von ‚Phylogenese‘).

  9. Nimmt man diese Hinweise auf Strukturen und deren ‚Schichtungen‘ auf, dann kann man u.a. zu dem Bild kommen, was ich zuvor schon mal unter dem Titel ‚Emergenz des Geistes?‘ beschrieben hatte. In dem damaligen Beitrag hatte ich speziell abgehoben auf mögliche funktionale Unterschiede der beobachtbaren Komplexitätsbildung.

  10. In der aktuellen Reflexion liegt das Augenmerk mehr auf dem Faktum der Komplexitätsebene allgemein. So spannen z.B. die Menge der bekannten ‚Atome‘ [ATOM] einen bestimmten Möglichkeitsraum für theoretisch denkbare ‚Kombinationen von Atomen‘ [MOL] auf. Die tatsächlich feststellbaren Moleküle [MOL‘] bilden gegenüber MOL nur eine Teilmenge MOL‘ MOL. Die Zusammenführung einzelner Atome {a_1, a_2, …, a_n} ATOM zu einem Atomverband in Form eines Moleküls [m in MOL‘] führt zu einem Zustand, in dem das einzelne Atom a_i mit seinen individuellen Eigenschaften nicht mehr erkennbar ist; die neue größere Einheit, das Molekül zeigt neue Eigenschaften, die dem ganzen Gebilde Molekül m_j zukommen, also {a_1, a_2, …, a_n} m_i (mit {a_1, a_2, …, a_n} als ‚Bestandteilen‘ des Moleküls m_i).

  11. Wie wir heute wissen, ist aber auch schon das Atom eine Größe, die in sich weiter zerlegt werden kann in ‚atomare Bestandteile‘ (‚Quanten‘, ‚Teilchen‘, ‚Partikel‘, …[QUANT]), denen individuelle Eigenschaften zugeordnet werden können, die auf der ‚Ebene‘ des Atoms verschwinden, also auch hier wenn {q_1, q_2, …, q_n} QUANT und {q_1, q_2, …, q_n} die Bestandteile eines Atoms a_i sind, dann gilt {q_1, q_2, …, q_n} a_i.

  12. Wie weit sich unterhalb der Quanten weitere Komplexitätsebenen befinden, ist momentan unklar. Sicher ist nur, dass alle diese unterscheidbaren Komplexitätsebenen im Bereich ‚materieller‘ Strukturen aufgrund von Einsteins Formel E=mc^2 letztlich ein Pendant haben als reine ‚Energie‘. Letztlich handelt es sich also bei all diesen Unterschieden um ‚Zustandsformen‘ von ‚Energie‘.

  13. Entsprechend kann man die Komplexitätsbetrachtungen ausgehend von den Atomen über Moleküle, Molekülverbände, Zellen usw. immer weiter ausdehnen.

  14. Generell haben wir eine ‚Grundmenge‘ [M], die minimale Eigenschaften [PROP] besitzt, die in einer gegebenen Umgebung [ENV] dazu führen können, dass sich eine Teilmenge [M‘] von M mit {m_1, m_2, …, m_n} M‘ zu einer neuen Einheit p={q_1, q_2, …, q_n} mit p M‘ bildet (hier wird oft die Bezeichnung ‚Emergenz‘ benutzt). Angenommen, die Anzahl der Menge M beträgt 3 Elemente |M|=3, dann könnte man daraus im einfachen Fall die Kombinationen {(1,2), (1,3), (2,3), (1,2,3)} bilden, wenn keine Doubletten zulässig wären. Mit Doubletten könnte man unendliche viele Kombinationen bilden {(1,1), (1,1,1), (1,1,….,1), (1,2), (1,1,2), (1,1,2,2,…),…}. Wie wir von empirischen Molekülen wissen, sind Doubletten sehr wohl erlaubt. Nennen wir M* die Menge aller Kombinationen aus M‘ (einschließlich von beliebigen Doubletten), dann wird rein mathematisch die Menge der möglichen Kombinationen M* gegenüber der Grundmenge M‘ vergrößert, wenngleich die Grundmenge M‘ als ‚endlich‘ angenommen werden muss und von daher die Menge M* eine ‚innere Begrenzung‘ erfährt (Falls M’={1,2}, dann könnte ich zwar M* theoretisch beliebig groß denken {(1,1), (1,1,1…), (1,2), (1,2,2), …}, doch ‚real‘ hätte ich nur M*={(1,2)}. Von daher sollte man vielleicht immer M*(M‘) schreiben, um die Erinnerung an diese implizite Beschränkung wach zu halten.

  15. Ein anderer Aspekt ist der Übergang [emer] von einer ’niedrigerem‘ Komplexitätsniveau CL_i-1 zu einem höheren Komplexitätsniveau CL_i, also emer: CL_i-1 —> CL_i. In den meisten Fällen sind die genauen ‚Gesetze‘, nach denen solch ein Übergang stattfindet, zu Beginn nicht bekannt. In diesem Fall kann man aber einfach ‚zählen‘ und nach ‚Wahrscheinlichkeiten‘ Ausschau halten. Allerdings gibt es zwischen einer ‚reinen‘ Wahrscheinlich (absolute Gleichverteilung) und einer ‚100%-Regel‘ (Immer dann wenn_X_dann geschieht_Y_) ein Kontinuum von Wahrscheinlichkeiten (‚Wahrscheinlichkeitsverteilungen‘ bzw. unterschiedlich ‚festen‘ Regeln, in denen man Z%-Regeln benutzt mit 0 < Z < 100 (bekannt sind z.B. sogenannte ‚Fuzzy-Regeln‘).

  16. Im Falle des Verhaltens von biologischen Systemen, insbesondere von Menschen, wissen wir, dass das System ‚endogene Pläne‘ entwickeln kann, wie es sich verhalten soll/ will. Betrachtet man allerdings ‚große Zahlen‘ solcher biologischer Systeme, dann fällt auf, dass diese sich entlang bestimmter Wahrscheinlichkeitsverteilungen trotzdem einheitlich verhalten. Im Falle von Sterbensraten [DEATH] einer Population mag man dies dadurch zu erklären suchen, dass das Sterben weitgehend durch die allgemeinen biologischen Parameter des Körpers abhängig ist und der persönliche ‚Wille‘ wenig Einfluß nimmt. Doch gibt es offensichtlich Umgebungsparameter [P_env_i], die Einfluss nehmen können (Klima, giftige Stoffe, Krankheitserreger,…) oder indirekt vermittelt über das individuelle ‚Verhalten‘ [SR_i], das das Sterben ‚begünstigt‘ oder ‚verzögert‘. Im Falle von Geburtenraten [BIRTH] kann man weitere Faktoren identifizieren, die die Geburtenraten zwischen verschiedenen Ländern deutlich differieren lässt, zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen sozialen Gruppen, usw. obgleich die Entscheidung für Geburten mehr als beim Sterben individuell vermittelt ist. Bei allem Verhalten kann man mehr oder weniger starke Einflüsse von Umgebungsparametern messen. Dies zeigt, dass die individuelle ‚Selbstbestimmung‘ des Verhaltens nicht unabhängig ist von Umgebungsparametern, die dazu führen, dass das tatsächliche Verhalten Millionen von Individuen sehr starke ‚Ähnlichkeiten‘ aufweist. Es sind diese ‚gleichförmigen Wechselwirkungen‘ die die Ausbildung von ‚Verteilungsmustern‘ ermöglichen. Die immer wieder anzutreffenden Stilisierungen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen zu quasi ‚ontologischen Größen‘ erscheint vor diesem Hintergrund eher irreführend und verführt dazu, die Forschung dort einzustellen, wo sie eigentlich beginnen sollte.

