Im vorausgehenden Blogbeitrag „Kollektive Mensch-Maschine Intelligenz im Kontext nachhaltiger Entwicklung. Brauchen wir ein neues Menschenbild?“ hatte ich unter anderem im Abschnitt (4) GESELLSCHAFT – SPRACHE – LITERATUR darauf aufmerksam gemacht, in welch gefährlicher Situation sich heutiges literarisches Schaffen befindet: Texte verknüpft mit realen, echten menschlichen Bedeutungskorrelaten, mit echtem Leben, mit echten Gefühlen, mit echtem Ringen um ein Menschsein in dieser realen Welt, drohen zunehmend ‚unsichtbar‘ zu werden, weil neuartige Technologien der Text-Generierung nicht nur in der Lage sind, massenweise und sehr schnell, Texte zu generieren, die den Texten mit authentischen menschlichen Autoren auf der ‚Oberfläche der Zeichen‘ täuschend ähnlich sehen. In dem Maße, wie dieser Prozess voranschreitet — und er ist in vollem Gange — verschwindet ‚das Menschliche‘ aus den Textereignissen dieser Welt. Zwischen all dem ‚Rauschen‘ des Sinnlosen wird es dann Zufall, bis man auf einen Text trifft, in dem sich ein realer Mensch real ‚offenbart‘. Können wir ’selbst‘ überhaupt noch Mensch sein, wenn es ‚die Anderen‘ nicht mehr gibt? Werden wir noch sprechen können, wenn ‚unsere‘ Sprache sich in einem ’sinnlosen Meer von Zeichen‘ schlicht verliert? Ereignet sich die Vernichtung der Menschheit nicht schon lange bevor es überhaupt Maschinen gibt, die auch nur ansatzweise ‚rational‘ oder ‚bewusst‘ sind, weil wir Menschen selbst unsere Intelligenz, Rationalität und Emotionalität dazu benutzen, uns selbst stumm zu machen, bevor irgendeine dieser aktuell noch extrem dummen Maschinen überhaupt solch einen ‚Gedanken‘ fassen könnte?
In diesen Menschen-bedrohenden Zeiten (dabei bleiben hier viele andere große Bedrohungen hier außen vor, nicht dass es sie nicht gäbe) ist es daher wichtiger denn je die Dimension des Literarischen wahrzunehmen, zu unterstützen, sie selbst nach Möglichkeit zu praktizieren. Ohne Austausch unter uns Menschen über das, was wir sind, was uns bewegt, sterben wir ab in dem, was uns Menschlich macht.
In diesem Kontext habe ich zu einem Roman gegriffen „Zeiten der Langeweile“ von der jungen Autorin Jenifer Becker, die ich bei einer Konferenz an der TU-Darmstadt mit dem Titel Diskurse disruptiver digitaler Technologien am Beispiel von KI-Textgeneratoren (KI:Text) als eine der Referenten:innen kennengelernt habe. Ihr intellektuelles Ringen um die Thematik aus Sicht der Kulturwissenschaften lies mich mindestens aufhorchen. Ihre Tipps für interessante Artikel und Bücher halfen weiter. Mir wurde schnell klar, dass ich hier auf eine Erfahrungs- und Denkwelt stoße, die auf mich ‚planetenhaft fern‘ wirkt. Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich das letzte Mal selbst bewusst nach einem Roman gegriffen habe, da ich als Wissenschaftler und Philosoph schon immer Schwierigkeiten mit literarischen Formen hatte. Nachdem nun aber meine eigene Theorie klipp und klar sagte, dass Literatur nicht einfach nur ein ’schönes Spiel‘ ist, sondern hinter allem Spielerischen existentiell ernst ist, habe ich mir diesen Roman von Jenifer Becker bestellt. Ja, und ich habe auch angefangen darin zu lesen.
Von dieser Leseerfahrung berichtet der folgenden Text, reflexhaft, fragmentarisch, ohne Versuch, diese Erfahrung sofort schon wieder zu ’systematisieren‘, wie das Wissenschaftler und besonders Wissenschaftsphilosophen so gerne tun. Irgendwann wird das Systematisieren ‚von selbst‘ einsetzen. Dann wird es spannend, was da aufscheinen wird ….
BEGINN DER LESE-NOTIZEN
12.Nov. 23
Mein neues Verständnis von Literatur vor, während und nach dem Vortrag hat sich weiter radikalisiert.
Es ist interessant, dass ich 75 Jahre gebraucht habe, um den fundamentalen Charakter von Literatur zu verstehen.
Ein spannendes Detail ist die zusätzliche Rolle, die wissenschaftliche Texte spielen als Teilaspekt von Literatur. Sie können weniger als Literatur, dafür können sie manches detaillierter, was Literatur im Prinzip auch kann, aber Literatur ist mehr.
In dem was Literatur ‚mehr‘ ist, ist sie aber auch sehr verwundbar, und beständig bedroht.
Text-Generatoren sind absolut tödlich für Literatur, sie werden sie durch eine Flut von Texten unsichtbar machen und dabei alle wichtige Bedeutung vernichten.
Dieser Roman müsste sofort geschrieben werden …
21.Nov 23
Ich lese immer noch in dem Roman. Dies ist nicht selbstverständlich. Der natürliche Lebens-Abstand zwischen Planet 0-35 (Autorin des Romans) und Planet 40-75 (ich) ist eigentlich immens. …
Ohne den Kontext der Konferenz an der TUD im August, die vielen Eindrücke und Gespräche, der persönliche Auftritt der Autorin, die vielen interessanten Hinweise, meine weitere Denkarbeit bis zum Vortrag an der Goethe im Rahmen von ENIGMA-U3L, das neue erste Begreifen vom fundamentalen Charakter von Literatur für unser aller Menschsein, gleichzeitig die weiter voran schreitende Einsicht in die fundamentale Bedeutung von nachhaltiger empirischer Theorie … all dies, ja auch schwer greifbare Emotionen die die Autorin Planet 0-35 mit ihren Worten, ihrer Art und Weise auslöste … all dies erzeugt ein atmosphärisches Feld von Zusammenhängen, Kontexten, die stark genug sind, um die natürliche Fremdheit von unbekannten Lebens-Planeten ansatzweise zu überwinden.
