Archiv der Kategorie: Mensch – Natur

BLOG GEBIERT BUCH. Bis 28.August 2015 soll die Grundaussage des Blogs als Buch geschrieben werden

Nachbemerkung am 30.Dez.2015: Das Ziel, das  Buch bis 10.November 2015 fertig zu haben, konnte nicht erreicht werden. Dies lag vornehmlich daran, dass sich im Schreiben so viele Baustellen aufgetan haben, dass es dem Autor nicht möglich war, den ‚Sack zu zu machen‘. Dann begann das Semester und die Zeitreserven schmolzen dahin…Dennoch war dieser erste Versuch eines kompakten Buches sehr lehrreich. Wann es wieder zu solch einem Versuch kommen wird, ist momentan offen. Im Rahmen des Emerging Mind Projektes (EMP), das seit November 2015 angelaufen ist, gibt es so viele neue Theorieprojekte (auch verbunden mit Texten), dass es möglicherweise noch lange Zeit bei den kursorischen Blogeinträgen bleiben wird…

… und vor dem 10.November 2015 erscheinen. Aktualisierung: Bis 10.November nur die Onlineversion, dann die anderen Versionen …

Da es bei mehr als 285 Blogeinträgen mit dem Verstehen langsam schwierig wird, habe ich mich entschlossen, in der Zeit bis 28.August die Grundaussage des Blogs von den ca. 1500 Seiten auf 100 Seiten zu ‚verdichten‘. Dabei gehen natürlich viele Details verloren, aber es wird – hoffentlich – die Kernaussage sichtbar, die sich im Blog im Laufe der Jahre herausgeschält hat. Da ich dazu ab November deutlich mehr öffentliche Veranstaltungen machen werde als in der Vergangenheit (das Emerging-Mind Projekt, Vorträge mit Diskussionen und auch das neue Philosophy-in-Concert Format (vermutlich auch weiterhin die Philosophiewerkstatt)) kann es hilfreich sein, die Kernaussage in handlicher Form zur Hand zu haben. Da das Ganze ein dynamischer Prozess ist, werden sich die Inhalte beständig weiter entwickeln. Während dem Schreiben des Buches werde ich die einzelnen Kapitel auch hier im Blog ‚vorab drucken‘. Dies schließt nicht aus, dass der endgültige veröffentlichte Text in Details von dieser Vorabversion abweichen kann (zumal ich erst beim Schreiben so richtig ’sehe‘, was ich tatsächlich schreiben will … :-)).

ZWISCHENREFLEXIONEN BEIM SCHREIBEN

  1. Überlegungen zu einem geeigneten Titel (18.Juli 2015)
  2. Umfang, Stil, Adressaten, Termine (11.Aug.2015)
  3. Verhältnis zum Big-History Paradigma; Aufbruch in die Zukunft (13.Aug.2015)
  4. Zum Verhältnis von Thermodynamik zu biologischen Systemen. Die Physik lässt viele Fragen offene (14.August 2015)
  5. BUCHPROJEKT 2015 – Zwischenreflexion 18.August 2015 – INFORMATION IN DER MOLEKULARBIOLOGIE – Maynard-Smith
  6. BUCHPROJEKT 2015 – Zwischenreflexion 22.August 2015 – SHANNON BOLTZMANN DEACON – Was fehlt (22.Aug.2015)
  7. BUCHPROJEKT 2015 – Zwischenreflexion 23.August 2015 – INFORMATION – Jenseits von Shannon (23.Augut 2015)

AKTUELLER TITEL:

AUFBRUCH INS HERZ DER ZUKUNFT

KAPITELÜBERSICHT
(Letzte Änderungen am: 27.August 2015)

  1. Zuruf an den Leser (Letzte Änderung 28.Juli 2015)
  2. Einkapselung und Abschaffung (Letzte Änderung 14.Juli 2015)
  3. Monster und Engel (Letzte Änderung 21.Juli 2015)
  4. Hinter den Augen … (Letzte Änderung 28.Juli 2015)
  5. Wie alles anfing (Letzte Änderung 2.August 2015)
  6. Was ist Leben? (Letzte Änderung: 27.Aug.2015)

    Zurück auf Start 🙂
    Alle folgenden Kapitel wurden neu konzipiert

Das Gesamtformat des Textes geht in Richtung eines philosophisch-wissenschaftlichen Essays, in dem bekannte Fragen und Erkenntnisse zum Thema in einem eher freien literarischen Format so angeordnet werde, dass ein ’normaler Leser‘, jemand, der kein Experte ist, eine Chance haben sollte, zumindest zu erahnen, was heute gerade passiert, was mit ihm passiert, mit ihm als Mitglied der Population der Menschen.

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INTELLIGENZ, LERNEN, IMPLIZITE WERTE: ZUR BIOTECHNOLOGISCHEN KREATIVITÄT VERURTEILT

EINFÜHRUNG

1. Momentan kreuzen wieder einmal verschiedene Themen ihre Bahnen und die folgenden Zeilen stellen den Versuch dar, einige Aspekt davon festzuhalten.

2. Ein Thema rührt von dem Vortrag am 19.Mai her, bei dem es darum ging, die scheinbare Einfachheit, Begrenztheit und Langsamkeit von uns Menschen angesichts der aktuell rasant erscheinenden Entwicklungen in einen größeren Kontext einzuordnen, in den Kontext der biologischen Entwicklung, und dabei aufzuzeigen, welch fantastisches ‚Produkt‘ der homo sapiens im Kontext des biologischen Lebens darstellt und dass unsere Gegenwart nicht als ein ‚Endpunkt‘ misszuverstehen ist, sondern als eine hochaktive Transitzone in eine Zukunft, die keiner wirklich kennt.

3. Ein anderes Thema rührt her von den neuen Technologien der Informationstheorie, Informatik, Robotik, die unser Leben immer mehr begleiten, umhüllen, durchtränken in einer Weise, die unheimlich werden kann. In den Science-Fiction Filmen der letzten 40-50 Jahren werden die ‚intelligenten Maschinen‘ mehr und mehr zu den neuen Lichtgestalten während der Mensch verglichen mit diesen Visionen relativ ‚alt‘ aussieht.

4. Während viele – die meisten? – dem Akteur homo sapiens momentan wenig Aufmerksamkeit zu schenken scheinen, auf ihn keine ernsthafte Wetten abschließen wollen, traut man den intelligenten Maschinen scheinbar alles zu.

5. Ich selbst liefere sogar (neue) Argumente (in vorausgehenden Artikeln), warum eine Technologie der künstlichen Intelligenz ‚prinzipiell‘ alles kann, was auch biologische Systeme können.

6. In den Diskussionen rund um dieses Thema bin ich dabei verstärkt auf das Thema der ‚impliziten Werte‘ gestoßen, die innerhalb eines Lernprozesses Voraussetzung dafür sind, dass das Lernen eine ‚Richtung‘ nehmen kann. Dieser Punkt soll hier etwas ausführlicher diskutiert werden.

INTELLIGENZ

7. Eine Diskussion über die Möglichkeit von Intelligenz (bzw. dann sogar vielleicht einer Superintelligenz) müsste klären, wie man überhaupt Intelligenz definieren will. Was ‚Intelligenz an sich‘ sein soll, das weiß bis heute niemand. Die einzigen, die seit ca. 100 Jahren einen empirisch brauchbaren Intelligenzbegriff entwickelt haben, das sind die Psychologen. Sie definieren etwas, was niemand kennt, die ‚Intelligenz‘, ganz pragmatisch über einen Katalog von Aufgaben, die ein Kind in einem bestimmten Alter in einer bestimmten Gesellschaft so lösen kann, dass man dieses Kind in dieser Gesellschaft als ‚intelligent‘ bezeichnen würde. Bei einem Menschen mit einem anderen Alter aus einer anderen Gesellschaft kann dieser Aufgabenkatalog ganz andere Ergebnisse liefern.

8. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Kinder, denen man aufgrund ihres vermessenen Verhaltens einen hohen Intelligenzwert zugeschrieben hat, bei Langzeituntersuchung auch überdurchschnittlich ‚erfolgreich‘ (eine in sich nicht einfache Kategorie) waren. Daraus hat man die Arbeitshypothese abgeleitet, dass das messbare intelligente Verhalten ein Indikator für bestimmte ‚interne Strukturen im Kind‘ ist, die dafür verantwortlich sind, dass das Kind solch ein Verhalten hervorbringen kann. Und es sind genau diese postulierten Ermöglichungsstrukturen für de Intelligenz, die im Kind wirksam sein sollen, wenn es im Laufe seines Lebens ‚erfolgreich‘ ist.

9. Die Ingenieurwissenschaften und die Informatik benutzen Begriffe wie ’smart‘ und ‚intelligent‘ heute fast inflationär, ohne sich in der Regel die Mühe zu machen, ihre technischen Intelligenzbegriffe mit dem psychologischen Intelligenzbegriff abzugleichen. Dies führt zu großen Begriffsverwirrungen und man kann im Falle der technischen Intelligenz in der Regel nicht sagen, in welchem Sinne ein Interface oder eine Maschine ‚intelligent‘ ist, wenn sie technisch ’smart‘ oder ‚intelligent‘ genannt wird.

10. Der berühmt Turing-Test zur Feststellung, ob eine technische Vorrichtung sich in ihrem textbasierten Dialog mit einem Menschen für den beteiligten Menschen als ununterscheidbar zu einem Menschen darstellen kann, ist nach den Standards der Psychologie wenig brauchbar. Die endlosen Diskussionen um den Turing-Test dokumentieren für mich die immer noch anhaltende methodische Verwirrung, die sich im Umfeld des technischen Intelligenzbegriffs findet. Das hohe Preisgeld für den Turing-Test kann die evidenten inhärenten Schwächen des Tests nicht beheben.

11. Wenn wir also über intelligente (oder gar super intelligente) Maschinen reden wollen, sollten wir uns an bekannte, empirisch nachprüfbare und vergleichbare Standards halten, und dies sind die der empirischen Psychologie. Das gleiche gilt auch für den nächsten zentralen Begriff, dem des ‚Lernens‘.