  17. Wie schon die einfachen Beispiele zu Beginn gezeigt haben, eröffnet die nächst höhere Komplexitätstufe zunächst einmal den Möglichkeitsraum dramatisch, und zwar mit qualitativ neuen Zuständen. Betrachtet man diese ‚Komplexitätsschichtungen‘ nicht nur ‚eindimensional‘ (also z.B. in eine Richtung… CL_i-1, CL_i, CL_i+1 …) sondern ‚multidimensional‘ (d.h. eine Komplexitätsstufe CL_i kann eine Vielzahl von Elementen umfassen, die eine Komplexitätstufe j<i repräsentieren, und diese können wechselseitig interagieren (‚kommunizieren‘)), dann führt dies zu einer ‚Verdichtung‘ von Komplexität, die immer schwerer zu beschreiben ist. Eine einzige biologische Zelle funktioniert nach so einem multidimensionalen Komplexitätsmuster. Einzelne Organe können mehrere Milliarden solcher multidimensionaler Einheiten umfassen. Jeder Körper hat viele solcher Organe die miteinander wechselwirken. Die Koordinierung aller dieser Elemente zu einer prägnanten Gesamtleistung übersteigt unsere Vorstellungskraft bei weitem. Dennoch funktioniert dies in jeder Sekunde in jedem Körper Billionenfach, ohne dass das ‚Bewusstsein‘ eines biologischen Systems dies ‚mitbekommt‘.

  18. Was haben all diese Komplexitätstufen mit ‚Erkenntnis‘ zu tun? Nimmt man unser bewusstes Erleben mit den damit verknüpften ‚Erkenntnissen‘ zum Ausgangspunkt und erklärt diese Form von Erkenntnis zur ‚Norm‘ für das, was Erkenntnis ist, dann haben all diese Komplexitätsstufen zunächst nichts mit Erkenntnis zu tun. Allerdings ist es dieses unser ’subjektives‘ ‚phänomenologisches‘ ‚Denken‘, das all die erwähnten ‚Komplexitäten‘ im Denken ’sichtbar‘ macht. Ob es noch andere Formen von Komplexität gibt, das wissen wir nicht, da wir nicht wissen, welche Form von Erkenntnis unsere subjektive Erkenntnisform von vornherein ‚ausblendet‘ bzw. aufgrund ihrer Beschaffenheit in keiner Weise ‚erkennt‘. Dies klingt paradox, aber in der Tat hat unser subjektives Denken die Eigenschaft, dass es durch Verbindung mit einem Körper einen indirekt vermittelten Bezug zur ‚Körperwelt jenseits des Bewusstseins‘ herstellen kann, der so ist, dass wir die ‚Innewohnung‘ unseres subjektiven Erkennens in einem bestimmten Körper mit dem Organ ‚Gehirn‘ als Arbeitshypothese formulieren können. Darauf aufbauend können wir mit diesem Körper, seinem Gehirn und den möglichen ‚Umwelten‘ dann gezielt Experimente durchführen, um Aufklärung darüber zu bekommen, was denn so ein Gehirn im Körper und damit korrelierend eine bestimmte Subjektivität überhaupt erkennen kann. Auf diese Weise konnten wir eine Menge über Erkenntnisgrenzen lernen, die rein aufgrund der direkten subjektiven Erkenntnis nicht zugänglich sind.

  19. Diese neuen Erkenntnisse aufgrund der Kooperation von Biologie, Psychologie, Physiologie, Gehirnwissenschaft sowie Philosophie legen nahe, dass wir das subjektive Phänomen der Erkenntnis nicht isoliert betrachten, sondern als ein Phänomen innerhalb einer multidimensionalen Komplexitätskugel, in der die Komplexitätsstrukturen, die zeitlich vor einem bewussten Erkennen vorhanden waren, letztlich die ‚Voraussetzungen‘ für das Phänomen des subjektiven Erkennens bilden.

  20. Gilt im bekannten Universum generell, dass sich die Systeme gegenseitig beeinflussen können, so kommt bei den biologischen Systemen mit ‚Bewusstsein‘ eine qualitativ neue Komponente hinzu: diese Systeme können sich aktiv ein ‚Bild‘ (‚Modell‘) ihrer Umgebung, von sich selbst sowie von der stattfindenden ‚Dynamik‘ machen und sie können zusätzlich ihr Verhalten mit Hilfe des konstruierten Bildes ’steuern‘. In dem Masse, wie die so konstruierten Bilder (‚Erkenntnisse‘, ‚Theorien‘,…) die tatsächlichen Eigenschaften der umgebenden Welt ‚treffen‘ und die biologischen Systeme ‚technologische Wege‘ finden, die ‚herrschenden Gesetze‘ hinreichend zu ‚kontrollieren‘, in dem Masse können sie im Prinzip nach und nach das gesamte Universum (mit all seinen ungeheuren Energien) unter eine weitreichende Kontrolle bringen.

  21. Das einzig wirkliche Problem für dieses Unterfangen liegt in der unglaublichen Komplexität des vorfindlichen Universums auf der einen Seite und den extrem beschränkten geistigen Fähigkeiten des einzelnen Gehirns. Das Zusammenwirken vieler Gehirne ist absolut notwendig, sehr wahrscheinlich ergänzt um leistungsfähige künstliche Strukturen sowie evtl. ergänzt um gezielte genetische Weiterentwicklungen. Das Problem wird kodiert durch das Wort ‚gezielt‘: Hier wird ein Wissen vorausgesetzt das wir so eindeutig noch nicht haben Es besteht ferner der Eindruck, dass die bisherige Forschung und Forschungsförderung diese zentralen Bereiche weltweit kum fördert. Es fehlt an brauchbaren Konzepten.

Eine Übersicht über alle bisherigen Beiträge findet sich hier

Philosophie Jetzt: Veranstaltung am 2.Okt.2011

Hier eine Ankündigung in eigener Sache:

Am 2.Okt.2011 beginne ich mit einer ersten Veranstaltung im Rahmen des Projektes ‚Philosophie Jetzt‘ mit dem aktuellen Titel ‚Unterwegs Wohin?‘

Grundidee ist, die Diskussion aus dem Blog auch in der Öffentlichkeit zu führen und damit  das Umdenken vieler gewohnter Alltagsbegriffe weiter zu unterstützen. Die Veranstaltung findet im

Bistro des Restautant ‚Schnittlik‘ statt

61137 Schöneck

Platz der Republik 2

16:00 – 19:00h

Gedacht ist an einer lockeren Form  von Vortrag, Gespräch, aufgelockert mit eigener experimenteller Musik. Denkbar, dass in Zukunft auch andere aktiv mitwirken durch Texte und Musik. Dies ist jedenfalls ein Anfang. Philosophie ist für uns alle wichtig, nicht nur für ‚Hinterstubendenker’……

Herzliche Grüße,

cagent

PS:  Es deutet alles darauf hin, dass es mir zum ersten Mal gelingt, einen Zusammenhang von ‚Urknall‘ über kosmische Evolution, biologische Evolution 1, biologische Evolution 2 (=Kultur, Technologie) bis hin zu Grundstrukturen von Wissen, Lernen und Werten zu zeichnen. Hätte dies nie für möglich gehalten. Im Nachhinein erscheint es so einfach und man versteht gar nicht, warum man sich nahezu 63 Jahre quälen muss, bis man dahin kommt (kleiner Trost. den anderen geht es auch nicht besser…). Die neue Perspektive hat allerdings etwas ‚Berauschendes‘; die philosophisch-theologischen Kategorien der Vergangenheit wirken da wie ein ’schlechter Traum‘. Andererseits war dies irgendwie als ‚Durchgangsphase‘ unumgänglich. Erkennen funktioniert nur über Blindversuch, Fehler, Korrektur, neuer Versuch… irgendwann hat man dann das Gefühl, jetzt scheint es ‚besser‘ zu sein…bis zur nächsten ‚Verbesserung’…Ohne diese gelegentlichen Blog-Einträge — so einfach und erratisch sie auch im einzelnen sein mögen — wäre dies nie passiert….

