Archiv der Kategorie: jüdisch-christlich

WEIHNACHTEN – ALS MANTRA – PACKEN WIR ES NEU AN?

Journal: Philosophie Jetzt – Menschenbild
ISSN 2365-5062
URL: cognitiveagent.org
Email: info@cognitiveagent.org
Autor: Gerd Doeben-Henisch
Email: gerd@doeben-henisch.de

Sa 25.Dezember 2019

Audioversion des Textes. Gesprochen von AH, ‚radically unplugged, direkt gesprochen.

KONTEXT

Na ja, wir haben wieder einmal ‚Weihnachten‘: Feiertage, Erinnerungen, Liturgien, Kauf- und Geschenkorgien, viel Essen, viel Süßes, viel Alkohol, Weihnachtsmusik, Weihnachtslieder, Weihnachtsandachten, Weihnachtsmärkte, Weihnachtsdekorationen, so etwas wie einen Weihnachtslook, Weihnachtsbäume mit entsprechendem Schmuck, Weihnachtsessen — mit einem erhöhten Todesfallaufkommen für bestimmte Tierarten –, Weihnachtsfilme mit besonderem Inhalten (Menschen ändern sich, Wunder werden wahr, …) … Dies, und noch viel mehr geschieht, findet statt, ereignet sich, wenn wir von ‚Weihnachten‘ reden.

MANTRA

Seitdem auch Europa immer mehr weiß von asiatischen — speziell buddhistischen — Traditionen und immer weniger von den jüdisch-christlichen Traditionen, die Europa 2500 Jahre tief geprägt haben, wissen viele irgendwie, was ein Mantra ist: ein Bild, ein Wort, ein kurzer Text, eine Art meditativer Gesang, das alles geeignet sein soll, sich selbst als Mensch eine Art Ruhepunkt zu verschaffen, dem man sich zuwenden kann, um das viele andere, das um einen herum und in einem ‚anklopft‘, ‚um Aufmerksamkeit heischt‘, abzuschwächen, um damit besser zur Ruhe zu kommen. Einige sehen in einem Mantra auch noch mehr: den Lauf der Gedanken quasi zu ‚lähmen‘, indem man das Mandra als gedanklichen Widerspruch konzipiert, oder anders, wenn man das Mantra mit einer Art ‚Bedeutungs-Aura‘ versieht, die auf Gedanken, Bilder, Motive, Erfahrungen hinweist, die uns innerlich ‚positiv beeinflussen‘ sollen.

LITURGIE-RITUALE

In der jüdisch-christlichen Tradition gab — und gibt — es solche Mantra-Praktiken auch. Alle Gottesdienste sind geprägt von bestimmten Formen und Symbolen, die in ihrer regelmäßigen Wiederkehr Haltepunkte für das Erleben schaffen sollten, symbolische Fixpunkte setzen, die Gedanken sammeln, Inhalte anregen, assoziieren, Inhalte, die ‚positiv einstimmen‘ sollen. Gebetsketten — wie im späteren Islam! — waren absoluter Standard, Andachtsbilder, Andachtstexte (Gebete, Psalmen, …), Andachtssymbole, spirituelle Lieder, Chorgesänge, liturgische Kleidung, Ruhezeiten, Einkehrtage, Geistliche Übungen,…. wenn man mit den Augen der vergleichenden Religionswissenschaft schaut, gibt es strukturelle Ähnlichkeiten zwischen allen großen Religionen, weil der Mensch in allen Religionen der gleiche ist. Statt aber diese Gemeinsamkeit zu sehen, heraus zu arbeiten, daran gemeinsam zu arbeiten, gefallen sich die bekannen Religionen eher darin, die Unterschiede zu betonen, das Besondere …Was zu einem Stillstand führt, zur Erstarrung, zur Unbeweglichekit, zu Denkverboten …

WEIHNACHTEN ALS MANTRA

Das Weihnachtsfest als wiederkehrendes Ereignis hat sich von seinen religiösen Wurzeln stark abgelöst: es findet mittlerweile auch dort statt, wo die ‚angeborene Kultur‘ eigentlich nichts mit Weihnachtern zu tun hatte; es findet in ursprünlich jüdisch-christlichen Kulturräumen statt mit immer weniger Bezug zum eigentlich religiösen Thema. Auch wenn man vielleicht nicht mehr ‚offiziell religiös‘ ist, offiziell keiner Kirche mehr angehört, oder doch formal angehört aber nicht mehr wirklich ‚praktiziert‘: kirchliche Weihnachtsfeiern ‚kommen an‘, rühren an das Gemüt. Während man das Krippenspiel den Kindern überlässt, widmen sich die Erwachsenen dem Thema ‚Menschlichkeit‘ in einem meist sterilen Weltkontext, man hört die Musik gerne, man genießt die Gemeinschaft, die für einen Moment entsteht; ein Hauch von ‚etwas anderem‘, nach dem man sich vielleicht sehnt, von dem man aber nicht so recht weiß, wie man es nennen, wie man es praktizieren soll.

BLICKPUNKTE – WIE MAN SCHAUT

Von der Philosophie und den modernen Wissenschaften können wir lernen, dass ein ‚Phänomen‘ — also etwas, was sich uns darbietet — in seiner ‚Bedeutung für uns‘ entscheidend davon abhängig ist, in welche ‚Beziehung‘, in welchen ‚Kontext‘ wir es einordnen. Ein Phänomen als solches hat keinen Kontext ‚aus sich heraus‘; Kontexte entstehen immer nur in unserer Wahrnehmung, in unserem Denken, aufgrund unserer bisherigen Erfahrung. Jemand, der immer nur in einer Wüste gelebt hat, wird in einem Dschungel lange Zeit ein Problem haben, ebenso auf dem Meer, in der Tundra, im ewigen Eis, und umgekehrt. Ein geborener Landmensch wird mit einer Stadtumgebung zunächst nicht klar kommen, wie umgekehrt ein geborener Städter auf dem Land Probleme haben wird. Ein Deutscher kann an der chinesischen Sprache verzweifeln, ein Chinese am Englischen, Ein US-Amerikaner am Russischen, ein Russe am Arabischen , … Beziehungen, Kontexte, Bedeutungswelten müssen mühsam gelernt werden, und das, was man gelernt hat, das ‚hat man‘, wie so schön gesagt wird; aber — das wird nicht so oft gesagt –, das Gelernte ‚hat auch uns‘! Was immer wir sehen, hören, schmecken …. spontan schlägt das bisher Gelernte zu und bevor wir irgend einen neuen Gedanken fassen können, sagt uns die Erfahrung, wie sie das sieht, was wir gerade sehen. Unsere Erfahrung ‚Legt uns die Biler und Wort in den Mund‘, wie wir etwas sehen sollten. Vielfach ist dies wunderbar, weil wir sonst Handlungsunfähig würden. Manchmal ist dies aber ganz und gar ungut, da wir Abweichungen, Neues aufgrund dieser Automatismen nicht wahrnehmen und — noch schlimmer — zu falschen Einschätzungen kommen können, die uns zu falschem Verhalten anstiften können — was wir aber nicht merken. Wir glauben sogar — meistens — das Richtige zu tun, ganz toll zu sein.