LERNEN

12. Auch bei dem Begriff ‚Lernen‘ finden wir wieder einen inflationären Sprachgebrauch von ‚Lernen‘ in der Informatik, der in keiner Weise mit dem empirischen Begriff des Lernens in den verhaltensorientierten Wissenschaften abgestimmt ist. Was eine ‚intelligente‘ Maschine der Informatik im Vergleich zu biologischen Systemen darstellen soll, ist im allgemeinen Fall unklar. An konkreten Beispielen wie ’schachspielender Computer, ‚Routenplanung‘ für eine Reise, ‚Quizfragen beantworten‘, ‚Gegenstände erkennen‘, gibt es zwar partielle verhaltensorientierte Beschreibungen von ‚maschineller Intelligenz‘, diese sind aber nicht in eine allgemeine verhaltensorientierte Theorie ‚intelligenter Maschinen‘ integriert.

13. In den verhaltensorientierten Wissenschaften wird ‚Lernen‘ über beobachtbares Verhalten definiert. ‚Anhaltende Verhaltensänderungen‘ in ‚Abhängigkeit von bestimmten Umweltereignissen‘ bilden die Anknüpfungspunkte, um im beobachteten System allgemein Zustände anzunehmen, die sich wahrnehmungsabhängig und erinnerungsabhängig ’nachhaltig ändern‘ können. Was genau sich ändert, weiß ein Psychologe nicht, nur dass es geeignete interne Strukturen geben muss, wenn sich ein bestimmtes Verhalten zeigt.

14. Setzt man den Körper als Ermöglichungsstruktur voraus, dann beschränkt sich Lernen auf interne Veränderungen des gegebenen Körpers. Das wäre das ’normale‘ lokale individuelle Lernen. Man kann aber auch die Strukturen eine Körpers selbst als Ergebnis eines Lernprozesses auffassen, dann bezieht sich das Lernen auf den Wandel der Körperstrukturen und -formen und die dafür verantwortlichen (angenommenen) internen Zustände sind z.T. im Reproduktionsmechanismus zu verorten. Insgesamt erscheint das strukturelle Lernen aber als komplexer mehrstufiger Prozess, der Phylogenese, Ontogenese und Epigenese umfasst.

GERICHTETE KREATIVE ENTWICKLUNG

15. Solange ein System sich in seinem Lernen damit beschäftigt, Ereignisse zu identifizieren, zu klassifizieren, Muster zu erfassen, auftretende Beziehungen zu erfassen, so lange ist das Lernen ‚an sich‘ ‚wertfrei‘. Spannender wird es bei ‚Auswahlprozessen‘: womit soll sich ein System beschäftigen: eher A oder eher Nicht-A? Durch Auswahlprozesse bekommt der individuelle Lernprozess eine ‚Richtung‘, einen selektierten Ereignisraum, der sich dann auch in den Wissensstrukturen des Systems widerspiegeln wird. Jede ‚Lerngeschichte‘ korrespondiert auf diese Weise mit einer entsprechenden ‚Wissensstruktur‘. Wenn jemand Weinanbau gelernt hat, aber es gibt keinen Wein mehr, sondern nur noch Handwerk, ist er ‚arbeitslos‘ oder muss ‚umlernen‘. Wer Betriebswirtschaft gelernt hat, aber zu wenig von Qualitätsprozessen versteht, kann erfolgreiche Firmen in den Ruin steuern. Auswahlprozesse realisieren ‚Präferenzen‘: Eher A als Nicht-A. Präferenzen repräsentieren implizit ‚Werte‘: A ist besser/ wichtiger als Nicht-A.

16. Im Falle der biologischen Evolution werden die Präferenzen sowohl vom biologischen Reproduktionsmechanismus geliefert (bis dahin vorhandene Erbinformationen), wie auch durch die herrschende Umgebung, die von bestimmten Körperformen nicht gemeistert werden konnten, von anderen schon. Die in ihren Nachkommen überlebenden Körperformen repräsentierten dann mit ihren Erbinformationen eine von außen induzierte Präferenz, die ‚gespeicherten Präferenzen der Vergangenheit‘ als eine Form von ‚Erinnerung‘, als ‚Gedächtnis‘. Über die ‚Zukunft‘ weiß die biologische Entwicklung nichts! [Anmerkung: Diese Ideen finden sich u.a. auch schon in den Schriften von Stuart Alan Kauffman. Sie ergeben sich aber auch unmittelbar, wenn man mit genetischen Algorithmen arbeitet und die Lernstruktur dieser Algorithmen heraushebt.].

17. Die biologische Entwicklung lebt vielmehr von der – impliziten! – ‚Hoffnung‘, dass die umgebende Welt sich nicht schneller ändert als die gespeicherten Erbinformationen voraussetzen. Da wir heute wissen, dass sich die Welt beständig verändert hat, teilweise sehr schnell oder gar blitzartig (Vulkanausbruch, Asteroidenbeschuss, Erdbeben,…), kann man sich fragen, wie die biologische Evolution es dann geschafft hat, das Leben quasi im Spiel zu halten, ohne etwas über die Zukunft zu wissen? Die Antwort ist eindeutig: durch eine Kombination von Kreativität und von Masse!

18. Die ‚Kreativität‘ ist implizit; die Reproduktion eines neuen Körpers aus vorhandenen genetischen Informationen verläuft auf sehr vielen Ebenen und in sehr vielen aufeinanderfolgenden Phasen. Fasst man diesen ganzen Prozess als eine ‚Abbildung‘ im mathematischen Sinne auf, dann kann man sagen, dass die Zuordnung von Körpern zu Erbinformationen nicht eindeutig ist; aus der gleichen Erbinformation kann rein mathematisch eine nahezu unendlich große Anzahl von ‚Varianten‘ entstehen, mit einem möglichen ‚Variantenkern‘. In der empirischen Welt ist die Varianz erstaunlich gering und der Variantenkern erstaunlich stabil. Aber offensichtlich hat die verfügbare Varianz ausgereicht, um die sich stark verändernden Umgebungsbedingungen bedienen zu können. Voraus zur Zukunft in einer sich verändernden Welt hat man immer nur ein Teilwissen. Das ‚fehlende Wissen‘ muss man sich teuer erkaufen; es gibt nichts zu Nulltarif. Für jedes Leben, das man in der Zukunft erhalten will, muss man einen – nicht leicht genau zu bestimmenden – hohen Einsatz erbringen, in der Hoffnung, dass die Breite des Ansatzes ausreichend ist.

GEGENWART ALS TRANSIT

19. Verglichen mit den Dramen der Vergangenheit könnten uns die ‚Erfolge‘ der Gegenwart dazu verleiten, anzunehmen, dass wir Menschen ‚über dem Berg‘ sind. Dass wir jetzt so langsam alles ‚im Griff‘ haben. Diese Vorstellung könnte sehr sehr trügerisch sein. Denn das Überleben auf der Erde rechnet in Jahrhunderttausenden, Millionen oder gar hunderten von Millionen Jahren. Eine kurzfristige ‚Boomzeit‘ von ein paar Jahrzehnten besagt nichts, außer dass wir feststellen, dass schon in wenigen Jahrzehnten ungeheuer viele biologische Arten ausgestorben sind, viele weitere vom Aussterben bedroht sind, und allein wir Menschen viele zentrale Probleme der Ernährung, des Wassers und der Energie noch keineswegs gelöst haben. Außerdem haben wir nach heutigem Kenntnisstand nicht noch weitere 4 Milliarden Jahre Zeit, sondern höchstens ca. eine Milliarde Jahre, weil dann laut der Physik die Sonne sich aufgrund ihrer Kernfusionsprozess sich soweit ausgedehnt haben wird, dass ein Leben auf der Erde (nach heutigem Kenntnisstand) nicht mehr möglich sein wird.

20. Letztlich dürften wir weiterhin in dieser Position der anzustrebenden Meisterung von etwas ‚Neuem‘ sein, das wir vorab nur partiell kennen. Nur durch ein hinreichendes Maß an Kreativität und hinreichend vielfältigen Experimenten werden wir die Herausforderung meistern können. Jede Form der Festschreibung der Gegenwart als ‚unveränderlich‘ ist mittel- und langfristig tödlich.

BIOLOGIE UND TECHNIK IN EINEM BOOT

21. Aus den vorausgehenden Überlegungen ergeben sich unmittelbar einige weitreichende Folgerungen.

22. Die heute gern praktizierte Trennung von Biologie einerseits und Technologie andererseits erscheint künstlich und irreführend. Tatsache ist, dass die gesamte Technologie aus der Aktivität des biologischen Lebens – speziell durch den homo sapiens – entstanden ist. Etwas Biologisches (der homo sapiens) hat mit Mitteln der Biologie und der vorfindlichen Natur ‚Gebilde‘ geschaffen, die so vorher zwar nicht existiert haben, aber sie sind auch nicht aus dem ‚Nichts‘ entstanden. Sie sind durch und durch ‚biologisch‘, wenngleich – faktisch – mit der übrigen Natur, mit dem bisherigen Ökosystem nicht immer ‚optimal‘ angepasst. Aber die Natur selbst hat millionenfach Systeme erzeugt, die nicht optimal angepasst waren. Die Natur ist ein dynamisches Geschehen, in dem milliardenfach, billionenfach Strukturen generiert werden, die für eine Zukunft gedacht sind, die keiner explizit kennt. Es ist sozusagen ein allgemeines ‚Herantasten‘ an das ‚werdende Unbekannt‘. Wer hier glaubt, die bekannte Gegenwart als ‚Maßstab schlechthin‘ benutzen zu können, irrt schon im Ansatz.

23. Wenn nun ein Teil dieser Natur, der homo sapiens als Realisierung eines biologischen Systems, es durch seine Aktivitäten geschafft hat, seine unmittelbare Lebensumgebung umfassend und zugleich schnell so umzugestalten, dass er als Hauptakteur nun plötzlich als ‚Flaschenhals‘ erscheint, als ‚Bremsklotz‘, dann ist dies zunächst einmal keine ‚Panne‘, sondern ein riesiger Erfolg.

