EINE INTERESSANTE GRUPPE
REVOLUTIONÄRE MUSIK?
KOORDINATEN FÜR EMOTIONEN?
KLEINGRUPPEN
EMOTIONEN IM DICKICHT DER BEGRIFFE
DIVERSES
THEMA FÜR 11.Januar 2015
EINE INTERESSANTE GRUPPE
1. Trotz hektischer Vorweihnachtszeit, 3.Adventssonntag und vielen Absagen kam eine interessante Gruppe von 12 Personen zusammen, die hinsichtlich Alter, Geschlecht und beruflicher Profession wunderbar vielfältig und sehr engagiert war.
REVOLUTIONÄRE MUSIK?
2. Wie beim letzten Mal geplant begann die Veranstaltung mit einem Musikstück von cagentArtist. Anhand des Musikexperimentes Nr.X.2 wurde die experimentelle Vorgehensweise kurz skizziert. Die Aufgabenstellung lautet: wie kann jeder einzelne Klangräume erforschen und gestalten, wenn er nicht musikalisch ist, kein Instrument spielen kann, keine Zeit zum Üben hat, und keine Notenschrift benutzt werden soll (und im Falle von cagentArtist verschärfend: die Umgebung keine Lärmerzeugung erlaubt)? Das ganze Projekt kann man entweder rein individuell sehen als eine Art ‚Selbstbefreiung‘ von den Vorgaben eines professionellen Kultur und Musikbetriebs, der nur noch ‚perfekte Mainstreammusik‘ zulässt, oder als gesellschaftlich revolutionärer Akt, jedem Menschen einen Zugang zu den heute mehr denn je unendlichen Klangräumen zu eröffnen.
3. Aus den bislang mehr als 450 aufgezeichneten Klangexperimenten wurde ein Stück ausgewählt und präsentiert. Es stammt vom November 2014, wurde an einem Samstagmorgen aufgenommen und hat den Titel: Saturday morning: only two.
4. Nachdem das Klangexperiment abgespielt worden war gab es Gelegenheit, dass jeder dazu etwas sagte. Tatsächlich sagte jeder etwas dazu und es ergab sich eine breite Palette von empfunden Gefühlen und Assoziationen. Dass dieses Stück gewohnten Klangerwartungen widersprach war allen gemeinsam, interessant war aber, wieder jeder einzelne mit diesen enttäuschten Erwartungen umging. Am einen Ende der Skala wurde die enttäuschte Erwartung dennoch als interessant und produktiv empfunden; am anderen Ende der Skala gab es zahlreiche positive Assoziationen und Reaktionen, wobei bei mehreren der Eindruck hervorstach, dass diese Art von Musik ‚beruhigend‘ wirkt, ‚entspannend‘, irgendwie ‚endlos‘ erscheint. Andere identifizierten die einzelnen ‚Stimmen‘ mit unterschiedlichen Bewegungen und Gefühlen, die interagierten, die auf der ‚Suche‘ waren, die sich gegenseitig ‚bekämpften‘. Niemand empfand die Musik als ‚abstoßend‘.
5. Das Musikerleben bot dann eine Gelegenheit, zum Haupthema ‚Emotionen‘ über zu leiten.
KOORDINATEN FÜR EMOTIONEN?
6. Zu Beginn wurde keine spezielle Definition von Emotion gegeben, sondern es wurde ein allgemeines Koordinatensystem skizziert (siehe Bild), innerhalb dessen Emotionen – was immer diese im einzelnen sein mögen – auftreten können.
7. Das Bild entspricht der Sichtweise des Blogs cognitiveagent.org, wie sie sich im Laufe der Jahre herausgebildet hat. Die Grundidee ist die, dass dasjenige, was wir bewusst erleben (wahrnehmen, erinnern, denken, fühlen, …) können, auf vielfältige Weise vom umgebenden Wissen, vom Gehirn, vom Körper bzw. von der umgebenden Welt beeinflusst/ verursacht sein kann. Dem Erleben selbst ist oft nicht anzusehen, wodurch genau es verursacht wurde. Es erfordert eine eigene Anstrengung, ‚detektivische Kleinstarbeit‘, um den Wirkmechanismen des Erlebens ‚auf die Spur‘ zu kommen.
9. Es bildeten sich dann drei kleinere Gruppen, die sehr lebhaft und engagiert ihre Vorstellungen zu Emotionen austauschten.
