Archiv der Kategorie: Multipolare Welt

FATALES SCHWEIGEN – Wer bricht den Bann?

(Den folgenden Text gibt es seit 12.Okt 24 auch als Podcast auf English (viel komprimierter, aber lebendiger) HIER)

Autor: Gerd Doeben-Henisch

Letzte Änderung: 9.Okt 2024

Kontakt: cagent@cognitiveagent.org

KONTEXT

Dieser Text hat keinen speziellen Kontext.

AUSGANGSLAGE

Ich schreibe diese Zeilen auf in Deutschland, inmitten von Europa, als Teil unseres wunderbaren Planeten.

Ich schreibe sie auf, weil es ein Thema – unter den vielen Themen dieser Tage – gibt, das mich bislang verstummen lässt, obgleich es eigentlich nach einem Aufschrei verlangt.

Lange habe ich gezögert, etwas aufzuschreiben, weil das Thema letztlich nicht ‚ein‘ Thema ist, sondern ein ganzes ‚Knäuel von Themen‘, die so miteinander verschlungen sind, dass man nicht weiß: wo fängt man an? Wo hört man auf? Und mehr noch: was immer man sagen wird, einzelne Worte, ganze Sätze, viele Sätze, man wird nie alles sagen können, nie alles ‚genau‘, so dass jeder, der zu diesem Punkt eine andere Meinung hat, an solchen ‚offenen Punkten‘ einhaken kann mit der Behauptung, ich würde dies oder jenes einseitig angreifen.

Wer will in dieser Situation dann noch etwas sagen?

Ich versuche es, mit dem Wissen, dass vieles möglicherweise ungenau oder – aus Sicht bestimmter Gruppen sogar ‚falsch‘ – ist. Aber, wenn man die aktuelle Situation zwischen dem Staat Israel und seinem Umfeld anschaut, dann sieht man aktuell eine Greueltat nach der anderen, viel Hass auf beiden Seiten, und eine irgendwie geartete Lösung scheint nicht in Sicht zu sein.

Und da es hier nicht einfach um ein ‚abstraktes Problem‘ geht, das man rein ‚intellektuell mit Worten‘ darstellen und diskutieren kann, sondern um konkrete reale Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituation und kulturellen Mustern, die vielfach unerträgliches Leid erleben, erlebt haben, und immer weiter erleben, werden Worte sehr schnell nicht nur Botschafter einer ‚abstrakten Wahrheit‘, sondern ‚Andockstellen von Emotionen‘, die kein ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ mehr akzeptieren, emotional nicht mehr akzeptieren können, weil das Leid schlicht zu groß ist.

In einer solcherart aufgeladenen Situationen zu schweigen, hilft nicht. Zu versuchen, etwas zu sagen, kann mehr emotionales Feuer entfachen, was auch nicht hilft. Es kann aber auch, vielleicht, kaum vorstellbar, Zusammenhänge sichtbar machen für alle, die in dieser scheinbaren Ausweglosigkeit nur noch mehr Hass empfinden können, einen Hass, der blindlings nur einen Wunsch hat: die anderen auszulöschen.


Wie gesagt, ich selbst bin für die meisten Themen hier kein Experte, und ich habe auch keine Chancen, so schnell einer zu werden. Aber, gilt dies nicht auch für die Allermeisten, die gerade betroffen sind, die leiden, die Angst haben bzw. emotional aufgebracht sind, angefangen haben zu hassen? Die punktuell Furchtbares erleben und für die es in der wahrnehmbaren Öffentlichkeit keine klaren Positionen der Politiker gibt, die ein ‚Verstehen‘ überzeugend kommunizieren, ein ‚Handeln‘, was berechtigte Hoffnungen vermittelt, dass dieser aktuelle Wahnsinn ein Ende findet?