GEWOHNHEITEN ÜBERWINDEN

Wir Menschen haben gelernt — vielleicht noch nicht alle, was sich ändern kann –, dass man einen ‚Blinden Fleck‘ in seiner eigenen Weltsicht am schnellsten erkennen kann, wenn man sich der Meinung anderer Menschen aussetzt, möglichst solchen, die ‚verschieden‘ sind von einem selbst. Dazu reichen bisweilen Besuche bei anderen, Reisen in anderer Gegenden, oder — sehr intensiv — das Arbeiten in einem interdisziplinären Team! Interdisziplinäre Teams bringen Menschen mit garantiert unterschiedlichen Ausbildungen, Erfahrungen, und Vorgehensweisen zusammen. Und da Teams in der Regel ein gemeinsames Problem lösen sollen, können sich die Mitglieder nicht einfach voreinander verstecken, sondern sie müssen ‚ihre Karten auf den Tisch legen‘. Und wenn sich hier Unterschiede zeigen — was normal ist –, dann müssen sie sich mit diesen Unterschieden auseinander setzen. Dies kann schwierig sein, schmerzhaft werden, Unruhe bringen, Emotionen auslösen … das aber ist genau der Stoff, aus dem neue Erkenntnisse erwachsen können, vorausgesetzt, man hat gelernt, dass man sein eigenes Weltbild aufgrund von nachvollziehbaren Gründen, verändern kann (die Tatsache, dass viele Projekte scheitern, weil genau diese Verständigung nicht funktioniert, kann ein Indikator dafür sein, dass wir Menschen genau hierin eine Schwachstelle haben).

JÜDISCH-CHRISTLICHE GEWOHNHEITEN ÜBERWINDEN?

Wissenschaftliche Überzeugungen, kulturelle Muster, religiöse Überzeugungen … sie haben alle gemeinsam, dass man sich ein Geflecht von Verhaltensweisen und Blickweisen angeeignet hat, die einem in seinem Tun leiten.

Während es im Bereich Wissenschaft zumindest grundsätzlich Mechanismen gibt, die dafür sorgen sollen, dass man seine wissenschaftlichen Überzeugungen immer wieder qualifiziert überprüfen lässt und selbst überprüft (auch wenn die Geschichte zeigt, dass die Wissenschaft nicht immun ist gegen falsche Hypothesen und Manipulationen aus nicht-wissenschaftkichen Motiven heraus), ist dies bei kulturellen oder gar religiösen Überzeugungen schwer bis unmöglich. Ein sehr krasser Fall sind sogenannte Offenbarungsreligionen, speziell die christlchen Kirchen, und hier die katholische und orthodoxe Kirche(n).

Obwohl man einerseits einen sehr hohen, ja geradezu absoluten, Wahrheitsanspruch hat, sind alle typischen Mechanismen der Überprüng ausgespart worden. Im Fall der katholischen Kirche hat man den ‚Offenbarungsprozess‘, der an die historische Person Jesu geknüpft war, mit seinem Tod als für ‚beendet‘ erklärt, und dann die ‚Verwaltung dieser Wahrheiten‘ im Laufe der Jahrhunderte ausschliesslich an einen einzelnen Menschen gebunden, und zwar an jenen, der die ‚Rolle des Papstes‘ innehat. Dieser Vorgang widerspricht allen Erkenntnissen, die die Menschheit bislang über Prozesse der Erfahrung, des Wissens usw. sammeln konnte, und die Geschichte der Institution Kaholische Kirche ist eine schier unfassbare Geschichte von Verbrechen, Missbrauch, Ausbeutung, Unterdrückung, und falschen Weltbildern. Und in den letzten Jahrzehnten, in denen die Katholische Kirche auch in sogenannten demokratischen Gesellschaften existiert, und neben der massiven Benachteiligung von Frauen mit zahlreiche Missbrauchsfälle mit vielen tausend vor allem jungen Menschen in vielen Ländern aufgefallen ist (von anderen Ländern sind durch persönliche Berichte ähnliche Missbrauchsfälle in großem Maßstab bekannt; sie werden aber bislang ‚unter der Decke‘ gehalten), hat sich gezeigt, dass dieses absurde Machtmonopol beim Papst und seiner Verwaltungsorganisation, der Kurie in Rom, bisher alles getan hat, um die Dinge zu vertuschen, klein zu halten, statt aufzuklären, zu heilen. Diese Unfähigkeit zur ‚Selbstheilung‘ erstreckt sich auch auf die eigentliche Glaubenslehre. Obwohl seit gut 150 Jahren eine große Zahl von exzellenten Historikern und Bibelwissenschaftlern die Entstehung der Texte des alten und neuen Testaments (volkstümlich: der Bibel) sowohl kulturgeschichtlich, archäologisch, literaturwissenschaftlich und vieles mehr untersucht und die Linien der tatsächlich Entstehung immer mehr heraus gearbeitet haben, ist von all diesen Erkenntnissen kaum etwas in die offizielle Lehre der Kirche eingeflossen.

Klar ist, dass die so bekannte und beliebte Weihnachtsgeschichte eine spätere theologische Deutung der Vergangenheit des historischen Jesus ist, über deren realen Verlauf man tatsächlich so gut wie nichts weiß. Das Gleiche gilt für die Leidensgeschichte Jesu, insbesondere die Teile, die mit der Auferstehung zu tun haben und der Kirchenbildung. Das sind keine Fakten, sondern das ist pure Spekulation. Während man die Geschichte der Offenbarung mit dem Tode Jesu für beendet erklärt hat (im Nachhinein), wird aber die wunderbare Bekehrung des ungläubigen Saulus zum missionierenden Paulus (aufgrund eines persönlichen Erweckungserlebnisses) als offizielles Ereignis in die kirchliche Lehre übernommen. Viele weitere wichtige Fakten — wie z.B. die wichtige Rollen von Frauen in der frühen Gemeindebildung — , werden großzügig ausgeklammert. Die Frage der Interpretation Jesu — wahrer Mensch, und doch auch irgendwie Gott? — hat mehrere Jahrhunderte die Gemüter bewegt, war mit viel realer Gewalt verknüpft, und war tief geprägt von damaligen philosophischen und auch weniger philosophischen Weltbildern, die von heute aus gesehen, kaum noch haltbar sind. Diese geistigen und militärischen Auseinanersetzungen produzierten das offizielle theologische Mantra: Jesus war ganz und gar Mensch und zugleich Sohn Gottes. Wie man sich dies genau vorzustellen hat, konnte man weder damals noch kann man dies bis heute in irgendeinem Sinne rational aufhellen. Daher musste der Glaube herhalten, eingefordert von einer Institution, die sich gegen jegliche Kritik immunisert hatte, dem Papsttum.

Während also sehr viele Argumente gegen diese monopolisierte autoritäre Machtstruktur sprechen, beruft sich dasjenige Argument, das — ich nenne es mal das ‚Mantra der Macht‘ — immer wieder zur Rechtfertigung dieser unsinnigen Struktur bemüht wird, darauf, dass es gerade diese monopolartige Machtstruktur war, die die Kirche über all die Zeiten hin ‚bewahrt‘ hat; und nicht nur das — und das grenzt für mich an Blasphemie — man sieht in dieser Existenz durch alle Zeiten hindurch einen Hinweis auf den ‚göttlichen Charakter‘ dieser Institution.