In der Lektüre herrscht primär Verwunderung, Fremdheit, unglaubliche Andersheit vor. Dem Planet 40-75 wird deutlich, wie große die Unterschiede im gleichen Deutschen Universum zu einem anderen Planeten 0-35 herrschen können, nur weil er in einer anderen Zeitphase, an anderen Orten, mit anderen Menschen ins Leben gewachsen ist, mit seiner Umgebung vibrierend in Wechselwirkung getreten ist, sein eigenes Inneres vielfältig, überraschend, bedrückend, lähmend, anregend … erfahren hat und immer noch erfährt: das Neue wird zugleich eingehüllt in das schon Bekannte, und doch bleibt ein ‚Überschuss‘ an Neuem, an schwer Vorstellbaren, an schwer Kalkulierbaren. Das ‚Bekannte‘ erklärt nicht viel … was überhaupt? –, aber es ist da, wirkt nach im Rauschen der Erinnerungen, vielfältig unbewusst, und doch wispert das Neue, oder inszeniert ein Getöse, ein spezifischer ‚Alltagssound‘, dessen Melodien und Harmonien noch schwer greifbar erscheinen.
Wenn ich sehe, mit welcher — ja — Brutalität die Autorin ihr privates Inneres, was man selbst Freundinnen oder Freunden so kaum erzählt, nach außen transportiert, mit Worten einer gemeinsamen Sprache, dahin fliegenden Buchstaben, schön geordnet nach den Regeln der Sprache, dann irritiert mich dies. Ich schreibe auch viel, viele tausend Seiten öffentlich, letztlich auch ‚ehrlich‘, aber die Details meines Inneren … na ja, irgendwie habe ich auch schon viel geschrieben. … dennoch verspüre ich eine gewisse ‚Hemmung‘, meine Gedanken ganz öffentlich kundzutun. Möglicherweise muss dies geschehen, weil Planet 0-35 den Bann gebrochen hat, weil er in den Zeiten der beginnenden Maschinen-Texte sich als Menschin aufbäumt und in einer Radikalität die eigene Menschlichkeit ins Wort und damit zu Bewusstheit in anderen Planeten bringen, die die einzig mögliche Antwort in diesen maschinellen Zeiten sein kann. Wenn nicht jetzt, wann dann wollen wir als Menschen ‚aufwachen‘ und begreifen, dass es auf diesem Planeten wirklich in eminenter Weise ‚um uns‘ geht, um uns ‚menschliche Planeten‘, die nicht ‚einfach nur so‘ da sind, sondern als ‚Teil eines unfassbaren Lebens-Universums‘, verglichen mit dem das ganze bekannte physikalische Universum fast lächerlich einfach wirkt … aber offensichtlich ist es für uns Menschen-Planeten nicht einfach, unseren Kurs zu finden. Der Augenblick, der Moment, der ‚Lärm des Äußeren im Inneren‘ verhindert viel ….
Also, ich lese erst mal weiter.
Es ist wahnsinning: ich lese weil ich lese. Es gibt keinen zusätzlich wichtigen Grund.
Das Leben hat seinen Sinn ‚in sich selbst‘, nicht ‚für sich‘, sondern ‚für sich im an sich‘ ….
Ich weiß nicht, ob Kant oder Hegel oder … das auch so gesehen haben.
…
Für mich ist Planet 0-35 schon jetzt eine ‚Heldin‘, obgleich noch gar nicht klar ist, wie dieser Planet weiter fliegen wird …
27.Nov 23
der Strom der Worte von Planet 0-35 bricht auf der letzten Seite des Buches ab.
Wie im Alltag: wenn man einen Zeitschnitt macht, egal wann, … alles wirkt unvollendet. …
Geht es weiter? Wie? Was? Warum? Wohin? ….
Der Schnitt offenbart im Stillstand ein schwer fassbares ‚Mehr‘, das in seinem Schweigen die vielen kleinen Ereignisse mit ihrer sinnlichen Schrillheit dennoch ‚übertönt‘, … wenn man gelernt hat, ‚im Schweigen zu hören’…
Das Schweigen wird dann immer lauter und die sinnliche Oberflächenschrillheit verstummt ….
Die reale Autorin Plant 0-35, die ich für Momente real erleben konnte, die reale Autorin Plant 0-35 nach Veröffentlichung ihres Romans, erweckt ganz andere Eindrücke als der ‚Planet 0-35‘, der sich in eine Wolke von Worten kodiert hat. Das ‚Mehr im Wortabbruch des Romans‘, dessen ‚Mehr-Sound‘ die Details deutlich übertönt, wird durch die Differenz zwischen der ‚realen Autorin Plant 0-35‘ und der ‚Wortwolke von Planet 0-35‘ noch verstärkt.
Die ‚Wortwolke von Planet 0-35‘ ist kein maschineller Text. Die reale Autorin Planet 0-35 ist kein ‚maschineller Text-Generator‘. Die reale Autorin Plant 0-35 manifestiert ein ‚Mehr‘ das weit über endliche Wortwolken hinaus geht!
