Archiv der Kategorie: Snowden

DER ZAUBER DES BÖSEN VERLANGT DEN ZAUBER DES GUTEN …

KUNSTSPLITTER

Obwohl wir alle mächtig eingespannt waren, schafften es 11 von uns, sich an einem Wochenende loszueisen und sich zu einem Kreativwochenende zusammen zu finden. Das Ergebnis nach 6 Stunden Arbeit waren 22 mannshohe (und höhere) Holzgestelle, in den Boden gerammt, mit Stofffetzen drapiert, die mit einem Mal einen leicht verwilderten Garten ‚bevölkerten‘. Abschließend stellten sich die ‚Erschaffer‘ zwischen diese und ließen sich fotografieren. Das nachfolgende Bild zeigt einen Ausschnitt aus einem dieser Fotos, nachträglich bearbeitet mit dem open-source Bildbearbeitungsprogramm ‚gimp‘.

Artwork - Holzgestelle mit Stoff behangen, dazwischen lebende Menschen - ein FLOW
Artwork – Holzgestelle mit Stoff behangen, dazwischen lebende Menschen – ein FLOW

Ad hoc habe ich aus dem Stand ein Klangbild erzeugt, das wir uns dann abschließend in Ruhe angehört haben: Erstes Soundbild zur Puppen – Menschen – Flow Konstellation (Vorprogrammierte Funktionstasten aus Bibliotheken; simultan abgespielt). Sicher sind hier tausende andere Klänge möglich ….

WIRTSCHAFTLICHER DRUCK DRÄNGT ZUR CLOUD

1. In ihrem Artikel Cloud-Sicherheit, ein aufkommender Sturm beschreiben die Autoren lebensnah, wie der wirtschaftliche Konkurrenzdruck immer mehr Firmen mit Computerdienstleistungen dazu drängt, die verschiedenen Angebote von Clouds zu nutzen. Zugleich ist aber Cloudcomputing ein maximal komplexes Gebilde von Hardware, Software, Ablaufprozessen und Rechten, deren Absicherung gegenüber ‚bösartigen Angriffen‘ (Sicherheit im Sinne von ‚Security‘) alles andere als trivial ist. Sehr sachkundig und detailliert beschreiben die Autoren die verschiedenen Systeme im Einsatz und die unterschiedlichen Missbrauchsmöglichkeiten. Diese potentiellen Gefährdungen tatsächlich auszuschließen ist beim heutigen Stand der Technik praktisch nicht möglich. Dazu kommen all die verschiedenen Hinweise, die nahelegen, dass die US-Sicherheitsdienste mindestens alle US-Unternehmen per Gesetz gezwungen haben, ihnen Abhörmöglichkeiten zu gewährleisten bzw. – solche Berichte gab es – haben einfach abgehört ohne Wissen der Betreiber.

2. Dies verweist auf ein tiefgreifendes Dilemma: althergebrachte demokratische Werte von Privatheit verlieren sich im Kontext der modernen Technologien. Nicht nur das Verhältnis privater Person zu Firmen, sondern auch das Verhältnis privater Personen zu ihrem Staat löst sich mehr und mehr auf und die einzelnen Personen sind mehr und mehr vollständig gläsern; und das nicht nur an einem Ort sondern aufgrund der unkontrollierten und ausufernden Vernetzung für nahezu jeden.

WARUM SNOWDEN DATEN ENTWENDEN KONNTE – UND WARUM DAS UNBESCHRÄNKTE AUSSPÄHEN GEGEN DIE VERFASSUNG IST

3. Was im Artikel über die Sicherheit in der Cloud für die meisten sehr abstrakt klingen mag wird durch die Aktion von Edward Snowden sehr schnell sehr konkret. In seinem Artikel Die NSA und Snowden analysiert Bob Toxen sehr detailliert die verschiedenen Sicherheitsstrategien, die man heutzutage üblicherweise bei Netzwerken (und Clouds) anwenden würde (und die z.T. auch von der US-Regierung vorgeschrieben werden), die aber im Falle von Edward Snowden von der NSA selbst zu großen Teilen nicht praktiziert wurden. Aus Sicht der betroffenen Öffentlichkeit kann man froh sein, dass es diese Sicherheitslücken gab; aus Sicht der US-Regierung war es natürlich eine mehrfache Katastrophe.

4. Im Nachgang zu Snowdens Kopieren von Daten hat die NSA zwar diverse Maßnahmen ergriffen, um solch einen Fall zukünftig zu verhindern, aber wie sowohl die Analysen von Toxen offenlegen als auch die oben erwähnte Analyse zur Cloudsicherheit generell ist es unwahrscheinlich , dass es ein wirklich sicheres System jemals geben wird. Abgesehen von der technischen Systemkomplexität wird es – solange Menschen mitwirken – den Faktor Mensch geben, und Menschen können prinzipiell jede Vorschrift missachten, wenn sie von der Gültigkeit einer Vorschrift nicht überzeugt sind.

WIE KOMPETENT SIND DIE RICHTER?

5. Die dramatische Veränderung der Lebenswirklichkeit von immer mehr Firmen und Menschen durch die voranschreitende Technologie verändern den Anwendungsbereich der bisherigen Gesetze. Speziell der Schutz der Privatheit (in den USA der vierte Zusatz zur Verfassung) wurde in den letzten 200 Jahren schon mehrfach immer wieder neu ‚justiert‘. Die aktuell bekanntgewordene totale Abhörung, insbesondere auch von US-Bürgern selbst, hat die Fragestellung, ob dies nicht gegen den vierten Zusatz der Verfassung
verstoße, neu belebt.

6. In einem sehr lesenswerten Textblock im Artikel von Toxen wird gezeigt, dass aktuell ein Richter eine Anklage der NSA mit Berufung auf Nr.215 des Patriotic Act verweigern. Dagegen steht, dass das unabhängige Beratergremium von Präsident Obama genau dieses Argument für nichtig erachtet. Ein anderer Richter klassifiziert das unberechtigte Abhören als illegal. NSA-Chef Keith Alexander selbst räumte ein, dass das kollektive Abhören von 300 Mio US-Bürgern bislang kein einziges Leben gesichert habe. Dafür wurde bekannt, dass Daten aus der NSA-Abhörung an andere Behörden zur Strafverfolgung weitergereicht wurde. Ein diktatorischer Polizeistaat unterscheidet sich hier in nichts von der aktuellen US-Praxis.

7. Angesichts dieser gesellschaftlichen Prozesse kann man die Frage stellen, inwieweit die US-Justiz, speziell ihre Richter, aufgrund ihres Alters und ihrer Ausbildung überhaupt kompetent genug sind, diese schwierigen gesellschaftlich relevanten Fragen angemessen zu beurteilen. Idealerweise gäbe es einen offenen gesellschaftlichen Diskurs, der die Politik dazu bewegt, die Gesetze den neuen Gegebenheiten anzupassen. Da es aber die US-Regierung selbst ist, die zum dem immer größeren Missbrauch der Freiheitsrechte durch eine problematische Praxis anstiftet, richtet sich die Aufmerksamkeit mehr und mehr auf die Justiz. Kirckpatrick geht dieser Frage in seinem Beitrag Technologie verwirrt die Gerichte nach. Auch im Vergleich zum europäischen Gerichtshof stellt er fest, dass die US-Richter, speziell beim obersten Gerichtshof, aufgrund ihres hohen Altersdurchschnitts die neuen technologischen Entwicklungen und den damit einhergehenden Wandel im Lebensstil tendenziell nicht mehr angemessen beurteilen können. Eine Analyse der Urteile der letzten Jahrzehnte deutet ferner an, dass die Gerichte versuchen, die Konkretheit der Technologie möglichst außen vor zu lassen, die Fragen generisch zu entscheiden, ohne ältere Urteile aufzuheben, was meist nur in weiteren Einschränkungen der Anwendbarkeit resultiert. Dies spielt den Ball zurück in die Gesellschaft, in die offizielle Öffentlichkeit, in den Bereich der lebendigen Auseinandersetzung: was wollen die US-Bürger selbst? Wie wollen sie künftig leben? Was erwarten sie von ihren Politikern? Wollen sie die zunehmende Totalisierung ihrer Regierung akzeptieren? Sind sie bereit in einem total überwachten Gefängnis zu leben? (dies ist eine Frage, die sich die Bürger Englands nicht weniger stellen müssen. Wie Piya Basil in einem sehr nachdenklich machenden Artikel über Bürgerrechte und Überwachung in England darlegt (s.u.), befindet sich England ebenfalls in einem rechtlich höchst problematischen Zustand mit einem völlig überbordenden Überwachungssystem).

ZÜGE EINES TOTALITÄREN FASCHISTISCHEN STAATES?

8. Verfolgt man die technischen Aspekte des staatlichen Abhörens weiter zu den rechtlichen Aspekten, gerät man, wie bekannt, schnell in die tiefen Gewässer verfassungsrechtlicher Erwägungen. Dazu kommt, dass die für jeden Bürger erfahrbare Praxis der US-Behörden selbst bei gutwilliger Interpretation starke Ähnlichkeiten mit den Grenzkontrollen der ehemaligen DDR oder eben dem Staatssicherheitsdienst der DDR haben. Man kann versuchen, dies weg zu reden, aber das hilft nicht weiter. Die Praxis ist real und die Rechtlosigkeit der Bürger, speziell der Nicht-US-Bürger ist schier grenzenlos.

9. Liest man weiter in dem Buch von Tom Engelhardt, hier Kap.2 (siehe Quelle unten), dann fällt es einem sehr schwer, in der aktuellen US-Politik irgendetwas Gutes für alle Länder außerhalb der USA zu sehen. Zu massiv sind die offiziell geäußerten Strategien und Ideologien der US-Regierung einseitig auf die Machtstellung der USA ausgerichtet mit einer nahezu vollständigen Absage an alle bekannten demokratischen Werte.

10. Es ist wohl einmalig in der politischen Geschichte der USA (oder gar jedes heutigen demokratischen Staates?), dass ein konservativer Thinktank mit ausschließlicher Orientierung an militärischer Macht und fixiert auf die Interessen der USA das ‚Projekt eines neuen Amerikanischen Jahrhunderts‘ (PNAC = Project for the New American Century)) auf dem Reißbrett entwerfen konnte, bevor die Mitglieder dieses Thinktanks dann anschließend unter Bush alle wichtigen Posten der US-Regierung besetzen konnten und diese undemokratische Vision einer militärischen US-Supermacht ohne Rücksicht auf Verluste in die Realität umsetzten, Lügen, Rechtsbeugungen, Gesetzesänderungen, Verbrechen inklusive. Das Ergebnis bis heute ist eine ungeheuerliche Ressourcenvernichtung, endloses Leid (Irak, Afghanistan), eine weitgehende Destabilisierung des Mittleren Ostens, die Beförderung eines Anti-Amerikanismus von nie gekanntem Ausmaß, und vieles mehr. Zugleich eine weitere Ausdehnung von Militär und Sicherheit und Demontage demokratischer Rituale.

MILITÄRISCHE OPERATIONEN SIND KEIN ERSATZ FÜR POLITIK

11. Eigentlich ist – nicht erst seit Clausewitz – bekannt, dass bestehende Konflikte niemals durch militärische Gewalt gelöst werden können. Und in einer Welt, die immer komplexer da wechselseitig abhängiger wird, sind die Verhaltensweisen der Vergangenheit, den anderen zu seinen eigenen Gunsten zu unterdrücken oder gar zu zerstören, nicht zukunftsfähig. Israel und die Palästinenser könnten einen wunderbaren Staat bilden, aber die Vorstellungen in den Köpfen von Minderheiten auf beiden Seiten verhindern eine blühende Landschaft; statt das Denken zu ändern quält man sich gegenseitig; das Gleiche gilt für Schiiten und Sunniten. Russland könnte mit der EU eine blühende Wirtschaftsregion aufbauen, stattdessen praktiziert eine Minderheit Verhaltensmuster aus der Zarenzeit und verspielt damit die Chancen der Gegenwart. usw. usw.

EINE SPIRITUALITÄT DER ZUKUNFT?

12. Dies führt zu der Frage, warum Menschen an Denkmustern festhalten, die ganz offensichtlich allen Beteiligten Schaden, Unheil und Ängste, Aggressionen verbreiten, Fortschritt verhindern, alltägliches Leben zur Hölle werden lassen, usw.? Warum sind Menschen so hilflos, wenn es darum geht, ihr eigenes Denken zu überprüfen und in Frage zu stellen? Warum ist es so populär, andere erst einmal zu verteufeln anstatt Vertrauen aufzubauen, gemeinsame Verständigung zu ermöglichen, gemeinsame Wege zu gehen? Warum braucht man immer einen anderen als Feind um von dem eigenen Versagen abzulenken? Warum gefallen sich Menschen im Jammern und Wehklagen anstatt mit Optimismus das Unmögliche möglich zu machen? Warum kann eine militärische Supermacht wie die USA in Sachen Zukunftsfähigkeit nicht mit gutem Beispiel vorangehen, statt Panzer Schulen, statt Raketen Bildung, statt Geheimdienste … ja, was?

13. Wir müssen uns klar machen, dass all das, was heute als so ‚unabänderlich‘ erscheint, als ‚unausweichlich‘ in keiner Weise unabänderlich ist. Alles, was wir heute tun, tun Menschen, weil sie eine bestimmte Überzeugung haben. Überzeugungen aber sind geworden, geformt, wurden gebildet, und können jederzeit wieder geändert werden. Auch ein Keith Alexander, der Chef der NSA, der sich gerne als Patriot gibt, der natürlich die Verfassung zu kennen behauptet, ist nur ein Mensch, der ein partielles Weltbild ausgebildet hat, das auf Voraussetzungen beruht, die nicht absolut sind, von vielen Gewohnheiten und Zufälligkeiten geprägt ist, und der prinzipiell seine Meinung ändern könnte. Allerdings zeigt er, wie nahezu alle Vertreter der US-Regierung, bislang niemals Ansätze zu Zweifel und Selbstkritik … und das lässt eine Regierung wenig vertrauenswürdig erscheinen. Menschen, die eine solch große Verantwortung tragen für Prozesse, deren Komplexität letzte abschließende Meinungen verbieten, müssten kritisch reflektierend sein und ihr Denken mit der Öffentlichkeit teilen; das tun sie aber nicht; das lässt sie zwangsläufig in einem ungünstigen Licht erscheinen. Wieviel Angst haben sie? Wieviel haben sie zu verbergen? Ist dies nicht eine Form von Geringschätzung der Bevölkerung? Gelebte Demokratie funktioniert anders.

