Archiv der Kategorie: Hilflosigkeit

STÄNDIGE WIEDERGEBURT – Jetzt. Schweigen hilft nicht …Exploration

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Email: gerd@doeben-henisch.de

28.Aug 2023 – 28.Aug 2023 (17:53h)

KONTEXT

Zum Format ‚Exploration‘ siehe [*]

Wie im vorausgehenden Blog-Eintrag geschrieben, entstand der letzte Blog-Eintrag mit dem Thema „Homo Sapiens: empirische und nachhaltig-empirische Theorien, Emotionen, und Maschinen. Eine Skizze“ [1] als Redeentwurf für die Konferenz „KI – Text und Geltung. Wie verändern KI-Textgeneratoren wissenschaftliche Diskurse?“ [2] Aufgrund des engen Zeitrahmens (20 Min für den Vortrag) war dieser Text sehr komprimiert. Trotz der Kürze enthält der komprimierte Text aber sehr viele Hinweise auf grundlegende Sachverhalte. Einer davon soll hier kurz aufgegriffen werden.

Anmerkung: Eine Englische Version dieses Beitrags findet sich unter : https://www.uffmm.org/2023/08/28/state-change-from-non-writing-to-writing-working-with-chatgpt4-in-parallel/ . Zusätzlich gibt es in der Englischen Version ein Experiment insofern als das Thema des Posts unabhängig vom ersten Post mit chatGPT4 parallel bearbeitet worden ist. Zwar lassen sich die Voraussetzungen des ursprünglichen Artikels nicht einfach auf den Dialog mit chatGPT4 übertragen, aber man kann dennoch ein gewisses Gefühl dafür entwickeln, wo einerseits die Stärken von chatGPT4 liegen, andererseits aber auch die Schwächen. Für ‚authentisches‘ Schreiben ist eine Ersetzung durch chatGPT4 keine Option, aber eine ‚Kooperation‘ zwischen ‚authentischem‘ Schreiben und chatGPT erscheint möglich und in manchen Kontexten sicher sogar fruchtbar.

Lokalisierung im Text des Vortrags

Einen ersten Hinweis findet man in dem Abschnitt überschrieben mit „ZUKUNFT UND EMOTIONEN“ sowie dann in dem Abschnitt „NACHHALTIGE EMPIRISCHE THEORIE„.

In diesen Textabschnitten wird darauf aufmerksam gemacht, dass jeder expliziten Weltsicht eine Phase des ‚Entstehens‘ dieser Weltsicht vorausgeht, in der es einen charakteristischen ‚Übergang‘ gibt zwischen dem ‚Ergebnis‘ in Form eines möglichen Textes und einem vorausgehenden Zustand, in dem dieser Text noch nicht ‚da‘ ist. Natürlich gibt es in dieser ‚Vor-Text-Phase‘ — entsprechend den Annahmen im Abschnitt „BEDEUTUNG“ — viele Wissenstatbestände und Emotionen im ‚Gehirn des Autors‘, die allesamt ’nicht bewusst‘ sind, von denen aber die möglichen Auswirkungen in Form eines Textes ausgehen. Wie genau von diesem ‚vor-bewussten‘ Wissen und den Emotionen ‚Wirkung‘ ausgehen soll, ist weitgehend unklar.

Aus dem Alltag wissen wir, dass externe Ereignisse ‚Wahrnehmungen‘ auslösen können, die wiederum als ‚Auslöser‘ die unterschiedlichsten Reaktionen ‚anregen‘ können. Sieht man von solchen Reaktionen ab, die aufgrund häufiger Praxis in unserem Gehirn ‚vorgespurt‘ sind und die dann fast immer ‚automatisch‘ hervorgerufen werden, ist es in der Regel kaum voraussagbar, ob und wie wir reagieren.