24. Die körperlichen Strukturen des homo sapiens, ein Wunderwerk von ca. 4 Milliarden Jahren ‚Entwicklungsarbeit‘, besitzen eine Substruktur, das Gehirn, das in der Lage ist, die strukturellen Lernprozesse der biologischen Körper in Gestalt lokaler individueller Lernprozesse dramatisch zu beschleunigen. Komplexe Gedächtnisstrukturen, komplexe Begriffsoperationen, Symbolgebrauch, Logik und Mathematik, Rechenmaschinen, Bücher, Computer, Daten-Netzwerke haben dem individuellen Gehirn eine ‚kognitive Verstärkung‘ verpasst, die die Veränderungsgeschwindigkeit des strukturellen Körperlernens von einer Dimension von etwa (optimistischen) 10^5 Jahren auf etwa (pessimistischen) 10^1 Jahren – oder weniger – verkürzt haben. Dies stellt eine absolute Revolution in der Evolution dar.

25. Hand in Hand mit der dramatischen Verkürzung der Lernzeit ging und geht eine dramatische Steigerung der Kooperationsfähigkeit durch Angleichung der Sprache(n), Angleichung der Datenräume, politisch-juristische Absicherung sozialer Räume, Verbesserung der Infrastrukturen für große Zahlen und vielem mehr.

26. Innerhalb von nur etwa 50-100 Jahren ist die Komplexitätsleistung des homo sapiens geradezu explodiert.

27. Bislang sind die neuen (noch nicht wirklich intelligenten) Technologien eindeutig eine Hilfe für den homo sapiens, sich in dieser Welt zurecht zu finden.

28. Wenn man begreift, dass die scheinbare ‚Schwäche‘ des homo sapiens nur die Kehrseite seiner ungeheuren Leistungsfähigkeit sind, sein gesamtes Umfeld dramatisch zu beschleunigen, dann würde die naheliegende Frage eigentlich sein, ob und wie der homo sapiens die neuen Technologien nutzen kann, um seine aktuellen begrenzten körperlichen Strukturen eben mit Hilfe dieser neuen Technologien soweit umzubauen, dass er selbst mit seinen eigenen Gestaltungserfolgen auf Dauer noch mithalten kann (und es ist ja kein Zufall, dass die gesamte moderne Genetik ohne Computer gar nicht existieren würde).

29. Bislang bremsen ‚veraltete‘ Ethiken in den Köpfen der Politik eine dynamische Erforschung der alternativen Strukturräume noch aus. Dies ist bis zu einem gewissen Grad verständlich, da der homo sapiens als ‚Transitwesen‘ sich nicht selbst ruinieren sollte bevor er neue leistungsfähige Strukturen gefunden hat; aber Verbote als grundsätzliche Haltung sind gemessen an der erfolgreichen Logik des Lebens seit 4 Milliarden Jahre grundlegend unethisch, da lebensfeindlich.

30. Auch die heute so ‚trendige‘ Gegenüberstellung von homo sapiens und ‚intelligenten lernenden Maschinen‘ erscheint nach den vorausgehenden Überlegungen wenig wahrscheinlich.

31. Einmal hätten mögliche intelligente Maschinen das gleiche Entwicklungsproblem wie die biologischen Systeme, die ihre Überlebensfähigkeit seit 4 Milliarden Jahre demonstriert haben. Biologische Systeme haben einen ‚mehrlagigen‘ Lernmechanismus‘ ausgebildet, der ‚Kreativität‘ als wesentlichen Bestandteil enthält. Die bisherigen Konzepte für maschinelle Intelligenz sind verglichen damit höchst primitiv. Maschinelle Intelligenz ‚für sich‘ ist auch völlig ortlos, kontextfrei. Als Moment am biologischen Entwicklungsprozess jedoch,in einer symbiotischen Beziehung zu biologischen Systemen, kann künstliche Intelligenz eine maximal hohe Bedeutung gewinnen und kann von den ‚Wertfindungsmechanismen‘ der biologischen Systeme als Teil einer vorfindlichen Natur profitieren.

32. Die Gegenübersetzung von homo sapiens und (intelligenter) Technologie ist ein Artefakt, ein Denkfehler, ein gefährlicher Denkfehler, da er genau die maximale Dynamik, die in einer biotechnologischen Symbiose bestehen kann, behindert oder gar verhindert. Das wäre lebensfeindlich und darin zutiefst unethisch.

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WAS IST MENSCHENWÜRDE? – Überlegungen im Umfeld des Buches von Paul Tiedemann – Teil 11

Paul Tiedemann, „Was ist Menschenwürde? Eine Einführung“, 2. aktualisierte Aufl., Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2014

VORBEMERKUNG

In den Blogbeiträgen 1-11 zum Buch von Paul Tiedemann handelt es sich um eine erste ‚Wahrnehmungsstufe‘ des Textes und seiner möglichen Bedeutung(en). Angereichert mit ersten Fragen und Querüberlegungen. Erst nach Abschluss dieser ersten wahrnehmenden Lektüre erfolgt eine darauf aufbauende Reflexion, die die Einordnungen der Position von Paul Tiedemann in andere denkerische Kontexte versuchen wird. Schon jetzt kann man aber sagen, dass dieses Buch zu dieser Zeit – unabhängig von möglichen späteren Reflexionsergebnissen – einen wichtigen Beitrag darstellt, da es in einer schwierigen geistigen-kulturellen Situation mit dem Begriff ‚Menschenwürde‘ einen Aspekt unseres individuellen und gesellschaftlichen Daseins thematisiert, der durch die aktuellen globalen Strömungen eher als gefährdet zu betrachten ist als gesichert. Wie das Buch zeigt, ist die Materie alles andere als einfach und es ist schon ein Glücksfall, dass der Richter Paul Tiedemann zugleich auch ein Philosoph ist, der auf die juristischen Sachverhalte zusätzlich mit einem veränderten philosophischen Blick schauen kann. Auch wenn man nicht alle philosophischen Einschätzungen teilen muss, gewinnt das Bild, das Paul Tiedemann zeichnet, doch eine Tiefe und Differenziertheit, die in der aktuellen Diskussion von unschätzbarem Wert ist. Nimmt man die Sicht von Paul Tiedemann ernst, dann kann man sehr besorgt sein über die Zukunft von Menschenwürde unter den Menschen, wenn man sieht, welche wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Kräfte auf unsere Gegenwart Einfluss nehmen und zu nehmen versuchen.

KONTEXT

Nach einem kurzen Aufriss zur historischen Genese des juristischen Begriffs ‚Menschenwürde‘ im Kontext der UN-Deklaration und der Übernahme in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Kap.1) stellt Paul Tiedemann im 2. Kapitel wichtige Interpretationsrichtungen in der deutschen Rechtsauslegung vor. Es folgte dann im Kapitel 3 ein Ausflug in die Philosophiegeschichte. Dieser endet für Paul Tiedemann in einer ‚Verwirrung‘. Er versuchte daraufhin eine weitere Klärung über die ‚Wortbedeutung‘ im Kapitel 4. Dieser ‚Umweg‘ über die Wortbedeutung wird in seiner Methodik nicht selbst problematisiert, liefert aber für den Fortgang der Untersuchung im Buch einen neuen Anknüpfungspunkt durch das Konzept des Werturteils. Es folgt dann der Versuch, einen absoluten Referenzpunkt für Werturteile zu identifizieren, mittels dem sich dann vielleicht das Werturteil als grundlegend erweisen lässt. Diesen absoluten Referenzpunkt findet Paul Tiedemann in der ‘Identitätstheorie der Menschenwürde’: diese geht aus von einer grundsätzlichen Selbstbestimmungskompetenz des Menschen und enthält als ein Moment auch den Aufbau einer individuellen Identität (‘Ich’). Dann folgt eine Anzahl möglicher Einwände gruppiert nach vier Themen: Anderer, Determiniert, Böse, nicht-personale Menschen. Dann betrachtet er in Kap.7, einem etwas längeren Kapitel, wichtige Konkretisierungen von Menschenwürde, wie sie uns im Alltag real begegnen. Sehr anschaulich führt er die verschiedenen Punkte aus, so dass man nachvollziehen kann, wie verschiedene Verhaltensweisen/ Lebensweisen tief in das Selbst- und Lebensgefühl eines Menschen eingreifen können, bis dahin, dass er in der Wurzel getroffen, verletzt oder gar nachhaltig zerstört wird. Es sind weniger die äußerlichen Dinge als solche, sondern ihre Wirkung auf das ‚Innere‘ eines Menschen, sein Fühlen, seine Fähigkeit zu vertrauen, sein Denken usw. Schließlich, im Kapitel 9, Menschenrechte als Moralische Rechte, geht es um Begriffe wie ‚Werte‘ – ‚Normen‘, ‚Pflichten‘, oder auch um ‚Moral‘. Insbesondere die Frage, wie komme ich von ‚Werten‘ zu ‚Normen‘? Ferner die Problematik des Verhältnisses von ‚Individuum‘ zur ‚Gesellschaft‘: inwiefern können sanktionierte gesellschaftliche Normen eine ‚Pflicht‘ für ein Individuum sein, das auf ‚authentische‘ Weise versucht, jene Werte und daraus sich ergebenden Pflichten zu bestimmen, denen es folgen will? Ist ‚Moral‘ im Sinne der Übereinstimmung von ‚gesellschaftlich‘ auferlegten Pflichten und ’subjektiv‘ auferlegten Pflichten möglich? Es ist aufschlussreich, wie Paul Tiedemann diese komplizierte Begriffslage aufschlüsselt und seine Sicht darlegt. Die ‚Kluft‘ zwischen individueller und gesellschaftlich sanktionierter Selbstverpflichtung schließt sich bei Paul Tiedemann dadurch, dass er die gesellschaftlichen Institutionen, die Normen in Form von Recht inhaltlich erlassen, sich in ihrem Geltungsgrund letztlich auf das Wollen der Wählerschaft zurückführen müssen. Durch diese Rückkoppelung des gesellschaftlichen Normgebers an das Wollen des einzelnen besteht im Prinzip die Möglichkeit, dass die ‚Werte‘ des einzelnen, an die sich der einzelne binden möchte (über die Delegierung an den gesellschaftlichen Normgeber), dem einzelnen nicht als ‚fremde‘ Normen gegenübertreten, sondern letztlich seinen eigenen intrinsischen Werten entsprechen.