QUELLEN

Keith Kirkpatrick , Technology Confounds the Courts. Despite the need to make decisions relevant to technologies, the U.S. Supreme Court is not the most techno-savvy group.
Pages 27-29, Communications of the ACM, May 2014

Bob Toxen , The NSA and Snowden: Securing the All-Seeing Eye. How good security at the NSA could have stopped him.
Pages 44-51, Communications of the ACM, May 2014

Mihir Nanavati, Patrick Colp, Bill Aiello, Andrew Warfield , Cloud Security: A Gathering Storm, Users‘ trust in cloud systems is undermined by the lack of transparency in existing security policies. Pages 70-79, Communications of the ACM, May 2014

Tom Engelhardt, ‚The United States of Fear‘, Chicago: Haymarket Books, 2011

Priya Basil, ‚Jetzt mal nter vier Augen‘, FAZ 3.Juli 2014, S.9

DAS NEUE MENSCHENBILD – ERSTE SKIZZE

MUSIK ZUR EINSTIMMUNG

Das Stück „Wenn die Worte aus der Dunkelheit aufsteigen wie Sterne“ entstand zunächst als ein reines Instrumentalstück (die erste Hälfte des aktuellen Stücks; diesen Teil hatte ich auch schon mal am 4.April im Blog benutzt). Doch inspirierte die Musik zum ‚Weitermachen‘, zunächst entstand eine Fortsetzung rein instrumental; dann habe ich ab der Mitte spontan einen Text dazu gesprochen. Im Nachhinein betrachtet passt dieser Text sehr gut zum heutigen Blogeintrag (ist kein Dogma … :-))

UNSCHULDIGER ANFANG

1. Als ich am 20.Januar 2007 – also vor 7 Jahren und 3 Monaten – meinen ersten Blogeintrag geschrieben habe, da wusste ich weder genau, was ich mit dem Blog wollte noch konnte ich ahnen, was durch das Niederschreiben von Gedanken alles an ‚kognitiven Bildern‘ von der Welt und dem Menschen entstehen konnte. Langsam schälte sich als Thema – wenngleich nicht messerscharf – ‚Neues Weltbild‘ heraus. Das konnte alles und nichts sein. Aber im gedanklichen Scheinwerferkegel von Theologie, Philosophie, Wissenschaftstheorie, Psychologie, Biologie, Linguistik, Informatik, Neurowissenschaften, Physik gab es Anhaltspunkte, Eckwerte, die den aktuellen Gedanken wie eine Billardkugel von einer Bande zur anderen schickten. Dazu die heutige, aktuelle Lebenserfahrung und die vielen Begegnungen und Gespräche mit anderen Menschen.

2. Die letzten beiden Blogeinträge zum Thema Bewusstsein – Nichtbewusstsein markieren einen Punkt in dieser Entwicklung, ab dem ‚wie von Zauberhand‘ viele einzelnen Gedanken von vorher sich zu einem Gesamtbild ‚zusammen schieben‘, ergänzen.

AUSGANGSPUNKT INDIVIDUELLES BEWUSSTSEIN

3. Akzeptieren wir den Ausgangspunkt des individuellen Bewusstseins B_i als primären Erkenntnisstandpunkt für jeden Menschen, dann besteht die Welt für jeden einzelnen zunächst mal aus dem, was er/ sie im Raume seines eigenen individuellen Bewusstseins erleben/ wahrnehmen kann.

4. Da es aber zur Natur des individuellen Bewusstseins gehört, dass es als solches für ‚andere‘ ‚unsichtbar‘ ist, kann man auch nicht so ohne weiteres über die Inhalte des eigenen Bewusstseins mit anderen reden. Was immer man mit Hilfe eines Ausdrucks A einer Sprache L einem anderen mitteilen möchte, wenn der Ausdruck A als Schallwelle den anderen erreicht, hat er zwar einen Schalleindruck (falls erhören kann), aber er/ sie weiß in dem Moment normalerweise nicht, welcher Inhalt des Bewusstseins des Sprechers damit ‚gemeint‘ sein könnte.

5. Dass wir uns trotzdem ‚unterhalten‘ können liegt daran, dass es offensichtlich einen ‚Trick‘ geben muss, mit dem wir diese unüberwindliche Kluft zwischen unseren verschiedenen Bewusstseinsräumen überwinden können.

KLUFT ZWISCHEN INDIVIDUELLEN BEWUSSTSEINSRÄUMEN ÜBERWINDEN

6. Der ‚Trick‘ beruht darauf, dass der individuelle Bewusstseinsraum einem ‚individuellen Körper‘ zugeordnet ist, dass es in diesen Körper Gehirne gibt, und dass das individuelle Bewusstsein eines Körpers k_i als Ereignis im Gehirn g_i des Körpers k_i zu verorten ist. Das Bewusstsein B_i partizipiert an den Gehirnzuständen des Gehirns, und dieses partizipiert an den Körperzuständen. Wie die Wissenschaft mühsam erarbeitet hat, können bestimmte Außenweltereignisse w über ‚Sinnesorgane‘ in ‚Körperereignisse‘ ‚übersetzt‘ werden‘, die über das Gehirn partiell auch das Bewusstsein erreichen können. Sofern es jetzt Außenweltereignisse w‘ gibt, die verschiedene Körper in ähnlicher Weise ‚erreichen‘ und in diesen Körpern via Gehirn bis zu dem jeweiligen individuellen Bewusstsein gelangen, haben diese verschiedenen individuellen Bewusstseinsräume zwar ‚rein private‘ Bewusstseinszustände, aber ‚gekoppelt‘ über Außenweltzustände w‘ haben die verschiedenen Bewusstseinszustände B_1, …, B_n alle Bewusstseinsereignisse b_i, die als solche ‚privat‘ sind, aber ‚zeitlich gekoppelt‘ sind und sich mit Änderung der Außenweltzustände w‘ auch ’synchron‘ ändern. Die gemeinsam geteilte Außenwelt wird damit zur ‚Brücke‘ zwischen den körperlich getrennten individuellen Bewusstseinsräumen. Diese ‚ gemeinsam geteilte Außenwelt‘ nennt man oft den ‚intersubjektiven‘ Bereich der Welt bzw. dies stellt den Raum der ‚empirischen Welt‘ [Wemp] dar. Aus Sicht des individuellen Bewusstseins ist die empirische Welt eine Arbeitshypothese, die dem individuellen Bewusstsein zugänglich ist über eine spezifische Teilmenge [PHemp] der Bewusstseinszustände [PH].

EMPIRISCHE WELT ALS SONDE INS NICHTBEWUSSTSEIN

7. In der Geschichte des menschlichen Wissens spielt die Entdeckung der empirischen Welt und ihre systematische Untersuchung im Rahmen der modernen empirischen Wissenschaften bislang – nach meiner Meinung – die größte geistige Entdeckung und Revolution dar, die der menschliche Geist vollbracht hat. Auf den ersten Blick wirkt die Beschränkung der empirischen Wissenschaften auf die empirischen Phänomene PHemp wie eine unnötige ‚Einschränkung‘ und ‚Verarmung‘ des Denkens, da ja die Menge der bewussten Ereignisse PH erheblich größer ist als die Menge der empirischen Ereignisse PHemp. Wie der Gang der Geschichte aber gezeigt hat, war es gerade diese bewusste methodische Beschränkung, die uns den Bereich ‚außerhalb des Bewusstseins‘, den Bereich des ‚Nichtbewusstseins‘, Schritt für Schritt ‚erforscht‘ und ‚erklärt‘ hat. Trotz individuell stark eingeschränktem Bewusstsein konnte wir auf diese Weise so viel über die ‚Rahmenbedingungen‘ unseres individuellen Bewusstseins lernen, dass wir nicht mehr wie die früheren Philosophen ‚wie die Fliegen am Licht‘ an den Phänomenen des Bewusstseins kleben müssen, sondern wir können zunehmend Hypothesen darüber entwickeln, wie die verschiedenen Bewusstseinsphänomene (inklusive ihrer Dynamik) durch die Strukturen des Gehirns und des Körpers bestimmt sind. M.a.W. wir stehen vor dem Paradox, dass das individuelle Bewusstsein den Bereich des Nichtbewusstseins dadurch ‚verkleinern‘ kann, dass es durch Ausnutzung der empirischen Phänomene mittels gezielter Experimente und Modellbildung immer mehr Eigenschaften des Nichtbewusstseins innerhalb des individuellen Bewusstseins ’nachkonstruiert‘ und damit ‚bewusst‘ macht. Bedenkt man wie eng und schwierig die Rahmenbedingungen des menschlichen Bewusstseins bis heute sind, gleicht es einem kleinen Wunder, was dieses primitive menschliche Bewusstsein bislang nachkonstruierend erkennen konnte.

8. Von diesem Punkt aus ergeben sich viele Perspektiven.

BIOLOGISCHE EVOLUTION

9. Eine Perspektive ist jene der ‚evolutionären Entwicklungsgeschichte‘: seit gut hundert Jahren sind wir mehr und mehr in der Lage, unsere aktuellen Körper und Gehirne – zusammen mit allen anderen Lebensformen – als einen Gesamtprozess zu begreifen, der mit den ersten Zellen vor ca. 3.8 Milliarden Jahren als biologische Evolution begonnen hat, ein Prozess, der bis heute noch viele Fragen bereit hält, die noch nicht befriedigend beantwortet sind. Und der vor allem auch klar macht, dass wir heute keinen ‚Endpunkt‘ darstellen, sondern ein ‚Durchgangsstadium‘, dessen potentieller Endzustand ebenfalls nicht ganz klar ist.

10. Ein wichtiger Teilaspekt der biologischen Evolution ist, dass der Vererbungsmechanismus im Wechselspiel von Genotyp (ein Molekül als ‚Informationsträger‘ (Chromosom mit Genen)) und Phänotyp (Körper) im Rahmen einer Population eine ‚Strukturentwicklung‘ beinhaltet: die Informationen eines Informationsmoleküls (Chromosom) werden innerhalb des Wachstumsprozesses (Ontogenese) als ‚Bauplan‘ interpretiert, wie man welche Körper konstruiert. Sowohl bei der Erstellung des Informationsmoleküls wie auch bei seiner Übersetzung in einen Wachstumsprozess und dem Wachstumsprozess selbst kann und kommt es zu partiellen ‚Änderungen‘, die dazu führen, dass die resultierenden Phänotypen Änderungen aufweisen können (verschiedene Arten von Sehsystemen, Verdauungssystemen, Knochengerüsten, usw.).

11. Im Gesamtkontext der biologischen Evolution sind diese kontinuierlich stattfindenden partiellen Änderungen lebensentscheidend! Da sich die Erde seit ihrer Entstehung permanent geologisch, klimatisch und im Verbund mit dem Sonnensystem verändert, würden Lebensformen, die sich von sich aus nicht auch ändern würden, schon nach kürzester Zeit aussterben. Dies bedeutet, dass diese Fähigkeit zur permanenten strukturellen Änderung ein wesentliches Merkmal des Lebens auf dieser Erde darstellt. In einer groben Einteilung könnte man sagen, von den jeweils ’neuen‘ Phänotypen einer ‚Generation‘ wird die ‚große Masse‘ mehr oder weniger ‚unverändert‘ erscheinen; ein kleiner Teil wir Veränderungen aufweisen, die es diesen individuellen Systemen ’schwerer‘ macht als anderen, ihre Lebensprozesse zu unterstützen; ein anderer kleiner Teil wird Veränderungen aufweisen, die es ‚leichter‘ machen, die Lebensprozesse zu unterstützen. Letztere werden sich vermutlich proportional ‚mehr vermehren‘ als die beiden anderen Gruppen.

12. Wichtig an dieser Stelle ist, dass zum Zeitpunkt der Änderungen ’niemand‘ weiß bzw. wissen kann, wie sich die ‚Änderung‘ – bzw. auch die Nicht-Änderung! – im weiteren Verlauf auswirken wird. Erst der weitergehende Gesamtprozess wird enthüllen, wie sich die verschiedenen Strukturen von Leben bewähren werden.

LEBENSNOTWENDIGE KREATIVITÄT: WOLLEN WIR SIE EINSPERREN?

13. Übertragen auf unsere heutige Zeit und unser Weltbild bedeutet dies, dass wir dieser Veränderlichkeit der Lebensformen immer Rechnung tragen sollten, um unsere Überlebensfähigkeit zu sichern. Zum Zeitpunkt einer Änderung – also jetzt und hier und heute – weiß niemand, welche dieser Änderungen morgen vielleicht wichtig sein werden, zumal Änderungen sich erst nach vielen Generationen auszuwirken beginnen.

14. Es wäre eine eigene große Untersuchung wert, zu schauen, wie wir heute in der Breite des Lebens mit den stattfindenden Änderungen umgehen. In der Agrarindustrie gibt es starke Tendenzen, die Vielzahl einzugrenzen und wenige Arten so zu monopolisieren, dass einzelne (ein einziger!) Konzern die Kontrolle weltweit über die genetischen Informationen bekommt (was in den USA z.T. schon zur Verödung ganzer Landstriche geführt hat, da das Unkraut sich schneller und effektiver geändert hat als die Laborprodukte dieser Firma).