Vom Nicht-Handeln zum Handeln

Dieser potentielle Übergang vom Nicht-Handeln zum Handeln ist im Alltag allgegenwärtig. Als solcher fällt er uns normalerweise nicht auf. In besonderen Situationen, dort, wo wir explizit zu Entscheidungen herausgefordert werden, befinden wir uns dann aber plötzlich in einem quasi ‚undefiniertem Zustand‘: die Situation erscheint uns so, als ob wir uns entscheiden sollen. Sollen wir überhaupt etwas tun (etwas Essen oder nicht)? Welche Option ist wichtiger (Zur geplanten Sitzung hingehen oder doch lieber eine bestimmte Aufgabe zu Ende bringen)? Wir wollen einen Plan umsetzen, aber welche der vielen Optionen sollen wir ‚auswählen‘ (… es gibt mindestens drei Alternativen; alle haben Pros und Cons)? Die Entscheidung für eine als hoch favorisierte Option würde erhebliche Änderungen in der eigenen Lebenssituation mit sich bringen; will ich dies wirklich? Wäre es dies wert? Die Art der Herausforderungen ist so vielfältig wie das alltägliche Leben in den unterschiedlichsten Bereichen.

Was ist wichtig, wichtiger?

Sobald vor dem ‚geistigen Auge‘ eine oder mehr als eine Option möglich erscheint, fragt man sich unwillkürlich, wie ‚ernst‘ soll man die Optionen nehmen? Gibt es Argumente dafür oder dagegen? Sind die Gründe ‚glaubwürdig‘? Welche ‚Risiken‘ verbinden sich damit? Was kann ich als ‚positiven Mehrwert‘ erwarten? Welche Veränderungen für meine ‚persönliche Situation‘ sind damit verbunden? Was bedeutet dies für mein ‚Umfeld‘? …

Was mache ich, wenn die ‚erkennbaren‘ (‚rationalen‘) Optionen kein klares Resultat liefern, es meinem ‚Lebensgefühl‘, ‚mir‘, ‚widerspricht‘ und ich es ’spontan‘ ablehne, es spontan ’nicht will‘, es diverse ’starke Gefühle‘ auslöst, die mich möglicherweise ‚überwältigen‘ (Wut, Angst, Enttäuschung, Trauer, …)? …

Der Übergang vom Nicht-Handeln zum Handeln kann eine Vielzahl von ‚rationalen‘ und ‚emotionalen‘ Aspekten ‚aktivieren‘, die sich gegenseitig beeinflussen können — und meistens tatsächlich beeinflussen –, bis dahin, dass man in einem ‚Knäuel‘ von Überlegungen und Emotionen verstrickt eine ‚Hilflosigkeit‘ erlebt: man hat das Gefühl, dass man ‚festhängt‘, eine ‚klare Lösung‘ erscheint fern. …

Falls man ‚abwarten‘ kann (Stunden, Tage, Wochen, …) und/oder man die Gelegenheit hat, mit anderen Menschen darüber zu sprechen, dann kann dies oft — nicht immer — die Situation soweit klären, dass man zu wissen meint, was man ‚jetzt will‘. Doch solche ‚Klärungen‘ schaffen in der Regel die ‚Herausforderung einer ‚Entscheidung‘ nicht aus dem Weg. Außerdem ist die ‚Flucht‘ in das ‚Verdrängen‘ der Situation immer eine Option; manchmal hilft es; wenn es nicht hilft, dann wird durch das ‚Verdrängen‘ die ‚alltägliche‘ Situation schlimmer, ganz abgesehen davon, dass ‚ungelöste Problemstellungen‘ ja nicht ‚verschwinden‘, sondern ‚im Innern‘ weiter leben und dort auf vielfache Weise ’spezielle Wirkungen‘ entfalten können, die sehr ‚destruktiv‘ sind.

Wiedergeburt?