10. Das Ergebnis dieses ‚Gedankensturms‘ (‚brainstorming‘) ist auf dem Bild angenähert zu erkennen.
11. Auffällig ist, dass sich das zuvor skizzierte ‚Koordinatensystem‘ darin praktisch nicht wiederfinden lässt.
12. Aus Sicht des Organisators könnte dies negativ wirken: jetzt hat man (scheinbar) so viele ‚tolle‘ Ideen, und nichts davon findet sich im Denken der anderen wieder?
13. Auf der anderen Seite war diese ein Zusammentreffen von viel Intelligenz, viel Erfahrung, großer Vielfalt in den Professionen, Geschlechtern, und Alter. Die Diskrepanz zeigt somit unsere Situation, wie sie ist: unsere Grundsituation ist gekennzeichnet von einer extremen Vielheit von Begriffen, deren Zusammenhang auf den ersten Blick nicht klar ist. Solange man sich nur ‚mit sich selbst‘ oder mit ‚Gleichgesinnten‘ beschäftigt, fällt einem nicht auf, dass das eigene Begriffssystem möglicherweise ’speziell‘ ist, aber wenn man sich on den offenen Austausch mit anderen begibt (wozu u.a. Mut gehört!), dann kann man sehr schnell erleben, wie disparat Begriffe sind.
14. Insofern nun unser ‚Bild von der Welt‘ primär über unser Begriffssystem läuft, stellt die starke Diskrepanz und Vielfalt natürlich eine Art ‚Barriere‘ dar, zusammen zu finden, zu gemeinsamen Einschätzungen zu kommen, zu einem möglichen gemeinsamen Handeln.
15. Auf den ersten Blick eventuell ‚entmutigend‘ ist doch das Faktum dieser begrifflichen Vielfalt gerade das Hauptargument dafür, sich zu einer Philosophiewerkstatt zusammen zu finden. Nur so kann man an einem gemeinsamen Verstehen arbeiten, in dem man selbst als ‚Aktivposten‘, als selbstbewusste(r) ‚MitdenkerIn‘ vorkommt.
16. Der Gesprächsleiter hat dann auch gar nicht erst versucht, diese Vielfalt in ein bestimmtes Schema zu pressen (auch niemand anderes), sondern es wurde die verbleibende Zeit genutzt, im offenen Gespräch die unterschiedlichen Begriffe und mögliche Querbeziehungen zu erläutern und zu motivieren.
DIVERSES
17. Ein starker Gegensatz bildete sich u.a. zwischen jenen, die Begriffe wie ‚Gott‘, ‚Seele‘, ‚Geist‘ benutzten und jenen, die sagten, die könnten damit in diesem Kontext nichts anfangen.
18. Dieser Gegensatz gab Anlass zu einem kurzen Exkurs mit Bezug auf den Vortrag Geist zum Nulltarif? Philosophische Aspekte zur Herkunft und zur Zukunft der Informatik. Vortrag und Diskussion und der dortigen Erläuterung, dass die Begriffe ‚Geist‘ und ‚Seele‘, die Eingang in die christliche Theologie gefunden haben, zurückgehen auf die antike griechische Philosophie. Dort wurden sie benutzt zur ‚Erklärung des Unerklärlichen‘, nämlich zur Erklärung des ‚Belebten‘ im Gegensatz zum ‚Unbelebten‘, ohne dass man wirklich erklären konnte, wie das ‚Leben‘ im ‚Belebten‘ ‚wirkt‘. In den nachfolgenden ca. 2000 Jahren, speziell in den letzten 150 Jahren, konnten wir sehr viel dazu lernen, wie man das biologisch fundierte Leben und seine Vielfalt bis zu einem gewissen Grad erklären kann, ohne allerdings das Grundfaktum des Biologischen innerhalb der bekannten physikalischen Gesetze erklären zu können.
19. Was man vor diesem Hntergrund sicher sagen kann, ist, dass wir heute – mit diesem Wissen im Rücken – Begriffe wie ‚Gott‘, ‚Geist‘, Seele‘ nicht mehr einfach so weiter verwenden sollten, wie in den vorausgehenden Jahrhunderten/ Jahrtausenden. Wenn wir intellektuell redlich bleiben wollen, dann müssen wir diese Begriffe in neuen Kontexten neu definieren. Strenggenommen müssten wir die christliche Theologie auch in vielen Teilen radikal umschreiben; wer aber sollte dies tun? Wer hat daran wirklich ein Interesse?