TRIGGERPUNKT 7.Oktober 2023

Um irgendwo konkreter werden zu können, wähle ich den Jahrestag des Überfalls einer Gruppe von Hamas-Kämpfern am 7.Oktober 2023 auf eine Veranstaltung junger Menschen in Israel. Alles, was ich davon lesen, sehen und hören konnte, ist das Zeugnis einer bestialischen Greueltat an israelischen Menschen, für die es nicht einmal ansatzweise (im westlich-demokratischen Denken) eine Berechtigung oder eine Entschuldigung geben kann. Zugleich erlebe ich nahezu täglich einen furchtbaren Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine, der auf dem Maßstab des Grauens diesem Massaker kaum nachsteht. Zugleich erfahre ich von blutigen Kämpfen in vielen Staaten Afrikas, die nichts anderes berichten: ein furchtbares Leid, für das alle Worte zu wenig sind. … diese Liste lässt sich verlängern.

Was ist also nahe liegender, mit den betroffenen Menschen in Israel ‚mit zu fühlen‘, ‚solidarisch‘ zu sein, diese bestialischen Greueltat zu verurteilen? So habe ich im ersten Moment empfunden.

HEUTIGE WELT

Diese unsere heutige Welt aber ist – wie oben schon angedeutet – keine Welt des ‚einzelnen Massakers‘, sondern alle einzelnen Menschen sind Teil von Gruppen, Regionen, Völkern Staaten, und diese größeren Einheiten leben nicht nur an einem einzelnen Tag, nicht nur am 7.Okt 2023, sondern sie leben viele Tage, Monate und Jahre. Sie leben nicht alleine. Und wenn man auf diese Weise seinen Blick weitet, dann geraten einzelne Aktionen, die in sich unfassbar grausam sind, in die Nachbarschaft von anderen Taten, von anderen Ereignissen, und man – ich in diesem Fall – wird verunsichert, gerät ins Zweifeln, und man weiß dann nicht mehr so recht, ‚Was denn jetzt?‘

VERNETZTE THEMEN

Hier eine kleine Auswahl von Zusammenhängen, die irritieren können, die Fragen aufwerfen, und die mich – und ganz ganz viele andere – sprachlos machen, ratlos, ja, letztlich hilflos, da man schwer erkennen kann: was kann ich denn jetzt überhaupt noch tun? Einfach Augen zu und durch ohne Perspektive auf eine Lösung?

Nimmt man den 7.Oktober 23 zum Ausgangspunkt, dann tauchen immer mehr folgende Aspekte auf, treten in den Blick, beanspruchen unser Denken:

  1. Der Überfall vom 7.Okt 2023 wurde (nach allen Informationen, die ich habe) von Kämpfern der Hamas ausgeführt. Die Hamas selbst ist kein unbeschriebenes Blatt. Sie ist eine Ausgründung 1987 der Muslimbruderschaft, die 1922 in Ägypten entstanden ist. Die Muslimbruderschaft verfolgte von Anfang an die Idee einer Vertreibung von jüdischen Siedlern von ‚islamischen Boden‘. Sie wurde in den späten 1930iger Jahren vom NS-Regime in Deutschland direkt unterstützt. Der Islam, grundsätzlich eine ‚religiöse Weltsicht‘, war hier von Anfang an ein ‚Instrument des politischen Kampfes‘ mit klaren Feindbildern und einer Bereitschaft, ‚Feinde auszulöschen‘. 2004 schloss sich die Hamas der ‚Achse des Widerstands‘ an, was eine klare politische Orientierung erkennen lies. Bei den letzten freien Wahlen im Gaza-Streifen 2006 erhielt die Hamas die Mehrheit. Ihre Durchdringung der palästinensischen Bevölkerung in allen Bereichen war von Anfang nicht nur umfassend, sondern hatte ein klares Ziel und benutzte alle Mittel, um ihre Ziele zu erreichen. Politisches, Säkulares und Religiöses scheinen hier untrennbar miteinander verknüpft.
  2. Die ‚israelische Unabhängigkeitserklärung‘ vom 14.Mai 1948 kam unter schwierigsten Bedingungen zustande und steht seit 1897 an unter der Hypothek, dass die Gründung eines ‚jüdischen Staates‘ nur unter Inkaufnahme der Vertreibung der angestammten Bevölkerung (überwiegend Palästinenser) geplant und dann auch durchgeführt wurde. Für jene, die weichen mussten, wurde dies als Unrecht empfunden, was seitdem ‚in der Welt‘ ist.
  3. Man kann sich hier die – vielleicht müßige ? – Frage stellen, ob diese Gründung hätte anders verlaufen können, z.B. unter konstruktiver Einbeziehung der dort lebenden Palästinenser. Aber die jüdischen Menschen, die weltweit vielfach schlimmste Verfolgungen erlitten hatten, waren auch nicht nur ‚säkulare Menschen‘, sondern waren – unterschiedlich intensiv – in ihrem Leben auch mit einer ‚religiösen Weltsicht‘ verbunden. Ähnlich wie ein – nicht notwendigerweise — radikaler Islam gibt es Interpretationen der ‚jüdischen religiösen Weltsicht‘, die ebenfalls fundamentalistisch-radikal nicht für ‚integrative Konzepte‘ geeignet sind. Es ist eine offene Frage, ob nicht letztlich diese ‚fundamentalistisch-radikalen Kerne‘ im praktizierten islamischen und jüdischen Glauben jene Wurzel einer scheinbaren Unversöhnlichkeit markieren, die dann im konkreten Leben, im Alltag, in der Politik, im Spiel der ‚Macht‘ jene Unversöhnlichkeit stiften, die das Gefühl einer ‚Unlösbarkeit‘ vermittelt, die letztlich ‚nur‘ in den ‚Köpfen (und auch Herzen) der Menschen‘ existieren? In der westlichen (ursprünglich auch eher dogmatischen) christlichen Kultur wurden mittels ‚Aufklärung‘ , Wissenschaft und offene Gesellschaften die ‚dogmatischen religiösen Kerne‘ ‚neu lesbar‘ gemacht, haben zu einem ‚aufgeklärten Verständnis‘ geführt , wodurch neuartig ‚plurale Gesellschaften‘ möglich wurden. Blutige Glaubenskriege wurden damit unnötig (was nicht heißt, dass solche ‚christlichen dogmatischen Kerne‘ dennoch überlebt haben (z.B. in den USA und Russland)). In islamisch geprägten Gesellschaften scheint dies noch nicht der Fall zu sein. Auch in Israel haben diese dogmatischen Kerne immer noch einen großen Einfluss in allen Bereichen, nicht zuletzt auch direkt in der Politik.
  4. Und hier kommt ein Aspekt der israelischen Politik ins Spiel, der von offizieller jüdischer Seite eher ‚nicht existiert‘, der aber im Alltag von allen Menschen, die im Westjordanland leben, konkret real erfahren wird. Die seit 1947 anhaltende Praxis des Staates Israel, den Status des Westjordanlandes entgegen dem Teilungsplan von 1947 (gefolgt von verschiedenen Resolutionen) für einen arabischen Staat mit vielen kleinen Schritten langsam auszuhöhlen, zu schwächen, nährt beständig das Leid der dort lebenden Menschen und befördert ein Mißtrauen und viele negativen Gefühle auf eine Weise, die schwer erkennbar macht, wie hier eine friedliche Zukunft entstehen soll.

FOLGERUNGEN

Für mich entsteht vor diesem Hintergrund der Eindruck, dass wir es mit mehr als einem großen Konflikt gleichzeitig zu tun haben:

  1. Es gibt einen grundlegenden Konflikt zwischen den radikal-fundamentalistischen Kernen einer islamischen und einer jüdischen religiösen Sicht.
  2. Es gibt einen Konflikt zwischen einer ‚Landnahme‘ Israels, die sowohl seit der Entstehung wie auch durch die gelebte Gegenwart ungelöste Probleme aufwirft und verstärkt.
  3. Es gibt ein politisches Framing, das weit über Israel und die Palästinenser hinausreicht: es gibt im Umfeld von Israel viele Staaten, die in ihrer ‚Kultur‘ stark von (i) radikalisierten-fundamentalistischen religiösen Kernen’ geprägt sind, die (ii) von ‚autokratischen Gesellschaftsstrukturen‘ für Machtpolitik instrumentalisiert werden, und die – so der Eindruck, der falsch sein kann – (iii) vom Fortbestand des Konflikts zwischen Israel und den Palästinenser mehr Nutzen als Schaden haben.
  4. Dazu kommen die neuen Machtzentren Russland, Asien, Teile von Afrika und Südamerika, die eine wachsende multipolare Weltsituation geschaffen haben, die schwer auszurechnen ist.