Es ist eine Aufgabe der wissenschaftlichen Historiker, das Geflecht an Faktoren zu analysieren, die letztlich die bisherige institutionelle Existenz der katholischen Kirche ermöglicht haben (und es gibt nicht wenige Historiker, auch christliche und gar katholische Historiker, die den Gang der Dinge sehr kritisch sehen). Vor allem, sieht man einmal von der reinen Macht ab, widerspricht der theologische Gehalt der offiziellen katholischen Lehre krass ihren eigenen Quellen, widerspricht allen modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen, und sowohl die Lehre, wie auch die Institution verhindert täglich massiv, dass sich neue Erkenntnisse und menschenfreundliche Praktiken ausbilden können.

Natürlich kann man Teile der Kritik, die ich hier ansatzweise äußere, auch auf andere Religionen anwenden, aber hier geht es mir darum, die Pseudowahrheit des katholischen Monolithen zumindest anzusprechen, denn, die Nicht-Katholiken kümmern sich nicht darum; ihnen ist das egal, und diejenigen, die sich noch Katholiken nennen, haben eine antrainierte Beißhemmung, weil das Mantra der Macht jedem Gläubigen (wie auch in anderen Religionen!) so tief eingeprägt wurde, dass niemand sich traut, wirklich etwas zu sagen oder zu tun, weil man dann glaubt, man würde gegen ‚Gott‘ handeln. Mit ‚Gott‘ hat aber die Institution katholische Kirche nun wirklich nichts zu tun. Für mich verkörpert diese Institution eine Form von praktischem Atheismus. Die einzelnen Gläubigen mögen vielleicht tatsächlich an Gott glauben (darüber zu urteilen steht niemand anderem zu, mir auch nicht), aber die Institution, so wie sie sich offiziell definiert und so, wie sie offiziell agiert, das hat mit Gott nach meinem Verständnis nichts zu tun; diese Institution verhindert eher einen Zugang zu Gott.

AUFKLÄRUNG UND DEMOKRATIE

Die Entstehung der Aufklärung und der Demokratie verlief lange in erbittertem Widerstand zur katholischen Kirche, da die Kircher als gesellschaftsmächtige Institution nicht nur den innerkirchlichen Glauben zu kontrollieren versuchte, sondern alles, auch die weltliche Gesellschaft. Im Gegensatz zum weitverbreiteten Klischee vom christlichen Abendland, das mit Bildung identifiziert wird, war die historische Realität eine deutlich andere: Heilkunst und Medizin waren durch die Kirche geächtet, Bildung gab es nur für Kleriker und nur mit stark selektierten kirchennahen Themen, Wissenschaft war obsolet. Parallel zeigte die damalige islamische Kultur (nicht zu vergleichen mit dem heutigen Islam!) eine massive breite Unterstützung von Schulen für alle, Krankenhäuser für alle, Bejahung von Medizin(kunst), hatte große Bibliotheken mit hundert Tausenden von Büchern zu allen Themen, die es gab (es war eine Ehre, für einen Muslim, Übersetzungen fremden Wissens zu fördern). Nur durch die breite Übersetzung der griechischen Philosophie und Wissenschaft ins Arabische kamen diese Texte später über den Umweg über (das damalige islamische) Spanien wieder nach Europa, wo sie ins Lateinische übersetzt wurden, und dadurch bei den Theologen eine Art Denkrevolution ausgelöst hat.

Aus der Aufklärung entwickelte sich gegen die damaligen autoritären und menschenverachtenden Strukturen (die katholische Kirche gehörte zu diesen autoritären und menschenverachtenden Strukturen!) neue Konzepte von Macht und Menschenrechten. Durch verschiedene Metamorphosen (Frankreich, Nordamerika, Europa, … Vereinte Nationen nach zwei verheerenden Weltkriegen) entstand die Deutsche Demokratie, in der die neuen Grundwerte die Frucht dieser Kämpfe aus vielen Jahrhunderten waren. Dass eine moderne Demokratie den alten menschenverachtenden autoritären religösen Traditionen Religionsfreiheit gewährt, ist nicht unbedingt selbstverständlich, um so weniger, als diese religiösen Institutionen ihr völlig inakzeptables Wahrheits- und Machtverständnis im Schutze der Demoktatie dazu benutzen dürfen, die Grundlagen von Wissenschaft und Demokratie dadurch in Frage zu stellen, dass ein Weltbild vermittelt wird, das verhindert, dass die ‚Offenbarung des Lebens‘ als solche überhaupt zur Kenntnis genommen werden kann.

Religionsfreiheit ist eine großartige Errungenschaft moderner demokratischer Gesellschaften; sie stellt ein sehr hohes Rechtsgut dar. Es wäre aber fatal, aufgrund der Religionsfreiheit den grundlegenden Wahrheitsanspruch einer menschlichen Gesellschaft abzuschwächen oder gar durch Tabuisierungen in Frage zu stellen. Damit würde sich eine Demokratie über die Hintertreppe selbst entsorgen!

Fragt sich nur, wie die Anforderung der Wahrheit unter Wahrung von Religionsfreiheit praktiziert werden kann bzw. muss?

Folgende Erfahrung hat mich vor einigen Jahren geschockt: ausnahmsweise fuhr ich zu einer bundesweiten Veranstaltung einer bekannten politischen Partei in Deutschland (sie fand statt in einem Landtagsgebäude). Es ging um die Frage der Religionsfreiheit. In der Veranstaltung stellte ich fest, dass alle offiziellen Redner irgendwelchen religiösen Vereinigungen angehörten, während die ’nicht-religiösen‘ Vertreter — die sogenannten Säkularen — keine offiziellen Rederechte hatten! Gefragt, warum dies so sei, kam die prompte Antwort von den religiösen Vertretern, die Säkularen hätten sich halt nicht organisiert…. Demokratie geht eigentlich ein bisschen anders … und, wie weit ist unsere säkularisierte Demokratie, wenn die Überwindung des engen religiösen Denkens ‚unmodern‘ ist, sich rechtfertigen muss, während die religiösen Institutionen (obwohl statistisch mittlerweile Minderheiten) mit dem Geld der Bürger ihre privaten Anschauungen finanzieren?

PACKEN WIR ES NEU AN?

Begründete Kritik zu üben ist zwar nicht ganz einfach, aber da viele, sehr viele Menschen ihre grundlegende Hoffnung auf das Leben, in Richtung eines umfassenden, tieferen Sinns noch immer mit diesen gewordenen Strukturen verknüpfen, kann die eben geäußerte Kritik für manche wie ein Angriff auf ihre persönlichen Sinnhorizonte wirken. Das aber ist nicht Sinn dieser Kritik. Im Gegenteil, gerade unter Bejahung der menschlichen Sinnsuche erweist sich die Notwendigkeit einer kritischen Betrachtungsweise, um dem angeborenen Sinnbedürfnis den Raum, und die Gegenstände zugänglich zu machen, die für ein umfassendes Verständnis des Lebens im bekannten Universum notwendig sind. Leider ist das Bild vom Leben im Universum selbst von den Wissenschaften bislang sehr ungenügend entwickelt. Das alte Bild des Menschen wurde zwar wissenschaftlich weitgehend pulverisiert, aber eine neue Synthese lässt noch auf sich warten … in Ermangelung eines solchen Bildes alte, unangemessene Bilder hoch zuhalten, nur weil ein ‚Vakuum‘ so unbeliebt ist, kann und darf nicht die letzte Antwort sein. Bislang hat Verweigerung von Wahrheit in der Geschichte immer zum Scheitern geführt. 2000, 3000 Jahre spielen da keine Rolle. … nun ja, vielleicht ist eine sich wiederholende Kritik die berühmte Glut in der Asche, die jederzeit zu einem neuen Feuer aufflammen kann.