20. Es kamen auch Fragen nach ‚Gut‘ und ‚Böse‘ auf, was hat dies mit den Emotionen zu tun? Gibt es ‚gute‘ bzw. ‚Böse‘ Emotionen? Wenn Emotionen ‚angeboren‘ sind, wie gut können sie uns im Alltag leiten? ‚Passen‘ die angeborenen Emotionen noch zur heutigen Welt? Wie weit lassen sie sich manipulieren (es gibt chemische Substanzen die sowohl ‚Angstgefühle‘ wie auch ‚Euphorie‘ auslösen können; welche Bedeutung können solche Gefühle für uns haben?).
THEMA FÜR 11.Januar 2015
21. Für die Frage nach dem Thema für die nächste philosophieWerkstatt v2.0 am 11.Januar 2015 ergab sich nach einiger Diskussion das Thema „Das Gute und das Böse in den Religionen“. Den Einstieg dazu übernimmt eine ‚gelernte‘ Religionswissenschaftlerin. Die Idee ist, dass einerseits der individuelle subjektive Anteil, auch mit seinen emotionalen Aspekten, weiter Raum haben soll, andererseits aber auch durch einen Vergleich der verschiedenen Religionen der Blick weg von den Spezialitäten zu den allgemeinen, allen gemeinsamen Strukturen gelenkt werden kann. Einleitend soll es aber auch wieder ein Musikstück aus dem Bereich experimentelle Musik geben. Neben dem Veranstalter, der als cagentArtist experimentiert, gab es auch eine (anwesende) Pianistin und Komponistin, die sich mit diesem experimentellen Ansatz beschäftigen möchte.
22. Im Nachgespräch fokussierte sich das Thema stark um die experimentelle Musik, deren gesellschaftliche Bedeutung, die Auswirkungen auf den bisherigen Musikbegriff, starke Verschiebungen in bisherigen Begriffen, mögliche neue Experimente, auch öffentlich, evtl. als eigene Veranstaltungen.
Eine Übersicht über alle bisherigen Blogeinträge nach Themen findet sich HIER.
Änerung: 19.März 2015 (Die Künslergruppe Reul & Härtel hat das Foto mit Ihnen durch ein Bild aus ihr Performance (‚visualexploration‘) ersetzen lassen)
Änderung: 20.Nov.2014 (Einfügung Videoschnappschuss von der Uraufführung des Eingangereignisses)
Wie schon zuvor in diesem Blog darauf hingewiesen gab es am 8.November 2014 in der Frankfurt University of Applied Sciences eine recht interessante Veranstaltung INFORMATIK & GESELLSCHAFT. Computer und Geist. Aspekte einer Standortbestimmung. Im Folgenden ein kurzer Bericht mit einigen Schnappschüssen. Alle Bilder sind von Dominik Wolf, dem es gelungen ist, unter schwierigen Lichtverhältnissen doch das eine oder andere Bild zu schiessen. Die beiden ersten Bilder sind allerdings von Anita Henisch, die dann wegen der schwierigen Lichtverhältnisse aufgegeben hatte. Von Dominik Wolf selbst gibt es leider kein Foto, was schade ist, da er die Hauptlast der Organisation getragen hat.
Hier ein Video Schnappschuss von Dominik Wolf. Dies war nicht als Dokumentation geplant; aber da der geplante Tonmitschnitt leider nicht verfügbar ist, ist dies nun das einzige Zeugnis der 20 Minuten-Uraufführung.
Das Stück ‚Little CRUNCS symphony No.1‘ wirkte auf den ersten Blick wie sinfonische Musik, war aber vollständig im Computer generiert worden. Sieben verschiedene Eingangsklänge wurden auf unterschiedliche Weise algorithmisch bearbeitet und miteinander verzahnt. Viele Zuhörer sagten anschliessend, dass für sie das Schlagzeugspiel sehr wichtig gewesen sei. Ohne dieses hätten sie sich mit dem reinen Soundtrack schwer getan. So aber war es ein Erlebnis. Auch für den erfahrenen Jazz-Schlagzeuger Guido May war das Stück, wie er sagte, eine besondere Herausforderung. Alle ihm bekannten Muster passten bei diresdem Stück nicht. Er musster sich die Rolle des Schlagzeugs hier speziell erarbeiten.