Der Versuch, von Planet 0-35, sich von aller Digitalität, von digitalen Ereignissen, von digitalen möglichen Lebenszeichen möglicher Menschen ‚hinter dem Digitalen‘ abzukoppeln, endete so, wie eine reale Autorin Plant 0-35 enden musste, wenn sie kein maschineller Textgenerator ist: in der Offenlegung eines ‚Mehr‘, das im Moment des Offenlegens noch keinen Namen hat, noch keine wirklich angemessene Botschaft, aber in seinem Versuch des Abkoppelns von digitalen Repräsentanten erleben kann (und scheinbar hat es funktioniert, siehe die reale Autorin Plant 0-35 nach dem Roman), dass es da ein Mehr gibt, welches ein unfassbares Potential andeutet, anklingen lässt, das bis zum letzten Wort des Romans nur ‚anwesend‘ ist als Ermöglichung von allem, aber in dem bisherigen Konkreten noch so hilflos, so lautlos, so schwach wirkt … aber all das nicht ist…
Die Worte die man in einem Roman lesen kann sind nicht unbedingt die Botschaft, die die Gesamtheit der Worte andeuten kann. Und die reale Autorin Plant 0-35 vor, während, und nach dem Roman verkörpert ein ‚Mehr‘, das eigentlich in allen Menschen anwesend ist, … die ‚Sprache des Mehr‘ verlangt nach Texten, nach Romanen, aber auch — und das ist der zentrale Punkt angesichts von dummen Maschinen, die von Menschen vergöttlicht werden — nach der Quelle der Wort, nach den realen Substraten des Menschlichen, nach dem realen Ort des Mehr, das im individuellen Menschen zwar aufscheint, aber in der Gesamtheit des Lebens zu Haus ist, und selbst dieses, dieses unfassbare Ereignis des Lebens im realen Universum, ist — sehr wahrscheinlich — nicht die ganze Manifestation eines ‚Mehr‘, das so nah sein kann, und doch zugleich so fern. Maschinen sind immer nur ’nah‘, ‚endlich‘, in ihrer Struktur trotz Abermillionen von Zeilen Code sehr simpel…
Es gibt viele Milliarden Menschen auf diesem Planeten.
Nicht viele haben mit eigenen Worten beschrieben, was passiert, wenn sie versuchen, sich von allem zu trennen, was ihren digitalisierten Alltag ausmacht.
Bleibt offen, wie die reale Autorin Plant 0-35 nach der ‚Entdeckung ihres wahren Selbst‘ in der ’scheinbaren Unhörbarkeit des Mehrs in ihr‘ dieses Mehr weiter lebt. Ich kenne keine Handlungsanweisung für solche Fälle. Dieses Mehr ist die Schnittstelle zum ‚radikal Neuen‘, und das ist das Besondere.
OK.
Meine Zeilen sollten eigentlich nur eine ‚Überbrückung der Zeit‘ sein vom Ende der Lektüre zur ‚eigentlichen Antwort‘, da ich von einigen Ereignissen mit realen Dingen absorbiert werde, aber jetzt haben die Worte während des Schreibens einen Weg gebahnt, einen Blick aufgebaut, der seine eigene Kraft entwickelt.
DER AUTOR
Einen Überblick über alle Beiträge von Autor cagent nach Titeln findet sich HIER.
(Eine Englische Version findet sich hier: https://www.uffmm.org/2023/08/24/homo-sapiens-empirical-and-sustained-empirical-theories-emotions-and-machines-a-sketch/)
Kontext
Dieser Text stellt die Skizze zu einem Vortrag dar, der im Rahmen der Konferenz „KI – Text und Geltung. Wie verändern KI-Textgeneratoren wissenschaftliche Diskurse?“ (25./26.August 2023, TU Darmstadt) gehalten werden soll. [1] Die Englische Version des überarbeiteten Vortrags findet sich schon jetzt HIER: https://www.uffmm.org/2023/10/02/collective-human-machine-intelligence-and-text-generation-a-transdisciplinary-analysis/ . Die Deutsche Version des überarbeiteten Vortrags wird im Verlag Walter de Gruyter bis Ende 2023/ Anfang 2024 erscheinen. Diese Veröffentlichung wird hier dann bekannt gegeben werden.
Sehr geehrtes Auditorium,
In dieser Tagung mit dem Titel „KI – Text und Geltung. Wie verändern KI-Textgeneratoren wissenschaftliche Diskurse?“ geht es zentral um wissenschaftliche Diskurse und den möglichen Einfluss von KI-Textgeneratoren auf diese Diskurse. Der heiße Kern bleibt aber letztlich das Phänomen Text selbst, seine Geltung.
SICHTWEISEN-TRANS-DISZIPLINÄR
In dieser Konferenz werden zu diesem Thema viele verschiedene Sichten vorgetragen, die zu diesem Thema möglich sind.
Mein Beitrag zum Thema versucht die Rolle der sogenannten KI-Textgeneratoren dadurch zu bestimmen, dass aus einer ‚transdisziplinären Sicht‘ heraus die Eigenschaften von ‚KI-Textgeneratoren‘ in eine ’strukturelle Sicht‘ eingebettet werden, mit deren Hilfe die Besonderheiten von wissenschaftlichen Diskursen herausgestellt werden kann. Daraus können sich dann ‚Kriterien für eine erweiterte Einschätzung‘ von KI-Textgeneratoren in ihrer Rolle für wissenschaftliche Diskurse ergeben.
Einen zusätzlichen Aspekt bildet die Frage nach der Struktur der ‚kollektiven Intelligenz‘ am Beispiel des Menschen, und wie sich diese mit einer ‚Künstlichen Intelligenz‘ im Kontext wissenschaftlicher Diskurse möglicherweise vereinen kann.