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DIE UNIVERSELLE KONFERENZ DER GOTTSUCHER – Oder die, die …. — Kurznotiz

1. Manchmal fragt mich jemand: ‚Glaubst Du an Gott?‘, und ich sage dann: ‚Wenn du mir erklären kannst, was Du unter ‚Gott‘ verstehst, kann ich Dir vielleicht sagen, ob ich an das glaube, was Du unter Gott verstehst oder nicht‘.

2. Nimmt man ernst, was man um sich herum sieht, dann gibt es ganz viele verschiedene Religionsgemeinschaften: viele Spielarten von Christen, viele Spielarten von Muslimen, viele Spielarten von Juden, viele Spielarten von Buddhisten, viele Spielarten von Hinduisten, viele Spielarten von ….

3. Ernsthafte Mitglieder dieser religiösen Gemeinschaften behaupten alle, an ‚Gott‘ zu glauben und sie versuchen ihr tägliches Lebens mehr oder weniger so zu gestalten, wie ihr Glaube an das, was sie selbst sich unter ‚Gott‘ vorstellen, es nahelegt.

4. Diese Religionen gibt es z.T. schon 2.500 bis 3.000 — oder mehr – Jahre. Das ist nicht ganz kurz …. Was auffällt ist, dass die offiziellen Vertreter dieser religiösen Gemeinschaften in der Vergangenheit noch niemals ernsthaft versucht haben, sich alle an einem Ort zu versammeln, um herauszufinden, worin denn möglicherweise die Gemeinsamkeit ihres Gottesglaubens besteht. Alle verhalten sich so, dass nur gerade sie selbst das ‚wahr Wissen‘ von Gott hätten und alle anderen unterschiedlich stark ‚verirrt‘ sind. In der menschenfreundlichen Variante ‚verzeiht‘ man den anderen ihren Irrtum und hofft darauf, dass die anderen ihren Irrtum eines Tages ‚einsehen‘ und sich dem ‚wahren Glauben‘ zuwenden. In der menschenunfreundlichen Variante erklärt man die ‚Anderen‘ zu ‚Verrätern‘, zu ‚Gefallenen‘, zu ‚Feinden‘, zu ‚Ungläubigen‘, die man bestrafen muss bis hin zur körperlichen Ausrottung.

5. Wenn das mit ‚Gott‘ Gemeinte wirklich so wichtig ist, wie die verschiedenen Vertretern der Religionen offiziell behaupten, dann verwundert es, warum keiner ernsthaft und aufrichtig die Frage stellt, wie Menschen denn überhaupt feststellen können, ob ein bestimmter Glaube an einen Gott ‚zutreffend’/ ‚wahr‘ ist oder nicht. Wenn man sieht, mit wie viel wissenschaftlichem Aufwand die Menschheit seit ca. 500 Jahren das innere der Natur und die Tiefen des Weltalls erforscht (mit atemberaubenden neuen Einsichten), dann überrascht es doch sehr, wie wenig die offiziellen Vertreter der vielen Religionen tun, um die Einsichtigkeit, die Verstehbarkeit, das Zutreffen ihren jeweiligen Gottesglaubens aufzuhellen.

6. Was tun die verschiedenen Vertreter der verschiedenen Religionen, wenn sie für ‚ihren Glauben‘ ‚werben’/ ‚missionieren‘? Wieweit hat der einzelne Umworbene eine reelle Chance, sich selbständig ein Urteil, eine Meinung zu bilden, frei, ohne psychologische Manipulationen?

7. Warum ist es so unmöglich, dass alle Religionen gemeinsam der Frage nachgehen, was an ihrem jeweiligen Glauben an Gott ‚gemeinsam‘ ist, ‚allen Menschen zugänglich‘, von ‚allen Menschen erfahrbar‘, von ‚allen Menschen verstehbar‘?

8. Die vielen sogenannten religiösen Konflikte in der Vergangenheit hatten sehr oft (meistens? immer) auch mit ‚Macht‘ zu tun, mit ‚Vorherrschaften‘, ‚Gebietsansprüchen‘, ‚wirtschaftlichen Vorteilen‘ und dafür war es wichtig, dass Religion nicht zu ‚empirisch‘, nicht zu ‚individuell‘, nicht zu ‚wahr‘ war, sondern zu Ritualen erstarrt waren, leicht indoktrinierbar und manipulierbar, so dass die Menschen nicht aus eigenem Urteil handelten, sondern als gelenkte Masse, die den steuernden Eliten Macht, Reichtum und (zweifelhafte) Ehre verschafften.

9. Im Kontrast dazu waren religiöse Menschen wie Buddha oder Jesus von Nazareth friedlich, menschenliebend, ohne einen Machtapparat, ohne Aufbau einer Organisation, ohne Unterwerfungsrituale, ohne Bevorzugung bestimmter Menschen, ohne Verurteilung anderer usw.

10. Nochmals, es fällt auf, wie extrem unkritisch offizielle Vertreter von Religionen sich selbst gegenüber sind. Obwohl wir seit Jahrhunderten immer besser verstehen, wie unser Wissen funktioniert, wie leicht und vielfältig jeder Mensch irren kann, wie oft große Irrtümer in die Welt kamen, weil bestimmte Meinungen lange nicht richtig überprüft wurden, ist nicht zu erkennen, dass die offiziellen Repräsentanten der großen Religionen ernsthaft vorstellen können, dass sie ‚irren‘ könnten. Diese Möglichkeit wird von vornherein kategorisch ausgeschlossen, obwohl nichts sicherer ist als dieses, dass jeder Mensch irren kann und sich auch im Laufe seines Lebens sehr oft irrt. In gewisser Weise ist ’sich Irren‘ auch eine Voraussetzung, um zu einem tieferen Verständnis zu kommen, vorausgesetzt, man erkennt seinen Irrtum.

11. Würden die offiziellen Vertreter von Religionen grundsätzlich einräumen, dass auch sie irren können, dann müssten sie ein großes Interesse daran haben, sich mit den anderen Religionen darüber auszutauschen, was denn die gemeinsamen Glaubensinhalte sind, wie sie erkennbar sind, wie sie verstehbar sind, wie sie gegen Missdeutungen geschützt werden können, und wie man sie heute in einer veränderten und sich beständig weiter veränderten Welt leben sollte. Und die religiösen Vertreter würden nicht nur ‚unter sich‘ darüber reden, sondern ‚mit allen‘, da jeder Mensch dazu wertvolle Beiträge liefern könnte.