PS2: Ja, die Veranstaltung hat stattgefunden. Trotz strahlendem Sommerwetter war der Raum gefüllt und die drei Stunden erwiesen sich als viel zu kurz….Das ruft nach mehr….

Zusammenfassung des Vortrags

 

(1) Der Vortrag wählte als Ausgangspunkt die Position des Dualismus, der fast 2000 Jahre die europäische Philosophie — und auch das übrige Denken — geprägt hatte und selbst heute noch in vielen Kreisen präsent ist: die Gegenübersetzung von Geist und Materie.

 

(2) Es wurde dann in mehreren Schritten gezeigt, wie diese Gegenübersetzung im Lichte des heutigen Wissens nicht nur ‚in sich zusammenfällt‘ sondern mehr noch, einen völlig neuen Denkansatz ermöglicht.

 

(3) Über die Stationen Erde – Sonnensystem – Milchstraße – Universum wurde nicht nur deutlich, dass wir in einer der wenigen ‚bewohnbaren‘ (habitablen) Zonen leben, sondern dass alle bekannte ‚Materie‘ letztlich nichts anderes ist als eine ‚Zustandsform von Energie‘.

 

(4) Anhand der unterschiedlichen komplexen Strukturen wie subatomar Quanten, Atome, Moleküle wurde deutlich, wie es eine Brücke gibt von der Energie zu den kleinsten Bauelementen biologischer Lebensformen im Rahmen der chemischen Evolution. Zwar sind hier bis heute noch nicht alle Abläufe vollständig aufgeklärt, aber der Weg vom Molekül zur Zelle ist zumindest prinzipiell nachvollziehbar.

 

(5) Es wurden grob jene Prozess skizziert, die bei der Selbstreproduktion involviert sind (DNA, mRNA, tRNA, Ribosomenkomplexe….). Sämtliche Prozesse dieser chemischen Informationsmaschinerie basieren ausschließlich auf Molekülen.

 

(6) Die biologische Evolution von den ersten Zellen bis zum homo sapiens wurde stark verkürzend skizziert. Die Rolle des Gehirns in der Steuerung, für das Verhalten, für die Sprache. Die mittlerweile allgemein akzeptierte Out-of-Africa Hypothese, die Abstammung aller heute lebenden Menschen von einer Gruppe von homo sapiens Menschen, die von Ostafrika aus vor ca. -70.000 über Arabien, Persien, Indien Australien bevölkerten, Asien und ab ca. -45000 Europa. Später auch Nord- und Südamerika.

 

(7) Es wurde kurz erklärt wie der ‚Wissensmechanismus‘ hinter der biologischen Evolution funktioniert, die — obgleich vollständig ‚blind‘ — innerhalb von ca. 3.7 Mrd. Jahren hochkomplexe Organismen hervorgebracht hat. Die ‚Logik‘ dahinter ist ein gigantischer Suchprozess über die möglichen ökologischen Nischen, deren Feedbackmechanismus ausschließlich im Modus des ‚Überlebens‘ gegeben war. Das konnte nur funktionieren, weil beständig Milliarden von ‚Experimenten‘ gleichzeitig ausgeführt wurden. Evolution heißt ‚aktiv mit dem Unbekannten spielen‘ mit dem Risiko, unter zu gehen; aber dieses Risiko war — und ist — die einzige ‚Versicherung‘, letztlich doch zu überleben.

 

(8) Es wurde dann die Besonderheit des Gehirns erläutert, warum und wie Gehirnzellen in der Lage sind, Signale zu verarbeiten. Es wurden die chemischen Prozesse geschildert, die diesen Prozessen zugrunde liegen und dann, wie sich diese komplexen chemischen Prozesse heute technisch viel einfacher realisieren lassen. Es wurde ferner erklärt, warum ein Computer das Verhalten eines Gehirns simulieren kann. Zugleich wurde aber auch deutlich gemacht, dass die Simulation mittels eines Computers keine vollständige Berechenbarkeit impliziert, im Gegenteil, wir wissen, dass ein Gehirn — real oder simuliert — grundsätzlich nicht entscheidbar ist (Goedel, Turing).

 

(9) Es wurde weiter erläutert, wie sich die Informationsverarbeitung eines Gehirns von der DNA-basierten Informationstechnologie unterscheidet. Neben Details wie Gedächtnisstrukturen, Bewusstsein – Unbewusstsein, Sprache, Abstraktionen, Planen, usw. wurde deutlich gemacht, dass die Informationseinheiten eines Gehirns (Meme) permanent durch das Verhalten eines Organismus modifiziert werden können. Im Zusammenwirken von Gehirn und Sprache ist das biologische Leben nun im Stande, komplexe Modelle des Lebens versuchsweise zu entwickeln, die in Verbindung mit Genetik den Entwicklungsprozess biologischer Strukturen extrem beschleunigen könnten. Mit Blick auf die drohenden Faktoren der Lebenszerstörung wie Sonnenerwärmung, Zusammenstoß mit der Galaxie Andromeda in ca. 2-4 Mrd Jahren — um nur einige Faktoren zu nennen — kann diese Beschleunigung des Entwicklungsprozesses von Leben von Interesse sein.

 

(10) Hier endete die Sitzung mit dem vielfachen Wunsch, den Diskurs fort zu setzen, speziell mit Blick auf die sich neu stellenden ethischen und praktischen Lebensfragen.