‚Transdisziplinär‘ bedeutet in diesem Zusammenhang eine ‚Meta-Ebene‘ aufzuspannen, von der aus es möglich sein soll, die heutige ‚Vielfalt von Textproduktionen‘ auf eine Weise zu beschreiben, die ausdrucksstark genug ist, um eine ‚KI-basierte‘ Texterzeugung von einer ‚menschlichen‘ Texterzeugung unterscheiden zu können.
MENSCHLICHE TEXTERZEUGUNG
Die Formulierung ‚wissenschaftlicher Diskurs‘ ist ein Spezialfall des allgemeineren Konzepts ‚menschliche Texterzeugung‘.
Dieser Perspektivenwechsel ist meta-theoretisch notwendig, da es auf den ersten Blick nicht der ‚Text als solcher ‚ ist, der über ‚Geltung und Nicht-Geltung‘ entscheidet, sondern die ‚Akteure‘, die ‚Texte erzeugen und verstehen‘. Und beim Auftreten von ‚verschiedenen Arten von Akteuren‘ — hier ‚Menschen‘, dort ‚Maschinen‘ — wird man nicht umhin kommen, genau jene Unterschiede — falls vorhanden — zu thematisieren, die eine gewichtige Rolle spielen bei der ‚Geltung von Texten‘.
TEXTFÄHIGE MASCHINEN
Bei der Unterscheidung in zwei verschiedenen Arten von Akteuren — hier ‚Menschen‘, dort ‚Maschinen‘ — sticht sofort eine erste ‚grundlegende Asymmetrie‘ ins Auge: sogenannte ‚KI-Textgeneratoren‘ sind Gebilde, die von Menschen ‚erfunden‘ und ‚gebaut‘ wurden, es sind ferner Menschen, die sie ‚benutzen‘, und das wesentliche Material, das von sogenannten KI-Generatoren benutzt wird, sind wiederum ‚Texte‘, die als ‚menschliches Kulturgut‘ gelten.
Im Falle von sogenannten ‚KI-Textgeneratoren‘ soll hier zunächst nur so viel festgehalten werden, dass wir es mit ‚Maschinen‘ zu tun haben, die über ‚Input‘ und ‚Output‘ verfügen, dazu über eine minimale ‚Lernfähigkeit‘, und deren Input und Output ‚textähnliche Objekte‘ verarbeiten kann.
BIOLOGISCH-NICHT-BIOLOGISCH
Auf der Meta-Ebene wird also angenommen, dass wir einerseits über solche Akteure verfügen, die minimal ‚textfähige Maschinen‘ sind — durch und durch menschliche Produkte –, und auf der anderen Seite über Akteure, die wir ‚Menschen‘ nennen. Menschen gehören als ‚Homo-Sapiens Population‘ zur Menge der ‚biologischen Systeme‘, während ‚textfähige Maschinen‘ zu den ’nicht-biologischen Systemen‘ gehören.
LEERSTELLE INTELLIGENZ-BEGRIFF
Die hier vorgenommene Transformation des Begriffs ‚KI-Textgenerator‘ in den Begriff ‚textfähige Maschine‘ soll zusätzlich verdeutlichen, dass die verbreitete Verwendung des Begriffs ‚KI‘ für ‚Künstliche Intelligenz‘ eher irreführend ist. Es gibt bislang in keiner wissenschaftlichen Disziplin einen allgemeinen, über die Einzeldisziplin hinaus anwendbaren und akzeptierten Begriff von ‚Intelligenz‘. Für die heute geradezu inflatorische Verwendung des Begriffs KI gibt es keine wirkliche Begründung außer jener, dass der Begriff so seiner Bedeutung entleert wurde, dass man ihn jederzeit und überall benutzen kann, ohne etwas Falsches zu sagen. Etwas, was keine Bedeutung besitzt, kann weder wahr‘ noch ‚falsch‘ sein.
VORAUSSETZUNGEN FÜR TEXT-GENERIERUNG
Wenn nun die Homo-Sapiens Population als originärer Akteur für ‚Text-Generierung‘ und ‚Text-Verstehen‘ identifiziert wird, soll nun zunächst untersucht werden, welches denn ‚jene besonderen Eigenschaften‘ sind, die eine Homo-Sapiens Population dazu befähigt, Texte zu generieren und zu verstehen und sie ‚im alltäglichen Lebensprozess erfolgreich anzuwenden‘.
GELTUNG
Ein Anknüpfungspunkt für die Untersuchung der besonderen Eigenschaften einer Homo-Sapiens Text-Generierung und eines Text-Verstehens ist der Begriff ‚Geltung‘, der im Tagungsthema vorkommt.
Auf dem primären Schauplatz des biologischen Lebens, in den alltäglichen Prozessen, im Alltag, hat die ‚Geltung‘ eines Textes mit ‚Zutreffen‘ zu tun. Wenn ein Text nicht von vornherein mit einem ‚fiktiven Charakter‘ geplant wird, sondern mit einem ‚Bezug zum Alltagsgeschehen‘, das jeder im Rahmen seiner ‚Weltwahrnehmung‘‚überprüfen‘ kann, dann hat ‚Geltung im Alltag‘ damit zu tun, dass das ‚Zutreffen eines Textes überprüft‘ werden kann. Trifft die ‚Aussage eines Textes‘ im Alltag ‚zu‘, dann sagt man auch, dass diese Aussage ‚gilt‘, man räumt ihr ‚Geltung‘ ein, man bezeichnet sie auch als ‚wahr‘. Vor diesem Hintergrund könnte man geneigt sein fortzusetzen und zu sagen: ‚Trifft‘ die Aussage eines Textes ’nicht zu‘, dann kommt ihr ‚keine Geltung‘ zu; vereinfacht zur Formulierung, dass die Aussage ’nicht wahr‘ sei bzw. schlicht ‚falsch‘.