12. Aktuell erwecken alle größeren Religionen eher den Eindruck, dass Hass, blinde Ideologien, Sprachlosigkeit (und große Unwissenheiten) die Gemüter beherrschen und dass die Sache mit Gott – sollte es ihn geben – irgendwo im Hintergrund vor sich hinwest; niemand scheint ein ernsthaftes Interesse an der ‚Sache Gottes‘ in dieser Welt zu haben. Der Umfang und die Bedenkenlosigkeit, mit der gegenwärtig in so vielen Ländern dieser unserer Welt Menschen gequält, verfolgt, unterdrückt, gegängelt, gefoltert und getötet werden, ist beispiellos. Wenn dies alles aus dem ‚Gottesglauben‘ der aktiven Menschenschänder folgt, dann brauchen wir diesen Gottesglauben eher nicht. Er hat auch nicht im entferntesten irgendetwas mit dem ‚Gott‘ zu tun, an den ich glaube, und von dem ich weiß, dass er alles erfüllt – sofern sich Menschen nicht explizit gegen sich selbst und gegen die Welt stellen, die sie hervorgebracht hat. Darin liegt eine tiefe Paradoxie: an der Stelle, wo das Leben in diesem Kosmos eine Form angenommen hat (homo sapiens), die sich sogar explizit gegen sich selbst wenden kann und sich dadurch – im positiven Fall – in einer bislang nie dagewesenen Eigenständigkeit ‚für etwas‘ entscheiden kann, an dieser Stelle finden wir nicht nur ’neues Licht‘ sondern auch viel ’neuen Schatten‘.

13. Mit der neuen Qualität des ‚eigenen Entscheidens‘ gewinnt das ‚mögliche Böse‘ in dieser unserer Welt eine ganz neue Wirklichkeit: diese neue Form der Freiheit — realisiert im hom sapiens — erlaubt es dem homo sapiens, sich auf der ganzen Breite gegen sich selbst, gegen das Leben im Universum, gegen das ganze Universum, und damit sogar gegen einen möglichen Gott zu wenden. Das ist potentiell das ‚totale Böse‘; die ‚Erfindung des Teufels‘ ist hier nur eine geschickte Ablenkung, eine billige Entschuldigung dafür, dass wir selbst genau das Böse verkörpern können, wenn wir unsere Grenzen, Schwächen und Fehler systematisch verleugnen.

14. Vor diesem Hintergrund ist die scheinbare Zunahme von religiösen Bewegung sehr zwiespältig: solange diese religiösen Bewegungen nicht wirklich wahrheitsfähig sind, ist mit Ihnen Intoleranz und eine ewige Menschen- und Lebens-verachtende Blutspur vorprogrammiert. Wer ernsthaft ‚wahrheitsunfähig‘ ist, der kann nur mit Verdrehungen und Lügen leben.

15. Die Deklaration der Menschenrechte 1948 und Gesellschaftsformen, die auf solchen Menschenrechten gründen, sind ein Lichtblick in der Geschichte des Lebens auf dieser unserer Erde (ohne dass damit schon die ‚perfekte‘ Form menschlicher Gesellschaften gefunden sein muss); die heute existierenden Religionen geben dagegen wenig Anlass, zu glauben, dass sie die tieferen Wahrheiten, die in und hinter den Menschenrechten stehen, auch nur ansatzweise verstanden hätten. Zumindest gibt es genügend offizielle Vertreter sowohl bei den Juden wie auch bei den Muslimen wie auch bei den Christen wie auch bei den …, die die Menschenrechte mit Füßen treten. Wie soll man dies deuten?

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REDUKTIONISMUS, EMERGENZ, KREATIVITÄT, GOTT – S.A.Kauffman – Teil 7

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Letzte Änderungen: 22.April 2013, 08:18h

KAUFFMANS GOTTESBEGRIFF

1. In den folgenden Kapiteln 14-19 spekuliert Kauffman auf der Basis des bislang Gedachten. Das Kapitel ‚Living in Mystery‘ (etwa ‚Leben im Geheimnis‘) SS.230-245 beginnt er mit der zusammenfassenden Feststellung, dass nach den vorausgehenden Untersuchungen die gesamte bisherige – biologische wie auch kulturelle – Geschichte ’selbst-konsistent‘ (’self-consistent‘) sei, ‚ko-konstruierend‘ (‚co-constructing‘), ‚evolvierend‘ (‚evolving‘), ‚emergent‘ und ’nicht voraussagbar‘ (‚unpredictable‘).(vgl. S.231) In allem erkennt er eine fortschreitende ‚Individualisierung‘ (‚individuation‘) von Teilsystemen und Prozessen mit kontinuierlichen Ausprägungen von ’selbst-konsistenten Zusammenfügungen von Gemeinschaften‘. Alle diese Prozesse geschehen ständig, ohne dass wir in der Lage wären, sie mit den bekannten physikalischen Gesetzen hinreichend beschreiben zu können. (vgl. S.231) Für all dieses Geschehen, in dem er eine spezifische ‚Kreativität‘ am Werke sieht, führt er seinen Begriff von ‚Gott‘ (‚god‘) ein als eine Art technischen Begriff für das Ganze. (vgl.S.276) Und unter Voraussetzung dieses seines speziellen Gottesbegriffs führt er dann als weiteren technischen Begriff den Term ‚Heilig(es)‘ (’sacred‘) ein mit der Bemerkung, dass wir mit unserer Entscheidung (‚our choice‘) das ‚Heilige‘ im Universum und seinem Werden hochhalten (‚hold‘). (vgl. S.232,)