Das Verhalten der Deutschen Politiker (‚meine‘ Politiker) erscheint mir bislang eher hilflos, schwach, Standpunktlos, was Spannungen eher steigert als beruhigt.

WAS KANN HELFEN?

Was kann helfen, dieses Bündel an Konflikten wenigstens zu mildern?

Aus der Geschichte Europas gibt es eine Botschaft, die unbequem erscheinen mag, die aber gewaltige Transformationen ermöglicht hat: die Kerne dieser Probleme ernsthaft zu analysieren und offen mit allen Beteiligten zu besprechen. NICHT als Bestätigung der jeweiligen Position, SONDERN als Maßnahme, die bisherigen Positionen ‚neu lesbar‘ zu machen; dies ist schwer, aber nicht unmöglich. Will dies überhaupt jemand?

REVIEW: THE WORLD ACCORDING TO TOMDISPATCH – Teil 6

T.Engelhardt (ed), „The World Acording to TomDispatch. America in the New Age of Empire“, London-New York: Verso, 2008

Diesem Text ging voraus: Teil 5.

ZWISCHENERGEBNISSE NACH Teilen 1-5

1) Fassen wir kurz zusammen, was sich bisher ergeben hat: ausgehend von den philosophischen Reflexionen zum Phänomen einer markanten emergenten Komplexität des biologischen Lebens zeigte sich Kommunikation und eine funktionierende Öffentlichkeit als zentrale Bedingungen für das Funktionieren dieser Komplexität. Um dies gesellschaftlich zu ermöglichen wurden in modernen Demokratien Verfassungen geschaffen, in denen weitgehende Freiheitsrechte zum Schutze des Individuums verankert wurden (z.B. USA, Deutschland). Begleitet von heftigen Diskussionen wurden in Deutschland unter speziellen Bedingungen (‚Lauschangriff‘) eine Aufhebung solcher Rechte durch Regierungsstellen erlaubt; in den USA gibt es eine lange Geschichte von Ausdeutungen zum vierten Zusatz der Verfassung, die Stand 2013 — zwar nicht dem Wortlaut nach, aber faktisch — einer fast vollständigen Aufhebung dieser Freiheitsrechte gleichkommt. Engelhardt skizziert in der Einleitung zu seinem Buch die Entwicklung in den USA nach 9/11 als dramatische Verstärkung von Geheimdiensten und Militär in einer ‚unipolaren Welt‘. Dies wird begleitet durch eine weitgehende Abschottung der Regierung nach außen. Im ersten Kapitel zeigt Engelhardt anhand konkreter Daten auf, wie die Ereignisse von 9/11 auf eine medial imprägnierte Öffentlichkeit treffen, die — geprägt von den tiefsitzenden Bildern der Medien der letzten Jahrzehnte — die Ereignisse in einer bevorzugten Weise deuten; in einer Weise, die von der Regierung mitgesteuert wird und für bestimmte Pläne ausgenutzt werden. Engelhardt kann dann anhand einiger Fakten zum neuen Ground-Zero Mahnmal aufzeigen, dass es hier nicht um ein ’normales‘ Denkmal geht, sondern dass das Gedenken an das Ereignis und die Toten von 9/11 für eine bestimmte Politik in einer Weise ‚instrumentalisiert‘, die viele ernsthafte Fragen aufwirft. In dem nachfolgenden Kapitel mit dem Titel ‚The Empire that Fell as it Rose‘ gibt es einen Briefdialog zwischen Tom Engelhardt und Jonathan Schell, in dem Schell anhand der historischen Daten zu dem Schluss kommt, dass die USA sich nach dem zweiten Weltkrieg scheinbar unaufhaltsam in eine imperiale — alles beherrschende — Macht entwickelt haben. Dass die US-amerikanische Regierung sich, gestützt auf ein alle Massen sprengendes Militär im Verein mit einem Netzwerk von nicht mehr kontrollierbaren Geheimdiensten, in ein imperiales Machtdenken hinein gesteigert haben, das für die Realität weitgehend ‚erblindet‘ ist. In seiner Antwort sagt Engelhardt, dass er die Einschätzung von Schell als Nichthistoriker zwar nicht historisch-wissenschaftlich verifizieren kann, dass aber sein Wissen um die aktuellen Fakten in den USA das Bild von Schell ohne weiteres stützt (es folgt eine Aufzählung von Fakten). So sehr viele sehen, dass der Weg des Imperialismus eigentlich kein brauchbares Konzept für die Zukunft ist, so sehr sind aber selbst die (amerikanischen?) Kritiker von diesem imperialen Denken ‚verseucht‘ (‚brainwashed‘), dass sie sich nicht vorstellen können, wie denn ein nicht-imperiales Modell real funktionieren kann.