Wahrheit im Alltag

(1) Wahrheit: Wenn man davon ausgeht, dass sich in, zwischen und durch den Phänomenen unseres Welterlebens (im Bewusstsein) Strukturen (Ontologien) erkennen lassen, die charakteristisch dafür sind, wie die ‚in den Phänomenen sich andeutende Welt‘ ’sich verhält‘, dann ist hier der Raum möglicher Wahrheit(en). Wahrheit liegt dann in den erkennbaren Strukturen von Welt, wie diese Welt sich verhält und annähernd in Sprache artikulieren lässt. Eine solche ‚in der Welt fundierte‘ Wahrheit ist ‚vorgegeben‘, sie ‚geht unserem Denken voraus‘, das Denken findet statt ‚innerhalb‘ dieser Strukturen, ohne dass allerdings das Denken diese Strukturen ‚automatisch‘, ‚von selbst‘ vollständig erkennen kann. Das primäre Medium des Denkens — das Bewusstsein samt dem dahinter angenommenen Gehirn in seinem Körper — hat zwar eine biologisch determinierte Arbeitsweise, die uns — vor allem Wollen und klarem Bewusstsein — das ganze biologische Leben hindurch auf eine körper-gehirn-bewusstseinsspezische Weise mit Strukturen dieser Welt ‚füttert‘, doch wissen wir mittlerweile, dass diese ‚automatisch generierte (individuelle) Strukturen‘ grundsätzlich idealisierend sind, partiell, abhängig von vielen Voraussetzungen. Insofern kann man sagen, dass sich Welt für uns zwar grundsätzlich ‚ereignet‘, dass eine ‚wahre‘ Erkenntnis aber sehr vieler koordinierter Bemühungen bedarf, die über den einzelnen grundsätzlich hinausgehen. Ein einzelner Mensch alleine kann niemals ‚wahre Erkenntnis‘ im nennenswerten Umfang ‚vermehren‘, selbst wenn er eine direkte ‚Inspiration durch das Göttliche‘ empfangen würde (was sich alleine schon daraus ergibt, dass — wenn man überhaupt einen Schöpfer annimmt — die gesamte Welt Schöpfung ist, in der der einzelne einen sehr kleinen, winzigen (allerdings nicht den kleinsten, winzigsten) Moment ausmacht. ‚Wahre Erkenntnis‘ hat per se mit der Erkenntnis der Struktur der gesamten Welt zu tun und das individuelle ‚unvernetzte‘ Gehirn weiß davon ‚explizit‘ so gut wie gar nichts (implizit spiegelt das Gehirn im Körper mit seinem Bewusstsein allerdings eine Teilwahrheit wider, die sich durch seine langwierige Entstehungsgeschichte ‚angesammelt‘ hat).

 

(2) Medien: Da Bewusstseins-Gehirne nur durch kontinuierliche Vernetzung und entsprechendem Training ‚wahre Erkenntnisse‘ vermehren können spielen die Medien als Schnittstellen zu Erkenntnissen eine wichtige Rolle. Wie man aber weiß — und täglich immer wieder neu belehrt wird — sind die Menschen, die Medien organisieren und mit ‚Inhalten versorgen (‚füttern’…)‘ nicht nur vom Interesse an ‚Wahrheit‘ geleitet. Die Finanzierer von Medien wollen in der Regel nicht nur Geld mit ihnen verdienen, sie haben meist auch klare persönliche und/ oder politische Interessen, für die sie ihre Medienmaschine zu nutzen suchen. Dem entspricht komplementär, dass unterschiedliche Machtgruppen die Nähe zu diesen Medien suchen, um sie ihren Interessen möglichst ‚konform‘ zu gestalten (aus Sicht der interessengesteuerten Machern verständlich und bis zu einem gewissen Grade sicher auch legitim). Wenn allerdings die interessengesteuerten Medien die Mehrheit zu bilden beginnen, wenn die Machtinteressen immer ungenierter werden, dann führen diese Medien im Alltag zu einer fortschreitenden ‚Verdunkelung‘ und damit zur Vernichtung von Wahrheit. Medienereignisse erklären dann nicht, wie es ‚ist‘ bzw. ‚werden wird‘, sondern wie es bestimmte partikuläre Gruppen ‚haben wollen‘. Demokratische Gesellschaften, die u.a. von einer ‚funktionierenden Öffentlichkeit‘ leben, würden durch solche Prozesse fortschreitend ‚von innen her‘ — sprich: von ihrem kollektiven Erkennen her — ausgehöhlt, geschwächt, und auf Dauer zerstört. Zwar unterscheiden sich demokratische Gesellschaften von nicht-demokratischen (cliquen- gesteuerten Diktaturen) dadurch, dass in cliquen-gesteuerten Diktaturen die Öffentlichkeit grundsätzlich nur von cliquen-genehmen Medien mit Informationen ‚beliefert‘ wird, aber in Demokratien können wirtschaftlich starke — und mit diesen verbündete politische — Gruppierungen auf ganz ‚legale‘ Weise Medien ‚unter ihre Kontrolle‘ bringen und diese — wie in Diktaturen — zur Steuerung von gruppenspezifischen ‚Wahrheiten‘ benutzen, um nicht zu sagen zu ‚missbrauchen‘. Es gehört zur Verantwortung einer demokratischen Gesellschaft diese unterschiedlichen Strömungen durch geeignete Rahmenbedingungen so zu fördern, dass die ‚mediale Gehirnwäsche‘ nicht zum alles dominierenden Thema wird.

 

(3) Banken: Ein Hauptzweck von Banken ist es, Geld (Kredite) dort zur Verfügung zu stellen, wo es gebraucht wird. In jeder lebendigen Wirtschaft sind es die aktiven Unternehmen, die beständig Geld benötigen, um ihre wachsenden Aktivitäten zwischen zu finanzieren. Darüber hinaus ist es der Staat selbst, der sich immer wieder Geld leiht, auch Privatleute. Solange dies alles funktioniert, gibt es eine Wirtschaft und einen Staat, der einen Raum bietet für vielerlei Aktivitäten, auch für die Arbeit an der Wahrheit (wenngleich die Arbeit an der Wahrheit normalerweise einen verschwindend kleinen Bruchteil der alltäglichen Aktivitäten darstellt). Zur Zeit erleben wir, dass Banken von den staatlichen Geldagenturen Geld nahezu geschenkt bekommen und es für sie attraktiver ist, mit diesem nahezu geschenktem Geld auf eigene Rechnung zu spekulieren, als es zu ungünstigeren und riskanteren Konditionen an die Wirtschaft oder an Private auszuleihen. Zudem dürfen Banken Geld vom Staat ohne Rücklagen weiter verleihen, während Kredite an nichtstaatliche Empfänger einen bestimmten Prozentsatz an Rückversicherung verlangen. Wieder ein Grund, Unternehmen und Privaten eher kein Geld zu leihen oder zu extrem ungünstigen Bedingungen. Die Finanzierung bankrotter Staaten rentiert sich hier für Banken mehr als die Vergabe von Geld an gesunde Firmen! Banken gelten zudem vielfach als ’systemrelevant‘; aufgrund ihrer Größe herrscht die Meinung, dass man Banken nicht ‚untergehen‘ lassen darf. Bankmanager müssen daher das Gefühl haben, sie sind ‚unsterblich‘: was immer sie tun, selbst die größten Pleiten, all dies führt nicht zur Vernichtung ihres Unternehmens. Letztlich wird ‚der Staat‘ einspringen, und damit die restliche Bevölkerung (die ‚Dummen‘, die ’normalen Steuerzahler’…)(Privater Gewinn und Vergesellschaftung des Verlustes). Und noch eines: Bankmanager sind keine Eigentümer sondern Angestellte zu Vorzugskonditionen: wenn Sie Fehler machen, leidet vielleicht das Unternehmen, sie selbst aber sind immer saniert und können anderweitig eine neue Position finden. Wie die Geschichte zeigt führt ein ungezügeltes Finanzsystem zyklisch zu Finanzkrisen, die ganze Volkswirtschaften und dann auch die Weltwirtschaft ’nach unten‘ ziehen können. Es ist eine offene Frage — wer hat das jemals schon untersucht? — ob die Chancen für die Erkenntnis von mehr wahren Strukturen in Krisenzeiten real steigen?