STRUKTURELLES UND FUNKTIONALES LERNEN

15. Die ‚Struktur‘ des Phänotyps ist aber nur die eine Seite; genauso wenig wie die Hardware alleine einen funktionierenden Computer definiert, so reicht die Anordnung der Zellen als solche nicht aus, um eine funktionierende biologische Lebensform zu definieren. Im Computer ist es die Fähigkeit, die elektrischen Zustände der Hardware kontinuierlich zu verändern, dazu verknüpft mit einer impliziten ‚Schaltlogik‘. Die Menge dieser Veränderungen zeigt sich als ‚funktionaler Zusammenhang‘ phi_c:I —> O, der ‚Inputereignisse‘ [I] mit Outputereignissen [O] verknüpft. Ganz analog verhält es sich mit den Zellen in einem biologischen System. Auch hier gibt es eine implizite ‚Logik‘ nach der sich die Zellen verändern und Zustände ‚kommunizieren‘ können, so dass Zellgruppen, Zellverbände eine Vielzahl von funktionellen Zusammenhängen realisieren. Einige dieser funktionellen Zusammenhänge bezeichnen wir als ‚Lernen‘. Dies bedeutet, es gibt nicht nur die über Generationen laufenden Strukturveränderung, die eine Form von ’strukturellem Lernen‘ im Bereich der ganzen Population darstellen, sondern es gibt dann dieses ‚funktionelle Lernen‘, das sich im Bereich des individuellen Verhaltens innerhalb einer individuellen Lebenszeit ereignet.

WISSEN GARANTIERT KEINE WAHRHEIT

16. Dieses individuelle Lernen führt zum Aufbau ‚individueller Wissensstrukturen‘ mit unterschiedlichen Ausprägungsformen: Erlernen von motorischen Abläufen, von Objektkonzepten, Beziehungen, Sprachen, Verhaltensregeln usw. Wichtig ist dabei, dass diese individuellen Wissensstrukturen im individuellen Bewusstsein und individuellem Unterbewusstsein (ein Teil des Nichtbewusstseins, der im individuellen Körper verortet ist) verankert sind. Hier wirken sie als kontinuierliche ‚Kommentare‘ aus dem Unterbewusstsein in das Bewusstsein bei der ‚Interpretation der Bewusstseinsinhalte‘. Solange diese Kommentare ‚richtig‘ / ‚passend‘ / ‚wahr‘ … sind, solange helfen sie, sich in der unterstellten Außenwelt zurecht zu finden. Sind diese Wissensstrukturen ‚falsch‘ / ‚verzerrt‘ / ‚unangemessen‘ … bewirken sie in ihrer Dauerkommentierung, dass es zu Fehleinschätzungen und zu unangemessenen Entscheidungen kommt. Sofern man als einziger eine ‚unpassende Einschätzung‘ vertritt, fällt dies schnell auf und man hat eine Chance, diese zu ‚korrigieren‘; wird aber eine ‚Fehleinschätzung‘ von einer Mehrheit geteilt, ist es schwer bis unmöglich, diese Fehleinschätzung als einzelner zu bemerken. In einer solchen Situation, wo die Mehrheit eine Fehleinschätzung vertritt, kann ein einzelner, der die ‚richtige‘ Meinung hat (z.B. Galilei und Co. mit der neuen Ansicht zur Bewegung der Sonne; die moderne Wissenschaft und die alten Religionen; das damalige südafrikanische Apartheidsregime und der damalige ANC, der Sowjetkommunismus und die östlichen Friedensbewegungen vor dem Auseinanderfallen der Sowjetunion; die US-Geheimdienste und Snowden; …) als der ‚Fremdartige‘ erscheinen, der die bisherige ‚Ordnung‘ stört und den man deshalb ‚gesellschaftlich neutralisieren‘ muss).

17. Viele Menschen kennen das Phänomen von ‚Phobien‘ (vor Schlangen, vor Spinnen, vor …). Obwohl klar ist, dass eine einzelne Spinne keinerlei Gefahr darstellt, kann diese einen Menschen mit einer Phobie (= Kommentar des individuellen Unterbewusstseins an das Bewusstsein) zu einem Verhalten bewegen, was die meisten anderen als ‚unangemessen‘ bezeichnen würden.

18. Im Falle von psychischen Störungen (die heute statistisch stark zunehmen) kann dies eine Vielzahl von Phänomenen sein, die aus dem Raum des individuellen Unterbewusstseins in das individuelle Bewusstsein ‚hinein reden‘. Für den betroffenen Menschen ist dieses ‚Hineinreden‘ meistens nicht direkt ‚verstehbar‘; es findet einfach statt und kann vielfach kognitiv verwirren und emotional belasten. Diese Art von ‚Fehlkommentierung‘ aus dem individuellen Unterbewusstsein ist – so scheint es – für die meisten Menschen vielfach nur ‚behebbar‘ (therapierbar) mit Hilfe eines Experten und einer geeigneten Umgebung. Während Menschen mit körperlichen Einschränkungen in der Regel trotzdem ein einigermaßen ’normales‘ Leben führen können, können Menschen mit ‚psychischen Störungen‘ dies oft nicht mehr. Das geringe Verständnis einer Gesellschaft für Menschen mit psychischen Störungen ist auffällig.

SPRACHE ALS MEDIUM VON GEDANKEN

19. Seit der Entwicklung der ‚Sprache‘ kann ein individuelles Bewusstsein unter Voraussetzung einer einigermaßen ähnlichen Wahrnehmungs- und Gedächtnisstruktur in den einzelnen Mitgliedern einer Population Bewusstseinsinhalte aufgrund von Gedächtnisstrukturen mit Ausdrücken einer Sprache korrelieren. Sofern diese Korrelierung in hinreichender Abstimmung mit den anderen Sprachteilnehmern geschieht, lassen sich mittels sprachlicher Ausdrücke diese ‚Inhalte‘ (‚Bedeutungen‘) ‚indirekt‘ kommunizieren; nicht der Inhalt selbst wird kommuniziert, sondern der sprachliche Ausdruck als eine Art ‚Kode‘, der im Empfänger über die ‚gelernte Bedeutungszuordnung‘ entsprechende ‚Inhalte des Gedächtnisses‘ ‚aktiviert‘. Dass diese Kodierung überhaupt funktioniert liegt daran, dass die Bedeutungsstrukturen nicht ‚1-zu-1‘ kodiert werden, sondern immer nur über ‚verallgemeinerte Strukturen‘ (Kategorien), die eine gewisse ‚Invarianz‘ gegenüber den Variationen der konstituierenden Bedeutungselemente aufweisen. Dennoch sind die Grenzen sprachlicher Kommunikation immer dann erreicht, wenn Sprecher-Hörer über Bewusstseinstatsachen kommunizieren, die nur einen geringen oder gar keinen Bezug zur empirischen Welt aufweisen. Die Benutzung von Analogien,Metaphern, Bildern, Beispielen usw. lässt noch ‚irgendwie erahnen‘, was jemand ‚meinen könnte‘, aber eine letzte Klärung muss oft ausbleiben. Nichtsdestotrotz kann eine solche ‚andeutende‘ Kommunikation sehr hilfreich, schön, anregend usw. sein; sie ersetzt aber keine Wissenschaft.

20. Während das individuelle Wissen mit dem Tod des Individuums bislang ‚verschwindet‘, können ‚Texte‘ (und vergleichbare Darstellungen) ein individuelles Wissen bis zu einem gewissen Grade überdauern. Moderne Kommunikations- und Speichermittel haben die Sammlung und Verwertung von Wissen in bislang ungeahnte Dimensionen voran getrieben. Während allerdings die Menge dieses sprachbasierten Wissens exponentiell wächst, bleiben die individuellen Wissensverarbeitungskapazitäten annähernd konstant. Damit wächst die Kluft zwischen dem individuell verfügbaren Wissen und dem in Datennetzen verfügbaren Wissen ebenfalls exponentiell an. Es stellt sich die Frage, welchen Beitrag ein Wissen leisten kann, das sich faktisch nicht mehr verarbeiten lässt. Wenn man sieht, dass heute selbst Menschen mit einem abgeschlossenen Studium Ansichten vertreten, die im Lichte des verfügbaren Wissens gravierend falsch sein können, ja, dass das Wesen von Wissenschaft, wissenschaftlichem Wissen selbst bei Studierten (und nicht zuletzt auch bei sogenannten ‚Kulturschaffenden‘) starke Defizite aufweist, dann kann man ins Grübeln kommen, ob unsere heutige Kultur im Umgang mit wissenschaftlichem Wissen die richtigen Formen gefunden hat.

21. Hier wäre jetzt auch noch der ganze Komplex der Bedürfnisse/ Emotionen/ Gefühle/ Stimmungen anzusprechen. Doch das soll weiteren Einträgen vorbehalten bleiben.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

(US-amerikanische) MANDARINE DER MACHT? – Philosophische Betrachtungen dazu

VERTRETER DER MACHT

(1) In den politischen und journalistischen Auf- und Abwirbeln der letzten Monate, ausgelöst durch die Informationen von Edward Snowden, treten vermehrt US-Amerikaner in deutschen Talkshows auf, und zwar solche, die eine Affinität zur ‚politischen Macht‘ der US-Administration auszeichnet. In einer Talkshow mit Maybrit Illner am 30.01.2014 um 22:15h mit dem Thema „Geheimer Krieg um unsere Daten – sind die USA noch unsere Freunde?“, war es Fred(erick) Kempe gewesen, aktueller Präsident und Chief Executive Officer (CEO) des Atlantic Council. In einer früheren Talkshow mit Günther Jauch zur Ausstrahlung des ersten Fernsehinterviews mit Edward Snowden, trat als Gast John Kornblum auf. Mit seinen fast 40 Jahren im Dienst der US-amerikanischen Politik, immer in sehr wichtigen Rollen, davon die meiste Zeit in Europa, vor allem auch als Botschafter in Deutschland, ist er vielleicht der US-Amerikaner mit der zur Zeit größten politischen Erfahrung und dem größten Wissen über die US-amerikanische Politik in Europa und speziell auch Deutschland. Erwähnen sollte man hier auch Michael V.Hayden, der u.a. sowohl Direktor der NSA als auch der CIA war und der in einem Interview mit Maybrit Illner eingeblendet wurde.

IM AUFTRETEN VERBLÜFFEND ÄHNLICH

(2) So verschieden alle drei Persönlichkeiten sind, wo verblüffend ähnlich waren ihre Statements. Würde man einen Krimi im Fernsehen sehen und Kommissare auf der Suche nach dem Schuldigen begleiten, wären Zeugen, die nahezu identische Aussagen machen, als verdächtig einzustufen. Eine allzu große Übereinstimmung unterschiedlicher Person zu ein und derselben Sache gilt als ’nicht zufällig‘, d.h. man unterstellt automatisch eine Art von ‚Absprache‘. In den modernen Wissenschaften ist dies übrigens ähnlich. Wenn Astrophysiker feststellen, dass die Lichtstrahlen von beobachtbaren Himmelskörpern leicht verschoben sind gegenüber ihrem ‚theoretisch zu erwartenden Werten‘, dann beginnen sie eine ‚verborgene Ursache‘ anzunehmen, z.B. ein ’schwarzes Loch‘, das mit seiner ungeheuerlichen Gravitationskraft eine Abweichung im ’normalen Verhalten‘ der Lichtstrahlen bewirkt. Die Psychologen tun das gleiche. Wenn sie das Verhalten von Menschen beobachten und sie können ‚messen‘, wie ein Mensch die Batterie der Testaufgaben schneller und mit weniger Fehlern löst als der ‚Durchschnitt‘, dann unterstellen sie etwas , was sie ‚Intelligenz‘ nennen, und sagen, dieser Betreffende habe ‚mehr Intelligenz‘.

(3) Ein Punkt der sofort auffällt, ist die völlige Abwesenheit von Selbstkritik; Selbstkritik nicht bezogen auf ihre eigene Person sondern bezogen auf die politischen Institutionen, die sie vertreten. Wenn man sieht, was in den letzten mindestens 10 Jahren (und natürlich auch schon davor) an belegten Fakten über das Verhalten US-amerikanischer Regierungsinstitutionen oder von diesen beauftragten Firmen enthüllt worden ist, Fakten, die ganze Völker, Länder, Regionen, oder sogar uns alle betreffen, dann wirkt das kategorische Ausklammern dieser Dinge bzw. die aktive Ausschließung, schon von Fragen oder Vermutungen zu diesen Thema, zunächst einmal auffällig und dann – angesichts der ungeheuren Erfahrung und hohen Intelligenz der Personen – befremdlich, irritierend, beunruhigend.

(4) Diese Irritationen sind von Gewicht, weil die Personen, die durch ihre implizite kategorische Verweigerungshaltung gegenüber einer allen bekannten Realität zugleich um Vertrauen werben. Speziell Kornblum und Kempe betonen mehrfach, wie wichtig die transatlantische Beziehung zwischen den USA und Europa, speziell auch mit Deutschland, sei, und unterstreichen dabei persönliche biographische Details, die ihre Verbundenheit mit Deutschland ausdrücken. Doch gerade durch diese Beteuerungen und Werbung um Vertrauen wird die implizite Leugnung von vielen Realitäten umso bizarrer; wenn jemand um Vertrauen wirbt und sich gleichzeitig weigert, jene Fakten ernst zu nehmen, die den Gesprächspartner beunruhigen, dann hat dies eigentlich einen gegenteiligen Effekt, das Misstrauen wird größer.