KRITISCHE ANMERKUNGEN ZU KAUFFMANS GOTTESBEGRIFF

2. [Anmerkung: Dieses Vorgehen ist schon etwas merkwürdig. Einerseits beteuert Kauffman dass er mit Glauben und Religion nichts zu schaffen habe, andererseits versucht er hier den historisch gewaltig aufgeladenen Begriff ‚Gott‘ in diesem neuen Kontext mit seiner Bedeutung zu etablieren, zusätzlich ergänzt um den nicht weniger aufgeladenen Begriff ‚heilig’/ ‚Heiligkeit‘. Warum tut er das? Wenn ihm die bisherigen Glaubenstraditionen egal wären, gäbe es eigentlich keine Motivation, Begriffe wie ‚Gott‘ bzw. ‚heilig‘ in diesen Kontexten zu erwähnen. Wenn er es aber dennoch tut, scheinen ihm diese Begriffe wichtig zu sein. Irgendwie verbindet sich für ihn mit den Begriffen ‚Gott‘ und ‚heilig‘ etwas, was er mit den für ihn spannendsten Eigenschaften dieser Welt verknüpft sehen will. Ich selbst bin 1990 aus der katholischen Kirche ausgetreten, da ich mit ihrer Art den Glauben an das Ganze zu vermitteln, einfach nicht mehr einhergehen konnte. Andererseits sind für mich die verschiedenen religiösen Traditionen (jüdisch, jüdisch-christlich, jüdisch-christlich-islamisch,…) trotz all ihrer Unvollkommenheiten nicht grundsätzlich etwas ‚Schlechtes‘, transportieren sie doch in ihrer geschichtlichen Konkretheit wertvolle menschliche Erfahrungen, von denen wir alle lernen können, sofern wir unser kritisches Denken dabei nicht ausschalten. Und mit Blick auf diese Traditionen muss man sagen, dass es hier Bilder und Überlegungen zu dem Begriff ‚Gott‘ gibt, die mit den Überlegungen von Kauffman vollständig kompatibel sein können; man könnte die Überlegungen von Kauffman ohne weiteres als eine Art weiterführenden Beitrag zum Thema sehen. Ein christlicher Theologe wie Teilhard de Chardin (1881 – 1955) war – trotz seiner beständigen Unterdrückung durch das kirchliche Lehramt – sehr nahe bei den Sichten, die Kauffman propagiert; in gewisser Weise vielleicht sogar weiter, wenngleich im technischen Detail natürlich – zeitbedingt – nicht so weit wie Kauffman. Kurzum, mir scheint dass Kauffman entweder das Thema ‚Gott‘ aus seinen Überlegungen heraushalten sollte (wenn Religion doch so unwichtig ist) oder aber, wenn er doch historisch so aufgeladene Begriffe wie ‚Gott‘ und ‚heilig‘ benutzt, sich die Mühe machen müsste, seine Art der Verwendung dieser Begriffe mit den in diesen gewachsenen Traditionen gebräuchlichen Verwendungen abzugleichen. Die wissenschaftliche Redlichkeit, um die er sich ansonsten immer bemüht, gebietet dies. Seine seltsam ‚verdrängende‘ Vorgehensweise im Gebrauch der Begriffe ‚Gott‘ und ‚heilig‘ erscheint mir von daher – so stimulierend diese Gedanken sind – wissenschaftlich unredlich und damit der schwächste Teil seines ganzen Buches. Nicht nur das, indem er diese Dimension seines Buches nahezu vollständig ausklammert beraubt er sein Buch einer wichtigen möglichen Wirkkomponente: die große Schwäche der religiösen Traditionen Judentum, jüdisches Christentum, jüdisch-christlicher Islam heute besteht nach meiner Wahrnehmung darin, dass sie die gesamten modernen Entwicklungen mehr oder weniger vollständig ausgeklammert haben. Ein konstruktiver Brückenschlag zwischen Erkenntnissen, wie sie Kauffman kommuniziert und diesen Positionen könnte ‚belebend‘ sein für beide Seiten. Dies setzt allerdings voraus, dass man die religiösen Traditionen nicht als vollständigen Unsinn abtut sondern in ihrem ‚Kern‘ eine empirisch vollziehbare Gottesbeziehung erkennt und für möglich hält, die jedem Lebewesen, ja dem ganzen Universum ‚innewohnt‘. Es ist für mich eine offene Frage, ob es irgend einen offiziellen religiösen Repräsentanten gibt, der in diesem radikalen Sinne ‚an Gott glaubt‘ – oder verbirgt sich hinter der ‚religiösen Fassade‘ letztlich ein abgrundtiefer Unglaube? Wirklich entscheiden werden wir diese Frage nie können. Es bleibt uns letztlich nur eine ‚Vertrauen‘ in den anderen, eine Art von ‚Glauben‘, der natürlich enttäuscht werden kann. Jede Art von Radikalismus ist hier fehl am Platz.]

PRINZIPIELL UNVOLLSTÄNDIGES WISSEN

3. Auf den SS.232-235 folgen dann verschiedene Überlegungen, in denen er unterschiedlichste Autoren zitiert (u.a. T.S.Eliot, Plato, Aristoteles, Newton, Carl Jung, Paul Dirac, Nietzsche) und das ‚Deep Blue‘ Computerprogramm von IBM, das den damaligen Schachweltmeister Gary Kasparow schlagen konnte. Alle diese Stellen sollen illustrieren, dass und wie wir mit einem begrenzten Wissen in einer offenen, sich beständig wandelnden Situation agieren.
4. Es folgt dann ein etwas systematischerer Abschnitt SS.236-245, in dem er anhand einer spieltheoretischen Situation illustriert, wie zwei Spieler sich wechselseitig hochschaukeln können, indem sie nach und nach jeweils ein ‚Modell des Anderen‘ konstruieren, das sie in ihren Entscheidungen leitet. Jede Ereigniskette, die solche Akteure als Produzenten enthält, verliert damit auf Dauer ihren ‚zufälligen‘ Charakter. Andererseits ist es so, dass die Verhaltensweisen solcher ‚lernfähiger‘ Akteure nicht ‚konstant‘ ist, sondern sich aufgrund ihrer aktiven Modellbildungen beständig verändert. D.h. adaptive Rationalität selbst ändert die erfahrbare Rationalität der Wirklichkeit. Und folgerichtig stellt Kauffman die Frage, was es denn heißt, ‚vernünftig‘ (‚wisely‘) zu handeln, wenn wir nicht nur das Ganze noch nicht kennen, sondern durch unser eigenes Verhalten das Ganze beständig verändern? (vgl. S.244) Und er kommt aufgrund wissenschaftlicher Überlegungen zu dem bedenkenswerten Schluss: „Das, was wir brauchen, um unser Leben zu leben, ist Glauben (‚faith‘); bei weitem wichtiger als Wissen (‚knowing‘) oder Erkennen (‚reckoning‘).“ (S.244) Und diese Art zu glauben ist ein biologisches Phänomen, eine inhärente Eigenschaft biologischer Lebensformen, die auf dieser Erde entstanden sind. (vgl. S.245)

DIE ZWEI KULTUREN (und Religion)