Im ‚realen Alltag‘ ist die Welt allerdings selten ’schwarz‘ und ‚weiß‘: nicht selten kommt es vor, dass wir mit Texten konfrontiert werden, denen wir aufgrund ihrer ‚gelernten Bedeutung‘ geneigt sind ‚eine mögliche Geltung‘ zu zuschreiben, obwohl es möglicherweise gar nicht klar ist, ob es eine Situation im Alltag gibt — bzw. geben wird –, in der die Aussage des Textes tatsächlich zutrifft. In solch einem Fall wäre die Geltung dann ‚unbestimmt‘; die Aussage wäre ‚weder wahr noch falsch‘.
ASYMMETRIE: ZUTREFFEN – NICHT-ZUTREFFEN
Man kann hier eine gewisse Asymmetrie erkennen: Das ‚Zutreffen‘ einer Aussage, ihre tatsächliche Geltung, ist vergleichsweise eindeutig. Das ‚Nicht-Zutreffen‘, also eine ‚bloß mögliche‘ Geltung, ist hingegen schwierig zu entscheiden.
Wir berühren mit diesem Phänomen der ‚aktuellen Nicht-Entscheidbarkeit‘ einer Aussage sowohl das Problem der ‚Bedeutung‘ einer Aussage — wie weit ist überhaupt klar, was gemeint ist? — als auch das Problem der ‚Unabgeschlossenheit unsres Alltags‘, besser bekannt als ‚Zukunft‘: ob eine ‚aktuelle Gegenwart‘ sich als solche fortsetzt, ob genau so, oder ob ganz anders, das hängt davon ab, wie wir ‚Zukunft‘ generell verstehen und einschätzen; was die einen als ’selbstverständlich‘ für eine mögliche Zukunft annehmen, kann für die anderen schlicht ‚Unsinn‘ sein.
BEDEUTUNG
Dieses Spannungsfeld von ‚aktuell entscheidbar‘ und ‚aktuell noch nicht entscheidbar‘ verdeutlicht zusätzlich einen ‚autonomen‘ Aspekt des Phänomens Bedeutung: hat sich ein bestimmtes Wissen im Gehirn gebildet und wurde dieses als ‚Bedeutung‘ für ein ‚Sprachsystem‘ nutzbar gemacht, dann gewinnt diese ‚assoziierte‘ Bedeutung für den Geltungsbereich des Wissens eine eigene ‚Realität‘: es ist nicht die ‚Realität jenseits des Gehirns‘, sondern die ‚Realität des eigenen Denkens‘, wobei diese Realität des Denkens ‚von außen betrachtet‘ etwas ‚Virtuelles‘ hat.
Will man über diese ‚besondere Realität der Bedeutung‘ im Kontext des ‚ganzen Systems‘ sprechen, dann muss man zu weitreichenden Annahmen greifen, um auf der Meta-Ebene einen ‚begrifflichen Rahmen‘ installieren zu können, der in der Lage ist, die Struktur und die Funktion von Bedeutung hinreichend beschreiben zu können. Dafür werden minimal die folgenden Komponenten angenommen (‚Wissen‘, ‚Sprache‘ sowie ‚Bedeutungsbeziehung‘):
WISSEN: Es gibt die Gesamtheit des ‚Wissens‘, das sich im Homo-Sapiens Akteur im Laufe der Zeit im Gehirn ‚aufbaut‘: sowohl aufgrund von kontinuierlichen Interaktionen des ‚Gehirns‘ mit der ‚Umgebung des Körpers‘, als auch aufgrund von Interaktionen ‚mit dem Körper selbst‘, sowie auch aufgrund der Interaktionen ‚des Gehirns mit sich selbst‘.
SPRACHE: Vom Wissen zu unterscheiden ist das dynamische System der ‚potentiellen Ausdrucksmittel‘, hier vereinfachend ‚Sprache‘ genannt, die sich im Laufe der Zeit in Interaktion mit dem ‚Wissen‘ entfalten können.
BEDEUTUNGSBEZIEHUNG: Schließlich gibt es die dynamische ‚Bedeutungsbeziehung‘, ein Interaktionsmechanismus, der beliebige Wissenselemente jederzeit mit beliebigen sprachlichen Ausdrucksmitteln verknüpfen kann.
Jede dieser genannten Komponenten ‚Wissen‘, ‚Sprache‘ wie auch ‚Bedeutungsbeziehung‘ ist extrem komplex; nicht weniger komplex ist auch ihr Zusammenspiel.
ZUKUNFTUND EMOTIONEN
Neben dem Phänomen Bedeutung wurde beim Phänomen des Zutreffens auch sichtbar, dass die Entscheidung des Zutreffens auch von einer ‚verfügbaren Alltagssituation‘ abhängt, in der sich eine aktuelle Entsprechung ‚konkret aufzeigen‘ lässt oder eben nicht.
Verfügen wir zusätzlich zu einer ‚denkbaren Bedeutung‘ im Kopf aktuell über keine Alltagssituation, die dieser Bedeutung im Kopf hinreichend korrespondiert, dann gibt es immer zwei Möglichkeiten: Wir können diesem gedachten Konstrukt trotz fehlendem Realitätsbezug den ‚Status einer möglichen Zukunft‘ verleihen oder nicht.