13.45 Uhr Begrüßungen
(Moderator Prof. Doeben-Henisch, Sprecher ForschungsCampus FC3 & Informatik Cluster Fb2 Prof. Schäfer, Dekan Fb2 Prof. Morkramer, Vizepräsident Wissenschaft Infrastruktur Forschungstransfer der Frankfurt University of Applied Sciences Prof. Schrader)
Prof.Doeben-Henisch bei der Begrüßung. Es war die erste Veranstaltung dieser Art für die Informatik an der Hochschule. So war es sehr erfreulich, dass so viele sich aktiv und engagiert bei dieser Veranstaltung beteiligt haben.
Prof. Morkramer, der Dekan des Fb2, verstand es, am Beispiel seiner eigenen Familie lebendig werden zu lassen, wie schnell die Computer innerhalb von zwei Generationen aus dem Nichts aufstiegen und heute alles durchdringen. Erst jetzt beginnen wir Menschen scheinbar zu begreifen, welche große Folgen dies für uns alle haben kann, nicht nur positiv, sondern auch negativ.
Der Vizepräsident für Weiterbildung, Infrastruktur und Forschung, Prof. Dr. Schrader, griff sich aus den vielfältigen Entwicklungen jenen Bereich heraus, der ihn selbst besonders betrifft, den Bereich neuer Unterrichtstechnologien. So wunderbar diese neue Welt auch erscheint, er machte darauf aufmerksam, dass der Aufwand für eine volle Nutzung dieser neuen technologischen Möglichkeiten, von einer einzelnen Hochschule kaum gestemmt werden kann. Er wagte einen visionären Ausblick dahingehend, ob nicht Hochschule, Behörden und Wirtschaft zusammen ein ‚Leuchtturmprojekt‘ gemeinsamer neuer digitaler interaktiver Lernräume stemmen sollten. Eine Frage, die noch immer weiterhallt, auch nach der Veranstaltung.
14.00 Uhr Geist zum Nulltarif? Philosophische Aspekte zur Herkunft und zur Zukunft der Informatik. Vortrag und Diskussion
(Prof. Dr. phil. Dipl. theol G. Doeben-Henisch)
Unter dem Titel ‚Geist zum Nulltarif‘ ordnete Prof. Doeben-Henisch den Menschen mit seiner ‚Geistigkeit‘ ein in die Ideengeschichte (‚Geist‘ in der antiken griechischen Philosophie, hier verankert im Phänomen des ‚Atmens‘ (Verb: ‚pneo‘) erweitert zum Lebensprinzip (Substantiv ‚pneuma‘)) und in die Evolution des Lebendigen (‚Geist‘ als eine inhärente Eigenschaft des Biologischen selbst). Die strukturellen Übereinstimmungen zwischen dem Prinzip Computer und biologischen Zellen bis hin zum Gehirn lassen heute nicht erkennen, warum der Computer den Menschen in seinen Fähigkeiten nicht übertreffen können sollte. Die – besonders in den USA – vertretene Hypothese von der kommenden ‚technologischen Singularität‘ geht schon ganz selbstverständlich davon aus, dass die Tage der Menschen gezählt sind; die ‚intelligenten Maschinen‘ werden ‚übernehmen’…
15.00 Uhr Informatik und Gesellschaft Soziologische und kulturanthropologische Aspekte der neuen Informationstechnologien. Vortrag und Diskussion
(Prof. Dr. habil. Dipl. soz. Manfred Faßler)
Dass diese ‚Anpassbarkeit‘ des Computers an gesellschaftliche Abläufe und psychischen Bedürfnissen massive Rückwirkungen auf das Verhalten der Menschen und viele soziale Strukturen hat, thematisierte Prof. Fassler. Er identifizierte in den beobachtbaren Veränderungen einen großen Forschungsbedarf: wie können wir verhindern, dass die Menschen zu bloßen ‚Anhängsel‘ eines einzigen großen kybernetischen Systems werden, das einer ’smarten Humanität‘ zuwider läuft? Und in der Tat, der Reflexionsbedarf der heutigen Informatik gerade mit Blick auf Soziologie und Kulturanthropologie ist drängend; wo aber sind die zugehörigen Forschungsgruppen und Forschungsprogramme?
Die wunderbaren Bilder von Härtel/ Reul, die auf der digitalen Verarbeitung von analogen Prozessen in verschiedenen Flüssigkeiten beruhten, ließen in der ersten Pause dann etwas Leichtigkeit aufblitzen, einen Hauch von Schönheit. Zu erwähnen ist, dass Philip Reul auch Absolvent des Bachelor-Studiengangs Informatik der Hochschule ist sowie des interdisziplinären Masterstudiengangs ‚Barrierefreie Systeme‘ (BaSys).