FAKTEN WEG-REDEN

(5) Geradezu hervorstechend war die kategorische Einstufung von allen Dreien zu Edward Snowden als Verräter, als nicht glaubwürdig. Bedenkt man, dass mittlerweile selbst in den USA verschiedene Vereinigungen, verschiedene Zeitungen, der Kongress, einzelne Richter, ehemalige Mitglieder diverser Kontrollausschüsse, Firmenmitglieder usw. zumindest Teile von Snowdens Enthüllungen bestätigt haben, dazu Regierungen anderer Staaten (neben vielen vorausgehenden Blogeinträgen in diesem Blog siehe z.B. auch Zeitleiste beim Heise Verlag zum NSA-Abhörskandal), dann wirkt diese fast wortgleiche radikale Ablehnung und Vorverurteilung von Snowden zusätzlich beunruhigend. Da wirbt jemand um Vertrauen und während er dieses tut, zerstört er wesentliche Elemente, auf denen mögliches Vertrauen aufbaut. Festzuhalten ist, dass in der Runde mit Maybrit Illner ein aktiver Politiker, nämlich
Philipp Mißfeler (auch private Homepage (Mißfelder, private Homepage), der vielfach eher ‚konservativ‘ auftritt und eher ‚US-Amerika freundlich‘ ist (er ist auch seit Juni 2013 im Vorstand des Vereins Atlantik Brücke (siehe auch: www.atlantik-bruecke.org)), live in der Talkshow Fred Kempe bzgl. der Einschätzung von Snowden widersprach. Während Kempe (wie Kornblum und Hayden) Snowden jegliche Ernsthaftigkeit und Seriosität rundweg absprachen, sagte Mißfelder klar und deutlich in der Sendung, dass alles (!), was bislang von Snowden bekannt gemacht worden ist, als tatsächlich zutreffend erwiesen worden ist. Das hat bislang noch kein deutscher Politiker (erst recht keiner von denen, die Kraft Amtes dafür eigentlich zuständig wären) in dieser Klarheit öffentlich gesagt. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und meinte, dass sich die US-Regierung in der Ausspähaffäre ‚bewegen müsse‘.

NIBELUNGENTREUE?

(6) Wenn also drei so hoch profilierte Personen aus dem US-amerikanischen Machtnetzwerk in einer Sache Aussagen machen, die von vielen anderen ernst zu nehmenden und profilierten Personen und Institutionen ‚anders‘ eingeschätzt werden, dann liegt es nahe, zu vermuten, dass alle drei aufgrund ihrer vielfachen Verbundenheit mit dem Machtnetzwerk zunächst mal die Position ‚der Macht‘ vertreten entgegen allen Fakten. In der deutschen Geschichte gibt es das Wort von der Nibelungentreue, das Festhalten an einer Position ‚rein aus Treue‘ unter Aufgabe der Dimension der ‚Wahrheit‘ und möglicher übergreifender ‚Werte‘.

MANDARINE – CHINESICHE BEAMTE

(7) China gilt in der Geschichte als eine Region großer Kultur. Und in der Tat, schaut man sich an, wie große chinesische Dynastien über viele Jahrhunderte ihr Riesenreich von innen her organisiert haben, dann kann man selbst von heute aus in Staunen und Bewunderung geraten. Kernstück war immer ein ausgeklügeltes System von Ausbildung und Organisation. Der zentrale Akteur darin waren die Beamten, in der westlichen Überlieferung als Mandarine bezeichnet. Der ‚chinesische Beamte‘ deckte dabei eine riesige Bandbreite an Fähigkeiten und Tätigkeiten ab. Hervorstechend ist ein ausgeklügeltes System von gestufter Ausbildung mit sehr differenzierten, regelmäßigen und effektiven Überprüfungen. In der chinesischen Verwaltungen konnten und wurden Beamte bei schlechten Leistungen und Fehlverhalten auch degradiert oder gar ganz entlassen; umgekehrt wurden sie auch belohnt und befördert. Auch Personen adliger Herkunft mussten sich im Normalfall diesen Prüfungen ebenfalls unterwerfen. Allen war klar, dass – in heutiger Sprache – Beziehungen alleine oder ein Parteibuch für die Effizienz der Verwaltung und des Staates unnütz und gefährlich sind. Dies alles war eingebettet und getränkt durch eine ‚Ethik‘, in der die Treue zur Gesellschaft, zum Staat, zum Kaiser zentral war. Historisch belegte Fälle zeigen, dass diese Treue durch ihre Koppelung an Kompetenz aber auch dazu führen konnte, dass hohe und höchste Beamte die Regierung sachlich kritisierten, was dann in manchen Fällen mit der Enthauptungen eben der Kritiker endete. Hätten die Mandarine die Wahrheit hinten angestellt und sich rein auf die Erhaltung Macht beschränkt (in diesem Sinne dann ’nur‘ ‚Mandarine der Macht‘), hätten Sie vielleicht individuell länger gelebt. Wäre damit der Lauf der Geschichte ‚besser‘ gewesen?

(8) Wieweit heutige Staaten (einschließlich China selbst) diese hohen Standards der ‚Qualitätssicherung‘ weiterhin praktizieren sei hier mal dahingestellt, im Falle von demokratischen Gesellschaften (wie die USA, wie Deutschland, wie Europa …) müsste das klassische chinesische Modell der Kompetenz (= Wahrheit und Werte) und Treue ergänzt werden um jene Aspekte, die sich aus dem Konzept einer Demokratie ergeben. Während in China der oberste Herrscher ein Machtmonopol besaß, das vom Prinzip her unangreifbar war, verstehen sich Demokratien als solche Gesellschaften, in denen das Machtmonopol von der gesamten Gesellschaft – natürlich mit bestimmten Spielregeln – kontrolliert werden soll. Demokratie endet dort, wo sich die demokratisch gewählten Institutionen von der Kontrolle faktisch abgekoppelt haben. Wann dies der Fall ist, ist von Fall zu Fall zu klären, da die Handlungsmöglichkeiten in einer Demokratie vielfältig sind; zudem sind die aktuellen Demokratien in der Regel sehr jung; es gibt noch nicht viele historische Erfahrungen. Einzig die USA haben bisher der Welt schon einige Lehrstücke von Machtmissbrauch und dann auch – glücklicherweise – deren Aufdeckung gezeigt. Darin waren und sind sie ein Vorbild für alle. Doch das Ringen um die Erhaltung des Machtgleichgewichts ist ein kontinuierlicher Prozess; es gibt keinen Endpunkt; eine demokratische Gesellschaft muss immer wieder neu ‚zu ihrem Recht finden‘; muss immer wieder neu aktuelle Entwicklungen kritisch beleuchten und ‚öffentlich diskutieren‘! In einer Demokratie muss daher permanent die ‚Treue‘ zum Staat begleitend werden von einem ‚funktionierenden öffentlichen Diskurs‘, in dem es letztlich keine Tabus (‚Geheimhaltung‘!) geben kann. Eine Demokratie mit Tabus ist keine Demokratie mehr.

FALSCHE TREUE KANN VERFEHLUNGEN DECKEN

(9) Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Entwicklung in demokratischen Ländern (mit den USA als Vorreiter!), die darin besteht, immer mehr Bereiche des Regierungshandelns von der Öffentlichkeit abzukoppeln (durch Geheimhaltung, durch unkontrollierte Ausschüsse, durch Übertragung von staatlichen Aufgaben an private Dienstleister, durch politische Kontrolle der Justiz, durch Zensur, durch Verweigerung von Interviews, durch Verweigerung von fundierten öffentlichen Stellungnahmen, usw.) tendenziell gefährlich und kann, als schleichender ‚Umsturz von innen‘ eine Demokratie schrittweise in eine ‚Hülle‘ verwandeln, die faktisch von einem Machtmonopol betrieben wird, auf das niemand mehr einen effektiven Zugriff hat. Wenn man alle ideologischen Scheuklappen beiseite legt, dann muss man sagen, dass sich in den USA die Indizien häufen, die genau solch eine Entwicklung andeuten (aber nicht nur dort). Wenn in einer solchen Situation die Menschen, die dem Netzwerk der Macht nahe stehen, sich wie ‚Mandarine der reinen Macht‘ verhalten, indem sie bedingungslose Treue zeigen bei Ausklammerung des Aspekts der ‚Wahrheit‘ im Stile einer Demokratie, also durch Ausklammerung von bedingungsloser Öffentlichkeit und Aufklärung, dann ist der Abstand zu den bekannten Diktaturen und totalitären Regimen der Vergangenheit auf einen mikroskopisch kleinen Wert zusammengeschrumpft. Ein Machtnetzwerk, das alles tun kann ohne jegliche demokratische Kontrolle, ohne Bezug zur Wahrheit (schließt Öffentlichkeit ein) ist keine Demokratie mehr.

KEINE DEMOKRATIE OHNE WERTE

(10) Jetzt könnte man die Frage aufwerfen, ob die Zeit für Demokratien vielleicht vorbei ist; vielleicht wollen die Menschen gar keine Demokratien mehr. Vielleicht war dies ja nur so eine vorübergehende Mode und heute wollen diejenigen, die machtaffin sind lieber einen totalitären Staat, und diejenigen, denen alles zu kompliziert ist, die wollen ihr Brot-und-Spiele Dasein (mit ‚Dschungelcamp‘ am Abend, oder ‚Deutschland sucht den Superstar‘ oder ‚Wetten dass‘ oder das nächste Supermodel oder oder….) mit einem bekömmlichen Auskommen; die paar Intellektuellen, denen dies alles keinen Spaß macht, die grämen sich halt berufsmäßig, weil sie nichts Besseres können, als überall Haare in der Suppe zu suchen. Dies ist eine Frage der ‚Lebensentwürfe‘, der ‚gemeinsam geteilten Werte‘. Wo kommen diese Werte her? Wer propagiert in Deutschland (oder in den USA) aktiv Werte? Welche Werte? Das Wort ‚Wert‘ wirkt als solches eher sehr abstrakt, kühl, leer, nichtssagend. Dennoch, sobald wir konkret handeln, fällen wir implizit Entscheidungen. Wenn wir A tun, dann findet alles andere außerhalb von A nicht statt. Und wenn sehr viele A tun, finden überwiegend alles andere außer A nicht statt. Wenn sehr viele z.B. Dschungelcamp schauen und alles andere nicht tun, dann können Vertreter der Macht Dinge tun, die mit Demokratie nichts zu tun haben und keiner wird es merken?

(11) Eine Wertedebatte im Umfeld des Projektes ‚Demokratie’hätte sehr viele Aspekte. Ranga Yogeshwar (siehe auch die private Webseite von Ranga Yogeshwar) griff einen heraus, der sehr konkret ist, der alle Menschen dieser Erde betrifft, auch uns Deutsche. Es ist der Aspekt, der in vielen vorausgehenden Blogeinträgen dieses Blogs auch immer schon herausgestellt worden ist, nämlich die vollständige Rechtlosigkeit der US- und Nicht-US-Bürger aus Sicht des US-amerikanischen politischen Systems. Dies ist eigentlich an sich schon ein bizarrer Tatbestand, da die US-amerikanische Verfassung auf die Rechte aller Menschen abhebt ohne die Menschen jenseits der Landesgrenzen als Menschen anzuerkennen; dies wird aber umso bizarrer, wenn das US-amerikanische System um Vertrauen in Deutschland wirbt, zugleich aber keinem einzigen deutschen Bürger auch nur minimale Rechte vor einem US-amerikanischen Recht zugesteht. Das ist in etwa so, als ob ein ‚Menschenfresser‘ sein Opfer bitten würde, ihn doch zu lieben. Ein Vertreter der Mandarine der Macht antwortete zu dieser Feststellung Yogeshwars nur mit einem Schweigen.

(12) In diesem Zusammenhang machte Egon Bahr in der Runde mit Maybrit Illner auf einen anderen Umstand aufmerksam, der in den letzten sechs Monaten zwar immer wieder aufschien, aber in seinen politischen Verschränkungen bislang in der Öffentlichkeit noch nie so klar ausgesprochen wurde. Dass die amerikanischen Geheimdienste (vor allem die NSA) alle die Überwachungstätigkeiten, die ihnen selbst in den USA verboten sind, durch den kooperierenden englischen Geheimdienst GCHQ (Government Communications Headquarters, deutsch: Regierungskommunikationshauptquartier) (siehe auch http://www.gchq.gov.uk/Pages/homepage.aspx) ausführen lassen und umgekehrt, das ist langsam bekannt. Dass aber die britische Regierung innerhalb der EU ihre Sonderrolle möglicherweise dazu benutzt, die US-amerikanischen Interessen einzubringen, das ist in dieser Konkretheit neu. Bahr ging sogar soweit, zu unterstellen, dass die Briten ihre Sonderrolle benutzen, um europäische Maßnahmen zum Schutz gegen die Übergriffe US-amerikanischer Dienste und Firmen abzublocken.

EINE HANDELT

(13) Die deutsche Politik fällt bei all diesen Vorgängen bisher durch Schweigen auf, durch Inkompetenz, oder gar durch ‚Verniedlichung‘, die die Grenze zur Verantwortungsverweigerung bzw. Amtsmissbrauch möglicherweise schon längst überschritten hat. Dass die Bundeskanzlerin als Meisterin des ‚Nichtssagens im Sagen‘ in ihrer inhaltslosen Regierungserklärung den Bedarf an Klärung in dieser Sache überhaupt erwähnt hat, ist für ihre Verhältnisse möglicherweise viel, aber gemessen an der Schwere des Sachverhalts so etwas von Nichtssagend, dass auch hier eine Abgrenzung gegenüber einer Amtsverweigerung nicht leicht zu erklären ist.

(14) Vor diesem Hintergrund hebt sich Constanze Kurz, u.a. Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC) geradezu wie ein Leuchtfeuer ab. Hochkompetent und engagiert hat sie eine Strafanzeige gegen die Bundesregierung vorbereitet (Unterstützt durch viele andere), in der namentlich Mitglieder der Bundesregierung und Chefs deutscher Geheimdienste wegen heimlicher Agententätigkeit und Beihilfe zur umfassenden Netzspionage der NSA angezeigt werden. Parallel hat sie (u.a. zusammen mit der Internationale Liga für Menschenrechte eine weitere Klage gegen den britischen Geheimdienst GCHQ beim europäischen Gerichtshof eingeleitet. Diese Klage hat in Straßburg sofort Priorität erhalten und die britische Regierung wird darin aufgefordert, die Überwachung aller Kommunikation zu rechtfertigen. Diese Klage vor dem europäischen Gerichtshof gewinnt ihre besondere Brisanz dadurch, dass drei Bürgerrechtsgruppen zuerst in Großbritannien versucht hatten, gerichtlich gegen die Überwachung vorzugehen. Doch die britische Regierung habe erklärt, britische Gerichte würden diesen Fall nicht bearbeiten. Zuständig sei stattdessen die parlamentarische Geheimdienstkontrolle. Doch weil diese Teil des Überwachungssystems sei und ihre Entscheidungen nicht gerichtlich anfechtbar ist, habe man sich stattdessen an Straßburg gewandt.