5. Auf den folgenden Seiten SS.246-254 variiert Kauffman diese Gedanken weiter anhand der kulturellen Aufspaltung in Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft, wie sie Europa – und dann auch andere Teile der Erde – seit dem Aufkommen der modernen empirischen Wissenschaften charakterisiert und prägt. Angesichts der von ihm herausgearbeiteten grundsätzlichen ‚Kreativität‘ des ganzen Universums und des evolutionären Geschehens auf der Erde, hält er diese Aufspaltung für nicht mehr gerechtfertigt. Mit zahlreichen Zitaten von diversen Wissenschaftlern, Philosophen und Künstlern versucht er zu unterstreichen, dass die ‚Kunst‘ letztlich zum inneren Prinzip des kreativ-evolutionären Geschehens gehört. Wie zuvor aufgezeigt stößt die menschliche Vernunft beständig an ihre Grenzen, die sie nur überwinden kann, wenn sie diese Grenzen akzeptiert und sie durch ein geeignetes kreativ-koevolutionäres Verhalten ‚erweitert‘ und so dem Werden des je Unbekannten Raum gibt.
6. Verräterisch ist, wenn Kauffman zu Beginn dieses Kapitels hervorhebt, dass man jetzt mit einem Gottesbegriff leben kann, den ‚wir selber erfunden haben‘ (‚our own invention‘).(S.246) Damit bestätigt er indirekt die oben von mir geäußerte Vermutung, dass er die ‚älteren Verwendungsweisen des Begriffes ‚Gott“ als unangemessen ablehnt. [Anmerkung: Hier baut Kauffman einen Gegensatz auf, der so meines Erachtens nicht nur unnötig, sondern sogar falsch ist. Noch mehr, er vergibt sich die Chance, zu zeigen, dass auch die traditionellen jüdisch-christlich-islamischen Verwendungsweisen des Wortes ‚Gott‘ historisch gewachsen sind, dass sie sich kreativ-koevolutiv im Wechselspiel von menschlichem Leben und umgebender sich ereignender Geschichte ‚entwickelt‘ haben. Und dass gerade diese Entwicklung der verschiedenen Verwendungsweisen des Begriffs ‚Gott‘ in dramatisch wissenschaflich-künstlerischer Weise dokumentieren, wie hier der menschliche Geist damit ringt, trotz seiner konkreten und historischen Begrenztheiten das je Größere zu ahnen, irgendwie doch zu fassen, irgendwie doch das je Größere Absolute Transzendente in die endliche Konkretheiten einer historisch bedingten Körperlichkeit zu ‚übersetzen‘. Wer in den Wörtern der ‚heiligen‘ Texte immer nur die historischen Bedingtheiten, die zeitlich bezogenen Konkretheiten sieht, der verweigert diesen Texten genau die Ehrfurcht, die Weite, die Tiefe, die Großzügigkeit, den Mut, die transzendierende Mystik, die in ihnen ‚lebt‘, sich Ausdruck gesucht hat. Natürlich ist dieser ‚weitere, tiefere‘ Blick nicht logisch zwingend, nicht deduktiv absolut herleitbar (was manche immer wieder glauben), aber Kraft der transzendenten Wahrheit, die in jedem menschlichen Erkennen lebt, kann sie jeder ’sehen‘, wenn er will, und, vor allem, er kann sie mit seinem eigenen Leben ‚ausprobieren‘; dies nennt man dann entweder ‚Künstlersein‘ oder ‚religiös sein‘, gespeist von Kreativität und Glauben, oder beides in einem. Es ist sehr schade, dass Kauffman diesen tieferen und umfassenderen Zusammenhang offensichtlich nicht sieht. Dies kann u.a. daran liegen, dass die offiziellen religiösen Gemeinschaften den tieferen ‚Schatz ihrer eigenen Überlieferung‘ oft nicht voll verstehen und dass die sogenannten ‚geistlichen Führer‘ weniger ‚geistliche‘ Führer sind sondern Machtmenschen und Geschäftsleute, die ihre sehr persönlichen Vorteile in allem suchen. Die innere Freiheit des Geschehens kann solchen Missbrauch nicht verhindern und kann dann zur Abkehr von sehr vielen Menschen von den religiösen Traditionen führen. Schon ein Jesus von Nazareth hatte den Unterschied zwischen ’sich religiös geben‘ und ‚tatsächlich religiös sein‘ sehr klar erkannt und benannt.]

FÄHIG ZUM BÖSEN

7. Auf den SS.255-258 verweist Kauffman auf das Faktum, dass wir Menschen als konkreter Teil einer konkreten Evolution aufgrund unserer limitierten Ausstattung sehr vieles falsch machen können und auch schon falsch gemacht haben. zusätzlich haben wir Bedürfnisse, Emotionen, Motivationen die sehr partikulär sein können, sehr egoistisch und sehr, sehr grausam. Die Technologien der Zerstörung (und des Tötens) gehören immer mit zu den am weitesten entwickelten. Ob und wie wir diese destruktiven limitierenden Kräfte auf Dauer hinreichend konstruktiv einbinden können muss die Zukunft zeigen.

ETHIK

8. Ein Hauptthema des Buches von Kauffman war und ist der Versuch, aufzuzeigen, dass der sogenannte ‚Reduktionismus‘ aller Phänomene auf einen ‚Physikalismus‘ nicht haltbar ist. Ein zentrales Argument innerhalb dieses Aufweises ist die Behauptung, dass die meisten für uns Menschen interessante Phänomene der Evolution ‚emergenter‘ Natur sind, d.h. sich in ihrer Komplexität nicht aus den physikalischen Bestandteilen als solchen erschließen. Innerhalb dieser emergenter Phänomene gibt es das, was Kauffman ‚Agentenschaft‘ (‚agency‘) nennt, und verbunden mit der Agentenschaft, die Fähigkeit, bestimmten Vorkommnissen nicht nur allgemein eine ‚Bedeutung‘ zuzuweisen, sondern sogar eine ausgezeichnete Bedeutung im Sinne eines ‚Wertes‘: ein Vorkommnis x hat einen bestimmten ‚Wert‘ v mit Bezug auf einen ‚lebensrelevanten‘ Faktor L. D.h. innerhalb der biologischen Evolution haben sich Strukturen entwickelt, für die die wahrnehmbare Welt nicht ’neutral‘ ist, sondern ‚wertig‘; es gibt Ereignisse die mit Bezug auf das ‚Überleben‘ der Art ‚relevant‘ sind, ‚bedeutungsvoll‘, ‚wichtig‘.(vgl. S.259)
9. [Anmerkung: Man muss also sagen, dass es zum ‚Auftreten‘ des ‚Lebens‘ auf dieser Erde gehört, dass das Leben ‚als Teil von sich‘ bestimmte Ereignisse/ Eigenschaften dieser Welt als ‚wertvoll‘ erlebt. Oder, anders ausgedrückt, das Leben definiert sich wesentlich dadurch, dass es selbst einen ‚Wert‘ darstellt, der ‚von sich aus‘ ‚erhalten‘ sein will. Das Leben muss nicht künstlich irgendwelche Werte finden, derentwillen es sich lohnt zu leben, sondern das Leben als biologisches Phänomen ‚ist selbst der primäre Wert‘, um den es geht. Es existiert nur, weil es in dieser Form vom ‚Kosmischen Gesamtzusammenhang‘ Erde – Sonnensystem – Milchstraße – Universum in dieser Besonderheit ‚induziert‘ wurde und sich in Form dieser Besonderheit entwickeln konnte. Eine Alternative ist praktisch nicht möglich, da die Alternative vom kosmischen Gesamtzusammenhang her nicht unterstützt wird! Alle Atome, Moleküle, die sich nicht ‚in der Weise verhalten‘, wie es vom kosmischen Gesamtzusammenhang ‚belohnt‘ wird, haben keine Existenzmöglichkeit!!! Damit erscheint das Leben, so, wie es sich im kosmischen Gesamtzusammenhang entwickelt hat, als der einzige ‚fundamentale Wert‘, den wir bis heute kennen!!! Und natürlich liegt der Schluss nahe, dass sich aus diesem fundamentalen Wert (der sich aber nur den ‚im Leben befindlichen Akteuren‘ erschließt) alle anderen Werte ableiten lassen müssen.]
10. Im Lichte dieser fundamentalen Werteposition wundert es nicht, dass Kauffman zwei wichtige Positionen der heutigen Ethik kritisiert: den ‚Deontologismus‘ und den ‚Konsequentialismus‘. (vgl. S.259).
11. Sein Hauptargument besteht darin, dass unser moralisches Empfinden und unser Wertesystem sich erst in der Evolution und der zugehörigen Kultur ‚entwickelt‘ hat und dass von daher die Bezugnahme auf eine höheres, absolutes moralisches Fühlen im Sinne eines Deontologismus (sich verpflichtet fühlen) bzw. eines die Folgen des Handelns Bedenkens im Sinne eines Konsequentialismus ohne die Berücksichtigung der Entstehung und ihres jeweiligen Kontexts keinen Sinn macht. (vgl.S.259f)
12. Kauffman illustriert diese Kernthese mit vielen Zitaten (vgl. SS.260-266) und ergänzt den Entwicklungscharakter der Ethik noch um den Aspekt er formalen Unabgeschlossenheit (Gödels Theorem) jeglichen möglichen ethischen Systems. (vgl. S.266) [Anmerkung: Diese formale Unabgechlossenheit ergibt sich u.a. aus der evolutiven Entstehung des Wertesystems bzw. aus der inneren Struktur des Lebens. Diese innere Struktur besteht prinzipiell im beständig über das Gegebene Hinausgehen mit einem – zum Zeitpunkt des Darüberhinausgehens – unvollständigen Wissen! D.h. das ‚Innovative‘ am Leben ist seine ‚Kreativität‘ und die Fähigkeit, sich selbst permanent ‚transzendieren‘ zu können. Die Struktur des Lebens ist – was viele Philosophen früher auch schon erkannt hatten, ohne den Mechanismus der Evolution zu verstehen – in sich so, dass die ‚Erfüllung‘ des Lebensprozesses nur möglich ist, indem sich die bestehenden Strukturen mit etwas ‚außerhalb ihrer selbst‘ ‚verbinden‘!! Zum Zeitpunkt des Lebens ist dem jeweiligen lebenden System aber nicht vollständig klar, was dies genau ist; es erlebt sich selbst allerdings in einer ‚prinzipiellen Unabgeschlossenheit‘ (eine mögliche Version von ‚Transzendentalität‘), durch die es ‚angetrieben‘ ist, das ’noch Fehlende‘ zu ‚finden‘!!!]
13. Aus diesen Überlegungen folgert Kauffman, dass es nicht ein einzelnes höchstes Gut gibt, sondern eher – entsprechend der Idee eines ‚Pareto Optimums‘ im Kontext der Pareto Effizienz (nicht zu verwechseln mit dem Pareto Prinzip) – viele verschiedene Dinge, die alle zugleich wichtig sein können, damit bestimmte Lebensprozesse funktionieren. Nicht die Luftreinheit alleine oder die Wasserqualität oder die Ressourcenschonung oder …. bilden biologisch relevante Werte, sondern das Zusammenspiel vieler verschiedener Faktoren in einem bestimmten Gleichgewicht. (vgl. S.266f). Es kann also nicht darum gehen einige wenige absolute Werte zu identifizieren und zu isolieren. Nein, die biologische Evolution wird kontinuierlich neue Werteensembles ’sichtbar‘ machen, deren Einhaltung und Zusammenspiel wichtig sind; diese Werte können und werden sich im Laufe der Zeit ändern. (vgl. S.271f)