 

(4) Forschung: Allgemein gilt Forschung als jene Tätigkeit, die der ‚Vermehrung der Wahrheit‘ am meisten dienlich sein soll. Im Idealfall gibt es Experten, die mindestens 20 — eher 25 – 30 — Jahre ‚Training‘ hinter sich haben, die primär an Wahrheit interessiert sind, die in Netzwerken von Forschern kommunizieren (‚Communities‘), und die sich den ‚aktuellen‘ Fragen der Wissenschaft stellen. Doch impliziert dieses Ideal eine Reihe von Voraussetzungen. (i) Es sollen nur solche Ergebnisse publiziert werden, die durch mindestens 3 -5 unabhängige Gutachter als ‚dem Stand der Forschung angemessen‘ qualifiziert worden sind. Bei der heutigen Explosion der Fachzeitschriften bei gleichzeitiger fortschreitender Spezialisierung in Form einer mehr und mehr unüberschaubaren Zersplitterung wird es immer schwerer, eine vorliegende Arbeit adäquat zu begutachten, selbst bei bestem Willen der Gutachter (der nicht immer ohne weiteres unterstellt werden muss). (ii) Da der Bezug von Fachzeitschriften viel Geld kostet, die Bibliotheken aber nicht kontinuierlich mehr Geld bekommen, sondern eher weniger, nimmt der Anteil der Fachzeitschriften, der öffentlich zugänglich ist, kontinuierlich ab. Der Zugang zu ‚wissenschaftlichem Wissen‘ als der ‚Lebensader‘ von Wissenschaft, ist damit ernsthaft gefährdet. Vor diesem Hintergrund muss man die open-access Bewegung sehen, in der der Autor einmalig zahlt und die Leser einen freien Zugang haben. Aktuell erscheint dies als einzige erkennbare Lösung einer ernsthaften Krise. (iii) Forschung benötigt normalerweise Geld für Ressourcen (Mitarbeiter, Geräte, Materialien,…). Dieses Geld kommt von staatlichen Förderprogrammen oder von Unternehmen, die für die Bearbeitung eines Problems Geld zahlen. (iii.1) Die versuchten Einflußnahmen auf die Vergabe staatlicher Gelder ist verständlicherweise intensiv und andauernd. Aufgrund der Intransparenz des Gutachterwesens kann man hier vielerlei Einflussnahmen ‚hinter den Kulissen‘ vermuten. Insiderinformationen bestätigen jedenfalls immer wieder, dass die politischen Interessen von speziellen Gruppen die Maschinerie der Gutachter nach Bedarf — oft schon weit im Vorfeld bei der Ausschreibung — so steuern kann, dass immer das gewünschte Ergebnis heraus kommt (Den Feldtest, 50% der Forschungsgelder streng nach dem Zufallsprinzip an ‚alle‘ sich bewerbenden Forschergruppen ohne ‚verdeckte‘ Gutachter zu verteilen und dann die Effizienz zu überprüfen, hat noch keiner gewagt, stattdessen praktizieren selbst demokratische Gesellschaft im Bereich Forschung eine Art ‚Planwirtschaft‘, deren Effizienz nicht erwiesen ist). (iii.2) Geld von Unternehmen ist überwiegend an kurzfristigen Ergebnissen interessiert, um aktuelle Produkte und Technologien zu optimieren, solche, von denen man einen baldigen Markterfolg erwartet. Dies ist einerseits verständlich, hat aber zur Folge, dass die ‚wahren Produkte von Morgen‘ damit gerade nicht entwickelt werden. Die wirklich interessanten Technologien und daran anknüpfenden Produkte haben Vorlaufzeiten von mindestens 10-15 Jahren, eher mehr. Ein Manager, der alle 3 Monate Erfolge melden muss, kann sich auf solche Perspektiven nicht einlassen. Dies hat zur Folge, dass viele Firmen aufgrund dieser künstlich erzeugten Kurzatmigkeit sich selbst ‚austrocknen‘ und damit eine führende Position innerhalb von wenigen Jahren verlieren können (dann sind die entscheidenden Manager aber möglicherweise nicht mehr da oder werden mittels hoher Abfindung entlassen.). (iii.3) Eine Hochschulforschung, die mit kurzfristig orientierten Firmen zusammenarbeiten will (die viel gepriesene ‚Drittmittelforschung‘), kann dies nur dann, wenn sie sich mehr oder weniger vollständig in einen firmenspezifischen Entwicklungsprozeß einbindet, und damit in das kurzatmige Programm einer Optimierung von Bekanntem. Damit verrät sie gerade das, wodurch sie für die Gesellschaft eigentlich so wertvoll ist: den qualifizierten unabhängigen Blick in die Zukunft. Gerade in diesem ‚Vorausgehen in die Zukunft‘ wäre die Hochschulforschung wichtig für die Firmen eines Landes, aber genau das wird nicht gefördert, sondern eher die Zerstörung dieser Unabhängigkeit. (iii.4) Am Beispiel der Pharmaforschung wird noch ein anderes Problem deutlich: natürlich macht eine Pharmaforschung nur Sinn, wenn irgendwann auch tatsächlich ein reales Leiden gelindert werden kann. Vor die Wahl gestellt, ob man Medikamente entwickelt, die ‚lindern‘ statt ‚heilen‘ wird jedes Pharmaunternehmen, das nicht durch eine Konkurrenz unter Druck gesetzt wird, normalerweise das Modell ‚Lindern‘ wählen und nicht ‚Heilen‘. Mit ‚Lindern‘ kann man kontinuierlich Geld verdienen, mit ‚Heilen‘ möglicherweise nur kurzfristig. Aus Sicht der Menschen und der Gesellschaft, die ein Gesundheitssystem finanzieren muss, wäre ‚Heilung‘ besser, aber der Staat baut in diesem Bereich nahezu keine eigenen unabhängige Forschungs-Ressourcen auf um dem gegen zu steuern. Es entsteht der Eindruck, dass die Politik lieber die Menschen leiden läßt und große Summen in die Versorgung mit sekundären Arzneimitteln steckt anstatt vorbeugend und grundlegend die primären Ursachen zu bekämpfen. (iv) Was ist also mit der ‚Wahrheit‘ durch Forschung? Die Vielzahl der Faktoren, die ein ’normales‘ Forschern schwer machen — ich habe nicht alles aufgezählt — ist schon beachtlich. Gerade dort, wo die ‚Freiheit der Forschung‘ am wichtigsten wäre, wird sie — so der vorherrschende Eindruck — mehr und mehr durch Planwirtschaft ersetzt. Jetzt mag man sich fragen, warum nicht mehr Forscher in der Öffentlichkeit protestieren. Dies mag damit zu tun haben, dass ein ‚wahrer‘ Forscher jemand ist, der nur Forscher sein kann, weil er sich über viele, viele Jahre vom ‚Alltagsgeschehen‘ bis zu einem gewissen Grade abkoppelt, um sich in komplexen Dickicht von Theorien, Methoden und Experimenten zurecht zu finden. Die Forscher, die im Laufe der Jahre aufgrund des Geldvergabesystems zu ‚Forschungsmanagern‘ mutieren sind ab dem Moment keine Forscher mehr, wo sie sich hauptsächlich um ‚Geldbeschaffung‘ kümmern müssen, um Kontakte pflegen, um Gremiensitzungen, usw. Sie werden mehr und mehr zu ‚Interessenvertretern‘, die sich den Geldvergabemechanismen anpassen müssen, um Erfolg zu haben. Die Wahrheit wird damit tendenziell zur ‚Handelsware‘ (Man denke z.B. nur an die anhaltenden Diskussionen um die Klimaforschung: ist das noch Wissenschaft oder ein ‚Politzirkus‘, der um der vielen Gelder willen seine Schaustücke aufführt?) (v) Da wir alle von der Wahrheitsproduktion von Forschung abhängen, sollte es uns nicht egal sein, unter welchen Randbedingungen Forschung heute betrieben wird. Eine rundum ‚einfache‘ Lösung wird es möglicherweise nie geben. Aber weniger ‚Planwirtschaft‘ mit dem Risiko von Fehlern würde mehr dem ‚Geist‘ jenes evolutionären Prozesses entsprechen, der uns allererst hervorgebracht, ohne Chefplaner, ohne ministeriellen Vorgaben, allerdings mit einem hohen Überlebensdruck. Im evolutionären Prozeß spielen ein paar zehntausend oder gar hunderttausend Jahre keine Rolle …. geschweige denn die 3 Monate eines erfolgsgetriebenen Managers…..