Begriffsnetzwerk zu Kapitel 10 des Buches 'Menschenwürde' von Paul Tiedemann
Begriffsnetzwerk zu Kapitel 10 des Buches ‚Menschenwürde‘ von Paul Tiedemann

KAPITEL 10 (SS.178 – 193) RECHTSTHEORIE DER MENSCHENWÜRDE

1. Den Abschluss des Buches bildet ein Kapitel über rechtstheoretische Zusammenhänge, also jene Strukturen, innerhalb deren der Wert der ‚Menschenwürde‘ im öffentlichen, staatlichen Geschehen, zur Geltung kommen kann (oder auch nicht).

2. Bei diesen Überlegungen lässt sich Paul Tiedemann offensichtlich von der Frage leiten, wie es sein müsste, WENN der Wert der Menschenwürde zur Geltung kommen sollte (die Alternative würde auch gar keinen Sinn ergeben).

3. Entsprechend der vorausgehenden Unterscheidung (vgl. Kap.9) zwischen der subjektiven moralischen Verpflichtungsdimension ausgehend von erkannten Werten und der Externalisierung solcher Werte in einer öffentlichen staatlichen Rechtsordnung kann der Wert der Menschenwürde letztlich nur zur allgemeinen Geltung kommen, wenn eine staatliche Rechtsordnung in ihren Grundlagen diesen Wert zulässt, einbezieht, bejaht.

4. Wenn überhaupt, dann kann der Wert der Menschenwürde, nicht ein Wert neben anderen sein, sondern kann nur als ein absoluter Wert allen anderen Werten voraus liegen. Dies drückt sich auch darin aus, dass mögliche ‚Grundrechte‘ nicht in Konkurrenz zur Menschenwürde stehen können. Im Gegenteil, die Menschenwürde ist konstitutiv für alle sowohl ausdrücklich formulierten Grundrechte wie auch Grund möglicher neuer, noch nicht geschriebener Grundrechte.

5. Zwischenstaatliche, völkerrechtliche Vereinbarungen sind nationalstaatlich formal nur bindend, wenn die völkerrechtlichen Sachverhalte durch geeignete Transformationsrechte in nationalstaatliches Recht ‚überführt‘ wurden. Bezieht sich ein nationales Recht allerdings auf die Menschenwürde, dann ergibt sich implizit aus dieser Zielrichtung eine Art ‚immanente‘ Verpflichtung des Staates, sich einer völkerrechtlich formulierten Geltung der Menschenwürde anzuschließen und diese zu unterstützen.

DISKUSSION

6. Diese Gesamtarchitektur lässt allerdings deutlich eine Schwachstelle dort erkennen, wo die Geltung einer Rechtsordnung vom verfassungsgebenden Willen der Rechtssubjekte abhängt. Diese Rechtssubjekte als konkrete Individuen sind bekanntlich gebunden durch begrenztes Wissen, historischen Erfahrungen und aktuelle Wertesysteme, die statistisch eher nicht die Allgemeinheit des Wertes Menschenwürde widerspiegeln. Vielmehr finden wir in einer konkreten westlichen Gesellschaft heute eine Pluralität von Wertesysteme, die nicht vollständig kompatibel sind und in wichtigen Teilen dem Konzept der Menschenwürde eher widersprechen.

7. Dieser konkrete empirische Befund spricht nicht gegen die Menschenwürde, sondern beleuchtet nur den kontingenten Charakter ihrer ‚Erkennung‘ wie auch ihrer jeweiligen ‚Umsetzung‘.

8. Der Einwand von Paul Tiedemann gegen ein Naturgesetz gerade durch den Verweis auf die grundlegende Abhängigkeit jeder rechtmäßigen Verfassung vom Willen der Rechtssubjekte erscheint hier nicht ganz überzeugend, da dies ja für die Anerkennung und Geltung der Menschenwürde ja auch gilt. Die Menschenwürde wird von Paul Tiedemann ja als oberster fundamentaler Wert gesetzt unabhängig davon, ob einzelne Menschen dies nun voll erkennen oder nicht. Das gleiche gilt von der ‚Natur‘. Die Natur ist gesetzt vor allem individuellen Wollen und Anerkennen. Und insofern der Mensch vollständig ein ‚Produkt‘ dieser Natur ist, ist eine Trennung zwischen dem 100-prozentigen Naturprodukt Mensch und der den Menschen hervorbringenden Natur nicht so ohne weiteres einsichtig.

ABCHLUSS WAHRNEHMUNG, BEGINN REFLEXION

9. Mit diesem letzten 10.Kapitel endet diese erste Bestandsaufnahme des Buches von Paul Tiedemann.

10. Wie schon einleitend mehrfach festgestellt, ist es ein wunderbares Buch zur rechten Zeit, das aber, soviel wunderbare Einsichten es vermittelt, gerade deswegen auch zugleich eine Reihe von weiterführenden Fragen ermöglicht, die wichtig und drängend sind.

11. Die Abhängigkeit der letzten Werterkenntnis und deren reale Umgestaltung von den Rechtssubjekten selbst, den heute lebenden Menschen, macht das Erkennen und das Umgestalten notorisch fragil, da sich nicht nur die erste Natur, sondern auch die zweite von Menschen geschaffene Natur, immer schneller verändert. In evolutionärer Perspektive befindet sich das gesamte biologische Leben auf der Erde in einem Transformationsprozess von universalem Ausmaß, der es erzwingt, alle bisherigen Grundlagen von neuem und zukunftsoffen zu überdenken. Wenn meine Wahrnehmung zutrifft, dann sind es gerade die treibenden Kräfte der westlichen Länder, die zunehmend ein grundlegendes Problem mit dem Begriff der Menschenwürde haben, weil sie ein zunehmendes Problem mit dem Menschen als solchen haben. Aktuell kann der Eindruck entstehen, dass das Transhumane einen höheren Stellenwert bekommt als das Humane. Sollte dieser Eindruck zutreffen, würde damit in einer breiten gesellschaftlichen Strömung dem klassischen Begriff der Menschenwürde der Boden entzogen. Persönlich glaube ich nicht an einen grundlegenden Gegensatz von Humanem und Transhumanem, da sowohl das Humane wie auch das Transhumane prinzipiell Momente am biologischen Leben sind und beide Momente auf sehr grundlegende Weise miteinander verschränkt sind. Am elementarsten über die Wertefrage! Dieser Sachverhalt wird heute aber – soweit ich sehe – praktisch noch nirgends wahrgenommen. Dies liegt möglicherweise daran, dass es bis heute zu wenig Menschen gibt, die sich ernsthaft mit der Grundlagenproblematik lernender Systeme (biologischen technischen) beschäftigt haben. Es gibt nämlich kein ernsthaftes Lernen ohne Werte. Und Werte fallen nicht vom Himmel, sie kosten vielmehr einen sehr hohen Preis, genau genommen kosten sie soviel Existenz, wie man dadurch gewinnen will.

Fortsetzung folgt

Einen Überblick über alle Blogeinträge von cagent nach Titeln findet sich HIER: cagent.

Einen Überblick über alle Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER: Blog gesamt.

Über Industrie 4.0 und Transhumanismus. Roboter als Volksverdummung? Schaffen wir uns selbst ab?

Vortrag am 19.Mai 2015 im Literaturhaus Frankfurt in der Veranstaltung PR-Slam & Ham 2015

In meiner Präsentation hatte ich eine Reihe von Schaubildern gezeigt, die ich dann mündlich kommentiert habe. Einen geschriebenen Text gab es nicht. Ich habe aber die Erläuterung nochmals ’nachgesprochen‘. Aus den 20 Min sind dann ca. 70 Min geworden. Die Bilder unten bilden das Rückgrat der Geschichte; sie sind nummeriert. Im gesprochenen Text nehme ich auf diese Bilder Bezug.

Das Ganze endet in einem glühenden Plädoyer für die Zukunft des Lebens in Symbiose mit einer angemessenen Technik. Wir sind nicht das ‚Endprodukt‘ der Evolution, sondern nur eine Durchgangsstation hin zu etwas ganz anderem!

 

AUDIODATEI DES KOMMENTARS (70 Minuten! mp3)

Gehirn im Körper mit Bild 1: Bewusstsein - Beobachter
Bild 1: Gehirn im Körper mit Bewusstsein – Beobachter
Bild 2: Gehirn im Körper mit Raum der Phänomene. Empirische und nicht-empirische Phänomene
Bild 2: Gehirn im Körper mit Raum der Phänomene. Empirische und nicht-empirische Phänomene
Bild 3: Korrelation zwischen Gehirn, Bewusstsein und Gedächtnis. Gedächtnis mit Sensorik, Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis
Bild 3: Korrelation zwischen Gehirn, Bewusstsein und Gedächtnis. Gedächtnis mit Sensorik, Arbeitsgedächtnis und Langzeitgedächtnis
Bild 4: Mensch im Alltag, umringt von technischen Schnittstellen die mit digitalisierten weltausschnitten verbinden können: viel. schnell, komplex
Bild 4: Mensch im Alltag, umringt von technischen Schnittstellen die mit digitalisierten weltausschnitten verbinden können: viel. schnell, komplex
Bild 5: Menge von Komplexitätsereignissen bisher; Explosion in der Gegenwart
Bild 5: Menge von Komplexitätsereignissen bisher; Explosion in der Gegenwart
Bild 6: Konkrete Zahlen zum vorhergehenden Schaubild mit den Komplexitätsereignissen
Bild 6: Konkrete Zahlen zum vorhergehenden Schaubild mit den Komplexitätsereignissen
Bild 7: Biologischer Reproduktion als Quelle der Kreativität für neue Strukturen
Bild 7: Biologischer Reproduktion als Quelle der Kreativität für neue Strukturen
Bild 8: Struktur der biologischen Reproduktion in 1-zu-1 Isomorphie zur Struktur eines Automaten (Turingmaschine)
Bild 8: Struktur der biologischen Reproduktion in 1-zu-1 Isomorphie zur Struktur eines Automaten (Turingmaschine)

Die Vision, die in dem Audiobeitrag gegen Ende entwickelt wird, soll in dem Emerging-Mind Projekt konkret umgesetzt werden, als Impuls, als Anstoß, als Provokation, als Community, die sich mit dem Thema philosophisch, wissenschaftlich, künstlerisch und theologisch auseinandersetzt.