(15) Dieses Beispiel zeigt, dass die demokratische Kontrolle der Dienste nicht nur in den USA faktisch außer Kraft gesetzt worden ist, sondern dass dies auch schon in Großbritannien der Fall ist. Normale Bürger sind diesen System völlig schutzlos ausgeliefert.

DIE GESCHICHTE IST NICHT ZU ENDE

(16) Die Geschichte ist hier nicht zu Ende. Das Phänomen der ‚Macht‘, das sich in all diesen Verhaltensweisen und Ereignissen auswirkt, ist damit nicht einmal ansatzweise beschrieben. Das Fortbestehen der demokratischen Gesellschaftsformen in den USA und Europa ist offen. Die alles begründenden Wertfragen sind seit Jahrzehnten aus den Diskussionen verschwunden. Dass wir selbst in all dem das größte Problem sind, wir als Menschen, und wir auf vielfältige Weise demonstrieren, dass wir an den Grenzen unseres humanen Kapitals operieren, dass wir die Technik ungeahnt haben weiterentwickeln können, dass wir aber wertmäßig und psychologisch verglichen mit den alten Kulturen wenig oder gar nicht weiter sind, das sollte uns zu denken geben. Aber hier liegt auch das zentrale Problem: wie können wir uns selbst verbessern, wenn wir selbst so viele biologisch-psychologischen-kognitiven-seelischen-wertmäßigen Schwachstellen aufweisen? Vergessen wir die Ausrede mit Gott. Alles, was wir über den – ansonsten unbekannten – Gott wissen, wissen wir wiederum nur von Menschen, die behaupten, dass sie etwas von Gott wissen. Dementsprechend ‚allzu menschlich‘ klingt auch alles, was Menschen über Gott sagen. Möglicherweise gibt es sogar etwas, was wir mit ‚Gott‘ meinen; ich glaube sogar, dass dies wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Aber, das klingt paradox, wir werden Gott solange nicht verstehen, solange wir uns selbst nicht als Teil des gigantischen Weltprozesses verstehen lernen. Die Wahrheit ist allemal schon da, nur bräuchten wir dazu u.a. Mandarine der Macht, die die Wahrheit nicht verdrängen und die die übergreifenden Werte ernst nehmen.

IST DIE DEMOKRATIE DOCH NOCH NICHT GANZ AM ENDE? HUBERT SEIPELs INTERVIEW MIT SNOWDEN IN DER ARD So 26.Januar 2014

IN DIESEM BLOG

schreibe ich seit Juni 2013 (auch) zu den Themen, die die Veröffentlichungsaktionen von Edward Snowden ausgelöst haben. Weder war ich bis dahin sehr politisch noch hatte ich vor, über diese Themen zu schreiben. Aber, wenn man an den grundlegenden Strukturen dieser unserer Welt interessiert ist, an der allgemeinen Entwicklungsdynamik über das aktuelle Tagesgeschehen hinaus, dann ist es fast unmöglich, die Entwicklung der US-amerikanischen Gesellschaft, ihres politischen Systems und ihrer Rolle in der Welt ‚zu übersehen‘. Was immer wir uns philosophisch-wissenschaftlich denken können und wollen, in der konkreten Realität unserer Welt im Jahr 2014 spielen die USA immer noch eine solch unvergleichliche Rolle, dass ein Schweigen dazu das gleiche wäre, als ob jemand vor einem lodernden Feuer stehen würde und so täte, als ob es dieses nicht gäbe. Damit will ich nicht sagen, dass Länder wie Rußland und China unwichtig wären, oder gar Europa und Südamerika, aber bei allem, was man Wichtiges über diese anderen Länder sagen kann, aus meiner Sicht kommen den USA eine absolute Sonderstellung zu, da Sie das Paradigma für die Entstehung und Praxis einer demokratischen Gesellschaft in der Neuzeit schlechthin sind, dies gepaart mit einer wirtschaftlichen und militärischen Macht, die noch immer eine Führungsrolle in der Welt innehat.

DIE BRISANZ: DEMOKRATIE AM SCHEIDEWEG

Während viele Monate die Snowden-Affäre eher rein ‚technisch‘ gesehen wurde – und bei sehr vielen (den meisten?) noch immer – , Abhöraktivitäten, die man durch technische Maßnahmen eindämmen oder unterbinden könnte, hatte ich schon ab Ende Juli 2013 (angeregt durch TomEngelhardt und seine tomdispatch.com Webseite) damit begonnen, nach den politischen Konsequenzen und Rahmenbedingungen zu fragen, innerhalb deren solche weltweiten Abhörmaßnahmen möglich waren: Die Originaltexte der US-amerikanischen Verfassung, verschiedene Gerichtsurteile, viele Veröffentlichungen und Dossiers der Washington Post und anderer engagierter demokratischer Institutionen und Bewegungen (z.B. die American Civil Liberties Union (ACLU), und mehr.

Fügt man diese verschiedenen Quellen zu einem Gesamtbild zusammen, dann kann man den Eindruck bekommen, dass (i) die Texte und die Interpretation der US-amerikanischen Verfassung mehr und mehr hinter die technische Entwicklung zurückgefallen sind. Dass ferner (ii) die Besonderheit der US-amerikanischen Verfassung mit der starken Stellung des Präsidenten zusammen mit dem politischen Universaltrigger ‚Nationale Sicherheit‘ geeignet sind, alle anderen demokratischen Elemente auf Dauer zu neutralisieren, und dass (iii) eine Gemengelage von nationalem Stolz, Bedrohungsszenarien und starken militärisch-wirtschaftlichen Partikularinteressen hinter der Regierungsmaschinerie – über Jahrzehnte — eine riesige Druckwelle aufgebaut haben, die sich diese Schwachstellen der amerikanischen Verfassung und realen Politik zu Nutze gemacht haben und machen.

Für viele (die meisten?) Menschen sind diese Gedanken so ungeheuerlich, dass sie sich spontan innerlich wehren, so etwas überhaupt zu denken (zumal es ja immer bequemer ist, nicht zu denken, als durch eigenes Denken auf unangenehme Sachverhalte zu stoßen). Denn, wäre die Realität tatsächlich so, wie die verschiedenen Veröffentlichungen und Ereignise es nahelegen, dann hätten wir nicht nur mit einer eminente technologische ‚Krise‘ aus Sicht der Anwender zu tun, sondern wir hätten eine eminente politische Krise mit Blick auf den Status und die Zukunft einer demokratischen Gesellschaft primär in den USA, dann aber auch in der ganzen Welt (aufgrund der gegeben Sonderstellung der USA (es ist nicht absehbar, wann Rußland oder China zu demokratischen Gesellschaften werden; wäre dies der Fall, würde dies natürlich die Machtverhältnisse erheblich verschieben, mehr, als durch jeden noch so großen Rüstungsetat)).

SNOWDEN, DAS ZIPFELCHEN HOFFNUNG

Vor diesem weltpolitischen Hintergrund bekommt die persönliche Aktion von Edward Snowden eine besondere Bedeutung.

Steht man auf dem Standpunkt, dass die Aktivitäten der verschiedenen Geheimdienste in den USA – insbesondere auch die der NSA — auf dem Boden der Verfassung stehen und der nationalen Sicherheit dienen, dann erscheint Snowden als ‚Verräter‘; steht man auf dem Standpunkt, dass die Dienste – insbesondere die NSA – den Boden der Verfassung längst verlassen haben (bzw. selbst wenn Sie formal mit dem geltenden Gesetz übereinstimmen, sie doch faktisch den ‚Geist‘, die ‚Intention‘ der amerikansichen Verfassung) ‚verlassen’/ ‚verletzt‘ haben)), dann erscheitn Snowden als ‚Whistleblower‘, d.h. als ein Mensch, den eine hohe ethische Verantwortung dazu treibt, erkannten Machtmissbrauch öffentlich zu machen.

Die tatsächlich Praxis im Umgang mit Whistleblower lässt den Eindruck entstehen, dass potentielle Whistleblower in der letzten Zeit verstärkt (unter Obama!?) schon im Vorfeld ’neutralisiert‘ werden, was es für einen potentiellen Whistleblower fast unmöglich erscheinen lässt, sein Anliegen vor zu bringen. Die vielfachen Aussagen von Snowden zu diesem Punkt deuten darauf hin, dass er dieses Problem des im Vorfeld ’neutralisiert Werdens‘ sehr ernst nimmt und deswegen den ungewöhnlichen Weg gewählt hat, einen vorläufigen Schutz außerhalb der USA zu suchen.

Während die ‚Regierungstreuen‘, die auf das formale Recht pochen, Snowden genau dies zum Vorwurf machen, dass er sich nicht den US-amerikanischen Behörden stellt (und sie offensichtlich das Verhalten der eigenen Behörden in einem eher positiven Licht sehen trotz aller entgegenstehenden Fakten), liegt es in der Logik der Sachverhalte, die Snowden enthüllt hat, dass die Auswirkungen der Tätigkeiten US-amerikanischer Behörden sich in diesem Fall ja nicht auf die USA beschränken, sondern nahezu alle Länder (und damit Menschen) dieser unserer Erde betreffen. Snowden ist ein Mensch , der offensichtlich die Geltung und Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten auch jenseits der Landesgrenzen der USA sieht und persönlich für wichtig hält und deshalb eine ethische Verantwortung spürt, diesen ‚Menschen‘ außerhalb der USA ein Signal zu senden, was mit Ihnen durch die US-amerikanischen Behörden gemacht wird (natürlich auch mit den Bürgern der USA selbst).

Zum Verständnis der US-Behörden ist auch wichtig zu erinnern, dass die US-Behörden jegliche Normen und rechtliche Institutionen außerhalb der USA für sich kategorisch ablehnen. Weder erkennen sie für das Handeln von US-Behörden die Menschenrechte an noch irgendwelche Verlautbarungen der UN oder irgendwelcher Gerichte (diese Verletzungen durch US-Behörden gehen mittlerweile – nach den bekannten Fakten – in die hundert Tausende, wenn nicht Millionen). Jeder Nicht-US-Mensch ist für die US-Behörden aktuell laut Gesetzt vollständig rechtlos und kann jederzeit ohne jeglichen juristischen Beistand beliebig ‚vereinnahmt‘ werden. Rechtsverletzungen, sogar Menschenrechtsverletzungen an Nicht-US-Menschen, spielen in den Augen von US-Regierungsbehörden daher keine wirkliche Rolle. Dass Snowden möglicherweise die ethischen und juristischen Interessen von vielen Millionen Nicht-US-Menschen durch seine Aktion zu schützen versucht, ist gemessen an der offiziellen US-amerikanischen Rechtsauffassung irrelevant. Aus Sicht der US-Regierung hat er – so stellt es sich in der Außenwirkung dar – das US-Recht elementar verletzt.

Ob Snowden nun tatsächlich im Sinne der herrschenden US-Regierungsinterpretation von US-Recht anzuklagen ist oder ob er im Lichte übergreifender Rechtsauffassungen gerade das uns alle tragende und verbindende Recht, auf dem ALLE Demokratien beruhen, eher geschützt hat, wird sich so schnell nicht einvernehmlich klären lassen. Fakt ist allerdings, dass Snowden es geschafft hat, mit seiner Aktion, die Diskussion über die demokratischen Grundlagen der aktuellen Technologieentwicklung und ihrer verdeckten Nutzung durch Regierungsbehörden ansatzweise in die Öffentlichkeit und in die Diskussion zu bringen.

KORNBLUM IST KORNBLUM

Vor dem ersten Fernsehinterview von Snowden weltweit am So 26.Januar 2014 gab es eine Diskussionsrunde mit Günther Jauch, in der als Gast auch John Kornblum teilnahm (übrigens nicht zum ersten Mal). Kornblum ist zwar ingewisser Weise eben Kornblum und nicht direkt mit irgendeinem anderen direkt vergleichbar, aber dennoch leuchtet in seiner Person eine Haltung, ein Denken auf, das nach meinem Verständnis der US-Behördenhaltung sehr nahe kommt: einerseits – und auf den ersten Blick – wirkt er wie ein ’naiver Konservativer‘, der schon den leisesten Zweifel an möglichen Verfehlungen der Regierung oder ihrer Behörden im Keime einfach ablehnt (was angesichts der vielen historisch erwiesenen Fakten schwer nachvollziehbar ist; aber vielleicht daraus resultiert, dass er wirtschaftliche Interessen vertritt und massiver Lobbyist ist); andererseits hat er einen Blick in und auf die technologisch-wirtschaftliche Entwicklung und die damit einhergehenden politischen Machtprozesse, die ihn deutlich von den anderen Diskussionsteilnehmern abhoben. Einerseits eine erschreckende ‚Naivität‘, andererseits einen Tief- und Weitblick, der die Logik der aktuellen Entwicklung deutlich thematisiert. Gerade aber wenn man diese ansatzweise vorhandenen Einsichten annimmt, verwundert es aber auch, wie wenig kritisch er das demokratisch-ethische Umfeld dieser Entwicklungen sieht; zumindest hat er im Gespräch alles vermieden, um diesen Punkt anzusprechen.