SEXUALITÄT GESTERN, MORGEN, UND

Zuerst: 29.Juni 2011

Korrekturen: 20.Nov.2011

(1) Sexualität war und ist ein Kernthema unseres menschlichen Lebens; angefeindet, verherrlicht, verdammt, gepriesen, verfolgt, geehrt, Ware, Ideal, sündhaft, Sakrament, überlebensnotwendig, Konsumartikel, schmachtend, verwirrt, glühend, bezaubert, heiß, zart, aggressiv gewalttätig,… also schrecklich und schön zugleich.

Augen der Begierde 1
Augen der Begierde 1

(2) Die Erfahrung von Sexualität beginnt meistens irgendwo im Übergang von der Kindheit zur Jugend. Wenn die Wachstumsprozesse den Körper so zu verändern beginnen, dass Moleküle (Hormone) das Gehirn mehr und mehr in Form von Spannungs- und Erregungszuständen beeinflussen können. Die statistische Mehrheit der Körper hat irgendwann Empfindungszustände, die so vorher nicht da waren. Bei männlichen Körpern können diese Erregungszustände biologisch bedingt eine Intensität annehmen, die alle anderen Empfindungen gleichsam ‚übertönt‘ und damit zur ‚Qual‘ werden kann. Grundsätzlich sind sexuelle Erregungszustände an spezifische Auslöser gebunden, aber aufgrund des assoziativ-kreativen Charakters des menschlichen Gehirns kann dieses mehr und mehr alles und jedes in Verbindung zu sexuellen Erregungszuständen setzen, so dass dann gleichsam die ganze Welt nahezu permanent als Stimulus dienen kann, um spezifische sexuelle Erregungszustände zu erzeugen, die der Körper intern als ‚Belohnung‘ empfindet. Gehirne, die sich so verhalten, würde man in gewissem Sinne als ‚abnorm‘ bezeichnen, da sie es zulassen, dass die Vielfalt des Körpers und der Welt — ab einem bestimmten Punkt dann ‚zwanghaft‘ — einem einzigen internen Trieb ‚unterworfen‘ wird und damit das Gehirn seine Vermittlerfunktion für die ganze Breite des Leben immer mehr verliert; aber unser Gehirn kann sich einem einzelnen Bereich ‚dienstbar‘ machen; ’sich selbst überlassen‘ kann ein Gehirn sich in diesem Sinne ‚falsch programmieren‘. Dies zu ändern kann ab einem bestimmten Punkt nahezu unmöglich werden; letzte absolute Aussagen über das Verhalten unserer Gehirne sind allerdings — aus theoretischen Gründen — prinzipiell unmöglich.

(3) Diese körperlichen Prozesse von molekül-basierten Spannungs- und Erregungszuständen im Gehirn haben eine Empfindungsseite. Menschen erleben ihren Körper nicht ‚wie er ist‘, sondern so wie das Gehirn die Vielfalt der körperlichen Prozesse in Form von ‚bewussten Empfindungen‘ zur Verfügung stellt. Wir ‚empfinden‘ bestimmte Spannungen, wir ‚empfindenden‘ bestimmte Erregungen, wir ‚erleben‘ diese Spannungen und Erregungen als Momente einer jeweiligen Situationserfahrung ohne dass wir die dahinter liegende körperlichen (physiologischen) Prozesse selbst direkt erkennen könnten, da unser Gehirn uns diese ‚vorenthält‘ (würde das Gehirn uns die ungeheure Fülle aller körperlichen Vorgänge ‚ungefiltert‘ erfahren lassen, wir würden an dieser Komplexität möglicherweise ‚ersticken‘. Insofern ist das ‚Bewusstsein mit seiner Filterfunktion ein ungeheurer evolutionärer Fortschritt). In diesem Sinne ‚verstehen‘ wir im ersten Moment nicht, was mit uns passiert, sondern wir ‚erleben‘ diese Zustände passiv, als etwas, das uns geschieht, das uns betrifft, das uns beeinflusst. Für Kinder kann dies zu Beginn sehr wohl beunruhigend, ja möglicherweise erschreckend sein. Und jeder braucht seine Zeit (Monate, Jahre, Jahrzehnte (?)), um diese erlebbaren Zustände in geeignete Deutungs- und dann Handlungszusammenhänge einzuordnen. Als Kind und Jugendlicher übernimmt man Deutungszusammenhänge aus der Umgebung. Im Zeitalter von Massenmedien und Internet kann dies nahezu alles sein, was ein Kind so findet.

(4) Vom Standpunkt des ‚Lebens auf dem Planet Erde‘, das sich uns als komplexer Entwicklungsprozess zeigt — den wir bislang zwar noch nicht vollständig erklären können, aber doch in vielen Aspekten so umfangreich, dass wir einige interessante Mechanismen identifizieren können — stellt sich ‚Sexualität‘ als eine ‚revolutionäre Erfindung‘ dar, die dazu geführt hat, dass bei der Weitergabe der ‚Bauanleitung für neue Lebewesen‘ sich das Prinzip des ‚Mischens von Informationen‘ als für das ‚Überleben auf der Erde‘ als ‚erfolgreicher‘ erwiesen hatte als ein Verzicht auf dieses Mischungsprinzip. Da die Bauanleitung selbst (ein Molekül, die DNA, das Genom, die Erbsubstanz…) nicht lebensfähig ist, sondern nur ein Körper (ein Phänotyp), der sich anhand einer solchen Bauanleitung entwickeln kann (Wachsen, Ontogenese,….), war es wichtig, dass das Leben in der Phase der ‚agierenden Körper‘ ‚Vorsorge‘ dafür trifft, dass sich die Körper zum Zwecke der Mischung der Erbinformationen ‚finden‘ und ‚aktiv zusammenwirken‘. Die Konstruktionsaufgabe lautete: statte die Körper (Phänotypen) so aus, dass sich immer zwei so ‚attraktiv‘ finden, dass sie sich ‚angezogen‘ fühlen, dass diese Anziehung so stark ist, dass die umwelttypischen Widrigkeiten, Bedrohungen und Gefahren mit den daraus resultierenden Beunruhigungen und Ängsten diese Anziehung nicht vollständig neutralisieren können. Für diese Konstruktionsaufgabe fanden sich im Laufe der Jahrmillionen unterschiedliche Lösungsmodelle. Das Lösungsmodell beim homo sapiens — uns heute lebenden Menschen — kennen wir. Der Körper der Frau wirkt als ‚Reiz‘ (Stimulus) auf das Gehirn des Mannes, das diesen dann in solche Spannungszustände versetzt (volkstümlich: der Mann ist ‚Schwanzgesteuert‘), dass dieser sprichwörtlich tatsächlich nahezu alles vergessen kann, um seinen Trieb zu befriedigen. Diese Lösung, die viele tausend Jahre für das Überleben und die Weiterentwicklung des Lebens auf der Erde erfolgreich (in welchem Ausmaß ‚gewaltfrei‘?) war, hat durch die rasante Entwicklung der menschlichen Lebensformen heute — so scheint es — ‚Passungsprobleme‘ unterschiedlicher Art. Diese alle hier zu schildern würde zu weit führen; das Phänomen ist sehr bunt und vielschichtig (aber alleine eine Zahl wie ‚20.000 verschwundene (verschleppte?) junge Frauen im Jahr 2010‘ in einem (!) kleinen Ostblockland wäre – würde sie stimmen — ein grausamer Index für die soziale und ökonomische Realität eines schwer kontrollierbaren genetischen Merkmals bei männlichen homo sapiens Vertretern).