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INFORMATIK & GESELLSCHAFT – Samstag 8.Nov.2014 – Veranstaltungshinweis in eigener Sache

1. Wer die Einträge in diesem Blog verfolgt, wird bemerkt haben, dass für den Autor dieses Blogs die vielfältigen Erscheinungsweisen des Computers keine ‚rein technischen Phänome‘ repräsentieren, sondern ein tieferliegendes Prinzip sichtbar machen, das mit der ‚Geistigkeit des Menschen‘ und der ‚Lebendigkeit‘ des ‚Biologischen‘ in einem wichtigen Zusammenhang steht.

2. In dem Maße wie das ‚Prinzip Computer‘ in seinen technischen Realisierungen immer mehr unseren Alltag durchdringt, Fähigkeiten und Eigenschaften des Menschen ‚kopiert‘, Menschen in Teilbereichen ersetzt, wird es immer wichtiger, dass wir uns ‚als Menschen‘ bewusst werden, was hier geschieht.

3. Ein ungebremster, auf reinen individuellen Profit ausgerichteter Kapitalismus, der in globalen Dimensionen operiert — verknüpft mit diesem mächtigen Prinzip des Computers — (und in Zusammenarbeit mit einer unkontrollierten Gentechnik, die schon jetzt jährlich allein in Deutschland viele Millionen Tiere gentechnisch verstümmelt, in die Abfalltonne wirft, um ‚patentierte Tiere‘ zu bekommen, die dann bestimmten Firmen als ‚Eigentum‘ gehören), kann immanent nur das Ziel haben, durch eine immer weiter voranschreitende Automatisierung und Datensammlung möglichst viel von der Welt unter seine Kontrolle zu bringen. Kurzfristig maximiert dies die individuellen Gewinne über alle bekannten Maßen.

4. Auf die Zukunft hochgerechnet versinkt der Rest der Gesellschaft in Bedeutungslosigkeit, wird zu einer Randbemerkung, eine Heerschar von Lobbyisten dient in Anbetung vor dem globalen Egoismus, Ausverkauf der Politik in Raten.

5. Wenn immer mehr arbeitslos werden und verarmen, dann wird der Mensch in einem ungeregelten Kapitalismus zur Belastung, zum Störfaktor, der Ressourcen verbraucht, aber scheinbar keine neuen erzeugt.

6. Man kann sich fragen, wer dann noch die Produkte der automatisierten Fabriken und die gentechnischen Biokreaturen ‚kaufen‘ soll/ will/ kann, wenn niemand mehr Geld hat außer denen, die egoistisch global produzieren; aber diese Frage scheint sich niemand zu stellen.

7. In dieses Szenario eines egoistischen globalen ‚menschenfreien‘ Kapitalismus fügt sich die Position der radikalen ‚Transhumanisten‘ wunderbar ein: sie gehen davon aus, dass die ‚Maschinen‘ das Prinzip des Computers irgendwann ‚von selbst‘ in die Hand nehmen und sich schneller und besser als die Menschen entwickeln werden. Die Frage nach dem ‚Wert‘ und dem ‚Sinn‘ des Menschlichen und dem Biologischen stellt sich für diese Position nicht mehr. Die Evolution wird sich künftig ohne Menschen (und überhaupt ohne biologisches Leben?) weiter entwickeln.

8. In der Vergangenheit haben sich Menschen immer wieder aufgelehnt, wenn die Ungleichheiten zwischen ‚egoistischem und kurzsichtigem Kapital‘ einerseits und den ‚Bürgern‘ zu groß wurden. Das kann sich prinzipiell jederzeit wiederholen. In sogenannten Demokratien sollte das Problem prinzipiell nicht auftreten. Aber die modernen Kommunikations- und Überwachungstechniken, die Kontrolle der Medien, die Unterwanderung der Politik durch Lobbyismus, die Militarisierung der Polizei (z.B. in den USA!) — um nur einige Punkte zu nennen – nimmt ein Ausmaß an, dass sich sogenannte ‚demokratische‘ Staaten und sogenannte ‚Diktaturen‘ immer weniger unterscheiden.

9. Im Zentrum steht die Frage, ob wir Menschen – bislang als Teil des Biologischen das einzig bekannte ‚Wunder‘ im gesamten bekannten Universum – für uns selbst ein Verständnis, eine Wertschätzung, einen Sinn, eine Zukunftsperspektive finden, die uns ‚Wert genug‘ erscheint, um uns gegenseitig hinreichend Wert zu schätzen und die uns hilft, gemeinsam eine Zukunft zu gestalten, in der Menschen mehr sind als bloße ‚Ressourcenverbaucher‘, als bloße ‚Konsumenten‘, als bloße ‚billige Arbeitskräfte‘, als bloßer ‚Kostenfaktor‘.

10. Eine Rückbesinnung auf die ‚klassischen Religionen‘ in ihrem ‚klassischen Format‘ reicht nach meiner Einschätzung für eine solche Zukunft in keiner Weise aus. Die ‚klassischen Religionen‘ sind nicht wahr genug, nicht offen genug, lassen es letztlich zu, Menschen, die anders sind, zu töten, einfach so, weil es jemandem gerade mal gefällt. Wie kann jemand an Gott glauben, wenn er es zulässt, dass es das wunderbarste, was das bekannte Universum bislang hervorgebracht hat, das ‚Leben‘, einfach so zu unterdrücken, zu zerstören und zu töten?

11. Die Veranstaltung INFORMATIK & GESELLSCHAFT, Sa 8.Nov.2014 (Hier ausführliche Informationen zu den Beiträgen, den Referenten und Künstlern:  IuG-Zusatzinformationen-1-10-2014-1Okt2014) kann natürlich nur einen winzigen Bruchteil von diesem Spektrum thematisieren, sie kann nur ein weiterer kleiner Baustein sein, um uns gegenseitig zu helfen, uns unserer Verantwortung für das Leben bewusst zu werden. Vorträge mit ausführlichen Diskussionen, musikalische Experimente und ein Videowettbewerb bieten Raum, um mit zu machen. Alle sind eingeladen, diese Veranstaltung zu unterstützen. Es muss ja nicht die letzte dieser Art sein …

12. Hier ein Kurzbericht zur Veranstaltung INFORMATIK & GESELLSCHAFT vom 8.November 2014.

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DER HOBBIT, DAS BÖSE UND WIR


(Unter twitter bei ‚cagentartist‘))

BUCH UND FILM

1) Spätestens seit dem Film ‚Der Hobbit: Eine unerwartete Reise‘ ist vielen die märchenhaft fantastische Geschichte des gleichnamigen Buches ‚Der Hobbit‘ bekannt, das J.R.R. Tolkien erstmalig 1937 in einer ersten Fassung veröffentlicht hatte (für eine Übersicht aller Publikationen von J.R.R.Tolkien siehe die Liste der Publikationen.
2) Das Buch ‚Der Hobbit‘, ursprünglich ein Kinderbuch, erfuhr bei seinem ersten Erscheinen sehr starke, positive Reaktionen, mit vielen Besprechungen, Ehrungen und Preisen. Es ist eine fantastische Geschichte, ein Märchen, mit vielen wunderbaren Gestalten, in ungewöhnlichen Szenarien, mit einer Dramaturgie, voller tiefer Gefühlen, Witz, Humor, aber doch auch hohem Ernst, mit einer Fülle von lebensbedrohenden Gefahren, die letztlich eine zu Beginn unscheinbare Person, einen Hobbit, zu einer listenreichen, fantasievollen, charakterlich starken Persönlichkeit reifen lassen, die Licht und Hoffnung verbreitet. Zugleich verwandeln sich andere Persönlichkeiten aufgrund von Gefahr und Gier in unangenehme Zeitgenossen, zu Verrätern, zu Versagern, die nur mit Mühe zu ihrer Menschlichkeit zurückfinden. Dazwischen und darum herum findet sich eine breite Palette von normalen und wundersamen Gestalten, die – jeder für sich – eine Facette möglichen Lebens erlebbar machen.

DAS BÖSE

3) Viel wurde über dieses Buch schon geschrieben, vieles könnte man sicher noch schreiben. Als ich aber letztens den Film ‚Der Hobbit‘ nochmals sah, mit Freunden, inspirierte mich der Aspekt des ‚Bösen‘, der ‚dunklen Mächte‘, die in diesem Film (und natürlich im Buch) aufscheinen. Das Böse erscheint machtvoll, bedrohlich, und hat in der Regel ein entsprechend ’schreckliches Äußeres‘, durch das man es unzweifelhaft erkennen kann (die Orcs, der Negromant, der Drachen, die tödlichen Spinnen, usw.). Das Thema des Bösen ist nichts Spezifisches für die Geschichte des ‚Hobbit‘; das Böse taucht in jedem Märchen, in nahezu jedem Roman und Film auf, und nicht nur das, die täglichen Nachrichten scheinen das Böse in seinen vielen bedrohlichen Formen wie magisch anzuziehen – zumindest tun die Nachrichtenredaktionen weltweit alles, um ja nichts Bedrohliches zu verpassen (und sind dann doch wieder auch wählerisch, da sie vieles andere Böse, wie man dann gelegentlich erfährt, bewusst ‚auslassen’…).
4) Folgt man nicht dem kommerziell sehr erfolgreichen Trend von Fantasieprodukten, die von der beständigen Produktion von künstlichem Bösen gut leben, sondern fragt man sich, wo denn die möglichen Ursprungsorte von ‚Bosheit‘, von ‚Bedrohlichem‘ liegen, dann wird man feststellen müssen, dass es das ‚Böse‘ nur dort gibt, wo es Menschen gibt. Ohne Menschen gibt es nichts ‚Böses‘! Ohne Menschen gibt es zwar gewaltige Kräfte, die im Universum Sterne und ganze Galaxien entstehen und vergehen lassen, gibt es unterschiedliche Verteilungen von Energie, Verdichtungen und Ausbrüche allerlei Art, die über viele hunderte oder gar tausende von Lichtjahre ihre Wirkungen entfalten können, aber es gibt nichts ‚Böses‘. Es fehlt jeglicher Maßstab, jegliche Kategorie für ‚Böses‘.
5) Sobald aber ‚Leben‘ auf der Erde entstanden ist und nun da ist, kann man mit Bezug auf dieses Leben sagen, dass es Vorgänge gibt, Ereignisse, Kräfte, die für die Existenz und den Fortbestand dieses Lebens eher ‚günstig‘ erscheinen oder eher ‚ungünstig‘, ja ‚bedrohlich‘. Und da es eine Besonderheit des Lebens ist, dass es ’sensitiv‘ für seine Umgebung und sich selbst ist, kann ein Lebendiges seine Umgebung aus der Perspektive seiner individuellen konkreten Existenz punktuell als eher ‚bedrohlich‘ erfahren oder als ‚hilfreich‘. Ein Erdbeben, das ohne Lebensformen eben ’nur‘ ein ’normales Erdbeben‘ war (z.B. weil sich Oberflächenplatten der Erdkruste aneinander reiben, dadurch Spannungen erzeugen, die sich dann gelegentlich in freiwerdenden Schwingungen entladen), wird mit einem Male zu einem ’schlimmen‘ Ereignis für Lebensformen, da diese in ihrer Existenz unmittelbar betroffen sind. Eine Waldbrand, der als solcher halt vorkommt, in gewisser Weise sogar für den Fortbestand der Vegetation gut sein kann, wird plötzlich, weil bestimmte Lebensformen in dem betroffenen Gebiet ‚wohnen‘, zu einem ’schrecklichen‘ Ereignis, weil es Lebensformen ‚töten‘ kann. Völlig ’natürliche‘ Vorgänge können also mit Bezug zu konkreten Lebensformen in bestimmten Situationen ’schrecklich‘ werden, nicht, weil sie ‚in sich‘ schrecklich sind, sondern weil sich Lebensformen in eine Position gebracht haben, so dass es für diese, aus ihrer eigenen Perspektive, ‚lebensbedrohlich‘ erscheint und dann oft auch ist.