Möglicherweise lag das auch an seinen Gesprächsgegenübern in Gestalt von Interview-Autor Hubert Seipel, MdB Christian Ströbele (Grüne) und der Politikerin und Bloggerin Marina Weisband (Piraten). Sie alle drei vertraten – auf unterschiedliche Weise – die Wertedimension im Umfeld von Snowdens Aktion. Die tatsächlichen politischen, wirtschaftlichen und technologischen Prozesse kamen bei Ihnen hingegen kaum zur Sprache. Die verschiedenen Bälle, die Kornblum ihnen mit seinen Aussagen zuspielte, wurden nicht aufgegriffen. Andererseits blockte Kornblum mit seiner extrem unkritischen Haltung gegenüber der US-Regierung viele interessante Ansätze ab. Jauch als Moderator gelang es nicht, die verdeckt vorhandenen Brücken auszunutzen, um über das reine Konfrontieren der verschiedenen Positionen hinaus zu kommen.

WIE GEHT ES WEITER?

Allein die Tatsache, dass das Deutsche Fernsehen in Gestalt von ARD, ZDF, arte sich engagiert des heiklen Themas Snowden und politisches Umfeld annehmen (und auch manche Zeitungen in Deutschland wie FAZ, Spiegel, die Zeit…) gibt Hoffnung, dass das bisherige nahezu totale Versagen der deutschen (und europäischen) Politik in diesen Fragen nicht das letzte Wort sind. Nachdem es viele tausend Jahre gedauert hat, bis es demokratisch verfasste Gesellschaften auf diesem Planeten Erde gab, wäre es furchtbar, wenn durch Dummheit, Feigheit der aktuellen Politikergeneration (und ihrer Behörden?) das Projekt demokratischer Gesellschaften mit all ihren Werten einem dumpfen Nationalismus und menschenverachtender Wirtschaft und Technologie zum Opfer fallen würde. Das Projekt ‚Leben auf der Erde‘ (und möglicherweise im Kosmos) ist evolutionstheoretisch gerade erst am Anfang. Wir stehen ganz am Anfang eines neuen, tieferen Verständnisses dessen, was überhaupt Leben ist, was ‚Geist‘ ist, was ‚das Ganze‘ überhaupt soll, wer ‚wir sind‘. Es wäre tragisch, wenn wir als Menschen genau an jenem historischen Punkt, an dem wir anfangen, neu zu verstehen, durch dumpfe kurzfristige Machtinteressen in die Dunkelheit des Nichtwissens zurückgeworfen werden. Dass wir eine weltweite Globalisierung durch immer mehr technische Möglichkeiten beobachten, ist in sich nicht notwendigerweise schlecht; es scheint sogar genau der Logik der Evolution zu entsprechen. Nur ist die Frage, wie wir als Menschen damit umgehen. Die große Entwicklung verlangt von uns neue Menschenbilder und eine neue, vertiefte Ethik. Die USA wären dazu prädestiniert, hier eine Vorreiterrolle zu übernehmen, aber viele Behörden, Regierungsvertreter und Wirtschaftsführer erwecken den Eindruck, dass sie in einem dumpfen, unreflektierten Nationalismus verharren, der unfähig ist, die Weite der Verantwortung für die grenzüberschreitenden Werte der demokratischen Ideale zu erkennen. Technologisch sind die USA ein Riese, ethisch-politisch-moralisch erwecken sie den Eindruck, dass sie (nicht alle!!!) in einer Vergangenheit verharren, die langfristig den eigenen technologischen Vorsprung zerstören wird.

Der menschliche Geist ist aber prinzipiell für Überraschungen gut. Nicht jedes totalitäre Regime muss a la Stalin – Hitler – Mao im Chaos enden. Vielleicht erweist sich im Nachhinein , dass Snowden der entscheidende Unterschied war.

Einen Überblick zu allen bisherigen Blogeinträgen nach Titeln findet sich HIER.

SASCHA LOBO: DIE DIGITALE KRÄNKUNG DES MENSCHEN – Eine Nachbemerkung

1) Am 12.Januar2014 erschien im Feuilleton der FAZ auf S.37 ein Beitrag von Sascha Lobo mit der Überschrift ‚Die digitale Kränkung des Menschen‘. Im Kern läuft sein Beitrag auf die Aussage hinaus — hierin Freud folgend –, dass nach den drei großen Kränkungen der Menschheit durch Kopernikus (1473-1543) (Erde nicht im Zentrum), Darwin (1809-1882)(Mensch ist Teil der allgemeinen biologischen Entwicklung), und Freud (1856-1939)(Abhängigkeit des Menschen vom Nicht-Bewussten) nun eine vierte große Kränkung stattgefunden hat, nämlich die ‚digitale Kränkung‘ durch die Entdeckung, dass das Internet, der vermeintlich freie Inkubationsraum einer neuen, globalen freien Gesellschaft, von den Wurzeln her und in all seinen Verästlungen einer vollständigen Überwachung (und auch möglicher Manipulation) durch die NSA — und anderer Geheimdienste — unterliegt.
2) Das Ganze bekommt eine sehr persönliche Note, da er sich damit ‚outet‘, dass er dies nicht nur persönlich als Kränkung empfindet, sondern dass er in diesen Erkenntnissen zugleich auch bei sich selbst eine totale Fehleinschätzung der Situation einräumen muss. Er, der Netzerklärer, fühlt sich vorgeführt, getäuscht, missbraucht. Er unterlässt es nicht, sich als Netzerklärer der Avantgarde zuzurechnen, die es liebt, sich vom ‚durchschnittlichen Bildungsbürger‘ abzugrenzen; zugleich räumt er in der Öffentlichkeit einen Irrtum ein (ein Dritter könnte bei ihm möglicherweise auch eine besondere Spielart von ‚Bildungsbürgertum‘ erkennen, das gerne über Voraussetzungen und Hintergründe hinwegsieht):
3) Denn, dies ist auffällig, bei allem Aufschrei über eine Kränkung, vermisst man eine wirkliche Analyse. Wieso konnte es denn zu solch einem Irrtum kommen? Warum ist das Internet nicht die schöne, heile Welt der Freigeister sondern der Kampfplatz der Geheimdienste?
4) Anstatt Freud einfach nur zu zitieren mit den drei Kränkungen könnte Lobo ja auch diese vorausgegangenen sogenannten ‚Kränkungen‘ hinterfragen. Lobo hätte ja fragen können, ob denn die neuen Erkenntnisse von Kopernikus (und der anderen Wissenschaftler in seinem Gefolge) wirklich eine ‚Kränkung‘ waren oder nicht eher doch eine ‚Befreiung aus der Dunkelheit eines Nichtwissens‘, das sich der Naivität eines Alltagsbewusstseins verdankt, das alles nimmt, wie es ist, anstatt nachzufragen, warum das so ist (und darin ein beliebiger Spielball der aktuell Mächtigen).
5) Ferner hätte Lobo fragen können, ob die Einsichten von Darwin (und vieler anderer) nicht ebenfalls eine Befreiung aus einer tiefen Finsternis von Unkenntnis waren, indem er (mit vielen anderen) aufdecken konnte, dass es zwischen den Lebensformen zu unterschiedlichen Zeitpunkten kausale Verbindungen gibt, die bis in die frühesten Zeiten des Lebens auf dem Planeten Erde zurückweisen. Wiederum waren es Unwissenheit, durch Religionen motivierte Vorurteile und Machtinteressen, die diese Einsichten ‚unpassend‘ fanden, ’störend‘, ‚gefährlich‘, ein Abwehrverhalten, das bis heute anhält (in den USA halten im Jahr 2014 28% der Männer und 38% der Frauen die Evolutionstheorie für falsch).
6) Die Einsichten von Freud in die Abhängigkeit des Bewussten vom Nichtbewussten, heute mehr und mehr vertieft durch das Zusammenwirken von Neurowissenschaften und Psychologie, sind auch nur solange eine Kränkung, als man einem falschen Bild vom Körper, dem Gehirn, dem Psychischen, dem Erkennen anhing. Für Wissenschaftler, Aufklärer und alle ’normalen‘ Menschen kann es wiederum nur eine Befreiung von falschen Bildern über die Welt, insbesondere über den Menschen, sein. Auch das hätte Sascha Lobo hinterfragen können.
7) Würde Lobo den Spuren der Evolutionstheorie folgen, dann würde er u.a. feststellen können, dass die biologische Evolution nur die Fortsetzung einer kosmologischen und chemischen Evolution ist, die sich zu einer kulturellen und technologischen Evolution erweitert haben, innerhalb deren das Internet nur ein kleiner Ausschnitt der Entwicklung darstellt.
8) Ein anderer Ausschnitt wird gebildet von den Systemen der Machtregulierung, die mit den Systemen der neuzeitlichen Demokratien eine sehr innovative und hochkomplexe Form gefunden haben, die sich in einem permanenten ‚Gleichgewichtskampf‘ befinden. Am Beispiel der US-amerikanischen Demokratie kann man beobachten, wie diese seit dem 2.Weltkrieg dabei ist, von ‚innen‘ heraus, von der Exekutive aus, ‚ausgehöhlt‘ bzw. fast ganz ’neutralisiert‘ zu werden. Unter dem alles erschlagenden Motto ‚Nationale Sicherheit‘ wurden und werden nahezu alle Gesetze und Kontrollinstanzen ausgehebelt und parallel wurde ein weltumspannendes imperiales System aufgebaut, das systemisch keinen Spielraum mehr kennt. Dass die USA noch nicht in eine völlige Diktatur abgeglitten sind ist systembedingt nicht zu erklären; irgendwie müssen es viele wunderbare Menschen sein, die das letzte Umkippen aktuell noch verhindern. Die Exekutive selbst lässt nur eine Richtung erkennen: noch mehr Kontrolle ‚von innen‘ und noch weniger Kontrolle ‚von außerhalb‘ des Systems.
9) Diese Vorgänge in den USA sind öffentlich zugänglich und erklären, warum das Internet vor diesem Hintergrund nicht das Internet sein kann, was sich Sascha Lobo wünscht. Warum denkt Lobo darüber nicht nach? Warum interessiert ihn das demokratische System als solches nicht? Das bundesrepublikanische demokratische System hat in den letzten Monaten dramatische Schwachstellen offenbart. Alle zuständigen Stellen — einschließlich der Kanzlerin — haben sich nicht nur einer echten Aufklärung verweigert, sie haben sich selbst auch als radikal anti-demokratisch verhalten. In Sonntagsreden wird vor rechten, linken und muslimischen Fundamentalisten gewarnt, im konkreten Alltag wird aber die demokratische Öffentlichkeit von den gleichen Politikern und politischen Beamten (einschließlich Bundesstaatsanwalt) massiv für Dumm verkauft und geradezu zynisch belogen. So zerstört man eine demokratische Öffentlichkeit und damit auf Dauer nachhaltig eine Demokratie. In Sonntagsreden werden Menschen wie Gandhi, Martin Luther King oder Mandela wegen ihrem Widerstand gegen einen unmenschlichen Staat gefeiert; mit einem Edward Snowden will man aber niemand reden (Lob für Ströbele, der es dennoch tat). So zerstört man Demokratie.
10) Sascha Lobo trauert um den Verlust seiner Unschuld. Immerhin scheint er zu merken, dass seine Spielwiese Internet etwas mit dem Funktionieren oder nicht Funktionieren der Demokratie zu tun hat. Vielleicht führt diese Krise ihn ja dazu, dass er für uns alle künftig für unsere gemeinsame Demokratie mitkämpft. Dann hätte diese Krise ein Gutes. Einer mehr für eine gemeinsame demokratische Zukunft, und damit für ein freies Internet.

DEMOKRATIE IM ABHÖRTEST – Nationale Sicherheit, Tarnkappenpolitik, Transhumanismus, und so…