(5) Vom Standpunkt des Lebens auf der Erde ist eigentlich nur ein einziger Punkt interessant: das Leben in Gestalt des homo sapiens sapiens hat die Fähigkeit erlangt, die ‚Mischung von Erbinformationen‘ nicht mehr nur und ausschliesslich dem drei Milliarden Jahren alten Prinzip der Erbinformationsweitergabe zu überlassen, sondern wir können mehr und mehr eine solche Mischung nun mit speziell geschaffenen Techniken vornehmen. In dem Maße, wie der homo sapiens diese Technik so beherrschen kann, dass daraus lebensfähige Gebilde entstehen, wäre die bisherige Form von geschlechterspezifischen Körpern mit ihren komplexen Anziehungsmechanismen letztlich überflüssig. Salopp: zukünftigen geschlechtsneutralen Lebewesen könnte man auf Wunsch Pillen verabreichen, die für eine gewisse Zeit solche Spannungs- und Erregungszustände in den Gehirnen — und damit dann auch in bestimmten Körperteilen, sofern es noch welche gibt — induzieren würden, wie sie ‚damals‘ die ‚alten Menschen‘ hatten, die sich noch nicht aus dem genetischen Gefängnis befreit hatten. Vielleicht gäbe es dann nostalgische Geschichtsvereine, in denen man solche Pillen nehmen und entsprechende Filme ‚von früher‘ anschauen würde, begleitet von einem gewissen ‚Ekel‘, wie diese ‚primitiven Menschen von früher‘ sich von ihren ’sexuellen Zwängen‘ haben ‚knechten‘ lassen (speziell die Frauen würden den Zeiten von Schwangerschaft und schmerzhaften — bis hin zu gefährlichen — Geburten nicht unbedingt nachtrauern). Da bekannt ist, dass schon das ungeborene Kind während der Schwangerschaft mit dem Körper der Mutter und durch diesen mit der Umwelt ‚kommuniziert‘, würden entsprechende ‚Kommunikationsschnittstellen‘ entwickelt werden, um von Anfang an die Kommunikation eines neuen Lebewesens mit seiner Umgebung zu sichern.

(6) Durch die Tatsache, dass es ausschließlich der homo sapiens ist (bislang), der über das KnowHow und die Technik verfügt, Erbinformationen technisch gezielt mischen zu können, kann er dies nicht nur für die Erbinformationen der eigenen Art tun, sondern letztlich für alle Arten, ja, letztlich für das gesamte Phänomen des Lebens auf der Erde. Dies ist ziemlich ungeheuerlich. Es hat ca. 3.5 Milliarden Jahre gebraucht, bis das Leben eine Form annehmen konnte, die über diese Fähigkeit verfügt. Obwohl wir bis heute noch nicht wirklich völlig verstehen, wie es überhaupt zu den Anfängen des Lebens kommen konnte, verfügen wir im Prinzip über die Technologie, verändernd eingreifen zu können. Allerdings, bislang können wir — bildhaft gesprochen — nur die Buchstaben des Textes herumwirbeln, wie Kinder, die die herabgefallenen Blätter von den Bäumen herumwirbeln, wir haben nahezu keine Ahnung, wie man gezielt die möglichen Wirkungen (= Bedeutung, Semantik, Pragmatik) der Buchstabenkombinationen im Rahmen von Wachstumsprozessen ‚berechnen‘ kann. Eine ‚genetische Semantik‘ bzw. ‚genetische Pragmatik‘ steckt noch ganz in den Kinderschuhen. Doch, wie die bisherige Geschichte nahe legt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir dieses KnowHow haben werden. Wenn irgendetwas die Bezeichnung ‚historische Wende‘ verdient, dann diese Phase des Lebens auf der Erde; es ist der gewaltigste Umbruch, den es seit dem Beginn des Lebens auf der Erde gegeben hat.

Augen der Begierde 2
Augen der Begierde 2

(7) Wer bis hierher gelesen hat könnte den Einwand erheben, dass diese Sichtweise doch zu ‚biologistisch‘ sei und in keiner Weise der Tatsache Rechnung trägt, dass Menschen über den unmittelbaren ‚Trieb‘ hinaus noch andere ‚Emotionen‘, ‚Gefühle‘ in sich tragen, ‚Werte‘, die sie dazu befähigen, Interaktionen komplexe Institutionen zu realisieren, die nicht von sexuellen Motiven geprägt sind. Diesem Einwand würde ich zustimmen. In der Tat verfügt der Mensch über eine Bandbreite von Empfindungen, Emotionen, Gefühlen, Motivationen, Werten, die erstaunlich ist und die ihn zu Verhaltensweisen befähigen, die sich einem einfachen Verstehen entziehen. Während bei Tieren die Sexualität etwas Unausweichliches hat, kann der Mensch damit letztlich gestalterisch ‚umgehen‘, bis dahin, dass es Menschen gibt, die sich aus eigenen Stücken entschlossen haben, ‚Keusch‘, d.h. ‚frei von Sexualität‘, zu leben. D.h. die ‚Plastizität‘ des menschlichen Gehirns kann sowohl dazu ‚missbraucht‘ werden, immer mehr dem ‚Sexualtrieb‘ ‚zuzuarbeiten‘, als auch dazu, aus der großen Bandbreite von anderen Bedürfnissen, Stimmungen, Gefühlen, Emotionen usw. ‚Zufriedenheitskonstellationen‘ zu ‚erlernen‘, ‚einzuüben‘, die sexfrei sind oder wo die Sexualität nur ein bestimmter Teil eines größeren Zusammenhanges ist (die Pädagogen/ Therapeuten sprechen hier von der ‚Integration des Triebes‘). Diese Fähigkeiten des Menschen, ‚über‘ (trans…) konkrete Bedürfnisse hinaus Motivationen entwickeln zu können, macht den Menschen als Lebensform ‚auffällig‘, lässt ihn in einem ‚besonderen Licht‘ erscheinen, wirft zahllose Fragen auf, fasziniert. Zwischen Menschen — nicht nur zwischen Frau und Mann, sondern auch Frau und Frau, Mann und Mann — kann es Gefühlszustände geben, die sehr intensiv und nachhaltig sein können, ohne dass dies unmittelbar etwas mit Sexualität zu tun haben muss, Gefühle, die weder Geschlechts- noch Altersgrenzen kennen, die sich auch nicht durch abweichendes Aussehen beeinflussen lassen (Mir ist nicht bekannt, dass es dazu irgendwelche wirkliche Forschungsarbeiten gibt; dies sind aber Lebenserfahrungen).


Es gab eine Art Fortsetzung der Gedanken unter dem Titel SEXARBEITERiINNEN – Sind wir weiter?

Eine Übersicht über alle Blogbeiträge nach Titeln findet sich HIER.