MENSCHEN UND BÖSES

6) Wir Menschen als Teil des Lebens auf der Erde haben die Sensitivität für die umgebende Welt und unseren eigenen Zustand sehr weit kultiviert. Wir können nicht nur aktuelle Ereignisse als ‚aktuelle Gefahren‘ ‚identifizieren‘, wir können auch die Ereignisse der Vergangenheit ‚erinnern‘ und damit zurückliegende ‚Bedrohungen‘, ‚Zerstörungen‘, ‚Beschädigungen‘. Außerdem haben wir eine Vorstellungskraft gepaart mit viel ‚Fantasie‘; aufgrund von Erinnerungen und Gegenwart können wir uns auch ‚potentielle Gefahren‘ ausdenken, können versuchen, kommende Szenarien gedanklich vorweg zu nehmen. Sofern wir damit ‚reale‘ Situationen gedanklich vorweg nehmen, die ‚real‘ bedrohen können, ist dies sehr hilfreich. Wenn wir aber gedankliche Szenarien, die es so kaum oder gar nicht gibt, ausdenken und ihnen dann ein ‚Gewicht‘ verleihen, das sie gar nicht verdienen, dann beginnen wir, die Kraft unserer Gedanken gegen uns zu wenden. Dann beginnen wir mit unserer Fantasie unser Verhalten im Vorfeld zur kommenden Realität ‚fehl zu steuern‘, dann beginnen wir unsere ‚reale‘ Zukunft durch ‚irreale‘ Vorstellungen zu torpedieren. In diesem Kontext erscheint die moderne Unterhaltungsindustrie in einem zwielichtigen Licht: wenn man in den Videoregalen sieht, dass es kaum Videos über die reale Welt gibt, dafür aber sehr viele ‚Fantasieprodukte‘ und es diese Fantasieprodukte sind, die viele Menschen überwiegend sehen, dann infiltriert das ‚falsche Denken eines fiktiven Bösen‘ die alltägliche Vorstellungskraft und kann den Eindruck erwecken, es gibt tatsächlich mehr ‚Böses‘ als ‚Gutes‘.
7) Natürlich liegt dies auch daran, dass die menschlichen Belohnungssysteme stärker ausschlagen bei ‚Gefahr‘ als bei ‚Normalität‘. In realer und auch ’simulierter‘ Gefahr versetzt uns unser Gehirn in besondere Spannungszustände und bei Überwindung von diesen gewährt es uns besondere Belohnungen; dies wird als ‚Kick‘ erfahren, und in einem Alltag, der als ‚gefahrenarm‘ erscheint, mag dies genau das sein, was man sich dann wünscht. Wie die berühmten Ratten in dem Experiment, die sich durch Betätigung eines Hebels in ihrer Versuchsanordnung per Elektrode ihr eigenes Lustzentrum reizen konnten, solange, bis sie starben, so können viele Menschen in manchen Ländern dieser Erde sich mit künstlichen Kickzuständen permanent selbst in einen scheinbaren Ausnahmezustand versetzen, der sie berauscht, ohne dass dadurch die reale Welt verändert würde (allerdings werden die Produzenten des Kicks monetär ‚reicher‘) und so, dass sie ihre eigene Lebenszeit und Energie auf Dinge verwenden, die sie selten weiterentwickeln (zugleich gibt es auch Suchtphänomene, die zerstören, psychische Erkrankungen, die die Betreffenden wie ihre Umgebung belasten) und die der Gesamtheit des Lebens entzogen werden.
8) Die Koexistenz von ‚Bosheit‘ und Leben, insbesondere im Falle des Menschen, hat aber auch noch weitere Seiten. In dem Maße, wie der Handlungsraum der Menschen wächst, zunimmt, wo Werkzeuge und Maschinen dem Menschen ‚Kräfte‘ verleihen, die nicht nur einzelne Menschen verletzen oder gar töten können, sondern viele Menschen, ganze Städte oder Landstriche, in dem Maße entstehen ganz neuartige und ’schreckliche‘ ‚Bedrohungsszenarien‘, die es so vorher noch nicht gab. Die große Stärke des Menschen, seine Flexibilität, Vielseitigkeit, Anpassungsfähigkeit, sein spielerisch-experimenteller Charakter, wird damit zu einer potentiellen Quelle nicht nur von konstruktiven Entwicklungen und Maßnahmen, sondern auch eben von ‚Zerstörung‘. gerade weil der Mensch in seinem Verhalten nicht vollständig ‚determiniert‘ ist sondern beständig gezwungen ist, sich in einer wandelnden Welt zurecht zu finden, sein Weltbild immer wieder neu finden, erfinden und wechselseitig bestätigen muss, gerade deswegen ist prinzipiell jede Situation ‚ambivalent‘: wir Menschen können potentiell immer ‚alles‘ tun, was unser Handlungsraum an Möglichkeiten bietet. Und da jeder Mensch als Lebewesen mit einer biologischen Geschichte alle die Standardtriebe und Reflexe in seinem Körper mit sich herumträgt, die alle anderen Lebewesen auch haben, kann es immer wieder passieren (und passiert ständig), dass ein Mensch sich nicht ‚rational‘ verhält im Sinne einer zuvor eingeübten Verhaltensweise, sondern dass die angeborenen Grundtriebe die Oberhand gewinnen und dass er dann Dinge tut, die scheinbar im Widerspruch stehen zu allem, was er in anderen, eher ’sozialen‘ Situationen getan hat. Dies bedeutet, das ‚primär Böse‘ auf dieser Erde ist der Mensch selbst, genauso wie wahr ist, dass das ‚primär Gute‘ auf dieser Erde ebenfalls der Mensch ist. Wenn es eine Verhaltensweise geben soll, die vom deterministisch vorgegebenen Geschehen der Natur ‚abweichen‘ soll, dann kann dies nur eine biologische Lebensform sein, und nach all unserem aktuellen Wissen ist dies in besonderer Weise der Mensch, WIR: wenn etwas irgendetwas ‚Gutes‘ auf dieser Erde geben soll, dann kann dies nur durch uns Menschen kommen, die zugleich auch die primäre Quelle des ‚Bösen‘ sind. Es gibt nichts ‚Böses‘ unabhängig und außerhalb des Menschen, genauso wenig wie es etwas ‚Gutes‘ unabhängig und außerhalb des Menschen, von uns, gibt (siehe Ergänzung weiter unten).
9) Die Geschichte hat uns zudem gelehrt, dass das ‚Böse‘ nicht unbedingt ‚böse aussehen‘ muss. Finanzspekulanten, die ganze Länder in den Ruin getrieben haben, kommen meist ‚alert‘ daher, können gut reden, erwecken Hoffnungen, sind überaus freundlich, haben aber nur ihren eigenen Vorteil im Blick. Der Faschismus der Hitlerzeit beispielsweise hat den Menschen Arbeit verkauft, Ordnung, Ehre, ein neues Selbstbewusstsein, berauschende Massenereignisse, ein neues Belohnungssystem, technische und wirtschaftliche Erfolge, und gleichzeitig wurden Menschen systematisch vernichtet, wurden Kriege systematisch geplant, wurden Menschen flächendeckend bespitzelt und kontrolliert (Phänomene, die sich auch in heutigen Staaten zu großen Teilen wiederfinden!). In vielen (allen?) Ländern dieser Welt beobachten wir das Phänomen, dass Verwaltungen dazu tendieren, unter dem Schein von Legitimität ihre eigenen partikulären Interessen zu verfolgen anstatt den ‚Bürgern‘ des Landes den Dienst zu erweisen, der ihnen zugedacht ist. Diese Beispiele sind endlos.
10) Außerdem passiert es immer wieder, dass ‚Krisen‘, ‚bedrohliche Situationen‘, ‚Verluste‘ usw. zu neuen Situationen, zu neuen Verhaltensweisen führen können, die – im Nachhinein betrachtet – ‚besser‘ erscheinen als das, was man vorher hatte. So schmerzlich und grauenhaft gewisse aufgezwungene Änderungen waren, sie haben Menschen dazu gebracht, etwas Neues zu versuchen, Neues, das man ohne die Bedrohung nicht getan hätte. ‚Böses‘ fordert heraus. ‚Böses‘ definiert sich dadurch, dass es den allgemeinen Lebensprozess ‚behindert‘, ‚gefährdet‘ und ein Handeln unausweichlich macht.