Die Vielfalt der möglichen — emotionalen wie rationalen — Aspekte des Übergangs vom Nicht-Handeln zum Handeln sind faszinierend, aber möglicherweise noch faszinierender ist der grundsätzliche Vorgang selbst: zu jedem Zeitpunkt lebt jeder Mensch in einer bestimmten Alltags-Situation mit einer Vielzahl von schon gemachten Erfahrungen, eine Mischung von ‚rationalen Erklärungen‘ und ‚emotionalen Zuständen‘. Und, je nach Beschaffenheit des Alltags, kann man sich ‚dahin treiben lassen‘ oder man muss täglich ‚anstrengende Tätigkeiten‘ wahrnehmen, um die Situation des Alltags zu erhalten; in anderen Fällen muss beständig real um den Fortbestand im Alltag ‚kämpfen‘. Man erfährt hierin dass die ‚Gegebenheiten des Alltags‘ dem einzelnen weitgehend vorgegeben sind und man kann diese nur begrenzt und mit einem entsprechenden ‚Aufwand‘ ändern.

Externe Ereignisse (Feuer, Wasser, Gewalt, Krieg, Dürre, Unfall, Lebensformen einer Community, Arbeitsplatz, Firmenpolitik,Krankheiten, Altern, …) können natürlich ‚gegen den eigenen Willen‘ den persönlichen Alltag stark beeinflussen, aber letztlich bleibt eine grundlegende Autonomie des Entscheidens im einzelnen erhalten: man kann im nächsten Moment anders entscheiden als bisher, auch ohne dass einem in diesem Moment selbst ganz klar ist, ‚warum‘ man es tut. Ob man dieses ‚Nicht-Erklären-Können‘ dann ‚Bauchgefühl‘ nennt oder ‚Intuition‘ oder … alle diese Worte umschreiben nur ein ‚Nicht-Wissen‘ über die Prozesse ‚in uns‘, die stattfinden, und uns ‚motivieren‘. Und selbst wenn man eine ’sprachliche Erklärung‘ verfügbar hat, muss dies nicht bedeuten, das sich mit diesen Worten auch eine ‚klare Einsicht‘ verbindet. Der Anteil der ‚vorbewussten/ unbewussten‘ ‚inneren Prozesse‘ ist hoch und letztlich sind diese nicht ‚aus sich heraus‘ erklärbar: sie finden statt, bewegen uns, und wir ’setzen sie um‘.

Ja, in jedem Moment können wir uns ‚wie gewohnt‘ verhalten und darin die Welt ‚erhalten‘ (oder dadurch daran hindern, anders zu werden?). Wir können aber auch mal vom Gewohnten ‚abweichen‘ (und dadurch etwas ‚zerstören‘ oder etwas ‚Neues ermöglichen?). Insgesamt bleibt der ‚Raum des Inneren‘ dabei weitgehend ‚unerhellt‘. Wir verstehen kaum bis gar nicht, warum wir dies tun; dies verlangt Vertrauen in uns und die Situation. Ist der Unterschied zur ‚ursprünglichen Geburt‘ nur graduell? Befinden wir uns in einem anhaltenden Geburtsprozess der beständig den Aufbau von etwas ‚Neuem‘ ermöglicht, ‚Leben‘ unterstützen kann oder auch ’schwächen‘?

ANMERKUNGEN

[*] Das Format ‚Exploration‘ wird ab jetzt in dem Blog neu eingeführt, da es vielfach die Situation gibt, dass der Autor an der Übergangsstelle von ‚Nicht-Handeln zu Handeln‘, von ‚Nicht-Schreiben zu Schreiben‘ ausprobiert, welche emotionalen und rationalen ‚Reaktionen‘ aus dem ‚Inneren‘ für eine bestimmte Frage/ eine bestimmte Idee ’spontan‘ verfügbar sind. Dies ist zu unterscheiden von einer ’systematischen Ausarbeitung‘ eines Gedankens, obgleich der Einfluss des ‚Inneren‘ natürlich nie ganz ausgeklammert werden. Der ‚Unterschied‘ zwischen ‚explorativem‘ und ’systematischem‘ Schreiben habt darauf ab, dass beim systematischen Schreiben versucht wird, die ‚rationale Dimension‘ des Gedankens in den Vordergrund zu stellen.

[1] https://www.cognitiveagent.org/2023/08/24/homo-sapiens-empirische-und-nachhaltig-empirische-theorien-emotionen-und-maschinen-eine-skizze/ .