1) Seit Sommer 2013 haben die fortschreitenden Enthüllungen der Aktivitäten der US-amerikanischen Geheimdienste — allen voran die NSA 1, NSA 2 — die Öffentlichkeit in vielen Ländern dieser Erde erregt, kaum bis gar nicht die jeweiligen Regierungen dieser Länder. Einen kompakten Überblick über die verschiedenen Phasen der Enthüllungen aus US-amerikanischer Sicht bietet die Washington Post (WP) im Artikel von Elliot/ Rupar (dort auch weiteres Material!). Eine deutsche Version von Wiegel/ Rüb/ Buchsteiner bis Oktober fand sich in der FAZ (s.u.)). Auch in diesem Blog gab es dazu schon mehrere Einträge (siehe die Übersicht Blog Übersicht).
2) Dazu ist anzumerken, dass mein Blickpunkt natürlich sehr limitiert ist durch die wenigen Quellen, die ich auswerten konnte (siehe Quellen im Anhang; die aufgelisteten Quellen bilden nur einen Ausschnitt) sowie dadurch, dass ich von Haus aus ja kein Journalist bin, sondern Wissenschaftler, Philosoph. Meine Perspektive richtet sich daher auch weniger auf die vielen Details, sondern auf mögliche Strukturen, die sich in den Details artikulieren. Im Falle eines solch komplexen Prozesses wie der Politik, und dazu nicht nur der Politik eines Landes alleine, bleiben solche Überlegungen notgedrungen sehr spekulativ. Ihr Wert liegt eher in der Anregung der öffentlichen Diskussion über jene ‚Werte‘, die unser Handeln faktisch leiten bzw. möglicherweise ‚leiten sollten‘, wenn wir an nachhaltigen demokratischen Gesellschaften interessiert sind.
3) Aus meiner Wahrnehmung war die Diskussion lange Zeit (und irgendwie scheint dies immer noch dominant zu sein) nurmehr auf die technischen Aspekte der Abhörung fixiert, z.B.: Was kann man überhaupt abhören? Wie viel wurde abgehört? Wie kann man sich dagegen schützen? Während technisch versierte Menschen von vornherein wussten, dass man im Prinzip alles abhören kann (einschließlich des Mobiltelefons mit allen seinen Möglichkeiten), war es dann selbst für diese ‚Experten‘ dann doch ein wenig überraschend, in welchem Ausmaß US-amerikanische Dienste (die NSA) diese technischen Möglichkeiten tatsächlich genutzt haben, ohne Rücksicht auf Kosten, ohne Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten, ohne Rücksicht auf geltendes Recht, weltweit und national.
4) Die Qualität der öffentlichen Meinungen änderte sich ein wenig, als bekannt wurde, dass auch Regierungsinstitutionen ‚befreundeter‘ Länder abgehört wurden (z.B. Brasilien, Deutschland, EU…) einschließlich deren oberste politische Repräsentanten. Waren bis zu diesem Zeitpunkt die Stellungnahmen der offiziellen Nicht-US Politik an Verharmlosungen, Wegreden, Wegsehen, Weghören kaum noch zu überbieten (speziell in Deutschland!), kam es nach diesen Enthüllungen kurzfristig zu einem politischen Aufschrei (zuerst Merkel (DE) und Rousseff (BR), dann auch Hollande (FR), und die EU).
5) Wer nun gedacht hatte, das würde das ganze Problem grundlegend auf die Tagesordnung bringen, wurde sehr schnell eines Besseren belehrt. Zwar gab es erstmalig eine erhöhte diplomatische Aktivität der US-Amerikanischen Regierung, aber weder führte dies bislang zu ernsthaften Beeinträchtigungen des geplanten Handelsabkommens USA – EU noch kamen die Überlegungen zu einem No-Spy-Abkommen USA-Deutschland wesentlich voran. Ferner wurde jeder Versuch einer ernsthafteren Aufklärung durch Befragung des Whistleblowers Snowden überall im Keime erstickt. Sowohl Rousseff wie auch Merkel gaben klar zu erkennen, dass sie keine direkte Einbeziehung von Snowden wünschten (was auch der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range bestätigte, indem er keinerlei hinreichende Verdachtsmomente für eine Maßnahme erkennen konnte. Dass während der Pressekonferenz anstatt von der NSA von der NASA gesprochen wurde, fördert das Vertrauen in diese Institution sehr…).
6) ‚Was geht hier vor‘ fragt sich der ’normale‘ Bürger? Bedenkt man (siehe den Beitrag von Badenhop, FAZ 16.Dez.), dass die US-Amerikanische Regierung in Deutschland die aufwendigste Infrastrukturen für Konsulat, Geheimdienste und Militärstrategie außerhalb der USA betreibt, dann ist klar, dass es mehr Beziehungen zwischen der jeweiligen US-Regierung und der Bundesregierung gibt als in der Öffentlichkeit gerne verhandelt werden (Und dies ist ja nur die Spitze des Eisbergs).
7) Diese Fakten sind möglicherweise ein Grund, warum die offizielle Politik für Außenstehende so auffällig nichtssagend reagiert. Man könnte dies dann eine ‚Tarnkappenpolitik‘ nennen: durch umfassende Geheimhaltung versucht man die Öffentlichkeit von gewissen Sachverhalten fernzuhalten, weil man den Bürgern nicht zutraut, dass sie verantwortlich für ihr eigenes Land denken können. Dies erinnert an vergangene monarchistische Zeiten, wo einige wenige Auserwählte regierten und das ‚Volk‘ die ‚Regierungsmasse‘ war, mit der man beliebig umging. In der modernen demokratischen Bewegung sollten diese Verhältnisse umgekehrt werden: das Volk sollte die primäre gestalterische politische Macht haben und die ‚gewählten Vertreter‘ sollten den ‚mehrheitlichen Willen‘ umsetzen. Die Ansätze der modernen Tarnkappenpolitik sind vor diesem historischen Hintergrund nicht unverfänglich: momentan kann man den Eindruck gewinnen, dass die deutsche (und französische, und brasilianische, und …) Regierung die Demokratie mit dem Mittel der Tarnkappenpolitik immer mehr in eine ‚Scheindemokratie‘ verwandelt, in der die Öffentlichkeit mittels Geheimhaltung und Informationsverweigerung soweit ’neutralisiert‘ wird, dass sie keinerlei realen Einfluss mehr hat (das bisschen Wahlen bekommt man dann auch noch hinreichend ‚in den Griff’…).
8) Als am 10.Dezember 2013 5 Nobelpreisträger, 560 Schriftsteller ihren Aufruf gegen die Massenüberwachung veröffentlichten (wohlgemerkt, nicht als öffentliche Bewegung sondern als quasi ‚elitäre‘ Veranstaltung der 565 ‚Aufrechten‘) war dies ein deutlicher Aufschrei eines winzigen Teils der Öffentlichkeit. Am 15.Dez.2013 fragte Harald Staun in der FAS, warum die Politik diesen Aufruf vollständig ignoriert (CDU und SPD befanden sich in intensiven Koalitionsverhandlungen). Zuvor hatte Constanze Kurz in der FAZ vom 13.Dezember dies auch schon in aller Klarheit gefragt und ihre Frage in scharfe Analytik eingebettet, die das Tarnkappengehabe der aktuellen Regierung schonungslos offenlegt. Sie konstatiert noch, dass sich überhaupt nichts bewege, weder in der Politik, noch sonst.
9) In der Deutschen Politik kann man in der Tat zu dem ganzen Komplex ‚Abhören – Datenschutz‘ bislang nahezu nichts feststellen, was auch nur die leisesten Ansätze in Richtung einer irgendwie gearteten konstruktiven Haltung erkennen lässt, obgleich der grundgesetzliche Schaden schon jetzt unübersehbar ist und der Schaden für die Deutsche (und eruopäische) Industrie immens zu sein scheint. Durch den Totalausfall der Deutschen Politik verharrt die Industrie und die diversen Verbände in einer Art ‚Blubberzustand‘, der keine klare Richtung erkennen lässt.
10) Anders in den USA! Die europäische Öffentlichkeit (oder doch nur die deutsche?) schimpft zwar über die US-Regierung und über die US-Internetkonzerne, doch finden sich in den USA auch genau jene Kräfte, die sich ernsthaft gegen das überbordende Verhalten der US-Regierung zur Wehr setzen. Es sind die US-Medien (allen voran die Washington Post), die sehr offen, sehr detailliert über die Aktivitäten und Auswüchse der Geheimdienste berichten, die aktiv Kontakt mit Snowden halten und ihn direkt zu Wort kommen lassen; es sind die Leser, die in ihren Leserbiefen unmissverständlich sagen, was sie über das Ganze denken (bei der WP darf ein Leser mit einem Pseudonym schreiben, ohne Zensur durch die Zeitung!); es gibt Richter, die sich in Prozessen gegen die Politik der Regierung stellen; es gibt Internetfirmen, die öffentlich massiv Position gegen die Regierung beziehen, und vieles mehr. Natürlich ist die Interessens- und Motivationslage nicht einheitlich; nicht alle denken in erster Linie an die Werte der Verfassung; aber immerhin zeigt sich, dass selbst globale Internetfirmen sich bewegen, wenn die Umsätze einbrechen oder weiter wegzubrechen drohen. Europa ist nicht machtlos, aber ihre — speziell die deutschen — politischen Vertreter erscheinen mit ihrem Tarnkappenverhalten nicht so, als ob sie die Interessen ihrer Bürger angemessen vertreten wollen. Deswegen darf man sich nicht wundern, wenn die US-Politik und Wirtschaft ein solches Duckmäusertum auf weite Strecken nicht wirklich ernst nehmen; warum auch?
11) Im Aufruf der 565 Aufrechten steht das Abhören im Zentrum, das Menschenrecht auf Würde und Privatheit. Das klingt gut. Das Problem kommt aber möglicherweise aus einer ganz anderen Ecke. Quelle der Aufregung sind die USA, noch immer Technologiesupermacht mit einem militärischen Apparat, der alles in den Schatten stellt, was andere Länder aufzubieten haben. Und das demokratische System der USA besteht aus einem ‚Netzwerk von Faktoren‘, in dem das Recht auf Privatheit nur ein (!) Faktor unter mehreren ist. Ein weiterer Faktor ist die Exekutive, die im Falle der ‚Gefährdung der nationalen Sicherheit‘ ein nahezu unumschränktes Handlungsrecht bekommt. Wenn dieser Fall eintritt, wird der Faktor ‚Recht auf Privatheit‘ faktisch neutralisiert. In diesem Fall kann die Regierung praktisch machen, was sie will. Dies macht solange Sinn, als die Regierung im Sinne der Verfassung handelt und in der Notsituation auch schnell und umfassend handeln muss.
12) Normalerweise herrscht kein Krieg und daher ist das Prinzip der Privatheit im Prinzip intakt. Doch, diese konstitutionelle Bewahrung der Privatheit wurde in den USA durch nachfolgende Gerichtsentscheidungen immer weiter ausgehöhlt (siehe den Blogeintrag zum vierten Zusatz der US-Verfassung). Eine Anpassung an die Gegebenheiten der modernen Internetbasierten Informationsgesellschaft blieb aus. Aber nicht nur das. Getrieben durch die Eigendynamik der Geheimdienste, des Militärs und der kooperierenden Industrie fanden diverse US-Regierungen immer mehr Gefallen daran, das Mittel der ‚Nationalen Sicherheit‘ dazu zu benutzen, immer mehr Dinge als ‚geheim‘ (= Tarnkappenpolitik) zu klassifizieren und damit den Augen der Öffentlichkeit zu entziehen. Spätestens seit September 11 2001 entdeckte man, dass der notgedrungen vage Begriff des ‚Terrorismus‘ eine ideale Möglichkeit bietet, den ‚Feind‘ nach Bedarf überall verorten zu können, sogar im eigenen Land, und dass die Regierung dadurch jederzeit überall in jedem eine ‚Gefahr‘ Lokalisieren kann, die die ‚Nationale Sicherheit‘ gefährdet. Zusammen damit wurden nach und nach die Gesetze so abgeändert, dass letztlich auch die demokratische Kontrolle nur noch der Form nach, aber nicht mehr dem Inhalt nach, besteht. So wurde aus der führenden Demokratie der Welt ein demokratischer Zombie: nach außen Demokratie, von innen her eine vollständig unkontrollierte Regierung, die — im durch Geheimhaltung geschützten Bereich — keinerlei Normen mehr anerkennen muss, mit eigener ‚Justiz‘, jenseits der Menschenrechte, jenseits aller internationalen Rechte, durch die beliebig umfassende Geheimhaltung wie durch eine Tarnkappe geschützt. Eine wunderbare Neue Welt…..
13) Was also sollte — vor diesem Hintergrund — der Aufruf von elitären 565 Aufrechten bewirken?
14) Was wir brauchen ist eine weit intensivere Diskussion um die Zukunft der Demokratie in den bisherigen Demokratien als sie bislang stattgefunden hat. Das Totalversagen der bisherigen Deutschen Regierung in diesen sensiblen Fragen lässt — ich lasse mich gerne eines Besseren belehren — nur einen Schluss zu: die gewählten Volksvertreter einschließlich der Chefs der führenden Verfassungsorgane sind seltsam taub und blind geworden für die Grundlagen moderner Demokratien. ‚Muttis Lächeln‘ allein wird es mit Sicherheit nicht richten. Ohne mündige Bürger haben wir Stillstand, tödliche politische Korrektheit und politische Agonie; dies schadet allen.

PS: Den Punkt ‚Transhumanismus‘ lasse ich an dieser Stelle aus. Der Text wird ansonsten zu lang. Ich komme darauf aber nochmals in einem anderen Beitrag zurück.

Einen Überblick über alle bisherigen Blogeinträge nach Titeln findet sich HIER.

AUSWAHL AN QUELLEN

(Die Gruppierungen sind sehr subjektiv und nicht sehr scharf)

FAZ := Frankfurter Allgemeine Zeitung
FAS := Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
FR := Frankfurter Rundschau
WP := Washington Post
Namenskürzel := Buchstabenkürzel statt Autorennamen finden sich gelegentlich bei FAZ/ FAS-Artikeln. Wirken leserunfreundlich

ABHÖREN

Barton Gellman, Edward Snowden, after months of NSA revelations, says his mission’s accomplished. WP 24.Dez.2013, online

Kennedy Elliot/ Terri Rupar, Six months of revelations on NSA. WP 23.Dez.2013, online

Ellen Nakashima/ Ann E.Marimow, Judge: NSA’s collecting of phone records is probably unconstituional, WP 16.Dez.2013, online1, online 2

Peter Badenhop, Washingtons Drehscheibe.In Frankfurt betreibt Amerika sein weltweit größtes Konsulat, in Wiesbaden bezieht es gerade das Europa-Hauptquartier der Army. Für alle Militär- und Geheimdienstoperationen der Supermacht ist das Rhein-Main Gebiet von zentraler Bedeutung. FAZ 16.Dez.2013, S.35

Constanze Kurz, Die neue Dimension des Duckmäusertums, FAZ 13.12.13, S.33

Andreas Ross, Willkommen im Netz der NSA. Die neueste Enthüllung über Bewegungsprofile betrifft auch die Amerikaner selbst. FAZ 6.Dez.2013, S.6

miha., Prinzip NSA. … wie die totale Überwachung Schule macht. FAZ 30.Nov.13, S.42

isk, „An Spielregeln halten, die im jeweiligen Land gelten“. (Verfassungsschutz, Wirtschaftsspionage) FAZ 29.11.13, S.59

Mark Siemons, Amerika und China im Cyberkrieg. (Kongress, USA, China) FAZ 26.11.13, S.27

Franz Schirrmacher (Interview mit Michael Hang, Präsident BSI), „Der immense Einsatz von Geld hat uns überrascht“. FAZ, 22.11.13, S.33

pwe., Amerika sammelt Daten über Geldtransfers. FAZ 16.11.13, S.16

pca., Ziercke: Cyberkriminalität ist unvergleichbare Bedrohung. FAZ 13.11.13, S.2

Matthias Hannemann, Wer weiß schjon wen und was sie alles ausspionieren? (Cyber security Summit, Bonn) FAZ 13.11.13, S.35