Würden wir uns dafür entscheiden, einer ‚Bedeutung im Kopf‘ den Status einer möglichen Zukunft zu zusprechen, dann stehen meistens folgende zwei Anforderungen im Raum: (i) Lässt sich im Lichte des verfügbaren Wissens hinreichend plausibel machen, dass sich die ‚gedachte mögliche Situation‘ in ‚absehbarer Zeit‘ ausgehend von der aktuellen realen Situation ‚in eine neue reale Situation transformieren lässt‘? Und (ii) Gibt es ’nachhaltige Gründe‚ warum man diese mögliche Zukunft ‚wollen und bejahen‘ sollte?
Die erste Forderung verlangt nach einer leistungsfähigen ‚Wissenschaft‘, die aufhellt, ob es überhaupt gehen kann. Die zweite Forderung geht darüber hinaus und bringt unter dem Gewand der ‚Nachhaltigkeit‘ den scheinbar ‚irrationalen‘ Aspekt der ‚Emotionalität‘ ins Spiel: es geht nicht nur einfach um ‚Wissen als solches‘, es geht auch nicht nur um ein ’sogenanntes nachhaltiges Wissen‘, das dazu beitragen soll, das Überleben des Lebens auf dem Planet Erde — und auch darüber hinaus — zu unterstützen, es geht vielmehr auch um ein ‚gut finden, etwas bejahen, und es dann auch entscheiden wollen‘. Diese letzten Aspekte werden bislang eher jenseits von ‚Rationalität‘ angesiedelt; sie werden dem diffusen Bereich der ‚Emotionen‘ zugeordnet; was seltsam ist, da ja jedwede Form von ‚üblicher Rationalität‘ genau in diesen ‚Emotionen‘ gründet.[2]
WISSENSCHAFTLICHER DISKURSUND ALLTAGSSITUATIONEN
In diesem soeben angedeuteten Kontext von ‚Rationalität‘ und ‚Emotionalität‘ ist es nicht uninteressant, dass im Tagungsthema der ‚wissenschaftliche Diskurs‘ als Referenzpunkt thematisiert wird, um den Stellenwert textfähiger Maschinen abzuklären.
Es fragt sich, inwieweit ein ‚wissenschaftlicher Diskurs‘ überhaupt als Referenzpunkt für einen erfolgreichen Text dienen kann?
Dazu kann es helfen, sich bewusst zu machen, dass das Leben auf diesem Planet Erde sich in jedem Moment in einer unfassbar großen Menge von ‚Alltagssituationen‘ abspielt, die alle gleichzeitig stattfinden. Jede ‚Alltagssituation‘ repräsentiert für die Akteure eine ‚Gegenwart‘. Und in den Köpfen der Akteure findet sich ein individuell unterschiedliches Wissen darüber, wie sich eine Gegenwart in einer möglichen Zukunft ‚verändern kann‘ bzw. verändern wird.
Dieses ‚Wissen in den Köpfen‘ der beteiligten Akteure kann man generell ‚in Texte transformieren‘, die auf unterschiedliche Weise einige der Aspekte des Alltags ’sprachlich repräsentieren‘.
Der entscheidende Punkt ist, dass es nicht ausreicht, dass jeder ‚für sich‘ alleine, ganz ‚individuell‘, einen Text erzeugt, sondern dass jeder zusammen ‚mit allen anderen‘, die auch von der Alltagssituation betroffen sind, einen ‚gemeinsamen Text‘ erzeugen muss. Eine ‚kollektive‘ Leistung ist gefragt.
Und es geht auch nicht um ‚irgendeinen‘ Text, sondern um einen solchen, der so beschaffen ist, dass er die ‚Generierung möglicher Fortsetzungen in der Zukunft‘ erlaubt, also das, was traditionell von einem ‚wissenschaftlichen Text‘ erwartet wird.
Aus der umfangreichen Diskussion — seit den Zeiten eines Aristoteles — was denn ‚wissenschaftlich‘ bedeuten soll, was eine ‚Theorie‘ ist, was eine ‚empirische Theorie‘ sein soll, skizziere ich das, was ich hier das ‚minimale Konzept einer empirischen Theorie‘ nenne.
Ausgangspunkt ist eine ‚Gruppe von Menschen‘ (die ‚Autoren‘), die einen ‚gemeinsamen Text‘ erstellen wollen.
Dieser Text soll die Eigenschaft besitzen, dass er ‚begründbare Voraussagen‘ für mögliche ‚zukünftige Situationen‘ erlaubt, denen sich dann in der Zukunft ‚irgendwann‘ auch eine ‚Geltung zuordnen lässt‘.
Die Autoren sind in der Lage, sich auf eine ‚Ausgangssituation‘ zu einigen, die sie mittels einer ‚gemeinsamen Sprache‘ in einen ‚Ausgangstext‘ [A] transformieren.
Es gilt als abgemacht, dass dieser Ausgangstext nur ’solche sprachliche Ausdrücke‘ enthalten darf, die sich ‚in der Ausgangssituation‘ als ‚wahr‘ ausweisen lassen.
In einem weiteren Text stellen die Autoren eine Reihe von ‚Veränderungsregeln‘ [V] zusammen, die ‚Formen von Veränderungen‘ an einer gegebenen Situation ins Wort bringen.
Auch in diesem Fall gilt es als abgemacht, dass nur ’solche Veränderungsregeln‘ aufgeschrieben werden dürfen, von denen alle Autoren wissen, dass sie sich in ‚vorausgehenden Alltagssituationen‘ als ‚wahr‘ erwiesen haben.
Der Text mit den Veränderungsregeln V liegt auf einer ‚Meta-Ebene‘ verglichen mit dem Text A über die Ausgangssituation, der relativ zum Text V auf einer ‚Objekt-Ebene‘ liegt.