GLOBALE ETHIK

14. Es liegt nahe, den Gedanken der Ethik in einem globalen Rahmen weiter zu denken. Viele Gedanken aus den vorausgehenden Kapiteln wiederholen sich hier (vgl. SS.273-280). Ausdrücklich genannt wird das Thema Vielfalt und Vermischung von Kulturen, globale Ressourcenknappheit, die Problematik verzerrter (fundamentalistischer) religiöser Richtungen und unser Missbrauch anderer Lebewesen für unsere Ernährung. Und er wiederholt auch das Problem der prinzipiellen Wissensgrenzen zu jedem Zeitpunkt bei gleichzeitiger Notwendigkeit, handeln zu müssen. Dieses wissens-unvollständige Handeln verlangt nach Werten, die nicht ‚partikulär‘ sein können. Wo sollen diese neuen Werte herkommen? Er hofft, dass seine Deutung der natürlichen Entwicklung mit seinem Begriff der ‚Kreativität‘ als ‚Heiligkeit‘ eine Art ’natürlichen Gottesbegriff‘ begründet, der als gemeinsamer Grund für alle dienen kann. (vgl. S.276, 280)
15. [Anmerkung: Hier wird unmissverständlich deutlich, dass Kauffman einen bestimmten globalen Zusammenhang voraussetzt, ganz bestimmte kulturelle Gegebenheiten, die in seinem Verständnis eine neue Weltsicht einschließlich einer neuen Ethik verlangen. Während er glaubt, dass dies möglicherweise durch bloße Einführung eines neuen Begriffs (‚God‘, ‚Sacred‘) gelingt, beschreibt er indirekt, dass sehr viele Menschen noch unter dem Eindruck der ‚alten Bilder und Interpretationen‘ stehen, die durch ihre Begrenztheiten ein ‚angemesseneres‘ Verhalten verhindern. Angesichts des Beharrungsvermögens, das psychische und kognitive Muster an den Tag legen, ist es eher unwahrscheinlich, dass die bloße Einführung einer neuen Deutung von ‚Gott‘ die Gewohnheiten von 2000 – 3000 Jahren einfach so ändern; sie sind im Alltag eingebettet und leben dort u.a. in Form von Gewohnheiten, Gebräuchen, Schriftstücken, und Gesetzen, die sich von alleine nicht ändern. Ihre ‚Faktizität‘ prägt aber täglich das Verhalten und damit das Bewusstsein großer Teile der Bevölkerung. Durch diese Rückkopplung des subjektiven Erlebens und Denkens an objektive, soziale Tatbestände kann eine einschneidende Veränderung des Denkens von Dauer immer nur über eine entsprechende Änderung der realen Lebensverhältnisse führen. Die Geschichte hat Beispiele parat, wann und wie solche Prozesse stattgefunden haben.]

NOCHMALS GOTT

16. Auf den abschließenden Seiten SS.281-288 kulminiert nochmals das Denken von Kauffman in der Verwendung und Motivierung der Begriffe ‚Gott‘ und ‚Heilig‘, wie er sie eingeführt hat. Er nimmt ausdrücklich Bezug auf die jüdisch-christliche Traditionen, auch den Buddhismus, nicht aber auf den jüdisch-christlichen Islam. Er unterstreicht, dass eigentlich nur der Begriff ‚Gott‘ die kulturelle Kraft hat, die tiefsten und wichtigsten Überzeugungen der Menschheit zu repräsentieren. Er spricht von der Notwendigkeit von ‚Spiritualität‘ und auch von ‚Riten‘.
17. [Mit diesen vielfachen Wiederholung immer des gleichen Themas in den letzten Kapiteln manifestiert sich sowohl die Bedeutung, die Kauffman diesen Begriffen beimisst wie auch die Schwierigkeit, dieser Bedeutungschwere den angemessenen Ausdruck zu verleihen. Wenn man Kaufman auf all den Seiten seines Buches gefolgt ist, und schrittweise miterlebt hat, wie er sich seine eigene, neue Sichtweise mühsam gegen vielseitig gewohnte Sehweisen erkämpft hat, dann kann man ansatzweise nachempfinden, wie das Neue nachhallt und sich zugleich immer mehr Perspektiven auftun, neue Ansatzpunkte greifbar werden, wo und wie man diese stimulierenden Gedanken weiterführen und möglicherweise sogar umsetzen kann. Jeder erlebt die Lektüre eines Buches notgedrungen im Lichte seiner eigenen Fragen und seines eigenen Wissens. Für mich war dies Buch eine Art ‚Katalysator‘ für sehr viele wichtige Gedanken und Perspektiven. In der nächsten Zeit werde ich mit Sicherheit darauf zurückkommen. ]

Ende der besprechenden Lektüre von Kauffman’s Buch ‚Reinventing the Sacred‘.

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