[2] https://zevedi.de/themen/ki-text/

DER AUTOR

Einen Überblick über alle Beiträge von Autor cagent nach Titeln findet sich HIER.

PLANET DER AFFEN: SURVIVAL – Nahe an einer Bankrotterklärung? – Andere Sichten

Übersicht

Eigentlich nur ein Film, aber wenn man den aktuellen kulturellen Kontext bedenkt, vielschichtig, nicht nur negativ. (Anmerkung: der englische Titel des Films lautet: War for the Planet of the Apes)

I. DIE GESCHICHTE

1) Wie man in Wikipedia-DE nachlesen kann gründet die dreiteilige Verfilmung auf einem Roman, dessen Ausgangsszenario darin besteht, dass ein an Affen getestetes virales Medikament gegen Alzheimer diese so intelligent gemacht hatte, dass sie ausbrechen und ihre eigene Zivilisation gründen konnten. Unter Menschen führte das Medikament zu der meist tödlich verlaufenden ’Affengrippe’, die hoch ansteckend war und die sich rasant verbreitete.

2) Mikrobiologisch ist dieser Plot in seiner spezifischen Doppelwirkung ziemlich unsinnig, aber er liefert ein interessantes Szenario, um Menschheit und veränderte Tierwelt in ungewöhnlichen Konstellationen zu konfrontieren.

3) Im dritten Teil gibt es nur noch wenige Menschen, die als zwei verfeindete Militäreinheiten vorkommen. Die eine Einheit genannt Alpha-Omega, die die Affen bekämpft und auszurotten versucht, die andere, die lange Zeit nur in Anspielungen auftaucht, in Andeutungen, die möglicherweise die Alpha-Omega Einheit besiegen will.

4) Die Darstellung der Soldaten selbst mit all ihren Waffen kommt sehr realistisch daher (sogar als 3D-Ereignis), ist aber in nahezu jeder Hinsicht bizarr unrealistisch.

5) Dazu gibt es als Gegenspieler die intelligenten Affen unter ihrem legendären Anführer Cäsar. Diese werden im Kontrast zu den rein militärischen Menschen als ein soziales Gebilde dargestellt mit Jung und Alt, Frauen und Männer, mit normalem gesellschaftlichen Leben, und manifestieren darin das, was man von menschlichen Gesellschaften her kennen kann (nicht muss, da es in den aktuellen menschlichen Gesellschaftsformen viele soziale Formen gibt, die kaum noch ’traditionelle’ Muster erkennen lassen).

6) Das Verhältnis zwischen den Soldaten-Menschen und den intelligenten Affen ist aus der Vergangenheit heraus sehr belastet, kommt aber im dritten Teil immer nur indirekt vor (Andeutungen, Erinnerungen, Handlungsreflexe…). Und damit der Zuschauer gleich weiß, wo hier die Guten und Bösen sind, beginnt der dritte Teil mit einem Überraschungsangriff auf das Lager der Affen. Während der Anführer der Affen, Cäsar, nach dem Sieg einige Gefangene wieder großzügig ziehen lässt mit der Hoffnung auf Besinnung, folgt ziemlich bald der nächste Überraschungsangriff als Kommandounternehmen, durch das Cäsar Frau und Sohn verliert.

7) Dies führt zu einer Expedition von Cäsar und wenigen Getreuen, die letztlich zur Entdeckung des Hauptlagers der Alpha-Omega Einheit führt, die dort eine Art Affen-Konzentrationlager betreiben. Wofür die Arbeit der Affen gut sein soll, erschließt sich nicht wirklich. Das Konzentrationslager mit seinen grausamen Methoden liefert allerdings genügend Anlässe, um die Emotionen gegen die Soldaten-Menschen und für die fühlenden intelligenten Affen weiter anzufachen.