Zwischenergebnis Juni 2011: Nochmals zur Fitnessfunktion

  1. Die Überlegungen vom 20.2.2011 ‚Jenseits des Wärmetods‘ stehen weiter im Raum. Auf mehreren Ebenen ist seitdem viel passiert. Ein ‚track‘ ist die andauernde Analyse, wie Wissen in künstlichen Systemen entstehen kann, das ’nützlich‘ ist. Ich untersuche dazu weiterhin beispielhaft und modellhaft sogenannte genetische Algorithmen (GA) und Lernende Classifier Systeme (LCS).

  2. Genetische Algorithmen ‚leben davon‘, dass es eine sogenannte ‚Fitness Funktion‘ gibt, die die Aktionen eines genetischen Systems in einer Welt ‚kommentiert‘. Ohne diese Kommentare ist ein genetisches System ‚blind‘. Solange ein genetisches System ‚lebt‘ kann es interessante Informationen über die umgebende Welt ansammeln (was tatsächlich noch von vielen wichtigen Details abhängt).

  3. Fitness Funktionen stellen aber letztlich selbst eine bestimmte Form von Wissen dar, in dem bestimmten Eigenschaften der umgebenden Welt Wertungen zugeordnet werden, anhand denen sich ein genetisches System ‚orientieren‘ kann.

  4. Im Falle ‚technischer‘ genetischer Systeme sind es die Ingenieure, die ihr Wissen in Fitnessfunktionen ‚verpacken‘ und damit genetische Systeme ermöglichen.

  5. Im Fall ’natürlicher‘ Systeme gibt es keine Ingenieure. Man muss sich fragen, wie hier eine Fitnessfunktion zustande kommt.

  6. Die primäre Fitnessfunktion ist bei natürlichen Systemen das ‚Überleben‘ einer Population (= das genetische System), deren Mitglieder genügend ‚Nachkommen‘ erzeugen, die wiederum bestehen. Dies bedeutet, im Faktum des Überlebens einer Population (die einzelnen Mitglieder sterben, aber die Population überlebt!) manifestiert sich, dass die jeweiligen Mitglieder alle diejenigen ‚Aufgaben‘, die die Welt stellt, ‚hinreichend lösen‘ konnten.

  7. Was so einfach klingt ‚eine Population überlebt‘ stellt bei näherer Betrachtung eine gedankliche Provokation ersten Ranges dar. Wenn man voraussetzt, dass es natürliche Systeme gibt, die ‚leben können‘, erscheint die Aussage ‚trivial‘. Das Problem beginnt aber vorher: wie konnte es dazu kommen, dass sich komplexe natürliche Systeme bilden konnten, ohne dass es ein Team von Ingenieuren gab, die den Molekülen gesagt haben, wie sie sich ‚anordnen‘ sollten (ganz abgesehen von der Frage, wie es zur Bildung jener Moleküle aus Atomen kommen konnte, die heute als grundlegend für die Bildung von natürlichen Systemen angesehen werden. Bislang gibt es dazu noch keine vollständige Antwort!).

  8. Wie wir heute wissen, ist schon eine einzige Zelle von extremer Komplexität. Die Komplexität der aktiven Moleküle ist mathematisch nahezu nicht ausdrückbar. Sowohl zu ihrer Bildung wie auch zu ihrem ‚Erhalt‘ benötigt es beständig Energie. Zur ‚Vererbung‘ all dieser Komplexität werden Molekülstrukturen benutzt, die nicht nur ‚Inhalte‘ kodieren, sondern auch ‚Prozesse‘, wie diese ‚Inhalte unter ‚Verwendung‘ von Molekülen ‚erzeugt werden sollen/ können. Es ist mir nicht bekannt, dass die Wissenschaft heute auch nur ansatzweise eine Vorstellung davon hat, wie es zur Ausbildung dieses komplexen Informationsweitergabelmodells kommen konnte.

  9. Bekanntlich bestehen die meisten Pflanzen und Tiere heute nicht aus einer solchen komplexen Zelle, sondern aus vielen hundert Millionen, vielen hundert Milliarden Zellen, die miteinander ‚kooperieren‘ und ‚kommunizieren‘, ohne dass irgendein Ingenieur dafür auch nur den kleinsten Finger bewegt hat bzw. bewegt.

  10. Ferner besteht das Leben auf der Erde nicht aus nur einem solchen hyperkomplexen Organismus sondern aus vielen Milliarden von ganz unterschiedlichem Zuschnitt, deren Zusammenwirken die Biosphäre ausmacht.

  11. Lernende Classifier Systeme sind einfache Modelle, wie man u.a. die Reaktion eines einzelnen Systems auf die Welt modellieren kann. WENN das System etwas Bestimmtes ‚wahrnimmt‘, DANN soll es in einer bestimmten Weise reagieren. Unter Zuhilfenahme einer Fitnessfunktion kann man auch dieses Wissen ‚dynamisch‘ gestalten und es sich ‚verändern‘ lassen entlang dem ‚Gradienten‘ zum ‚Besseren‘. Auch hier gilt –wie oben –, dass die Fitnessfunktion selbst eine Form von ‚Wissen‘ darstellt, das letztlich die Richtung der möglichen Entwicklung festlegt. Auch hier kann man wieder die Frage stellen, wo dieses Wissen herkommt.

  12. Im Fall von natürlichen Systemen wissen wir, dass diese ab einem bestimmten Punkt der Komplexität ‚intern‘ Bewertungsmechanismen ausgebildet haben, die es ihnen erlauben, bis zu einem gewissen Grad auch schon in der Zeit ‚vor dem Tod‘ erlebbare Situationen zu ’sortieren‘ in solche, die ’nützlich‘ sind und solche, die es ’nicht‘ sind.

  13. Es stellt sich die Frage, wie es möglich ist, dass natürliche Systeme ihre eigenen Strukturen in einer so markanten Weise ‚umbauen‘ können, dass die schon von Anfang an komplexe Strukturen ihre Strukturen ‚weiter ausdehnen’/ ‚erweitern‘, und zwar nicht ‚chaotisch‘, sondern so ‚geordnet‘, dass diese erweiterten Strukturen im Rahmen der gesamten Überlebensaufgabe eine ’sinnvolle Teilaufgabe‘ übernehmen können.

  14. An dieser Stelle auf die bekannten genetischen Mechanismen zu verweisen, würde genau an der eigentlichen Problemstellung vorbei gehen. Abgesehen davon, dass die Entstehung der genetischen Mechanismen selbst mehr oder weniger unklar ist geht es ja um die ‚mittels der genetischen Mechanismen‘ transportierten Informationen über potentielle Prozesse von Wachstum und Selbstorganisation.

  15. Wer jemals selbst versucht hat, künstliche formale Systeme so zu programmieren, dass diese sich in einem analogen Sinne ‚weiter entwickeln‘, und zwar ’sinnvoll‘, dem ist klar, dass die reale Vorgabe der natürlichen Systeme ‚ein Komplexitätsspiel spielt‘, für das uns bislang brauchbare Vorstellungen fehlen.

  16. (Anmerkung: die aktuell bekanntgewordene Forschungsprojekte, in denen man für viel Geld Milliarden von künstlichen Neuronen zusammenschmelzen will und dann — wie von Zauberhand — auf die Entstehung sinnvoller Strukturen hofft, erscheinen mir grotesk und lächerlich. Dass es für diese Projekte keine wirklichen Begründungen gibt, ist verständlich, machen die Projekte dadurch aber nur noch grotesker. Voodoo besitzt mehr Rationalität als diese sogenannte Forschungen.).