BEGINN EINER MULTIPOLAREN WELT

2) In dem folgenden Kapitel „No longer the ‚Lone‘ Superpower“ beschreibt dann Chalmers Johnson dass die USA faktisch nicht mehr die einzige Super Power sind. Aber mehr noch, mit Blick auf die Vergangenheit, in der diverse Weltmächte daran scheiterten, aufkommenden gesellschaftlichen Wandel ‚friedlich‘ zu lösen, stellt er die Frage, ob und wie es den USA gelingt, das neuerliche Erstarken Chinas (und einiger anderer potentieller Konkurrenten wie z.B. Russland, Indien, Brasilien) in einem friedlichen Prozess aufzufangen, oder ob es bei der konkreten Konfrontationen in Asien (speziell China – Japan) schließlich doch wieder zu einem Krieg der Machtinteressen kommt, der vieles zerstört und wenig aufbaut?
3) Johnson trägt viele Fakten zusammen, um zu verdeutlichen, wie stark und nachhaltig der Aufstieg Chinas ist bei gleichzeitigem Abfall Japans. Allein schon demographisch ist Japan dabei, seine Bevölkerung nahezu zu halbieren, während die Bevölkerung Chinas stabil bleiben wird mit einem deutlichen Männerüberschuss. Parallel finanziert die USA militärische Basen in Asien, die sie täglich (!) einige Milliarden US-Dollar kosten. Anstatt in solch einer Situation den Ausgleich zu suchen, schürt die USA massiv die Konfrontation zwischen China und Japan (und damit auch zwischen China und den USA). (vgl.SS.37-39)
4) Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Japan die Rolle eines pazifistischen Staates, allerdings bei gleichzeitiger Erlaubnis, dass die USA ca. 91 Militärbasen in Japan unterhielten (samt dem Hauptstützpunkt der 7.US-Flotte) mit jeglichen Rechten für die USA ohne Kontrolle durch Japan. Nach dem Ende des kalten Krieges 1991 tat die US-amerikanische Politik dann alles, um Japan dazu zu bewegen, seine Verfassung zu ändern und sich wieder selbst zu bewaffnen. Japan sollte einen Gegenpol zu Nordkorea und China spielen. Und tatsächlich hat Japan ab 1992 damit begonnen, seine militärischen Möglichkeiten schrittweise zu erweitern, also aufzurüsten. Dazu gehörte die Bereitschaft Japans, militärische Aktionen der UN zu unterstützen oder sich am Star-Wars Programm der USA zu beteiligen. Dieser Prozess wurde intensiver nach der Wahl des japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Kouzumi, der ein intimer Freund von Georg Bush war und ihn u.a. aktiv im Irakkrieg unterstützte.(vgl. SS.40-42)
5) Junichiro Kouzumi, holte sehr viele anti-chinesische Hardliner (und Militär orientierte) Minister in sein Kabinett und unterstütze ausdrücklich eine Pro-Taiwan Politik. Im Gegensatz zu Korea, das Japan von 1910 – 1945 besetzt hielt, wo es viele Unrechtsverletzungen begangen hat, wo Krieg stattfand, ging Japan mit Taiwan wohlwollend um und es kam zu keinen Kriegshandlungen. Von daher war die Stimmung der Bevölkerung in Taiwan eher japanfreundlich. Das Ziel ist eine ‚eigene japanische Verfassung‘ mit eigenem Militär. Die USA sind interessiert ihre Basen zu verstärken und das japanische Exportverbot für Militärtechnologie aufzuheben, damit Japan beim Star-Wars-Programm mitwirken kann. In all diesen Jahren ist auch eine starke ‚Renationalisierung‘ zu beobachten. (vgl. SS.42-44)