8) Wie in jedem klassischen Schurkenstück gibt es aber ein Happy-End für die Unterdrückten. In einem Endgefecht greifen die bis dahin nur in Zitaten existierenden anderen Soldaten-Menschen die Einheit Alpha-Omega an und können diese (mit Unterstützung der Affen) vollständig vernichten (Feuer, Explosionen, das große Inferno). Als die Sieger plötzlich Cäsar entdecken, der sich noch in der Nähe des Lagers befindet, und sie auf ihn schießen wollen, donnert eine gigantische Schneelawine aus den Bergen ins Tal herab und begräbt das Lager mit allen Soldaten-Menschen unter sich.

9) Nachdem sich der Schneestaub verzogen hat sieht man in den Baumkronen der stehen gebliebenen Bäumen überall die Affen, die zuvor hatten fliehen können. Der Film endet in wunderschönen Naturbildern, die Affen habenüberlebt, und Cäsar stirbt friedlich als großer Retter seiner Volkes.

II. ALS WAHRNEHMUNGSERLEBNIS

1) Der Film kommt als 3D-Film daher. Die im Kino erhältlichen 3D-Brillen vermitteln weitgehend 3D-Eindrücke, allerdings nicht wirklich perfekt. Irgendwo ist diese ganze 3D-Idee auch unsinnig: das menschliche Gehirn wurde im Laufe von Millionen von Jahren darauf ausgelegt, aus den 2D-Pixeln der Netzhaut 3D-Asichten einer Welt zu generieren. Dies macht das Gehirn so perfekt, dass jeder Mensch spontan immer eine räumliche Welt sieht, obgleich die Netzhaut nur Lichtpunkte einer 2D-Oberfläche besitzt, dazu noch auf den Kopf gestellt, auf zwei Augen verteilt, mit unterschiedlichen Schärferegionen. Niemand nimmt aber diese Netzhautwirklichkeit wahr; jeder sieht eine perfekte 3D-Welt. Und das Gehirn ist trainiert, aus 2D-Bildern und Filmen ein 3D-Erlebnis zu machen; im Falle von Bildern ’weiß’ dann jeder auch, dass es ’Bilder’ sind und noch nicht die ’reale Welt’. Vielfach eine sehr nützliche Information.

2) Wohltuend in der Wahrnehmung dieses Films war die gewollte Dauer von vielen Einstellungen; das Verweilen in Situationen, länger als in vielen neuen Filmen üblich. Als Zuschauer hatte man Zeit zum ’Verarbeiten’, zum ’Fühlen’, zum ’denkenden Sehen’.

III. KULTURELLE VOREINSTELLUNGEN

1) Man kann den Film nach kurzer Betrachtung wieder vergessen, wie es so viele Filme gibt, die heute über die Leinwand und den Computerbildschirm rauschen, das Gemüt ein wenig kitzeln, das Gehirn ein wenig in Richtung Markenfixierung programmieren, und im Rausch der bunten Bilder die Alltagsbilder vergessen machen.

2) Man kann den Film aber auch zum Anlass nehmen, ein wenig darüber nachzudenken, welche Botschaften er aussendet, direkte Botschaften, aber auch indirekte Botschaften.

3) Die direkten Botschaften sind eher langweilig, konventionell und erschöpfen sich weitgehend im zuvor geschilderten Plot.

4) Die indirekten Botschaften sind eher interessant.

5) Bedenkt man, dass die meisten Menschen heute ihre Welt aus einer Alltagsperspektive erleben, in der sie selbst kaum noch brauchbares Weltwissen besitzen: Täglich vollgedröhnt mit fragmentierten Nachrichten, einer Fülle von Marketing-Informationen über mehr oder weniger sinnlose Produkte, einer spezialisierten – oft sinnfreien – Arbeitswelt, einem gestressten Alltag, einer erlebnisorientierten Freizeitwelt ohne weiterführende Kontexte, ein Menschenbild, das zwischen blassen Erinnerungen einer religiös eingefärbten Humanität (selbst das bei vielen nicht mehr), und Fragmenten wissenschaftlicher Erkenntnisse, die keinerlei schlüssiges Gesamtbild liefern, …. dann kann man den Film auch sehen als ein Ausdruck eben dieses Verlustes an einer grundlegenden und umfassenden Perspektive.