Das ‚Zusammenspiel‘ zwischen dem Text V mit den Veränderungsregeln und dem Text A mit der Ausgangssituation wird in einem eigenen ‚Anwendungstext‘ [F] beschrieben: Hier wird beschrieben, wann und wie man eine Veränderungsregel (in V) auf einen Ausgangstext A anwenden darf und wie sich dabei der ‚Ausgangstext A‘ zu einem ‚Folgetext A*‘ verändert.
Der Anwendungstext F liegt damit auf einer nächst höheren Meta-Ebene zu den beiden Texten A und V und kann bewirken, dass der Anwendungstext den Ausgangstext A verändert wird.
In dem Moment, wo ein neuer Folgetext A* vorliegt, wird der Folgetext A* zum neuen Anfangstext A.
Falls der neue Ausgangstext A so beschaffen ist, dass sich wieder eine Veränderungsregel aus V anwenden lässt, dann wiederholt sich die Erzeugung eines neuen Folgetextes A*.
Diese ‚Wiederholbarkeit‘ der Anwendung kann zur Generierung von vielen Folgetexten <A*1, …, A*n> führen.
Eine Serie von vielen Folgetexten <A*1, …, A*n> nennt man üblicherweise auch eine ‚Simulation‘.
Abhängig von der Beschaffenheit des Ausgangstextes A und der Art der Veränderungsregeln in V kann es sein, dass mögliche Simulationen ‚ganz unterschiedlich verlaufen können‘. Die Menge der möglichen wissenschaftlichen Simulationen repräsentiert ‚Zukunft‘ damit also nicht als einen einzigen, bestimmten Verlauf, sondern als eine ‚beliebig große Menge möglicher Verläufe‘.
Die Faktoren, von denen unterschiedliche Verläufe abhängen, sind vielfältig. Ein Faktor sind die Autoren selbst. Jeder Autor ist ja mit seiner Körperlichkeit vollständig selbst Teil genau jener empirischen Welt, die in einer wissenschaftlichen Theorie beschrieben werden soll. Und wie bekannt, kann jeder menschliche Akteur seine Meinung jederzeit ändern. Er kann buchstäblich im nächsten Moment genau das Gegenteil von dem tun, was er zuvor gedacht hat. Und damit ist die Welt schon nicht mehr die gleiche, wie zuvor in der wissenschaftlichen Beschreibung angenommen.
Schon dieses einfache Beispiel zeigt, dass die Emotionalität des ‚Gut-Findens, des Wollens, und des Entscheidens‘ der Rationalität wissenschaftlicher Theorien voraus liegt. Dies setzt sich in der sogenannten ‚Nachhaltigkeitsdiskussion‘ fort.
NACHHALTIGE EMPIRISCHE THEORIE
Mit dem soeben eingeführten ‚minimalen Konzepts einer empirischen Theorie (ET)‘ lässt sich direkt auch ein ‚minimales Konzept einer nachhaltigen empirischen Theorie (NET)‘ einführen.
Während eine empirische Theorie einen beliebig großen Raum an begründeten Simulationen aufspannen kann, die den Raum von vielen möglichen Zukünften sichtbar machen, verbleibt den Akteuren des Alltags die Frage, was sie denn von all dem als ‚ihre Zukunft‘ haben wollen? In der Gegenwart erleben wir die Situation, dass die Menschheit den Eindruck erweckt, als ob sie damit einverstanden ist, das Leben jenseits der menschlichen Population mehr und mehr nachhaltig zu zerstören mit dem erwartbaren Effekt der ‚Selbst-Zerstörung‘.
Dieser in Umrissen vorhersehbare Selbst-Zerstörungseffekt ist aber im Raum der möglichen Zukünfte nur eine Variante. Die empirische Wissenschaft kann sie umrisshaft andeuten. Diese Variante vor anderen auszuzeichnen, sie als ‚gut‘ zu akzeptieren, sie ‚zu wollen‘, sich für diese Variante zu ‚entscheiden‘, liegt in jenem bislang kaum erforschten Bereich der Emotionalität als Wurzel aller Rationalität.
Wenn sich Akteure des Alltags für eine bestimmte rational aufgehellte Variante von möglicher Zukunft entschieden haben, dann können sie jederzeit mit einem geeigneten ‚Evaluationsverfahren (EVAL)‘ auswerten, wie viel ‚Prozent (%) der Eigenschaften des Zielzustandes Z‘ bislang erreicht worden sind, vorausgesetzt, der favorisierte Zielzustand wird in einen passenden Text Z transformiert.
Anders formuliert: in dem Moment, wo wir Alltagsszenarien über geeignete Texte in einen rational greifbaren Zustand transformiert haben, nehmen die Dinge eine gewisse Klarheit an und werden dadurch — in gewisser Weise — einfach. Dass wir solche Transformationen vornehmen und auf welche Aspekte eines realen oder möglichen Zustands wir uns dann fokussieren, das ist aber als emotionale Dimension der textbasierten Rationalität vor-gelagert.[2]
MENSCH-MASCHINE
Nach diesen vorbereitenden Überlegungen stellt sich die abschließende Frage, ob und wie die Hauptfrage dieser Tagung „Wie verändern KI-Textgeneratoren wissenschaftliche Diskurse?“ in irgendeiner Weise beantwortet werden kann?
Meine bisherigen Ausführungen haben versucht aufzuzeigen, was es bedeutet, dass Menschen kollektiv Texte erzeugen, die die Kriterien für einen wissenschaftlichen Diskurs erfüllen, der zudem die Anforderungen für empirische oder gar nachhaltig-empirische Theorien erfüllt.