Peter Carstens, Spione und andere Marktradikale. (Wirtschaftsspionage) FAZ 5.11.13, S.3

Andreas Ross, Alles unter Kontrolle. Wer wusste von der Überwachung? FAS 3.11.13, S.8

Constanze Kurz, Die Angriffsindustrie. Geheimdienste … sind längst zur Offensive übergegangen.. FAZ 1.11.13, S.31

Michaela Wiegel, Matthias Rüb, Jochen Buchsteiner, NSA-Affäre. Das Vertrauen in die amerikanische Regierung schwindet mit jeder neuen Enthüllung. (Hier auch Chronik zur Affäre vom 6.Juni bis 25.Oktober 2013) FAZ 25.10.13, S.1

Jochen Buchsteiner., Unterhaus prüft Ausspähaffäre. (England, 4 Monate danach) FAZ 18.10.13, S.5

Andreas Ross, NSA speichert Kontaktlisten. Auch Daten von Millionen Amerikanern abgefischt. FAZ 16.10.13, S.6

lid., NSA sammelt Online-Kontaktlisten im großen Stil. FAZ 16.10.13., S.9

Constanze Kurz, Die Menschenrechte sollen es richten, FAZ 4.10.2013, S.28

PRESSEFREIHEIT

Carsten Germis, Abe verteidigt Sicherheitsgesetz. „Manches muss geheim bleiben“. FAZ 10.12.13, S.6

Ingo Petz, Unabhängige sind gefährdet. Weißrussland entzieht Verlag Logvinau die Lizenz, FAZ, 8.10.13, S.29

Carsten Germis, Mit Losglück zur Pressekonferenz (Japan), FAZ 2.10.2013, S.13

Carsten Germis, Schutz vor Bürgerrechtlern und anderen Terroristen. Japan…, FAZ 2.12.13, S.2

Mark Siemons, Farbe bekennen! China geht gegen ausländische Medien vor. FAZ 19.11.13, S.31

Patrick Bahners, Wenn Obama ruft, spurt sie schon. Die Chefredakteurin der ‚New York Times‘ … FAZ 16.10.13., S.11

vL., Umbau des Verfassungsschutzes. Niedersachsen reagiert auf Überwachung von Journalisten. FAZ 4.10.13, S.4

Patrick Bahners, Niemand will reden. Ein Film über Hilary Clinton wird verhindert. FAZ 2.10.13, S.39

JUSTIZ

Petra Kolonko, Die Systemfrage. Die Pläne zur Reform der Justiz in China. FAZ 2.12.13, S.10

Bernd Rüthers, Wer herrscht über das Grundgesetz? Deutschland wandelt sich von einem Gesetzesstaat zu einem Richterstaat…) FAZ 18.11.13, S.7

Stefan Schulz, Selbst Sicherheitsexperten bleibt nur das Staunen. Das Bundeskriminalamt erforscht das digitale Verbrechen. FAZ 14.11.13, S.27

Udo di Fabio, Ist das Grundrecht ein Ladenhüter? (Wirtschaft, Netz, Privatheit) FAZ 13.11.13, S.34

INTERNET/DATENSCHUTZ

Ellen Nakashima, If not the NSA, who should store the phone data?, WP 26.Dez.2013, online

Steffen Hebestreit im Interview mit Peter Schaar (Bundesbeauftragter für Datenschutz bis Dez.2013), „Regierung muss unsere Daten schützen“, FR14./15.Dez.2013, Politik S.4

Stefan Schulz, Der Geheimdienst arbeitet großartig! (Welche Firmen sich dem Protest gegen die Geheimdienste in den USA nicht angeschlossen haben) FAZ 11.12.13, S.31

Peter Welchering, Die Daten im Land halten bringt nicht viel. (Grenzen des Telekom Konzeptes gegen Ausspähen) FAZ 3.12.13, S.T2

Frank Schirrmacher (Gespräch mit René Obermann, Frank Rieger), Snowdens Enthüllungen sind ein Erdbeben. (CCC-Sprecher, Telekom Chef) FAZ 29.11.13, S.31

Felix von Leitner, Der Bauplan für ein sicheres Internet. (Was EU tun sollte) FAZ 26.11.13, S.25

Uwe Ebbinghaus, Bquem in die Totalüberwachung. (Branchenverband Bitkom) FAZ 25.11.13, S.29

Morten Freidel, Stefan Schulz, Harald Staun, Wie wehre ich mich gegen Überwachung? FAS 24.11.13, S.47

lid., Technikkonzerne verlangen eine Reform der Geheimdienste. FAZ 2.11.13, S.18

nto., E-Mail-Anbieter kooperieren wegen Überwachung. FAZ 1.11.13, S.2

lid./ jpen., Google empört über Datenschnüffelei. FAZ 1.11.13, S.2

Manfred Lindinger, Den NSA-Lauschern keine Chance. (Verschlüsselungstechnik, Neues Netz) FAZ 26.10.13, S.39

hmk./ nbu., Zustimmung zu EU-Datenschutzreform. (Europaparlament) FAZ 23.10.13, S.1

thwi., Die Datenflut, Brüssel und das Vertrauen der Nutzer. IHK fordert ein europaweite einheitliches Internetrecht. FAZ 9.10.13, S.37

Carsten Knop, Die Wolke bekommt Regeln. (Europa, Cloudcomputing) FAZ 8.10.13, S.15

DEMOKRATIEVERSTÄNDNIS

Andreas Ross (Kommentar), Der große Datenbruder. Amerika hat andere Vorstellungen von Datenschutz. Dagegen hilft keine Rechthaberei. FAZ 27.Dez.2013, S.1

Adam Goldman, Psychologist found accused Sept.11 plotter to be mentally incompetent in 2009, WP 27.Dez.2013, online

Jordan Mejias, Lächeln, als wäre nichts gewesen. Bestens gelaunt: Bei einem Treffen im Weißen Haus huldigt Amerikas Technoprominenz Präsident Obama. FAZ 19.Dez.2013, S.27

Frank Schirrmacher, Erziehung vor Verdun. Der Schauplatz des ersten Informationskriegs, inspiziert im Zeitalter der europäischen Krise…FAZ 19.Dez.2013, S.25

oe, Brasilien will Snowden nicht.“Kein offizieller Asylantrag“. FAZ 19.Sept.2013, S.6

Patrick Bahners, Wo die NSA sich selbst widerspricht.Ein Gericht erklärt die umfassende Sammlung von Telefondaten für verfassungswidrig.FAZ 18.Dez.2013, S.8

Andreas Ross,Obamas vergebliche Seufzer. Washington wird Berlin wohl keine echte No-Spy-Zusage machen … FAZ 18.Dez.2013, S.5

Günter Bannas, Betriebssystem Angela Merkel.Die Bundeskanzlerin hat dieses Land verstanden:Lege Dich nicht fest, wenn Du es nicht musst. Sprich nie offen, wenn mehr als fünf Leute im Raum sind. Nimm Gröhe die Fahne weg. FAZ 17.Dez.2013, S.3

Prof.Dr.Florian Grotz, Verzerrte Stimmen. Die Bundestagswahl vom 22.Sept. fand unter einem neuen Wahlsystem statt, das die Absicht der Bürger auf den Kopf stellt…, FAZ 16.Dez.2013, S.7

Harald Staun, Warum tut ihr nichts? Wie die Politik den Schriftsteller-Appell gegen Überwachung ignoriert. FAS 15.Dez. 2013, S.45

Lt., EuGH-Generalanwalt: Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung rechtswidrig. §Unvereinbar mit der Grundrechte-Charta“ FAZ 13.12.13, S.1

Petra Kolonko, Chinesen wollen Macht teilen. FAZ 13.12.13, S.6

ami., Kanzleramt stoppt Verbot von Preiserhöhungen für medikamente. FAZ 13.12.13, S.11

lid., Internetkonzerne fordern Geheimdienste-Reform, FAZ 10.12.13, S.9

F.A.Z (Dokument 5 Nobelpreisträger, 560 Schriftsteller), Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter. FAZ 10.12.13, S.27f

Tobias Rüther (Gespräch mit Juli Zeh, Ilija Trojanow), Alles ist gesagt, jetzt müssen wir handeln. (Handeln nach der bisherigen politischen Konsequenzenlosigkeit nach Snowdens Enthüllungen) FAZ 10.12.13, S.28

Carsten Germis, Japan muss sich bewegen. FAS 8.12.13, S.10

Herbert B.Schmidt, Erhards Anmerkungen zum Zeitgeist. FAZ 6.Dez.2013, S.12

Ludwig Erhard, Die Gefährdung der Freiheit durch eine nur auf Konsens bedachte Politik. Ansprache vom 1.Sept.1968. FAZ 6.Dez.2013, S.12

cpm., Erfurt reformiert Geheimdienst. Stärkere Überwachung des Verfassungsschutzes geplant. FAZ 4.12.13, S.4

Carsten Germis, Mehr als nur ein Flugzeugträger. Biden und Abe bekräftigen Bündnis. FAZ 4.12.13, S.6

Mark Siemons, Und universelle Werte gibt’s doch überhaupt nicht. (China) FAZ 3.12.13, S.31

Petra Kolonko, Der chinesische Traum und der Alptraum der Nachbarn. FAZ 3.12.13, S.8

Mark Siemons, Wenn Imperien über Vergangenheit entscheiden. Japans Geschichtesvergessenheit … FAZ 2.12.13, S.27

Michael Hanfeld, Der Krieg, der immer neue Feinde produziert. (US-Terror gegen Terror, Dosier) FAZ 30.Nov.13, S.42 (Verweist auf Dossiers der ARD unter http://www.ardmediathek.de/suche?detail=40&s=Geheimer%20Krieg)

nbu., EU will keine Konsequenzen aus NSA-Skandal ziehen. Abkommen zur Datenermittlung werden fortgeführt. FAZ 27.11.13, S.1

pca./ sat., Berlin verlangt Antworten aus Washington. Treffen mit Kongressmitgliedern zur NSA-Affäre. FAZ 26.11.13, S.4

Peter Sturm, Grüße aus dem Schützengraben. Südkoreas Geheimdienst… FAZ 23.11.13, S.10

Patrick Bahners (Interview mit Fritz Stern), Obama ist in einer beinah unmöglichen Lage. FAZ 16.11.13, S.44

Nikolas Busse, Abgehängt (Deutschland und Frankreich in der NSA-Affäre) FAZ 13.11.13, S.1

F.A.Z., „Die EU braucht Edward Snowden nicht“. EU-Kommissarin Neelie Kroes. FAZ 12.11.13, S.2

sat./ Lt., Merkel: Transatlantisches Bündnis bleibt von überragender Bedeutung. warnung vor einer Befragung Snowdens in Deutschland. FAZ 5.11.13, S.1

Patrik Bahners, Mit Merkels Handy geht die Bombe hoch. Die ‚New York Review of Books‘ lädt zur debatte… FAZ 2.11.13, S.35

Majid Sattar, Wenn der Verfassungsschutz anruft. (Deutsche Spionageabwehr) FAZ 2.11.S.2

Andreas Ross, Agenten mit Herz. In Amerika formiert sich Widerstand gegen Europas empörte Politiker. FAZ 31.10.13, S.3

Andreas Ross, Vom Patriotismus zur freiheit. Die Amerikaner sind besorgt über den Ärger im Ausland. FAZ 30.10.13, S.2

Günter Bannas/ sat./ aksi., Sondersitzung des Bundestages wegen NSA-Affäre. FAZ 29.10.13, S.1

Reuters., Amerikanische Handelskammer stellt Lauschangriffe in Frage. Aber Freihandelsgespräche mit Europa müssen kommen. FAZ 29.10.13, S.10

Günter Bannas, Der größte deutsch-amerikanische Stresstest. (Abhören der Kanzlerin) FAZ 28.10.13, S.2

Matthias Rüb, Deutschland und Brasilien arbeiten an Resolution zur NSA. FAZ 28.10.13, S.2

F.A.Z., Geheimdienst Kanadas verklagt. FAZ 28.10.13, S.2

Christian Lindner, Freiheit geht vor Freihandel (Europa, USA) FAZ 28.10.13, S.29

Patrick Bahners, Ein töricht krimineller Akt. (Fritz Stern über den Abhörskandal) FAZ 28.10.13, S.29

Uwe Ebbinghaus, Freunde sind wir nicht, nur Kumpels. (Frankfurter Römerberggespräche, Europa und USA) FAZ 28.10.13, S.32

rieb., Härtere Gangart gegenüber Amerika gefordert. (Frankfurter Römerberggespräche, Europa und USA) FAZ 28.10.13, S.37

F.A.Z., UN fordern Daten über Drohnen. Washington gibt Milliardenhilfe für Pakistans Militär frei. FAZ 21.10.13, S.6

Andreas Ross, NSA ermöglicht Drohnenangriffe. Ortung von Terrorverdächtigen durch überwachte E-Mails. FAZ 18.10.13, S.5

ami./ enn./ mas., Aufregung über Großspende der CDU. FAZ 16.10.13., S.9

Andreas Ross, Gericht prüft Wahlkampfregeln. Republikaner wollen Begrenzung von Spenden aufweichen. FAZ 10.10.13, S.6

Gina Thomas, Die totale Überwachung. In England herrscht ein Abhörstaat. FAZ 8.10.13, S.15
Andreas Ross/cheh., Amerika rechtfertigt Gefangennahme Libis. FAZ 8.10.13, S.6

rso., „Deutschland darf kein schlafwandelnder Riese sein“. (Reden zum Tag der Deutschen Einheit) FAZ 4.10.13, S.2

Ilija Trojanow, Willkür und Freiheit. (USA, Einreise verweigert) FAZ 2.10.2013, S.31

TANGIERENDE WIRTSCHAFT

AFP, Vorteil in Milliardenhöhe. Europäer und Amerikaner wollen Freihandel ausweiten. FAZ 17.Dez.2013, S.10