16.30 Uhr Verkehr von morgen. Total umsorgt, total verkauft? Über Uber, Überwachung, und die neue Mobilität. Vortrag und Diskussion
(Prof. Dr. Jörg Schäfer)
Prof. Schäfer demonstrierte dann am Beispiel der Mauterfassung, wie das vorhandene Knowhow der Informatik von der Politik nicht genutzt wird, um die Privatsphäre bei der Mauterfassung zu wahren. Stattdessen wird direkt auf die Privatheit zugegriffen. Am Beispiel des neuen Fahrgastvermittlungssystem Uber illustrierte Schäfer, wie einige wenige Kapitalgeber mit einer einfachen, billigen Software weltweit hohe Vermittlungsgebühren einziehen können, ohne juristische Verantwortung für das Fahrgastgeschäft selbst zu übernehmen. Er fragte, warum die Bürger dies nicht selbst organisieren, z.B. mit einer ‚genossenschaftlichen Bürgerplattform‘. Noch weiter gedacht: warum sollten Studierende, Professoren und Bürger nicht solch eine Genossenschaft gründen?
17.30 Uhr Robot-Fabriken. Erhöhung der Produktivität; wo bleibt die Arbeit? Vortrag und Diskussion
( Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke)
Das Thema ‚Automatisierung‘ bzw. ‚Roboter-Fabriken‘ ist in der Öffentlichkeit wegen unterstelltem Arbeitsplatzverlust schon mit Vorbehalten verhaftet. Prof. Schocke verstand es aber, in einem sehr engagierten Vortrag zunächst einmal die Notwenigkeit einer Produktivitätssteigerung durch weiter automatisierte Fabriken zu klären. Der internationale Konkurrenzdruck zwingt Deutschland, hier an vorderster Stelle mit zu halten. Allerdings zeigte die lebhafte Diskussion, dass damit das Problem der oft zitierten Arbeitsplatzvernichtung möglicherweise noch nicht völlig beantwortet ist. In der Diskussion wurde klar, dass hier alle betroffenen gesellschaftlichen Kräfte herausgefordert sind nach Lösungen zu suchen. den Unternehmen alleine kann man dies nicht anlasten.
Tobias Schmitt, ehemaliger Absolvent der Informatik – noch mit dem klassischen Diplom –, der zugleich seit gut 20 Jahren auch experimentelle Musik produziert, komponiert, performed, zeigte ein eigens Kunstvideo parallel zu einem eigenen Soundtrack, den er live spielte.
19.30 Uhr Video Slam zum Thema Informatik und Gesellschaft (Länge eines Videos maximal 7-Min, künstlerisch oder wissenschaftlich, Publikumspreise für die zwei besten Beiträge)
Obgleich die Vorlaufzeit für den Videowettbewerb vergleichsweise sehr kurz war hatte es Einsendungen gegeben und es war möglich, den vom Förderkreis der Hochschule gestifteten Preis an zwei Preisträger zu überreichen. Sowohl Siegfried Härtel wie auch Tom Pluemmer sind profiliert Kunstschaffende. Während Tom Pluemmer seinen Schwerpunkt im Bereich Film hat, hat Siegfried Kärcher in seinem Leben schon eine ganze Bandbreite von künstlerische Aktivitäten aufzuweisen. Darin kommt eine intensive Auseinandersetzung mit Computern in ihren vielschichtigen Einsatzmöglichkeiten ebenso vor wie Lichttechnik, Sounddesign und Videokunst, um nur einiges zu nennen.
21.30-23.00 Uhr Ausgangsereignis Computermediated Sound/Images 4
(Werkstattgespräch mit den Künstlern; Digital Jam-Session)
Hier eine Momentaufnahme von der inspirierenden Improvisation Tobias Schmitt & Guido May. Leider viel zu kurz …
Weitere Berichte, Kommentare können möglicherweise noch folgen. Insbesondere sollen noch Links auf die beiden prämierten Videos folgen.
Eine erste Nachreflexion von cagent zur Tagungfindet sich HIER.
Einen Überblick über alle Einträge in diesem Blog nach Titeln findet sich HIER.