DAS GUTE UND DAS BÖSE

11) Im Buch der Hobbit siegt am Ende das ‚Gute‘ über das ‚Böse‘. Viele lesen dies mit einem guten Gefühl, weil in diesem Fall alle diejenigen etwas davon haben, die den realen Alltag so am Laufen halten, dass möglichst viele darin möglichst gut leben können. Die ‚Bösen‘ erscheinen als die ‚Deserteure vom Alltag‘, die sich gegen die ‚Normalität des Guten‘ auflehnen und glauben, sie könnten auf eigene Rechnung ihr Süppchen kochen, ohne und gegen alle anderen, eine Strategie, ein ‚Spiel‘, wodurch der Blick beschränkt wird auf die wenigen ‚Auserwählten‘, die besonderes clever sind, die es besonders verdient haben, die halt ‚anders‘ sind als alle anderen. Doch diese Art von ‚Cleverness‘ ist jene, die ihren Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt Leben aufs Spiel setzt, die eine ‚geborgte Cleverness‘ ist; sie kann nur begrenzt funktionieren; ihr fehlt die ‚breite Basis des gesamten Lebens‘. Ein paar hundert Jahre, selbst ein paar tausend Jahre bedeuten hier gar nichts. Aus Sicht eines begrenzten individuellen Lebens mag dies ‚unwirklich‘ wirken, mag die partikulare Sicht daher Sinn machen, aber letztlich wird nur der Blick aufs Ganze entscheiden, wo wir alle stehen werden, nicht nur heute.
12) Will man das ‚Gute‘ bzw. das ‚Böse‘ genau definieren, dann verschwimmt es, wird unwirklich; die Maßstäbe sind gewöhnlich nicht so klar, so fest, wie man es gerne haben möchte. Manches was als ‚gut‘ daherkommt entpuppt sich plötzlich als ‚böse‘ und umgekehrt. Der Philosoph Kant hat den Begriff der ‚regulativen Idee‘ geprägt, etwa in dem Sinne, dass man für das Verhalten zwar eine Art Leitidee benötigt, aber diese ist immer wieder neu konkret zu bestimmen…
13) Nochmals, wenn ich oben gesagt habe, dass der Mensch die einzige Quelle für ‚Gut‘ und ‚Böse‘ ist, dann muss dies kein Gegensatz zu der allgemeinen Annahme über einen ‚Schöpfergott‘ sein, dann nämlich nicht, wenn man zwischen Schöpfergott und Leben einen Zusammenhang annimmt (was naheliegt, sonst wäre es ja kein Schöpfergott). In den sogenannten ‚heiligen‘ Schriften der großen Offenbarungsreligionen Judentum – Christentum – Islam finden sich viele Texte, aber fast keine Texte, die das innere Verhältnis zwischen Schöpfergott und dem einzelnen Menschen beschreiben. Dies ist kein Zufall.

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GEIST-SICHTBARMACHUNGS-EXPERIMENT, Teil 1, Begriffe und theoretischer Rahmen

ZENTRALE BEGRIFFE: GEIST

(1) Für das anvisierte Großprojekt ‚Sichtbarmachung des Geistes‘ (in Frankfurt, der Stadt Goethes, der einen Faust 1+2 geschrieben hat) ist es hilfreich, den zentralen Begriff ‚Geist‘ ein wenig zu lokalisieren. Angesichts der nahezu unerschöpflichen Quellenlage zum Thema ‚Geist‘ mag dies auf den ersten Blick als ein scheinbar hoffnungsloses Unterfangen erscheinen.
(2) Da es hier aber in erster Linie nicht um eine ‚Begriffsgeschichte‘ der Wortmarke ‚Geist‘ gehen soll, sondern um eine systematischen Gebrauch des Begriffs im Kontext einer expliziten Theorie, wird es genügen, die Annahmen dieser Theorie darzustellen.

ZENTRALE BEGRIFFE: GEIST, INTELLIGENZ, BEWUSSTSEIN

(3) Beim aktuellen Stand der Reflexion werden es drei zentrale Begriffe sein, die in der anvisierten Theorie zentral Verwendung finden werden: ‚Geist‘, ‚Intelligenz‘ und ‚Bewusstsein‘. Während hier im Blog eher informell und auf Deutsch über diese Dinge nachgedacht wird, wird die eigentlich Theorie auf Englisch geschrieben in Gestalt verschiedener Vorlesungsskripte (siehe http://www.uffmm.org). Ob aus all dem jemals mal ein ‚Buch‘ im klassischen Sinne werden wird, ist momentan offen. Für potentielle Leser wäre es sicher eine Erleichterung.
(4) Auch wenn man nicht in die Tiefen und Verästelungen einer vollständigen Begriffsgeschichte hinabsteigen möchte, um die den Begriffen ‚Geist‘, ‚Intelligenz‘ und ‚Bewusstsein‘ innewohnende Vieldeutigkeit und damit einhergehende Vagheit zu verdeutlichen, genügt ein kleines Selbstexperiment mit aktuellen Wörterbüchern, um sehr schnell zu merken, auf welch schlüpfrigem Boden man sich begibt, will man diese Begriffe systematisch benutzen (siehe Eintrag unten und Bild).

Differenzen zwischen Deutsch-Englischen Wortfeldern bei Geist, Intelligenz, Bewusstsein
Differenzen zwischen Deutsch-Englischen Wortfeldern bei Geist, Intelligenz, Bewusstsein

5) Wie man im Schaubild ‚Wortverweise zu ‚Geist‘, ‚Intelligenz‘, ‚Vernunft‘, ‚Bewusstsein‘ sehen kann (und in den Einträgen im Anhang), führt ein Hin- und Her Übersetzen selten zum Ausgangswort zurück. Und dies hier nur im Falle von Deutsch und Englisch. Bedenkt man, dass alle diese Begriffe eine mehrhundertjährige Vorgeschichte in der griechischen Kultur haben, die wiederum über das Latein und das Arabische in die modernen Sprachen Deutsch und Englisch transferiert wurden (ohne Berücksichtigung all der vielfältigen Wechselwirkungen mit den anderen umgebenden Kulturen) , so kann man ahnen, dass eine begriffsgeschichtliche Vorgehensweise zwar sehr anregend sein könnte, aber letztlich keinen wirklichen Beitrag zu dem leisten kann, um das es hier geht: die Benutzung bestimmter Termini in einer aktuellen systematischen Theorie mit empirischen Bezug.

ZIEL DES EXPERIMENTES 1

6) In einer informellen Darstellungsweise könnte man sagen, dass es im Geist-Sichtbarmachungs-Experiment (Mind-Visibility-Generation-Experiment) darum geht, zu zeigen, wie unter Berücksichtigung der kosmischen Rahmenbedingungen (im Sinne der Astrobiologie), der evolutionären Prozesshaftigkeit (im Sinne der Evolutionsbiologie), ausgehend vom beobachtbaren Verhalten (im Sinne verhaltensbasierter Wissenschaften) und unter Berücksichtigung struktureller Eigenschaften von Körpern (im Sinne von Anatomie, Neurowissenschaften,…) plausibel gemacht werden kann, wie die anhand von definierten Aufgaben messbare ‚Intelligenz‘ (im Sinne der empirischen Psychologie) mit einem ‚Geist‘ korrespondiert, der für eine bestimmte Menge von Funktionen steht, die den Strukturen eines Körpers eine spezifische Dynamik verleihen. Das mit ‚Bewusstsein‘ Gemeinte wird dabei angenommen als eine Teilfunktion des ‚Geistes‘.

THEORIEVORAUSSETZUNGEN

7) Wie bei jeder Theorie kann man auch hier unterscheiden zwischen der Theorie selbst und ihrer Hervorbringung. Während die Theorie selbst ein irgendwie geartetes formales Gebilde ist, das von den ‚Theoriemachern‘ (Wissenschaftlern, Ingenieuren) mittels Experimenten auf bestimmte Wirklichkeitsausschnitte bezogen wird, müssen die Theoriemacher individuell spezifische Erkenntnisvoraussetzungen mitbringen, ohne die die Formulierung und koordinierte Nutzung einer Theorie nicht möglich ist. Wir nennen diese postulierten notwendigen Erkenntnisvoraussetzungen hier die ‚minimale kognitive Struktur (MKS)‘ (oder Englisch: ‚minimal cognitive structure (MCS)‘ in dem Sinne, dass jedes virtuelle System, das die gleichen minimale kognitive Struktur besitzen würde, in der Lage wäre, die gleiche Theorie zu formulieren und anzuwenden.

ZIEL DES EXPERIMENTES 2

8) Das Hauptziel des ‚Geist-Sichtbarmachungs-Experimentes (GeiSichtExp)‘ ist genau dieses: virtuelle Systeme entstehen zu lassen, die den minimalen kognitiven Strukturen von Tieren und Menschen so entsprechen, dass sie die gleichen Weltmodelle und dazu gehörigen Verhaltensweisen hervorbringen können. Damit würden diese virtuellen Systeme ‚verhaltensidentisch‘ zu Tieren und Menschen und die Frage nach dem Unterschied zwischen der ‚Natur‘ oder dem ‚Wesen‘ des mit ‚Geist Gemeintem‘ beim Tier und Mensch einerseits sowie den virtuellen Systemen andererseits würde darauf hinauslaufen, ob der ‚Material‘, aus dem die jeweiligen Systeme ‚gebaut‘ sind, eine ‚wesentliche‘ Rolle zukommt.

ENTKOPPLUNG VON BIOLOGISCHEN STRUKTUREN

9) Bei biologischen Systemen hat die Struktur des Körpers, speziell auf der Ebene der Zellen, überwiegend mit der Beschaffung und Erhaltung der Energie zu tun, mit der Erhaltung und Weitergabe von Bauinformationen, mit Wachstum und Koordinierung, usw. und nur zum kleineren Teil mit aktueller Informationsverarbeitung. Würde man das ‚Wesen des Geistes‘ auf die Informationsverarbeitung im engeren Sinne beschränken — was hier im ersten Ansatz versuchsweise getan wird –, dann wäre der größere Teil des Körpers für den Geist nicht direkt relevant. Damit verschärft sich die Plausibilität dafür, dass Strukturen zur Ermöglichung von Informationsverarbeitung im Sinne eines ‚Geistes‘ auch mit anderen Mitteln realisiert werden können. Dies wäre ein erstes Argument dafür, dass das ‚Phänomen des Geistes‘ nicht an die typischen biologischen Strukturen gebunden sein muss.