Dabei zeigt sich, dass sowohl bei der Generierung eines kollektiven wissenschaftlichen Textes wie auch bei seiner Anwendung im Alltag ein enger Wechselbezug sowohl mit der gemeinsamen erfahrbaren Welt wie auch mit den dynamischen Wissens- und Bedeutungskomponenten in jedem Akteur eine Rolle spielen.
Der Aspekt der ‚Geltung‘ ist Teil eines dynamischen Weltbezugs, dessen Einschätzung als ‚wahr‘ beständig im Fluss ist; während der eine Akteur vielleicht dazu tendiert zu sagen „Ja, kann stimmen“, tendiert ein anderer Akteur vielleicht gerade zum Gegenteil. Während die einen eher dazu tendieren, eine mögliche Zukunftsvariante X zu favorisieren, wollen die anderen lieber die Zukunftsvariante Y. Rationale Argumente fehlen; die Gefühle sprechen. Während eine Gruppe gerade beschlossen hat, dem Plan Z zu ‚glauben‘ und ihn ‚umzusetzen‘, wenden sich die anderen ab, verwerfen Plan Z, und tun etwas ganz anderes.
Dieser unstete, unsichere Charakter des Zukunft-Deutens und Zukunft-Handelns begleitet die Homo Sapiens Population von Anbeginn. Der unverstandene emotionale Komplex begleitet den Alltag beständig wie ein Schatten.[2]
Wo und wie können ‚textfähige Maschinen‘ in dieser Situation einen konstruktiven Beitrag leisten?
Angenommen es liegt ein Ausgangstext A vor, dazu ein Veränderungstext V sowie eine Anleitung F, dann könnten heutige Algorithmen alle möglichen Simulationen schneller durchrechnen als es Menschen könnten.
Angenommen zusätzlich es läge auch noch ein Zieltext Z vor, dann könnte ein heutiger Algorithmus auch eine Auswertung zum Verhältnis zwischen einer aktuellen Situation als A und dem Zieltext Z berechnen.
Mit anderen Worten: wäre eine empirische oder eine nachhaltig-empirische Theorie mit ihren notwendigen Texten formuliert, dann könnte ein heutiger Algorithmus alle möglichen Simulationen und den Grad der Zielerfüllung automatisch schneller berechnen, als jeder Mensch allein.
Wie steht es aber mit der (i) Ausarbeitung einer Theorie bzw. (ii) mit der vor-rationalen Entscheidung für eine bestimmte empirische oder gar nachhaltig-empirische Theorie ?
Eine klare Antwort auf beide Fragen erscheint mir zum aktuellen Zeitpunkt kaum möglich, verstehen wir Menschen doch noch zu wenig, wie wir selbst im Alltag kollektiv Theorien bilden, auswählen, überprüfen, vergleichen und auch wieder verwerfen.
Meine Arbeitshypothese zum Thema lautet: dass wir sehr wohl lernfähige Maschinen brauchen werden, um in der Zukunft die Aufgabe erfüllen zu können, brauchbare nachhaltig-empirische Theorien für den gemeinsamen Alltag zu entwickeln. Wann dies aber real geschehen wird und in welchem Umfang scheint mir zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend unklar.
ANMERKUNGEN
[1] https://zevedi.de/themen/ki-text/
[2] Das Sprechen über ‚Emotionen‘ im Sinne von ‚Faktoren in uns‘, die uns dazu bewegen, aus dem Zustand ‚vor dem Text‘ in den Zustand ‚geschriebener Text‘ überzugehen, der lässt sehr viele Aspekte anklingen. In einem kleinen explorativen Text „STÄNDIGE WIEDERGEBURT – Jetzt. Schweigen hilft nicht …“ ( https://www.cognitiveagent.org/2023/08/28/staendige-wiedergeburt-jetzt-schweigen-hilft-nicht-exploration/ ) hat der Autor versucht, einige dieser Aspekte anzusprechen. Beim Schreiben wird deutlich, dass hier sehr viele ‚individuell subjektive‘ Aspekte eine Rolle spielen, die natürlich nicht ‚isoliert‘ auftreten, sondern immer auch einen Bezug zu konkreten Kontexten aufblitzen lassen, die sich mit dem Thema verknüpfen. Dennoch, es ist nicht der ‚objektive Kontext‘, der die Kernaussage bildet, sondern die ‚individuell subjektive‘ Komponente, die im Vorgang des ‚ins-Wort-Bringens‘ aufscheint. Diese individuell-subjektive Komponenten wird hier versuchsweise als Kriterium für ‚authentische Texte‘ benutzt im Vergleich zu ‚automatisierten Texten‘ wie jene, die von allerlei Bots generiert werden können. Um diesen Unterschied greifbarer zu machen, hat der Autor sich dazu entschieden, mit dem zitierten authentischen Text zugleich auch einen ‚automatisierten Text‘ mit gleicher Themenstellung zu erzeugen. Dazu hat er chatGBT4 von openAI benutzt. Damit beginnt ein philosophisch-literarisches Experiment, um auf diese Weise vielleicht den möglichen Unterschied sichtbarer zu machen. Aus rein theoretischen Gründen ist klar, dass ein von chatGBT4 erzeugter Text im Ursprung niemals ‚authentische Texte‘ erzeugen kann, es sei denn, er benutzt als Vorlage einen authentischen Text, den er abwandeln kann. Dann ist dies aber ein klares ‚fake Dokument‘. Um solch einem Missbrauch vorzubeugen, schreibt der Autor im Rahmen des Experiments den authentischen Text zu erst und beauftragt dann chatGBT4 zur vorgegebenen Themenstellung etwas zu schreiben, ohne dass chatGBT4 den authentischen Text kennt, da er noch nicht über das Internet in die Datenbasis von chatGBT4 Eingang gefunden hat.
DER AUTOR
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