A) PSYCHOLOGIE DER SUCHE
B) SELBSTORGANISATION DES DENKENS
C) NEUE MUSIK
D) SUBJEKTIVE GEWISSHEIT – OBJEKTIVER RAHMEN
E) MENSCH UND COMPUTER
F) SELBSTVERNICHTUNG DES MENSCHEN?
G) PROGRAMMENTWURF FÜR So 14.Dez.2014
1. Nach dem Start der philosophieWerkstatt v2.0 am 12.Oktober (siehe einen subjektiven Bericht davon hier) hat sich die Zahl der TeilnehmerInnen mehr als verdoppelt. Dies erweiterte den Raum der Erfahrungen, die in das Gespräch eingehen können. Aber eine größere Anzahl verändert auch den Fluss eines Gespräches. Man muss lernen, wie man damit umgeht.
A) PSYCHOLOGIE DER SUCHE
2. Das Gespräch startete mit einem kurzen Bericht von der ersten Sitzung (siehe das Schaubild vom letzten Bericht). Darauf bezogen gab es unterschiedliche Rückmeldungen, die aber dieses Mal nicht alsbald zu dem ‚Gesprächsfluss‘ führte, wie er die erste Sitzung charakterisierte, sondern erweckte bei den Beteiligten den Eindruck eines auf der Stelle Tretens. Man hatte subjektiv individuell Erwartungen, aber diese fand man im aktuellen Gesprächsgeschehen nicht wieder.
3. In solchen Situationen einer ‚quälenden Ungewissheit‘ ist es eine häufige Versuchung, nach altbekannten Rezepten zu greifen, um ‚irgendetwas‘ zu machen, damit man überhaupt etwas macht; ‚quälende Ungewissheit‘ wird jedenfalls bei den meisten als ‚unangenehm‘ empfunden.
4. Jeder, der schon mal ein Problem in einer bestimmten Zeit lösen musste, kennt diese Situation. Man muss (oder will) eine Lösung finden, aber aktuell hat man sie noch nicht. Was tut man? Wo fängt man an? Wo sollte man suchen? Man spürt seine eigene Unzulänglichkeit. Man zweifelt an sich. Man wird unruhig? Man fragt sich, ob es die richtige Entscheidung war, sich in diese Situation zu bringen… und Ähnliches.
5. Die Gruppe hat diese Situation eines gemeinsamen Suchens ohne aktuell subjektiv befriedigende Situation sehr konstruktiv gelöst. Keiner stand auf und ging einfach weg. Jeder versucht, die Situation konstruktiv anzunehmen und doch noch eine Lösung zu finden.
6. Eine Phase von Gesprächen in kleineren Gruppen löste die Lähmung auf, führte zu lebhaften inspirierenden Gesprächen und führte dann zu einem ‚Plan‘ für das weitere Vorgehend bei der nächsten Sitzung.
B) SELBSTORGANISATION DES DENKENS
7. Die individuell-gemeinschaftliche Suche nach etwas, was in sich noch nicht so bekannt ist, wo der Weg tatsächlich ein wesentlicher Teil des Zieles ist, unterliegt gewissen Randbedingungen, die gewisse Verhaltensweisen bedingen.
8. So macht es natürlich einen Unterschied, ob man einen Abend bei ‚Punkt Null‘ beginnt, ohne Voraussetzungen in der Vergangenheit; man kann direkter zu den Punkten kommen. Da nur 1/3 der Teilnehmer vom 12.Okt.2014 auch am 9.Nov. anwesend waren, wussten 2/3 am aktuellen Abend nichts von der Vorgeschichte. Die Vermischung von letzter Sitzung und aktueller Sitzung wirkte daher weniger inspirierend sondern eher wie ein Bremsklotz. Die Gruppe erarbeitete die Hypothese, jede Sitzung mit einem bestimmten Thema anzufangen, das von einer Mehrheit als ‚gesprächswürdig‘ angesehen wird.
9. Ferner spielt natürlich die Anzahl eine Rolle. Je mehr Gesprächsteilnehmer anwesend sind, umso schwieriger wird ein Gespräch, da man auf immer mehr Erwartungshorizonte eingehen muss. Dies wird ab 4-5 Personen schon zunehmend schwer. Eine Klärung der eigenen Position zu einem Thema sollte daher einen Kommunikationsraum haben, der ‚Leichtgängig‘ ist. Die Gruppe erarbeitete daher die weitere Arbeitshypothese, zumindest zu Beginn des Treffens eine oder zwei Gesprächsphasen in kleinen Gruppen zu organisieren, die dann als Gruppe fokussiert ihre Ergebnisse allen anderen vorstellen. Anhand des Bildes, das dann aus diesen Gruppengesprächen entstehen, könnte man dann immer gemeinsame Reflexions- und Gesprächsphasen einschieben.