10) Die Sichtbarmachung von ‚Geist‘ in diesem beschränkten Sinne erscheint prinzipiell machbar, wenngleich aufgrund der implizierten Komplexität nicht einfach. Ein ‚Hobbyprogrammierer um die Ecke‘ wird es nicht schaffen (genauso wenig wie die milliardenschweren Neuro-Simulatoren, die allenthalben entstanden sind bzw. entstehen).

NICHT ALLE FRAGEN BEANTWORTET

11) Die tieferliegende Frage nach dem ‚Geist‘ als einer ‚innewohnenden Eigenschaft der Energie‘ als Ausgangspunkt jeglicher Strukturbildung im Universum würde durch das ‚Geist-Sichtbarmachungs-Experiment‘ jedoch noch nicht beantwortet. Allerdings wäre dies ein Schritt in die Richtung einer möglichen Beantwortung, eine mögliche Motivation, um das Fragen und Experimentieren zu intensivieren.

SUBJEKTIVE WIDERSTÄNDE

12) Die meisten Leute, mit denen ich bislang über dieses ‚Geist-Sichtbarmachungs-Experiment‘ sprechen konnte, tun sich bislang aber überhaupt schwer, diesem Experiment einen Sinn ab zu gewinnen. Die ‚Widerstände‘ für ein ‚Mitdenken‘ sind vielfach. Grundsätzlich tun sich Menschen schwer, über sich selbst nach zu denken. Und wenn überhaupt, dann hat man aus der Vergangenheit bestimmte liebgewordene Bilder, die den Menschen als etwas ‚Besonderes‘ gegenüber allem anderen sehen, als ein mit ‚Geist‘ (und möglicherweise noch ‚Seele‘) ausgestattetem Wesen, dessen Bezug zum Ganzen des Universums trotz Wissen um die Evolution irgendwie und irgendwo nicht so richtig gesehen wird. Die unterschiedlich kursierenden religiösen (hinduistisch, buddhistisch, jüdisch, christlich, muslimisch, …) Deutungsmustern tun ihr ihriges, um den Blick nicht frei zu bekommen, für das ’neue Bild‘ eines — möglicherweise — durch und durch geistigen Universums mit einer darin implizierten eigentümlichen ‚Liebe‘ und ‚Verantwortung‘. Nach allem, was bislang bekannt ist, geht es nicht um ‚weniger‘ Religion, sondern eher um ‚mehr‘. Und wie wir wissen, ist der Weg vom Kind zum erwachsenen, verantwortungsvollen Menschen lang und beschwerlich. Und nicht wenige verweigern auf diesem Weg die notwendigen Einsichten und Konsequenzen. Der Preis der Freiheit ist die Möglichkeit der Verweigerung. Freiheit durch ‚Zwang‘ zu ersetzen hilft in der Regel nicht, da damit die notwendige ‚Reife‘ im einzelnen nicht durch einen eigenen Lernprozess entstehen kann. ‚Zwangsgesellschaften‘ erzeugen auf Dauer ihren eigenen Untergang.

Theoretischer Rahmen für das GEIST-SICHTBARMACHUNGS Projektes
Theoretischer Rahmen für das GEIST-SICHTBARMACHUNGS Projektes

THEORIERAHMEN 2

13) Die benutzte Theorie benutzt drei Komponenten: (i) eine Menge von definierten Aufgaben (‚Tasks‘), die eine Art Umgebung (‚environment‘) für lernende Systeme darstellen; (ii) die zu untersuchenden (lernenden) Systeme (‚Systems‘); (iii) die Interaktion dieser Systeme mit den Aufgaben der Umgebung.

AUFGABEN

14) ‚Aufgaben‘ sind theoretisch definierte Mengen von ‚Zuständen‘, die man in mindestens einen ‚Anfangszustand‘ (’start state‘), mindestens einen ‚Zielzustand‘ (‚goal state‘), sowie einer — eventuell leeren — Menge von ‚Zwischenzuständen‘ (‚intermediate states‘) einteilen kann. Von einem Zielzustand muss es mindestens einen ‚Pfad‘ (‚path‘) zu mindestens einem Zielzustand geben. Dieser wird ‚Lösungspfad‘ (’solution path‘) genannt. Interessant sind die ‚kürzest möglichen‘ Lösungspfade. Kann man einen Lösungspfad angeben, so kann man — unter Voraussetzung feststehender Interaktionen (s.u.) — auch die zum Lösungspfad notwendigen Folgen von Interaktionen angeben, die als solche eine ‚idealisierte empirische Verhaltensfunktion‘ (Phi hoch i‘, φi) definieren. Diese idealisierte empirische Verhaltensfunktion φi kann dann als Sollwert (Norm) benutzt werden, um tatsächliche empirische Verhaltensfunktionen damit zu vergleichen (messen).

SYSTEME

15) Die ‚Systeme‘ innerhalb der verwendeten Theorie sind allesamt ‚offene‘ Systeme, d.h. ‚Input-Output-Systeme‘, die über diverse Wahrnehmungen und Aktionen im kontinuierlichen Austausch mit der jeweiligen Umgebung stehen. Unter Bezug auf eine unterstellte Verhaltensfunktion (phi hoch t, φt: I —> O) kann man dann grob unterscheiden zwischen ‚reaktiven‘ und ‚adaptiven‘ Systemen. ‚Reaktive‘ Systeme (φt: I x IS —> O) verfügen zwar über interne Zustände IS, die in das Verhalten einfließen, diese internen Zustände IS können jedoch nicht wesentlich verändert werden. Im Gegensatz dazu können ‚adaptive‘ Systeme (φt: I x IS —> IS x O) ihre internen Zustände IS hinreichend verändern. Die jeweilige Implementierung der internen Zustände IS (mittels z.B. biologischer Zellen, neuronaler Zellen, Classifier, Graphen) spielt keine wesentliche Rolle. Bislang kann man allerdings ‚technische‘ System von ‚biologischen‘ Systemen meistens dadurch unterscheiden, dass biologische Systeme zwischen einem ‚Genotyp‘ und einem ‚Phänotyp‘ unterscheiden. Der Phänotyp entsteht aus einem Genotyp durch einen Wachstumsprozess, bei dem anhand von genetischen Ausgangsinformationen ein interaktiver Prozess angeregt wird, in dessen Verlauf der Phänotyp (salopp: Körper) entsteht. Der Phänotyp trägt über ‚Fortpflanzung‘ zum Erhalt der genetischen Informationen bei. Bei diesem Prozess können die genetischen Informationen mit Zufallseinflüssen verändert werden. Auf diese Weise können genau jene genetischen Informationen selektiv überleben, deren Phänotypen sich in einer bestimmten Umgebung besonders ‚bewähren‘. Bei technischen Systemen fehlt diese genetische Rückkopplung bislang aufgrund der hier anfallenden Komplexität einerseits und des für solche Prozesse notwendigen Zeitbedarfs.

INTERAKTIONEN: STIMULUS (S), RESPONSE (R)

16) Die ‚Interaktion‘ eines Systems mit seiner Umgebung geschieht einmal über solche Umweltereignisse, die das System als ‚Reize’/ ‚Stimuli‘ (S) ‚wahrnehmen‘ kann sowie über solche Veränderungen an der Außenseite (Interface, Schnittstelle) seines Systems, die als ‚Antworten’/ ‚Responses‘ (R) auf die Umgebung ‚einwirken‘ können. Sofern solch eine Reaktion ‚R‘ von einem bestimmen Stimulus ‚S‘ abhängig ist, spricht man auch von einem Stimulus-Response-Paar (s,r) ∈ S x R. Die Menge aller solcher Stimulus-Response Paare, die für ein bestimmtes System als ‚charakteristisch‘ beobachtet werden können, wird hier als ‚empirische Verhaltensfunktion‘ (φe) bezeichnet. Handelt es sich bei dem System unter Beobachtung um eine biologisches System, ist es eine ‚empirisch-empirische‘ Verhaltensfunktion (φe,e), im Falle von technischen Systemen um eine ‚empirisch-technische‘ Verhaltensfunktion (φe,t). Empirische Verhaltensfunktionen kann man mit idealisierten (‚gesollten‘) Verhaltensfunktionen (φi) vergleichen. Stimmen die empirischen Funktionen mit den idealisierten ‚hinreichend überein‘, dann kann man sagen, dass ein System den für eine Aufgabe zu leistenden minimalen Lösungspfad ‚gelernt‘ hat. Zwischen einer vollständigen (100%) und keiner (0%) Übereinstimmung mag es viele charakteristische Varianten geben.
17) Innerhalb des hier skizzierten theoretischen Rahmens lassen sich alle bis heute bekannten reaktiven und adaptiven Systeme behandeln. Im Laufe des Experimentes werden einige dieser Systeme real vorgestellt werden. Alle beobachtbaren Leistungen sind über definierte Aufgaben beschreibbar und dadurch mit dem Verhalten realer biologischer Systeme vergleichbar. Die Einbeziehung des genotypischen Lernens ist angezielt, aber weitgehend abhängig von der Verfügbarkeit geeigneter Ressourcen.

QUELLENNACHWEISE

Abfrageergebnisse in www.leo.org (Abfrage vom 27.Dez.2012)

1) Mind –> Geist, Verstand, Ansicht, Gedanke, Absicht
2) Vernunft –> reason, rationality, sanity
3) Verstand –> mind, apprehension, brain(s), comprehension, discretion, intellect, reason, sanity, sense, understanding, wit(s)
4) Geist –> mind, ghost, spirit, animus, apparition, esprit, genie, intellect, nous, phantom, psyche, specter/ spectre, wit, wraith
5) intelligence –> Einsicht, Intelligenz, Auffassungsvermögen, die Aufklärung, die Information (auch vom Geheimdienst), die Klugheit, die Nachricht, der Verstand, die Wiedergabe, Auskunft, Geheimdienst,
6) Intelligenz –> intelligence, brainpower, brains, intelligentsia, savvy, understanding
7) reason –> Grund, Anlass, Argument, Begründung, Motiv
8) Bewusstsein –>awareness, consciousness
9) consciousness –> Bewusstsein, Bewusstheit, Besinnung
10) awareness –> Bewusstsein, Bewusstheit, Erkenntnis
11) Aufmerksamkeit –> attention, concentration, advertence/ advertency, alertness, attentiveness, heedfulness, mindfulness, notice, regard, thoughtfulness

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