6) Im Film erscheinen die Menschen nur noch als verzerrte, gefühllose Wesen, umfassend zerstörerisch, nichts aufbauend, blind für das wahre Leben. Und die einzige Quelle von Hoffnung sind jene Lebewesen, die wir bislang als ’Tiere’ kennen, die wir als Menschen (obgleich selbst biologisch Tiere) vielfach brutal ausrotten oder nur zum Verzehr unter unwürdigsten Bedingungen züchten. Und die Hoffnung auf eine Zukunft des Lebens wird in diese Tiere, in diese Affen, projiziert, in Gestalt einer genetischen Veränderung, die dann quasi automatisch, über Nacht, zu einem psychologischen Profil führt, das Affen ermöglicht, intelligent, gefühlvoll, sozial miteinander und der Natur umzugehen.

IV. DAS WAHRE DRAMA

Vieles an dem zuvor angesprochenen Klischee ist richtig und die Umsetzung dieses Klischees in die Handlung des Films hat eine gewisse Logik und Folgerichtigkeit. Dennoch kann – und muss? – man die Frage stellen, ob es die ’richtige’ Folgerung ist.

A. Künstlerisch

1) Bei künstlerischen Ereignissen – und Filme werten wir schon noch als Kunst, bei allem realem Kommerz – sollte man eigentlich die Frage nach der ’Richtigkeit’ nicht stellen, da Kunst sich ja gerade über einen spielerisch-kreativen Umgang mit der Wirklichkeit definiert und uns darin, möglicherweise, Aspekte unserer Wirklichkeit sichtbar machen kann, die uns anregen können, das Leben ’besser’ zu verstehen.

2) Und doch, selbst im Spielerisch-Kreativen der Kunst kann und muss man die Frage erlauben, ob es irgendetwas zeigt, sichtbar, erlebbar macht, was uns weiter führen könnte, ansonsten verliert auch die Kunst ihre Lebensfunktion.

B. Wissen

1) Und hier spielt jetzt das ’Wissen’ eine wichtige Rolle. Wissen ist jener spezielle Zustand im Gehirn eines Menschen, in dem die erlebten und denkbaren Aspekte unserer Welt sich zu Mustern, Bildern, Modellen zusammenfinden können, die Zusammenhänge sichtbar machen, Abläufe, mögliche Entwicklungen. Im ’Lichte unseres Wissens’ können wir dann – nicht notwendigerweise – unsere aktuellen Alltagseindrücke einordnen, relativieren, gewichten, und Zusammenhänge sichtbar machen, die uns weiterführende Bewertungen und dann Handlungen ermöglichen.

2) Und es sind gerade die vielfältigen Erkenntnisse aus den Wissenschaften der letzten 10-20 Jahren, die ein Bild des Universums, unseres Sonnensystems, des biologischen Lebens samt seiner kulturellen Ausprägungen ermöglicht haben, die den Menschen (uns selbst als homo sapiens) im Kontext des gesamten biologischen Lebens völlig neu betrachten lassen.

C. Leben und seine Grenzen

1) Vor diesem möglichen Gesamthintergrund (viele Beiträge in diesem Blog haben versucht, Teile davon zu artikulieren) werden mindestens zwei Botschaften sichtbar: das eine ist eine vertiefte Sicht auf die ungeheuerlich komplexen Zusammenhänge des biologischen Lebens, das als das größte Wunder im bekannten Universum bezeichnet werden muss. Das andere ist die Erfahrung der Letzten paar tausend Jahre, speziell auch der letzten 100 Jahre, dass wir Menschen zwar einerseits eine immer komplexere Welt schaffen konnten, dass wir aber mit unseren individuellen Körpern (Gehirn, Gefühlen, Denkfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, soziale Interaktionen, Vorausschau,…) an Grenzen angekommen sind, um mit dieser komplexen Welt weiterhin konstruktiv positiv, nachhaltig umzugehen.