10. Auf diese Weise kann man überschaubare, persönliche Gesprächsprozesse erhalten, kann sich jede Gruppe dort abholen, wo sie steht, kann sich zusätzliche ein übergreifendes ‚Gedankenbild‘ entwickeln, das man im Kontext bekannter Erkenntnisse/ Modelle/ Theorien diskutiert.
C) NEUE MUSIK
11. Der Veranstalter macht unter dem Namen cagentArtist seit ca. 6 Jahren Experimente mit Klangräumen auf der Suche nach ’neuen Klängen‘. Dabei hat er vielfältige Erfahrungen gemacht beim ‚Suchen‘ nach neuen Klängen. Wie sucht man nach etwas, was man noch nicht kennt? Er hat dazu eine Methode entwickelt die das Individuum ins Zentrum stellt, die unabhängig ist von individuellen Fähigkeiten, von vieljährigen Trainingsprogrammen, unabhängig von ‚herrschendem Geschmack‘, von welchen Monopolen auch immer. Es geht um eine Begegnung mit neuen Klängen ‚für jeden‘, ‚zu jeder Zeit‘, ‚unabhängig‘ vom Monopol eines Senders, einer Redaktion, eines Sinfonieorchesters, vom Mainstream: ‚Bottom-Up‘, ‚Graswurzel‘ …. Das Bild vom großen Künstler, der eine ‚göttliche Inspiration‘ empfängt, die er ‚meisterlich‘ in eine ‚Form gießt‘, die die ‚hohe Musik‘ verkörpert, ist eine Ideologie. Sie begründet zu Unrecht eine Machtstruktur der ‚Musikwissenden hier‘ und der ‚Musikunmündigen‘ ansonsten. Dies führt zu einer Entmündigung fast aller Menschen in Sachen Musik. Oder der ‚Mainstream‘ als ‚Terror‘. Es geht um eine ‚Demokratisierung‘ des Umgangs mit Musik.
12. Es entstand im Gespräch die Idee, zu Beginn jeder Sitzung ein kurzes Musikstück aus dem Bereich der neuen Musik anzuhören und dann kurz über die ‚Emotionen‘ zu sprechen, die es auslöst, über den Weg, wie diese Klänge entstanden sind, und ob und wie man selbst einen Weg zu Klängen hätte.
D) SUBJEKTIVE GEWISSHEIT – OBJEKTIVER RAHMEN
13. In einer kurzen, aber ‚emotional wirksamen‘ Phase, gab es Dialoge zum Thema ’subjektive Gewissheit‘, z.B. dass hier ‚objektiv‘ ein Tisch sei, weil ich ihn anfassen kann, und den objektiven Erkenntnissen der modernen Physiologie und Gehirnforschung andererseits, dass das Gehirn als Zentrum vielfältiger Informationsverarbeitung im Körper, natürlich nicht den ‚Tisch als solchen‘ ‚wahrnimmt‘, sondern nur die ‚Wirkungen‘ übermittelt bekommt, die der ‚Tisch da draußen‘ auf die beteiligten Sinnesorgane auslöst. Aus den Daten der Sinnesorgane (auch der ‚inneren‘ (propriozeptiven) Sinnesorgane) konstruiert dann das Gehirn sein Bild von der ‚Welt da draußen‘.
14. Es gab bei einzelnen Schwierigkeiten, die subjektive Erkenntnis mit den Daten der modernen empirischen Wissenschaften zu verschränken. Die Schwierigkeit bestand darin, den Wahrheitsgehalt der subjektiven Erkenntisse in den objektiv-empirischen Erkenntniszusammenhang ‚einzubetten‘; die subjektive Erkenntnis wird damit nicht ‚aufgehoben‘, wohl aber ‚zusätzlich interpretiert‘.
15. Die ‚Objektivität‘ wird damit nicht vernichtet, sondern gestärkt. ‚Wahrheit‘ verschwindet nicht, sondern wird dadurch nur differenzierter. Dass es Menschen gibt, die sich ‚Philosophen‘ nennen und die aus den Erkenntnissen der modernen Wissenschaften eine allgemeine ‚Relativierung‘ ableiten, erscheint nicht zwingend, müsste aber in einem längeren differenzierten Gespräch erklärt werden.