6) Während Japan einem eher konservativ-nationalistischen Kurs folgte in enger Gefolgschaft zu den USA, änderte sich die Stimmung in Taiwan. Sowohl politisch wie wirtschaftlich öffnete sich Taiwan zusehends für China, während China seine Position gegenüber Taiwan als zu China gehörig bekräftigte.(vgl. SS.44-46)
7) Die direkten Beziehungen zwischen China und Japan haben sich kontinuierlich verschlechtert. Ausgangspunkt sind u.a. die geschätzten 23 Millionen toten Chinesen, die Japans Krieg gegen China hervorgebracht hat (mehr als die Opfer von Hitler und Stalin zusammen), die Tatsache von 30 Mrd. Dollar Entschädigungszahlung, die Japan gegenüber China geleistet hat (obgleich China nie um Reparationen gebeten haben soll)(das viel kleinere Deutschland zahlte gegenüber seinen Opfern 80 Mrd), sowie vor allem, dass Japan seine Schuld nie anerkannt hat. Stattdessen stellte Japan sich dar als der ‚Befreier‘ Asiens, das selbst ein Opfer des europäisch-amerikanischen Imperialismus war. Bei zahlreichen Gelegenheiten, bei denen China Japan eine Brücke zu bauen versuchte, lehnte Japan dies nicht nur stolz ab, sondern tat dies in einer Weise, die wiederum die Chinesen als beleidigend empfinden mussten. Das ist kein gutes Klima. Parallele Aktionen der USA, die China provozierten (z.B. der Absturz eines US-amerikanischen elektronischen Aufklärungsflugzeuges über China am 1.April 2001; während China sich viele Tage zurück hielt, um den USA die Gelegenheit zu geben, sich zu entschuldigen, heizten amerikanische Politiker die Stimmung gegen China mit falschen Behauptungen auf). Während Chinas wirtschaftliche Entwicklung nach 2001 dynamisch Fortschritte erzielte (und die USA im Irakkrieg Ressourcen verschleuderte (in der Hoffnung an die Ölquellen zu kommen)) und parallel weltweit friedlich nach Ressourcen Ausschau hielt, begannen die USA ab 2004 mit einem gewaltigen militärischem Aufrüstungsprogramm im pazifischen Raum. In diesem Zusammenhang bezog Japan explizite Position, indem es sich zu militärischen Aktionen bereit erklärte, wenn Taiwan gefährdet würde. Das alles war natürlich nicht dazu angetan, das Verhältnis zu China zu entspannen.(vgl. SS.47-52)
8) Auf dem Wege wirtschaftlichen Austausches beginnt China mit immer mehr Ländern in allen Kontinenten vorteilhafte wirtschaftliche Beziehungen für beide Seiten aufzubauen, z.B. Iran, Venezuela, Kuba, Argentinien, Bolivien, Chile, Europa; dabei werden zugleich oft die Beziehungen von Japan und den USA zu diesen Ländern (nicht notwendigerweise) geschwächt. Viele Länder (einschließlich der EU) begrüßen diese Entwicklung in Richtung einer multipolaren Welt ausdrücklich. Das Verhalten der USA, auf diese Entwicklung vorwiegend imperialistisch-militärisch zu reagieren, durch Verschärfung der Gegensätze, erscheint im Lichte der Geschichte als nicht sehr weise.(vgl. SS.52-58)

Fortsetzung folgt mit Teil 7.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.