2) Ein klein wenig können wir mittlerweile eine ganz neue, fantastische Welt erahnen und fühlen, aber zugleich erleben wir konkrete Grenzen, Endlichkeiten, Bedürfnis-Gefühls-Chaos, destruktive Kräfte, die uns daran hindern, die ganz neue Vision voll zu verstehen, sie voll im Alltag umzusetzen.

3) Diese Hilflosigkeit empfinden viele stark, bis hin zur Ohnmacht. Für die große Mehrheit der Menschheit gibt es kaum wirksame Mechanismen der konstruktiven Verarbeitung; für den Rest erscheinen die Mittel auch schwach, zu schwach?

4) Und in dieser Situation gibt es einen gewissen Trend, selbst in den Wissenschaften (!), die Sache des Menschen als hoffnungslos einzustufen. Die einen schreiben Bücher über die Welt nach dem Aussterben des homo sapiens, die anderen ergehen sich in filmische Untergangsszenarien, andere werfen ihren ganzen Glauben auf die kommenden (super-)intelligenten Maschinen, die all das richten können sollen, was wir Menschen bislang anscheinend nicht können. Wieder andere suchen ihr Heil in populistisch-autoritären

Bewegungen, die kurzfristig einzelnen Gruppen Vorteile verschaffen sollen auf Kosten aller anderen.

D. Leben als Vision

1) Was aber not täte, das wäre das ruhige, besonnene, sachliche Aufsammeln aller Fakten, die nüchterne Analyse der bislang bekannten Prozesse, um damit – vielleicht – ein neues, breiteres Bild der Ereignisse gewinnen zu können. Ein zentrales Thema ist dabei die Einsicht, dass man die lange bestehende Abgrenzung zwischen einer Welt da draußen’ (Physik, Chemie ..), der Welt der Zellen (Biologie, Mikrobiologie, Genetik…), dem inneren Erleben (Phänomenologie, Spiritualität,…), dem Sozialen (zwischen Menschen, aber auch zwischen Menschen und Umwelt) beendet, und begreift, dass dies alles eine Einheit bildet, und dass der Mensch als homo sapiens nur verstehbar ist, als Teil (!) des gesamten biologischen Lebens, mit all der weitreichenden Verantwortung, die dem Menschen dadurch für das Gesamte erwächst. Dass intelligente Maschinen dem Menschen dabei helfen könnten, die wachsende Komplexität zu managen, liegt nahe und ist als Teil der biologischen Evolution verstehbar, allerdings eben nicht als Anti-Bewegung gegen den Menschen und das übrige Leben sondern als konstruktives Moment am Gesamtphänomen Leben!

2) Es ist sicher kein Zufall in der Evolution des Lebens, dass der Übergang von den ersten Zellen zu kooperativen Zellverbänden fast 2 Milliarden Jahre gebraucht hat (bei einer bisherigen Gesamtdauer der biologischen Evolution von 3.5 Milliarden Jahren). Die Integration vieler komplexer Einheiten auf einer noch höheren Integrationsstufe ist immer eine Herausforderung. Dass es überhaupt soweit kommen konnte, dass sich das Leben im Universum durch den homo sapiens gleichsam ’selbst anschauen’ kann und darin ’seine eigene Zukunft vorwegnehmen’ kann, ist ein bis heute schwer fassbares Phänomen. Was ansteht, ist eine konstruktive Integration von biologischem Leben als Ganzem inklusive dem homo sapiens inklusive der biologisch ermöglichten Kultur (inklusive Technologie) als Phänomen IM physikalischen Universum, als TEIL des physikalischen Universums, als jenes Moments, das sämtliche bekannten physikalischen Gesetze nachhaltig beeinflussen kann. Wenn wir irgendetwas über das physikalische Universum gelernt haben, dann dieses, dass es keine festen, starren ’Naturgesetze’ gibt. Die Physik ist ganz am Anfang, dies zu verstehen, und es wäre sicher nicht uninteressant, Physik und Biologie ein bisschen mehr zu verzahnen; die Physik könnte eine Menge lernen.

V. KONTEXTE

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