E) MENSCH UND COMPUTER
16. Im Nachgespräch einer kleinen Gruppe wurde höchst intensiv die Frage diskutiert, ob und wieweit ein Computer einen Menschen ’nachbilden‘ oder gar ‚ersetzen‘ können. Es wurden sehr viele kluge Dinge gesagt. Die Kernfrage einer Teilnehmerin, wieweit das an die Körperlichkeit gebundene ‚Kinderkriegen‘ durch eine Frau und die damit einhergehende ‚Weiterentwicklung‘ eines Menschen/ der Menschheit durch Maschinen (Computer) ’nachgebildet‘ werden könnte, blieb trotz einiger Argumente noch etwas offen.
F) SELBSTVERNICHTUNG DES MENSCHEN?
17. Im Zusammenhang der aktuellen Diskussion um die kommende ‚Weltherrschaft der Maschinen‘ (Singularitätshypothese, Transhumanismus) kann man den Eindruck gewinnen, dass die Diskussionsteilnehmer ‚wie besoffen‘ von den Fähigkeiten der ’neuen Maschinen‘ sind, ohne sich dabei noch irgendwelche Gedanken über den Menschen zu machen. Das Wunder des Lebens auf der Erde (und damit im Universum), das sich seit ca. 4 Mrd.Jahren in extrem komplexen und erstaunlichen Prozessen abgespielt hat, wird vollständig ausgeklammert. Die vielen grundlegenden Fragen, die sich hier stellen, die alle noch nicht beantwortet sind, werden gar nicht erst diskutiert.
18. Dass die ‚alten Menschenbilder‘ der bisherigen Traditionen (insbesondere auch der großen Religionen (Hinduismus, Judentum, Buddhismus, Christentum, Islam) bei heutigem Wissensstand vielfach nicht mehr adäquat sind, ist eine Sache, aber dann den Menschen quasi einfach in der Versenkung schwinden zu lassen als sich der Herausforderung eines ’neuen Menschenbildes‘ zu stellen, ist nicht nur methodisch unsauber sondern natürlich ein direkter Angriff auf die Gesamtheit des Lebens im Universum schlechthin. Der Mensch schafft sich selbst ab; das ist mehr als Genozid (was eigentlich von der UN geächtet ist).
19. Während ‚Religion‘ eigentlich etwas Existentiell-Empirisches ist, das seine ‚Wurzeln‘ im ‚Transzendenten‘ zu ’spüren‘ meint, scheinen die ‚Institutionen‘ der Religionen eher ‚Machtgetrieben‘ zu sein, die im Konfliktfall das Existentiell-Empirische der Religion bekämpfen. Das Existentiell-Empirische wertet den einzelnen Menschen (jedes Lebewesen!?) grundlegend auf. Religiöse Erfahrung verbindet jeden potentiell mit Gott, was aber eine institutionelle Macht in Frage stellt.
20. Im Kontext der Diskussion um das ‚Neue Menschenbild‘ erscheinen die von den religiösen Institutionen ‚propagierten‘ Menschenbilder daher tendenziell ‚verzerrt‘, ‚partiell‘, ‚irreführend‘. Wenn dies zutrifft – als Autor gehe ich davon aus –, dann helfen die Menschenbilder der institutionellen Religionen uns momentan wenig in der Auseinandersetzung um das ‚Neue Menschenbild‘. Im Gegenteil, sie blockieren den Zugang zu dem ‚je größeren Bild‘ vom Menschen im Universum, vom Leben im Universum, und damit bedrohen sie die ‚Zukunft‘ des Lebens unmittelbar.
G) PROGRAMMENTWURF FÜR So 14.Dez.2014
21. Für die nächste Sitzung wurde von den Anwesenden daher folgender Programmvorschlag formuliert:
22. Eingangsbeispiel eines Experimentes zur ‚Neuen Musik‘ mit kurzem Gespräch
23. Kurze Einführung zum Thema ‚Emotionen‘
24. Erste Gesprächsrunde in kleinen Gruppen (3-4) zum Thema
25. Berichte der Gruppen und Diskussion
26. Eventuell Wiederholung Gesprächsgruppen und gemeinsame Diskussion
27. Mögliche Aufgabenstellung für nächstes Treffen
28. Offener Ausklang
Erste Vorübelegungen zur philosophieWerkstatt v2.0 am 14.12.2014 finden sich HIER.
Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.